5. Feste

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Heute noch steht am Kahlenberg – gegenüber dem Hotel, über die Stiege am Weg zum Kaiserin Elisabeth Denkmal – ein Gedenkstein für die einst berühmten “Künstler-Maifeste”, die mit Ausnahme des Revolutionsjahres 1848 und des Kriegsjahres 1859 von den Künstlern Wiens zwischen 1846 und 1871 veranstaltet wurden. Den Kahlenberg hatten schon in der Biedermeierzeit manche Ausflügler besucht; doch blieben diese Landpartien im Großen und Ganzen vereinzelt. Der Berg kam trotz seiner Nähe zur Stadt lange nicht so recht in Mode, seine Natur blieb nach wie vor weitgehend unberührt. Die meisten Ausflüge der Wiener endeten im Josefsdorf, einer Ansammlung von wenigen Häusern um das dort befindliche “Casino”. Nun wurde der Kahlenberg von den Künstlern “entdeckt”.

Am 21. Mai 1846 feierte die Kulturwelt den 375. Geburtstag des deutschen Meisters Albrecht Dürer. Das war Anlass für eine Gruppe Wiener Künstler, die sich damals im Gasthof “Zum Lamm” in der Naglergasse traf, zu einer großartigen, in Wien bisher nicht gesehenen romantisch-historischen Festveranstaltung. Die Künstler wollten nicht nur die bekannten italienischen Feste in Wien einführen, sondern sie dachten dabei ebenso auf heimische, wenn auch inzwischen vergessene Bräuche. Eines der römischen Feste beschrieb der Maler Karl Blaas in seinen Memoiren, er studierte in Rom 1837-1839:

Die deutsche Künstlergenossenschaft von al Fiano veranstaltete jährlich am ersten Mai das berühmte Cervara-Fest, d. h. einen komischen Ausritt zu Pferde oder Esel, wobei alle Teilnehmer costumirt waren. Der Präsident wählte sich seine Edelknaben und Ritter, die Generalsversammlung ernannte einen Oberst der Cavallerie zu Pferde oder zu Esel, einige Cohortenführer, den obersten Küchenmeister, den Mundschenk oder Ganymed und zur Aufrechthaltung der Ordnung auch einige Carabinieri als Polizeileute. Alle waren so grotesk und humoristisch costumirt, wie es eben nur Künstler zu erfinden im Stande sind. Sie versammelten sich Früh sechs Uhr bei der Porta maggiore. Der Präsident trug einen rothen Königsmantel und den Bajocch-Orden und fuhr mit seinen Pagen in einem zweirädrigen Wagen, der mit vier Ochsen bespannt und wie ein antiker Triumphwagen aufgeputzt war, vor das Thor in die Campagna. Ihm folgten die Wagen des obersten Küchenmeisters, des Mundschenks, der als Bacchus verkleidet war, die Wagen mit den Geräthschaften zu den olympischen Spielen, nebenher sprengten auf Pferden oder Eseln die Ritter und Edelknechte, alle in reiche schöne Trachten gekleidet, und hintennach folgte ein Troß von Reitenden und Fahrenden. Hier tummelte ein Kreuzritter in glänzender Rüstung sein Roß, dort sprengte ein Beduine oder ein wilder rothhäutiger Indianer heran; zwischen ihnen ritten Friedrich der Große von Preußen, Albrecht Dürer, Leonardo da Vinci u. a. Viele Zuschauer, Herren und Frauen, hatten sich in ihren Wagen dem Zuge angeschlossen. Beim Torre di Quinto, einer Thurmruine an der Straße nach Tivoli, wo man eine reizende Aussicht auf die Campagna hat, wurde halt gemacht. Alle lagerten im Freien auf den grünen Wiesen, und es konnte nicht leicht einen schöneren, mehr malerischen Anblick geben. Es wurde gegessen, getrunken, der Präsident hielt Revue über die verschiedenen Gruppen, und der Chor sang deutsche Lieder. Das Fest war von deutschen Künstlern gegründet und geleitet. Wohl hatten sich Künstler anderer Nationen angeschlossen, aber die deutsche Sprache war die vorherrschende bei allen Reden, Gesängen und Vorträgen. Nach einer Stunde ging der Zug weiter zu den sogenannten Cervara-Grotten in der Campagna, alten Steinbrüchen und Ausgrabungen von Puzzolanerde aus der Römerzeit. Alles drängte sich, weil es heiß wurde, in die Schatten der mit Schlingpflanzen berankten Felsenabhänge oder in die trockenen geräumigen Grotten. Hier wurde getafelt. Die Steine der Grotte waren wie zu Opfertischen zusammengesetzt oder bildeten die Sitze, das Tischtuch bestand aus frischem Grase und Feldblumen. Die Carabinieri machten Ordnung, und die Köche und Kellner trugen kaltes Fleisch, Schinken, Salami, Käse und Früchte im Ueberflusse auf. Zuletzt wurde der schwarze Kaffee von dem beliebten Marqueur Pietro aus dem Kaffee Greco servirt, der einzige Nichtkünstler, der als Teufel verkleidet zugelassen wurde. Das Bild in diesen Höhlen mit wechselnden Lichtern und Schatten, mit den Gesteinen und Pflanzen, mit den Hunderten von costumirten Figuren war wirklich feenhaft. Während und nach dem Essen wurden Reden gehalten und Spässe aller Art getrieben. So hielt der Paduaner J. Caneva, ein alter Schulkamerad von mir, der als Beduine verkleidet war, eine Rede, anscheinend arabisch, aber er sprach alles durcheinander. Zuletzt warf er seinen Turban in die Menge, und Alles lachte, als man sein Haupt ganz glatt rasirt erblickte. Dann folgte der Zug in die hohe weite Grotte der Sibylle, von der viele dunkle Vertiefungen in das tiefere Erdreich, vielleicht bis zu den Katakomben ausgehen. Am Ende der Grotte war von Stein ein Altar errichtet. Von dem Scheine der bläulichen Flamme, welche darauf brannte, beleuchtet, hielt der Präsident eine humoristische Rede über die Vergangenheit und Gegenwart der Künstlerwelt und beschwor die Sibylle zu erscheinen. Auf seinen wiederholten Zauberspruch erschienen zuerst Gespenster, riesige Krokodile, welche sich jedoch nach dem Fluche des Präsidenten wieder entfernten, und erst nach dem dritten Spruche erschien aus dem Dunkel der Grotte die Sibylle selbst und prophezeite die Zukunft in Reimen. Alles lachte, klatschte und rief Hurrah! Nun begannen die olympischen Spiele, und ein Bildhauer meißelte in die Wand mit Lapidarschrift die zwölfte Olympiade mit der Jahreszahl ein. Wahrscheinlich sind alle diese Inschriften noch dort zu lesen. Zum Schlusse folgte ein Wettrennen und eine feierliche Preisvertheilung, und allmählich machten sich die Fußgänger und Reiter auf den Rückweg bis zum Torre dei Schiavi, wo sie nochmals den Präsidentenwagen und Reitertroß erwarteten. Beim Scheine der untergehenden Sonne zogen Alle der ewigen Stadt zu, und je näher der Zug kam, desto mehr Zuschauer standen auf der Straße. Die letzten Nachzügler kamen erst um Mitternacht nach Hause und brachten ihren Zopf heim, den ihnen der gute Wein angehängt hatte.1

Soweit Karl Blaas aus Rom. Ideal zu den Wiener Feiern bot sich die Tradition der babenbergischen Veilchenfeste an; nur mit der kleinen Änderung, dass man nicht das erste Veilchen, sondern das erste Maiglöckchen feiern wollte. Die allgemeine Freude galt aber dem Frühlingszauber des Wienerwaldes, verbunden mit einer Ehrung des Altmeisters der deutschen Malerei Albrecht Dürer. Darin war man sich einig, in “deutsch” und “österreichisch” lag damals noch kein Gegensatz.

Eduard Ritter gab als “Erinnerung an das Albrecht Dürer Fest, gefeyert am Kahlenberge bei Wien den 20ten May 1847″ sechs Radierungen heraus, welche die Festlichkeiten – heute würde man manche Spiele allerdings als kindisch und erwachsener Künstler unwürdig ansehen – bildlich dokumentieren: “Der Circus, Gymnastische Spiele, Das lebendige Marionetten-Theater, Das Wetthupfen im Sack, Der Rückzug von Leopoldsberg”. Am Titelblatt wurde noch “Das deutsche Lied, Boxen, Preisvertheilung, Feuerwerk” dargestellt.

Der Maler Wenzel Ottokar Noltsch nahm mehrmals an diesen romantischen Wiener Maifesten, die sich von 1846 an alljährlich wiederholen sollten, teil und ihm verdanken wir auch einen niedergeschriebenen Augenzeugenbericht. Noltsch übernahm einige Male selbst die Rolle des “Sprechers” und einmal die des “Maiglöckchens”. Er schrieb:2

Diese Maifahrten waren, bevor sie wegen der von Jahr zu Jahr anwachsenden Beteiligung der untersten Volksschichten aus den Vororten Lerchenfeld, Währing usw. aufgegeben mußten, ebenso poetische als malerische, wie auch höchst fröhliche Unternehmungen. Sie wurden von der fast alle bildenden Künstler Wiens damals umfassenden Albrecht Dürer Gesellschaft dem Andenken des großen deutschen Künstlers zu Ehren eingeführt.

Zwei dem Beamtenstande angehörende Mitglieder derselben, Namens Grandjean3 und Dr. Strehmaier,4 verfassten das jeweilige dramatische Festspiel, in welchem stets der “König Mai”, sowie dessen “Hofnarr April” und ein “Sprecher” die Hauptrollen waren, von denen der König durch viele Jahre vom Maler Rudolf Alt und sein Hofnarr vom Architekten Josef Storck dargestellt wurden, wobei der erstere durch sein würdevolles Pathos und der letztere durch seinen schneidigen Humor brillierte. Um dieselben gruppierten sich jedesmal noch eine Anzahl Nebenrollen, unter welchen einmal die des Sancho Pansa von dem Schlachtenmaler Fritz l’Allemand in geradezu unübertrefflicher Weise durchgeführt wurde. Die Komparserie bestand meist aus Landsknechten, Zigeunern und sonstigem malerischen Gesindel.

Man versammelte sich gewöhnlich im Dorfe Grinzing, und von dort bewegte sich dann der bunte Zug zu Pferde und zu Fuß, unter Trompeten-, Pfeifen- und Trommelklang, und von einer großen Zahl unkostümierter Herren und Damen begleitet, die waldigen Höhen hinan, bis auf die sogenannte Agnes- oder Maiwiese des Hermannskogels, wo der König Mai und sein Hofstaat ihn erwartete.

Nachdem hier die Hauptszenen des Festspieles zur Darstellung gelangt waren, und man sich mit kalten Speisen und schäumendem Gerstensaft gestärkt hatte, ging es über die Höhe des Vogelsangs auf den Kahlenberg, wo man nach einer kurzen Festrede, in dem dort errichteten Denkstein die eben geltende Jahreszahl einmeißelte.5

Dann wurde in dem, einen herrlichen Ausblick auf Wien und seine Umgebung darbietenden Speisesaal des dortigen Gasthauses ein fröhliches Mahl eingenommen und zum Schlusse mit unzähligen gefüllten Maiweingläsern, die der milde König Mai persönlich kredenzte, immer wieder angestossen, toastiert und Bruderschaften getrunken.

Auf dem Platze vor der Kirche aber war meist eine Anzahl Jahrmarktsbuden errichtet, in denen die unglaublichsten wilden Tiere und die tollsten “G’schnas”-Kuriositäten zu schauen waren. Ein Feuerwerk mit Böllerschüssen, dem manchmal noch ein Tänzchen im Krapfenwaldl folgte, beschloß den in echt künstlerischer und wienerischer Weise verbrachten Tag.

An einem solchen Feste war es auch, daß der damalige Kunstreferent im Unterrichtsministerium, Franz Graf Thun, meinem Jugendfreunde Emler,6 der als Dante gekleidet, in seinem hochroten Talar mit langer Kapuze prächtig aussah – gratulierend als erster die Kunde mitteilte, daß ihm das große Reisestipendium für einen dreijährigen Aufenthalt in Rom verliehen wurde. Eine Kunde, welche, rasch verbreitet, noch manches mit Maiwein gefüllte Glas erklingen und leer werden ließ.

Ein anderesmal ereignete sich folgendes lustige Geschichtchen: der König Mai und sein Hofnarr April hatten sich schon am Abend vor dem Feste auf den Kahlenberg begeben und dort übernachtet. Frühmorgens spazierten sie, bereits im Kostüm, auf die Maiwiese, um dort den Festzug in Muße zu erwarten. Als die Leute, welche am Waldrande auf einer teppichbedeckten Estrade den Thron für den König und die Sitze für sein Gefolge errichtet hatten, abgezogen waren, setzten sich der König, mit Krone und Purpurmantel angethan, auf seinen baldachingeschmückten, goldenen Thron, und der Narr in schellenverzierter Gewandung und Kappe auf die Stufen der Estrade und lauschten schweigend und rauchend dem mannigfaltigen Morgengesang der Vögel.

Nach einer kleinen Weile bemerkten sie, wie ein von Weidling am Bach durch den Wald heraufgekommenes Bäuerlein die sonnenbeglänzte Wiese betrat, um quer über dieselbe hinweg nach Grinzing oder Sievering zu wandern. Mit nachdenklich gesenktem Haupt einherschreitend, erhob er plötzlich wie geblendet den Blick und starrte mit offenem Munde die beiden, ihn regungslos betrachtenden phantastischen Gestalten an, und als der König ihm majestätisch mit dem Szepter winkte, den Weg fortzusetzen, und der Narr unter Schellengeklingel in ein schrilles Gelächter ausbrach, eilte der Fassungslose mit abgezogenem Hute und scheuen Seitenblicken sich bekreuzigend, an ihnen vorüber und davon. Jedenfalls brachte er diese ihm ganz unbegreifliche Erscheinung mit dem in der Nähe befindlichen, sagenumwobenen, sogenannten Agnesbründl in eine mehr oder weniger geheimnisvolle Verbindung.

Soweit W. O. Noltsch in seinen Erinnerungen. Für jedes Fest wurden neue Texte geschrieben und jedes fand unter einem anderen Motto statt. Auch der Festtag durfte nicht immer der zwanzigste Mai gewesen sein. Allen gleich blieb die Feier unter freiem Himmel zu Ehren Dürers und des Frühlings. Der Weg scheint geringfügigen Änderungen unterzogen worden zu sein. Gleich blieben die Ausfahrt und die Rückkehr nach Grinzing, Schweizerhof, sowie die Stationen auf den Wiesen “Am Himmel”, “Jägerwiese” und “Sängerhügel” sowie im “Kasino” am Kahlenberg.

Der Künstlerzug wurde von Zivilisten7 begleitet, Kunstfreunden, die dafür auch entsprechend zu zahlen hatten. Später wurde das Maifest – wie auch W. O. Noltsch erzählt – immer mehr von “Gaudisuchenden Pöbel” begleitet. Wie es scheint, war dies eine der Hauptursachen zur Einstellung der Maifahrten. Dabei hatte man schon ab 1862 die Kostümierung weggelassen und machte den Umzug in der Form einer gewöhnlichen Landpartie mit. Die letzte fand 1871 statt; die Zeiten hatten sich geändert, der patriotische Romantismus ließ nach. Am Kahlenberg wurde außerdem in diesem Jahr mit der Errichtung eines Hotels begonnen, einige Jahre später folgte sogar der Bau einer Zahnradbahn. Damit wurden diese beiden Wiener Hausberge, Leopoldsberg und Kahlenberg, vom “gewöhnlichen” Publikum erobert, für romantische Theaterspiele Intelektueller blieb kein Platz.

Organisiert wurden diese Maifeste vom “Albrecht Dürer Verein”, was aber nicht heißen soll, dass an ihm später auch Mitglieder der “Eintracht” nicht anzutreffen wären. Tatsache ist jedoch, dass es vor allem der Albrecht Dürer Verein war, dem die Geselligkeit am Herzen lag. Die Eintracht wirkte ernster, ja es scheint, dass sie allein überhaupt keine Feste veranstaltet hatte. Vielleicht nicht ganz zufällig gingen zu dieser Zeit auch andere einst berühmte, von den bildenden Künstlern organisierte Feste zu Ende: die “Katharinenredouten” in der Hofburg.

Die “Katharinenredouten” waren ein Unternehmen der “Pensionsgesellschaft bildender Künstler in Wien”, einer 1788 entstandenen Interessengemeinschaft.8 Um ihre Finanzlage zu verbessern, schlug Architekt Lorenz Kohl 1791 vor, in der Hofburg zugunsten der Gesellschaft eine Maskenredoute zu veranstalten. Doch Kaiser Leopold II. zeigte sich von der Idee nicht begeistert und verweigerte die dazu notwendige Genehmigung. 1792 wiederholte Kohl seine Idee bei Kaiser Franz II.; eine Fürsprache leistete dabei Maria Theresia von Neapel- Sizilien, die zweite Gemahlin des Kaisers. Kaiser Franz II. war im Gegensatz zu seinem Vorgänger mit der Idee einer solchen Künstlerunterhaltung einverstanden.

Die Redoute fand am 25. November 1792 statt, dem Katharinentag. Sie wurde zu so einem großen Erfolg, dass man sie von nun an alljährlich wiederholte. Da auch alle folgenden Redouten um den Tag der heiligen Katharina stattfanden, bürgerte sich für sie bald der Name Katharinenredoute ein. Schon für das erste Fest komponierte der “Kapellmeister” Josef Haydn zwölf “Deutsche Tänze und Menuette”, die am Abend aufgeführt, später auf Wunsch der Kaiserin für Klavier übertragen und ihr vom Komponisten gewidmet wurden. Franz Anton Maulbertsch, “k.k. Hofkabinettsmahler, Rath, der k.k. wie auch der königlich preußischen Akademie der bildenden Künste Mitglied”, malte zum Dank für das Kaiserpaar ein allegorisches Gemälde. Der Kaiser widmete für das Fest 199 Dukaten. Die Gesamteinnahmen betrugen 5343,22 fl. und der Reingewinn davon, 4521 fl., wurde der Pensionsgesellschaft übertragen.

Die zweite Redoute fand am 24. November 1793 statt. Diesmal widmete der “k.k. Hofkammer-Kapellmeister und Hofkompositor” Leopold Kozeluh zwölf Menuette und 15 deutsche Tänze. Der Reingewinn belief sich auf 3616 fl. Bereits zwei Monate vor der Redoute, am 17. September 1793, gab die Pensionsgesellschaft zum Dank und als Ehrung für Haydn und Kozeluh eine Festtafel in Schönbrunn.

Die dritte Redoute wurde am 23. November 1794 abgehalten. Für diesen Abend widmete Philipp Ditters von Dittersdorf zwölf Menuette und zwölf deutsche Tänze und Josef Eyblen, Chordirektor an der Schottenkirche, ebenfalls zwölf Menuette und zwölf deutsche Tänze.

Zur vierten Redoute am 22. November 1795 komponierte Ludwig van Beethoven ebenfalls zwölf Menuette und zwölf deutsche Tänze. Ähnliche Widmungen kamen auch in den folgenden Jahren. Die Redouten wurden stets durch den Besuch der Majestäten und anderer Mitglieder des Kaiserhauses zu einem der Höhepunkte des Wiener gesellschaftlichen Lebens dieser Zeit. 1800 wurden 3600 Masken gezählt und der Reingewinn von 6973,36 fl. erzielt. 1805 war bereits alles zur Redoute vorbereitet, als am 13. November die französischen Truppen Wien besetzten, worauf natürlich das Fest entfiel.

Der Höhepunkt der Redouten wurde mit 13 170,22 fl. Reinertrag im Jahr 1810 erreicht. In den folgenden Jahren ließ der Besuch nach. 1832 wurde sogar der Beschluss gefasst, aus Sparmaßnahmen ein bescheideneres Orchester zu engagieren: die Wahl fiel auf die erst aufstrebende Kapelle von Joseph Lanner (* Wien 11.4.1801, + Wien 14.4.1843). Am 24. November 1832 fand demnach die erste Lanner-Redoute statt. Zur Redoute am 26. November 1843 widmete Johann Strauß Vater (* Wien 14.3.1804, + Wien 25.9.1849) eine Quadrille, die großen Beifall fand.

Am 20. November 1859 wurde ein Kotillon mit sechzig kostümierten Künstlern getanzt, eine Art Künstlerfestzug. Der Gesamteindruck war überwältigend und der Hof sprach der Pensionsgesellschaft seine Anerkennung aus.

Die Redoute am 25. November 1860 trat als großangelegte “Deutsche Märchen-Redoute” auf und man sparte weder mit Sorgfalt noch mit Aufwand, um die Wunder der deutschen Märchenwelt den Besuchern vor Augen zu führen. Für seine Verdienste um die Durchführung wurde damals besonders Direktor Josef Hasslwander gefeiert.

Zur Redoute am 25. November 1866 widmete C. M. Ziehrer einen Walzer. Trotzdem war diese traditionelle Veranstaltung mit der letzten Katharinenredoute am 20. November 1870 endgültig vorbei; mit der letzten von insgesamt 71, die nicht nur einen beträchtlichen Gewinn gebracht hatten, sondern die auch die Stellung und das Ansehen der bildender Künstler in Wien mächtig hoben. Nur in sechs Jahren fiel die Redoute aus: 1805, 1809, 1831, 1848 und 1854.

In den sechziger Jahren war den Redouten trotz aller Bemühungen kein rechter Erfolg mehr beschieden, obwohl man zu verschiedenen Lockmitteln griff: zu Lotterien, Bazaren von Kunstwerken und ulkiger Gegenstände. Die Redouten büßten ihre Sonderstellung ein, sie bekamen in zahlreichen weiteren Maskenbällen eine ernste Konkurrenz. Eine besondere Anziehungskraft gewannen damals die neuen Künstlerfeste, der Gschnas.

In der Ausschusssitzung der Pensionsgesellschaft am 11. Oktober 1871 wurde – nachdem man erwogen hatte, die Redoute auf den Fasching zu verschieben – auf Antrag des Direktors Josef Hasslwander beschlossen, von der Veranstaltung der Redouten künftig gänzlich abzusehen. In derselben Sitzung beschloss man weiter, die von den Redouten her stammenden 38 Faszikeln mit Musikalien der Gesellschaft der Musikfreunde im damals gerade bezogenen Musikverein zu schenken. Merkwürdigerweise wurde diese hochherzige Widmung nicht angenommen; daraufhin wurden diese wertvollen Manuskripte am 2. Jänner 1872 der k.k. Hofbibliothek übergeben.9

Im Albrecht Dürer Saal – dem “Vereins-Locale der Künstlerschaft, Laimgrube, Kothgasse Nr. 162 zum blauen Strauß” – fanden damals zahlreiche Feste und Bälle statt, oft in Kostümen, die man allerdings mangels sicherer Quellen schwer dokumentieren kann. Nur indirekt wird ihre Existenz bestätigt, sei es aus Inventaren der Kostüme und Requisiten, Briefen oder Sitzungsprotokollen. Ein Requisiteninventar von 1847 dürfte sich auf das Maifest beziehen, doch 1850 und 1851 werden eindeutig Bälle als “Dürerfeste” bezeichnet. 1852 gab es ein “Soiree mit Tableaux”, anscheinend den damals so beliebten lebenden Bildern. Im Künstlerhausarchiv hat sich auch eine Eintrittskarte zu einem “Architecten-Ball” an einem 18. Februar erhalten, allerdings ohne Jahresnennung.

Sowohl der Albrecht Dürer Verein, wie auch die Eintracht wirkten bei der Wiener Schillerfeier anlässlich des hundertsten Geburtstags des deutschen Dichters (* Marbach, Württemberg, 10.11.1759) im November 1859 mit: es handelte sich um mehrere Veranstaltungen, darunter auch einen Fackelzug vom Praterstern zur Glacis. An diesem Fackelzug nahm der Wiener Gemeinderat teil. Dabei wurde ein Gipsmodell des projektierten Schillerdenkmals von Johann Meixner, das später vor der neuen Akademie der bildenden Künste am Schillerplatz aufgestellt wurde, mitgetragen. Wie aus einem Bericht über den Fackelzug von Moriz Grandjean zu entnehmen ist, beteiligte sich der Albrecht Dürer Verein an ihm mit sieben Fahnen. Daneben veranstaltete dieser Verein noch eine eigene Schiller-Feier im Saal. Dass dabei auch getanzt wurde, veranlasste M. Grandjean zu der Bemerkung, dass hier Schiller nicht nur mit dem Kopf und dem Herzen, sondern auch mit den Füßen gehuldigt wurde.

Aus dem Jahr 1860 hat sich ein humoristisch geschriebenes Heftchen von J. Weyl erhalten, in dem der Eintracht anlässlich ihres nicht näher datierten Ausflugs nach Weidling am Bach gehuldigt wurde. Organisator des Ausflugs war Carl Swoboda. Man war mit “Scheckeln” (Pferden) unterwegs. Der Albrecht Dürer Verein feierte seinen Gschnasball am 20.2.1860 auf der Laimgrube.

Von 1861 sind bereits Namen der Komiteemitglieder zu einem Ball und dem Maifest bekannt. Auch nach der Gründung der Genossenschaft wurden alle “Innen”feste im Lokal auf der Laimgrube veranstaltet, diesmal allerdings schon unter Einbeziehung der ehemaligen Mitglieder der Eintracht. Die Maifeste fanden noch zehn Jahre lang auf dem Kahlenberg statt.

Am 4. Jänner 1862 beschloss man, im Saal drei Bälle und einen “Narrenabend” abzuhalten. Am 18. März 1862 übergab Eduard Swoboda der Genossenschaftskassa den Reinertrag eines der durchgeführten Bälle in der Höhe von 17,58 fl. Am 20. Dezember 1862 fand ein nicht näher bezeichnetes “Erstes Gründungsfest” statt.

Besondere Festlichkeiten gab es zwischen dem 3. und dem 6. September 1862 anlässlich der “7. deutschen allgemeinen Künstlerversammlung” in Salzburg, eigentlich eines großen Künstlerkongresses der ADKG, des ersten am österreichischen Boden überhaupt. Es gab Konzerte von Militärkapellen und am Abend des 4. September einen Fackelzug vom Mirabellplatz über die Stadt bis zur Winterreitschule. Am 5. September nahm man ab 16.00 Uhr an einem “ländlichen Fest” mit Pferden auf dem Mönchsberg teil. An allen Salzburger Festen wirkten neben mehreren Kaiserjägerkapellen auch Abordnungen der Bergknappen aus den Salinen Hallein, der Turnerverbände und Liedertafeln mit. Abgeschlossen wurden die Festlichkeiten mit einem Böllerschiessen und einem Feuerwerk.

Am 8. März 1863 überließ die Genossenschaft den Albrecht Dürer Saal der “Künstler-Rittergesellschaft Grüne Insel” für ihr Fest. 1867 war man nicht abgeneigt, dem “Verein bildender Künstler und Kunstfreunde in Linz” die Maifestkostüme leihweise zu überlassen. Auch der “Verein jüngerer Künstler und Akademiker” hatte den Albrecht Dürer Saal für seine Zusammenkünfte und Feste benützt.

Am 24. Februar 1868 fand der letzte Gschnasball der Genossenschaft auf der Laimgrube statt. Die von damals erhaltene Eintrittskarte in gotischer Schrift ist die erste erhaltene schriftliche Nennung des Wortes “Gschnas”.10

Über die wahre Bedeutung des Wortes “Gschnas” stritten sich schon viele Sprachforscher. Nach Dr. Max Mayr dürfte das Wort von schnatzen, das heißt aufputzen und frisieren, abzuleiten sein. Es bedeutet im Grunde wertlose Dinge, die mehr gelten wollen, als ihnen zukommt. Das Wort erlangte durch die Gschnasfeste der Wiener Künstlergenossenschaft Berühmtheit und lange achteten die Künstler streng darauf, dass keine andere Kostümveranstaltung in Wien mit diesem Wort bezeichnet wurde. Wann genau bzw. wer die Bezeichnung “Gschnas” in die Genossenschaft einführte, ist in Vergessenheit geraten. Sicher ist nur, dass es Künstler um Eduard Swoboda waren, vielleicht Heinrich oder Josef Schwemminger.

Besondere Festlichkeiten gab es anlässlich der Künstlerhaus-Eröffnung um den 1. September 1868. Man veranstaltete Banketts, frühstückte gemeinsam, arrangierte Abendveranstaltungen und lud zu Ausflügen ein.11 Für die Wintersaison 1868/1869 wurde zwar ein Ballkomitee gewählt, doch dieses beschloss, diesmal von einem großen Fest abzusehen. Man hatte noch die Septemberfeierlichkeiten in Erinnerung (im Dezember 1868 gab es übrigens am Festkonto einen Überschuss von 230 fl., der dem Unterstützungsfond, dem Vorschuss- und dem Bibliotheksfond überwiesen wurde). Nachdem das Künstlerhaus nun eröffnet war, wollte man in den alten Albrecht Dürer Saal nicht zurück. Allerdings war das Haus in seinem Inneren nicht ganz fertig: es fehlten noch manche Türen, definitive Böden und die Warmluftheizung war noch nicht im Betrieb.

Erst im Herbst 1869 kam es zu den ersten spontanen geselligen Veranstaltungen im Künstlerhaus. Nach und nach wurde es üblich, dass jeder Montagabend solchen Treffen vorbehalten war – ohne besonderer Einladungen oder vorher abgestimmter Programme. Man traf sich, sprach miteinander, hörte Musik und “deklamatorische Vorträge”, meist im Repräsentationssaal.12 Anschließende Räumlichkeiten standen bald dem Billard- und Kartenspiel zur Verfügung; das Aufstellen von Speisetischen im Repräsentationssaal wurde jedoch nicht geduldet.

Am 1. Jänner 1870 hatte man eine “Sylvester-Nachfeier” und am 28. Februar 1870 den ersten großen Gschnasball im Künstlerhaus. Eine große Eintrittskarte mit antiken Figuren hat sich erhalten, gezeichnet wurde sie vielleicht von Ferdinand Laufberger.13 Anschließend kam es zu der ersten dokumentierten Auktion der Gschnasobjekte: 100 fl. wurden dem Vorschussfond überwiesen, weitere hundert als Depositum für einen neu zu gründenden Vergnügungsfond zurückbehalten und 90 fl. der Genossenschaftskassa für die Gasbeleuchtung überwiesen.

Die jeden Montag stattfindenden Treffen dauerten bis zum Frühjahr und die Herbstsaison begann Ende Oktober. Ähnlich wurde es in folgenden Jahren. Wie dem Jahresbericht vom 13. November 1872 zu entnehmen ist, “waren es schöne Abende, die zusammen mit den Tanzkränzchen wohl in allen Mitgliedern die heitersten Erinnerungen zurückließen”.

1873 begannen die ersten dokumentierten Theaterparodien: “Babel a Bab” und “Friedrich der Heitzbare”. Daneben gab es nach wie vor die zur Tradition gewordenen Montagsabende, zwei Künstlerkränzchen und einen nicht näher bezeichneten Gschnasball. Leopold Carl Müller schrieb am 5. März 1873 aus Palermo dazu an Eduard Swoboda:

Die Nachrichten, die Du mir vom Gschnasfest gabst, haben mich sehr unterhalten, und mein Bedauern diese Unterhaltung nicht mitgenossen zu haben, ist recht groß – denn es ist erstens der erste Gschnasball, den ich nicht mitgemacht habe und zweitens scheint es einer der schönsten und interessantesten gewesen zu sein. Was mich aber ganz besonders wundert, das ist die Einigkeit, die in der Genossenschaft zu herrschen scheint. Was ist denn plötzlich geschehen, daß Leute, die sich schon seit Jahren in der Genossenschaft nicht mehr sehen ließen, und die sich um die Genossenschaft absolut nicht kümmerten, jetzt mit einem Male so thätige und eifrige Teilnehmer an den Unternehmungen des Vereines geworden sind. Makart, Storck, Laufberger wieder in der Genossenschaft! Ja, was soll denn das bedeuten? Makart soll 6 Bilder gemalt haben – das soll begreifen, wer will – ich habe den Schlüssel für dieses Räthsel noch nicht gefunden. Schon Deine Mittheilungen über den Sylversterabend haben mich in großes Staunen versetzt.14

Das sich am 21. Oktober 1874 konstituierte Vergnügungskomitee bestand außer der Leitenden Sektion auch aus den Theater-, Montags- und der Gschnasballsektionen. Schon das Vorhandensein dieser Sektionen allein beweist die damalige gesellschaftliche Anziehungskraft des Künstlerhauses.

Im Komitee wurde die Aufführung der Operette “Lapis Lazuli” von Franz Mögele besprochen, das Datum der Aufführung ist nicht mehr bekannt. Ebenso in Vergessenheit geraten sind die Daten von Reprisen der Stücke “Friedrich der Heitzbare” und “Loreley”.

In diese Zeit fallen bereits Unterhaltungen der Schützengilde, die nach und nach von den Souterrainlokalitäten Besitz ergriff. Neben der Schützengilde gab es dort auch einen Kegelclub; beide Gesellschaften kamen aber miteinander gut aus.

Über das erste große Gschnasfest im ganzen Künstlerhaus unter einem einheitlichen Motto wird 1875 berichtet: am 21. Oktober 1874 beschloss das Vergnügungskomitee den “Militärball” unter dem Motto “Von Jericho bis Waterloo” zu veranstalten. Kostüme aus späterer Zeit oder sogar Gegenwart waren nicht zugelassen. An den Dekorationen beteiligte sich Hans Makart.

Wie früher schon bei den Maifesten üblich, so wurden nun auch im Künstlerhaus nicht nur die Saaldekorationen aufeinander abgestimmt, sondern auch die Besucher. Je nach Geschmack oder Neigung konnte man unter bestimmten Kostümgruppen wählen: dem Josua-Jericho, Alexander dem Großen, Hannibal (wurde später anscheinend gestrichen), Caesar, Gustav Adolph, Friedrich dem Großen, Napoleon.

August Schaeffer von Wienwald berichtet,15 dass es hier “ganz köstliche Figuren” gab, und “Frau Wolter, von Baron Härdtl16 eingeführt, sowie andere Damen aus der Theaterwelt und den Künstlerfamilien verschönten das Fest durch ihren anmutigen Humor”. Außer diesem großen Fest gab es noch eine Reihe weiterer vergnüglicher Abende, die der Genossenschaft viele neue Teilnehmer brachten.

Am 28. Februar 1876 fand im Künstlerhaus ein Gschnasfest statt, das eine Erinnerung an die seit fünf Jahren nicht mehr durchgeführten Maifahrten auf den Kahlenberg brachte. Die Maifahrt wurde in den Künstlerhaussälen durchgeführt, wobei allerlei Zauberkünstler, ein “Dampfphotograph” und eine Schlangenbändigerin ihre Künste produzierten. Im ersten Stock war der Kahlenberg nachgebaut, und zu ihm führte über die Stiege eine Gleis-Seilbahn. Der Waggon bestand aus einem Kasten ohne Boden, was von außen nicht sichtbar war. Der gefoppte Fahrgast musste nach dem Bezahlen des Fahrpreises und dem Einsteigen mit dem Kasten selbst die Stiege hinaufsteigen. Der Krapfenwald bestand wörtlich aus Bäumen mit echten Krapfen, und es gab auch eine Ansicht auf das entfernte Wien mit Kirchtürmen aus Rüben und Zwiebeln. Das war Gschnas.

Im März 1876 wurde anscheinend zum ersten Mal Kaiser Franz Joseph persönlich zu einer Theateraufführung ins Künstlerhaus eingeladen. Der Kaiser kam zwar nicht, widmete aber in Anbetracht der humanen Zwecke am 14. März 1876 den Betrag von hundert Gulden aus seiner Privatschatulle. Gegeben wurde die “Große tragische Oper in drei Acten und sechs Bildern Lenardo und Blandine”, komponiert von Franz Mögele. Der Kassaüberschuss wurde den Opfern der diesjährigen Überschwemmung gewidmet, sowie dem Komitee für das Walter von der Vogelweide Denkmal.

1877 hatte man die Gewinne für das Grün-Lenau Denkmal, für arme Studierende der k.k. Akademie, der Gemeinde für die Notleidenden Wiens sowie zur Renovierung und Innenausstattung der Casino-Lokalitäten verwendet. Ähnlich positiv waren alle Feste und Theatervorstellungen der folgenden Jahre und ähnlich war die Verwendung der Überschüsse.

1879 fand kein Gschnasfest statt, obwohl man ursprünglich an ein Schützenfest dachte. Doch dann wurde die Zeit zu kurz. Man war außerdem mit den Vorbereitungen zum großen Festzug der Gemeinde anlässlich der silbernen Hochzeit des Kaisers und der Kaiserin voll beschäftigt.

Der Makart-Festzug, so genannt, da sämtliche Kostümentwürfe und Skizzen von Hans Makart stammten, wurde in unglaublich kurzer Zeit verwirklicht. Der Gemeinderat beschloss die Abhaltung eines Huldigungszuges auf Vorschlag des Bürgermeisters Dr. Ritter von Newald am 14. Jänner 1879. Zur Durchführung wurde eine Festkommission des Gemeinderates gewählt, die weitere Subkomitees bestellte. Von großer Bedeutung wurde die Aufforderung des Bürgermeisters fünf Mitglieder der Genossenschaft in die Festkommission einzuladen, die sich ihrerseits für den großen künstlerischen Erfolg verantwortlich zeichneten.

Einen würdigen Prolog zu dieser Feier bildete die Ausstellung der von Hans Makart entworfenen Skizzen für den Festzug, die zwei Wochen lang im Künstlerhaus von einer breiten Öffentlichkeit, hauptsächlich jedoch von den Festzugsteilnehmern mit ihren Schneidern und Näherinnen, besichtigt werden konnten. Welch begeisterte Aufnahme diese Skizzen fanden, bewiesen allein die Einnahmen aus dem Eintritt: 5959,70 fl. Der Betrag wurde für die Beschaffung des Festwagens der Genossenschaft (gebaut in den Werkstätten der Kaiser Ferdinand Nordbahn) verwendet und ermöglichte somit die Ausstattung der Künstlergruppe in würdiger Weise.

Für ihre Kunstfreunde errichtete die Genossenschaft am Ring, am Bauplatz der verlängerten Albrechtsgasse (heute Goethegasse) eine Tribüne (Nr. 67 – sie stand etwa vor dem heutigen Goethedenkmal); ein Platz kostete 3 fl. Der Obmann des, für den Tribünenbau verantwortlichen Komitees Robert Raschka führte anschließend an die Genossenschaftskassa noch einen Überschuss von 581,63 fl. ab, der durch den Verkauf der Plätze erzielt wurde.

1881 fand im Künstlerhaus ein venezianisches Maskenfest statt, der Repräsentationssaal wurde als Haupttanzsaal zum Markusplatz umfunktioniert. An den Längswänden hatte man die Prokurazien gemalt, an einer Schmalseite stand die Markuskirche. Nachdem die Saalhöhe für den Campanile zu niedrig war, wurde er über die Decke gemalt, die Spitze reichte bis in die Saalmitte. Alexander Demetrius Goltz erinnerte sich 45 Jahre später:17

“Beim Eintritt gelangte man rechts in den Raum , der heute Bibliothek ist:18 tiefes Dunkel – einige Stufen hinunter – eine kleine Laterne am Pfahl – durch das große Fenster leuchtete der Mondschein (der wirkliche) und man sah die Karlskirche, die man leicht für Madonna della Salute halten konnte.

Da lag eine Gondel. Man stieg ein – die Gondel, die in der linken Ecke des Raumes befestigt war, drehte sich langsam unter der sicheren Führung des Gondoliere (Bildhauer Costenoble) um ein Viertel eines Kreises und man landete bei anderen Stufen, die in die Kasinoräume führten – hergerichtet als Riva degli Schiavoni – dann über den Markusplatz zu Rialto und Merceria, wo herrlich aussehende Früchte üppigster Art auflagen – aber nur dekorativ – denn sie waren inwendig aus Gips.

Da erschien eine Gruppe von Chiosoten, die sich dann im Stiegenhause niederliessen und die herrlichsten italienisch-wienerischen Gstanzln sangen – es war der Wiener Männergesang-Verein.

Es gab ja außer dem eigentlichen Venedig mit Kanälen, einzelnen Höfen, wo die Wäsche an Leinen vor den Fenstern hing und die Lotterienummern an die Wände gemalt waren, auch noch andere interessante Dinge zu sehen. Eine fabelhafte Bildergalerie alter Meister, die (von den damaligen Jüngsten gemalt), heute modernste Schule machen würde. Eine Menagerie: ein Wundervogel aus dem Paradies (ein gerupftes Huhn, welches sich in einem Ringe schaukelte und sehr stolz eine Fasanfeder als Stoß trug), ein Löwe, furchtbar anzusehen (ein Rehlederbettvorleger, kunstvoll über einen Sessel gebreitet), und ähnliche, täuschend lebendig dargestellte Vertreter der Tierwelt.

Und in den Sälen wogte eine Menge von 600 Personen, die Höchstzahl des damaligen Fassungsraumes.”19

Für die Funktionäre von damals war die Sorge um mögliche Feuerkatastrophen am belastendsten. Bei jedem Fest waren mehrere ausgebildete Feuerwehrmänner anwesend, die im Notfall rasch einschreiten sollten. Angst hatte man dabei nicht nur vor dem Rauchen, sondern viel mehr vor dem Licht: allgemein wurde ja noch Gas verwendet. Dass diese Sorgen nicht unberechtigt waren, zeigte sich bei zahlreichen Theaterbränden, aber auch bei Faschingsveranstaltungen. Im Februar 1881 verbrannten bei einem Fest der akademischen Jugend in München sechs als Eskimos verkleidete Künstler. Die Genossenschaft kondolierte der königlich bayerischen Akademie der bildenden Künste am 25. Februar 1881. Das Grab der sechs Unglücklichen steht bis heute auf dem Südlichen Friedhof in der Thalkirchner Straße. Das Wiener Künstlerhaus von solchen Katastrophen blieb zum Glück verschont.

Von den geselligen Veranstaltungen der ersten zwei Jahrzehnte der Genossenschaft hat sich im Künstlerhausarchiv nur sehr wenig erhalten. Auch die sonst korrekt geführten Kassabücher sind nicht sehr aussagekräftig, da vieles unter dem einzigen Posten der Damen- und Herrenabende, bzw. Kränzchen zusammengezogen wurde. August Schaeffer schrieb in seiner Chronik 20 von einem “Drama in zwei Wochen Oedipus” sowie einem “Familienbild in einem Akt s’ Volk lebt”. Beide Stücke sollen 1881 mehrmals aufgeführt worden sein, nähere Daten fehlen.

Am 17. Februar 1882 sollte nach Schaeffer im Künstlerhaus das letzte Gschnasfest im alten Haus noch vor seiner Vergrößerung stattgefunden haben: ein Überblick über die in den vergangenen Jahren gehabten Gschnasabende. Noch einmal sollten dabei die lustigsten Figuren dieser Maskenfeste Revue passieren.21

Nicht datiert werden konnte ein Büchlein mit zehn Karikaturen Wiener Künstler dieser Zeit und dem Titel “Wiener Ansichten”, 11 x 7 cm. Die Dargestellten sind Heinrich Angeli, Friedrich Schilcher, Brüder Charlemont, Victor O. Tilgner, Lafite, William Unger, Hans Makart, Dr.med. Josef Scholz und der Komiker Wilhelm Knaak. Wahrscheinlich handelt es sich um eine private Anfertigung, nicht um eine offizielle Gschnaspublikation der Genossenschaft.

Eindeutig vom Künstlerhaus, sie sind auch so bezeichnet, stammen Plakate und Gesangstexte zur “Normal-Bauernkomödie mit Gesang und Tanz in drei Acten: Die Protzen-Mudei vom Trottelhof”. Verlag der Genossenschaft; gedruckt bei Ch. Reißer & M. Werthner in Wien.22 Das Datum der Aufführung bleibt unbekannt.

Am 25. Jänner 1883 wurde die Veranstaltung eines “Elitteballes” bei elektrischer Beleuchtung am 26. Februar 1883 vorgeschlagen. Zum Fest sollte der Kaiser eingeladen werden. Um eine Musikkomposition wollte man von Johann Strauß ersuchen. Die Eintritte waren mit 10 fl. für Herren, 5 fl. für Damen und 3 fl. für Mitglieder festgesetzt; dabei wurden 1700 Gäste erwartet. Der Reinertrag (14 900 fl. geschätzte Einnahmen gegenüber 10 000 fl. Ausgaben) sollte dem Pensionsfond zugutekommen.

Am 6. Februar 1883 sprach man davon, dass in Anbetracht der vorgerückten Zeit und der bisherigen mangelhaften Vorbereitungen vom Fest abgesehen wird. Vom 17. Februar 1883 datierte die Druckerei Gottlieb Gistel & Co. ihre Rechnung für die Herstellung von 432 Korrespondenzkarten mit der Absage.

Der Jahresbericht vom 24. November 1883 bestätigt auf Seite 9 die Absage des großen Künstlerfestes sowie die darauf erfolgte Demission des Vergnügungsausschusses. Der Leitende Ausschuss bedauerte aufrichtig den Rücktritt des Komitees und bestellte Eugen Felix als “Experten” zur Weiterleitung der “Geselligkeit” im Künstlerhaus. Im Jahresbericht wurden seine bisherigen Bemühungen lobend erwähnt. Dass man kein neues Vergnügungskomitee wählte, deutet auf große Unstimmigkeiten hin. Die Monatsversammlung vom 27. Oktober 1883 beschloss auf Antrag des Leitenden Ausschusses, künftig kein autonomes Vergnügungskomitee mehr zu wählen.

Inzwischen wurden die geselligen Veranstaltungen turbulenter und ausgelassener. Nach der Hauserweiterung gab es viel Platz und die Teilnehmerzahlen stiegen sprunghaft an. Um dem entgegenzusteuern, entschloss man sich im Leitenden Ausschuss, 1886 wieder ein gediegeneres Kostümfest von ausgesprochen künstlerischem Charakter zu veranstalten. Als Motto wurde eine der üppigsten und malerischsten Epochen gewählt: die Rubenszeit.

Die Erwartungen des Ausschusses hatten sich erfüllt: noch nie zuvor wurde ein ähnliches Fest im Künstlerhaus gefeiert. Der Gschnas der Genossenschaft wurde mit all seinen prachtvollen Details zum Mittelpunkt aller in diesem Winter veranstalteten Bälle und Unterhaltungen. Das Fest übertraf an künstlerischem Inhalt alles bisher dagewesene, wenn auch die Teilnahme wegen des strengen Kostümzwanges nicht so zahlreich wurde, wie sonst. Dafür besuchten zahlreiche Prominente des öffentlichen Lebens, Regierungsmitglieder, Diplomaten und Aristokraten das Künstlerhaus. Es kamen die Erzherzöge Carl Ludwig, Ludwig Viktor und Wilhelm. Kronprinz Rudolf, der sich ebenfalls angekündigt hatte, musste im letzten Moment wegen Unwohlseins absagen.

Besonders eingehend berichtete die Neue Illustrierte Zeitung vom 14. Februar 1886 über das Fest. Die Vorbereitungen hatten schon Wochen vor dem Fest begonnen. Statt der üblichen historisierenden Späßchen dachte man diesmal an möglichst treue, ja sogar echte Objekte. Neben der Saaldekoration waren es hauptsächlich die Kostüme, die im Mittelpunkt allen Interesses standen. Man sammelte Vorlagen und Muster, zahlreiche Schneider waren nur wegen der einen einzigen Nacht wochenlang beschäftigt, im Künstlerhaus agierte ein Beratungskomitee. Graf Hans Wilczek stellte bereitwillig Originalwaffen aus Kreuzenstein zur Verfügung. Fünf kamen beim Fest abhanden, doch Graf Wilczek machte deswegen nicht viel Aufheben. Verlorengegangen waren auch Stiche und Vorlagen des Kunsthändlers C. Wawra, die er dem Beratungskomitee zur Verfügung gestellt hatte. Als Entschädigung wurden ihm 57 fl. ausbezahlt. Es handelte sich um einen der wenigen Diebstähle aus der Zeit vor 1918; vielleicht war es aber auch nur Schlamperei und die Dinge wurden mit den sonstigen Dekorationen “entsorgt”.

Die Festräume waren ab 20.00 Uhr offen, das Fest begann um 21.00 Uhr. Im Vestibül befand sich ein niederländisches Stadttor im Stil der Spätrenaissance mit offener Zugsbrücke (geschaffen von Hermann Burghart). Dort empfingen die Ausschussmitglieder, als alte Ratsherren kostümiert, die Gäste. Schmale Gänge links und rechts der Treppe in Form von Kasematten mit Schießscharten (H. Burghart) führten zum Repräsentationssaal. Hinter den schmalen Schießöffnungen waren niederländische Landschaften sichtbar.

Das anschließende Foyer gestaltete Carlo Brioschi als Vorhalle eines Rathauses aus. Von da trat man in den Repräsentationssaal, diesmal eine große Rathausstube (Dekorationsentwürfe von Hermann Giesel, Ausführung durch Ignaz Schönbrunner und Anton Kangel). In der Rathausstube versammelten sich drei Gruppen: um den Vorstand August Schaeffer die Ratsherren, die Künstlergilde um Alois Wurm und das Baugewerbe um Karl Mayreder.

Im linken Pavillon (Müllerzimmer) hatte Carlo Brioschi einen Rathausgarten mit Rosenlaube hervorgezaubert. Weiter links in einem sonst zu Sitzungszwecken verwendeten Raum (dem Präsidentenzimmer) befand sich eine in tiefes Dunkel gehüllte Folterkammer: das hochnotpeinliche Gericht (Hermann Burghart). Die Gruppe des Gerichtspersonals führte der Maler Edmund Krenn an, er lieferte auch zahlreiche eigene Ausstattungsgegenstände.

Im anschließenden Oktogon, damals als Rotunde bezeichnet, war der Rathausturm aufgebaut, ein prächtiges Stimmungsbild, wo weder die mächtige in den Balken hängende Glocke, noch der Turmwächter sowie der Glöckner fehlten (Othmar Brioschi, Figuren von Anton Brenek).

Weiter rechts kam man durch einen mit Teppichen verhängten Eingang in die ehemalige Loggia, nun eine Hexenküche (Hermann Burghart, Ausstattung Edmund Krenn, Carl von Geist, Theodor Theyer, Alois Düll). Hier sammelte sich die Zauberer- und Hexengruppe um Eduard Swoboda. Wer eine Geldgabe in einen Hexenkessel warf, dem brachte ein aus der brodelndem Gischt steigender Teufel eine dem Geldgeschenk entsprechende Gabe, unter anderem Oblaten mit kleinen Handzeichnungen.

Aus der Hexenküche gelangte man in den Deutschen Saal, wo ein altniederländischer Dorfplatz aufgebaut war (Ludwig Hans Fischer, Ladislaus E. Petrovits). Hier gab es eine Windmühle, deren Flügel sich tatsächlich bewegten, eine Schenke, Weinhaus “Zum Höllenbreughel” und ein Puppentheater (Hermann Burghart). Am Dorfplatz sammelten sich die Gruppen Schützengilde um Rudolf Feldscharek, Jagdgruppe (Obmann Dr. Anton Loew), Sänger (Wiener Männergesang-Verein unter Eduard Kremser und Carl Udel), Spielleute und Bauern (Obmann … Frank, Studenten (Obmann Robert Praeceptor).

Im Spanischen Saal war ein Fisch- und Gemüsemarkt aufgebaut (Hermann Burghart), wo Kupferstecher und Radierer der Genossenschaft ihre Werke zugunsten des Pensionsfonds anboten. Dort konnte man auch weitere Erinnerungen an das Fest erwerben, so ein “Rubens-Album”, herausgegeben von der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst, ein von Architekt Robert Raschka im Stil der alten Panoramaansichten gezeichnetes Blatt mit dem Wiener Künstlerhaus im Vordergrund23, eine Karte “Das lustige Alt-Niederland” von Alois Greil und Hermann Paar, Glasmalereien von Geyling’s Erben, ein witziges Heftchen “Die Kunst in einer Nacht holländisch zu lernen”, Noten zum Walzer “Niederländisches Kirmes” sowie eine silberne Medaille von Anton Scharff in zwei Ausführungen: an den Rändern ausgeschnitten und voll.24

Im großen Vestibül Giselastraße befand sich ein von Adolf Obermüllner dekorierter niederländischer Eislaufplatz, ihm folgte ein niederländisches Maleratelier (Julius Berger, Alexander Decsey, Leo Reiffenstein, William Unger). Das Atelier war ein stimmungsvolles Künstlerheim mit einem mächtigen Kamin und Riesenfenster, durch das gedämpftes Licht fiel. Dazu fertige und unfertige Bilder von Rembrandt und Rubens.

In der rechts anschließenden Loggia gab es den Lagerplatz der Soldaten und der fahrenden Leute (Hermann Burghart, Hans Kautsky); Wenzel O. Noltsch und Franz Roth waren die Obmänner der sich hier sammelnden Gruppen.

Im Französischen Saal befand sich der niederländische Schlosshof mit großer Tanzfläche (Hans Kautsky). An der Längswand war eine Hoffassade mit breiter Treppe dargestellt, rechts in der Ecke das Stiegenhaus, ein rundlicher Erker, aus dessem obersten Fenster eine von Otto König geschaffene Büste des Obmannes August Schaeffer herabblickte.

Daneben stand ein Portal, das allein eine Sehenswürdigkeit war, und weiter links ein Arkadengang mit Blick auf das Meer. An der gegenüber liegenden Längswand erhob sich die festlich geschmückte Estrade für die Erzherzöge und Vertreter der Hocharistokratie. Da befand sich auch ein Meisterwerk der Dekorationsmalerei, ein Baum, halb gemalt, halb plastisch ausgeführt.

Im Billardzimmer des im alten Haus liegenden Casinos war eine Schiffswerft und Matrosenschenke (Charles Wilda, Angelo Trentin); Trentin war auch Obmann der Matrosengruppe. Die Schenke war ein bis ins kleinste Detail verlebendigtes Bild von David Teniers.

Das folgende Lesezimmer und die Bibliothek waren zu der Wachstube der Scharwache umgestaltet (Ludwig Tischler). Gustav Adolf Hessl diente als Hauptmann der Wache. Hier hatte auch ein Club junger Künstler, die “Alte Welt”, ihr Hauptquartier aufgeschlagen.

Um die Bildung solcher Gruppen zu fördern, hatten ihre Teilnehmer ermässigten Eintritt – sie mussten sich nur untereinander absprechen und ihre Kostüme aufeinander abstimmen. Diese Gruppenbildung war bereits ab den ersten Gschnasfesten üblich und sie trug wesentlich zur Vertiefung des Festmotivs bei. 1886 ging man allerdings strenger vor, die Kostüme mussten tatsächlich den historischen Vorbildern der angegebenen Zeit entsprechen.

Gegen elf Uhr schritten die Fanfarenbläser der Scharwache durch die Säle und gaben das Signal zum Sammeln der Gruppen, die dann in einem langen, von Johann Schwerdtner geordneten Zug vor den “wilden” Gästen defilierten. Danach zerstreuten sich die einzelnen Teilnehmer wieder in den Festräumen, wo sie das bewegte und bunte Leben an den Tischen und Tanzflächen fortsetzten.

Wie alljährlich, beschränkte sich auch diesmal der eigentliche Ball, das Tanzen, fast ausschließlich auf den Schlosshof. Auf der eigentlichen Kirmes, dem niederländischen Dorf, fehlte es zwar auch nicht an verschiedenster Musik, doch der Andrang dort war so groß, dass es zum Tanzen erst gegen Morgen kommen konnte, nachdem sich die Reihen der Gäste etwas gelichtet hatten. Das Fest war erst um sechs Uhr Morgens zu Ende.

Alle Feste und Unterhaltungsabende dieser Zeit fanden meist in den Parterreräumen statt; im ersten Stock gab es nur Speisesäle und Garderoben. Das hatte seinen Grund: man wollte den Ausstellungsbetrieb durch die manchmal sehr langen Aufbauzeiten der Gschnasdekorationen nicht zur Gänze unterbrechen und so wurde die im ersten Stock befindliche Ausstellung nur an einem einzigen, nämlich dem Festtag geschlossen.

Einige Male war während der Unterhaltungsabende auch einer der großen Seitensäle durch Ausstellungen besetzt, sonst fanden diese Abende mit Musik, Theater und sonstigen Unterhaltungen im ganzen Parterre statt. Peinlichst genau wurde der Gasverbrauch gemessen. Von den Darbietungen wissen wir allerdings sehr wenig. Üppig war die Pflanzendekoration, oft wurden auch Teppiche und Möbel zur Innenausstattung von führenden Wiener Handelshäusern ausgeborgt.

Die Teilnehmerzahlen waren, trotz der großen Räume und des getriebenen Dekorationsaufwands, nach den heutigen Vorstellungen niedrig. Das hatte ihre Ursache: man war in der Genossenschaft dieser Zeit im Grunde genommen am breiten Publikum gar nicht interessiert. Es gab eine limitierte Kartenanzahl, sodass nicht alle Interessenten die Feste besuchen konnten: Vorrang hatten natürlich die Mitglieder und Freunde des Hauses. Gäste mussten stets durch ein Mitglied, durch einen Bürgen, eingeführt werden. Alle Festteilnehmer waren den Verantwortlichen namentlich bekannt. Der Eintritt war nur für die ordentlichen Mitglieder relativ gering – ein bis zwei Gulden, jeder durfte höchstens zwei Familienmitglieder mitbringen. Die Gastkarten kosteten bei den großen Festen zehn bis fünfzehn Gulden, bei sonstigen Unterhaltungsabenden fünf.

So trug schon der hohe Eintritt zur Selektierung der Gäste bei. Interessanterweise war er manchen Besuchern aber nicht hoch genug: manche überzahlten die Karten sogar – der Erlös ging ohnehin den wohltätigen Zwecken zu, dem Pensionsfond der Genossenschaft. Der Protektor Erzherzog Carl Ludwig, zahlte für seine Karte stets 100 fl., obwohl er, wie auch andere hohe Prominente, eine Gratis-Ehrenkarte bekam.

Als man nach den Festen die Besichtigungen der dekorierten Räume für das breitere Publikum einführte, entstand bald auch hier eine Art Klassifizierung. Eine Karte kostete zwischen 30 und 50 Kreuzer; die Tage zu Beginn der Besichtigung und manchmal auch gegen Ende waren teurer. An einem oder zwei Wochentagen kostete der Eintritt einen Gulden: damals wurden die Festräume von den reicheren Schichten, die unter sich bleiben wollten, besichtigt. Erst nach der Jahrhundertwende kam man durch die allgemein fortschreitende Demokratisierung zu einem einheitlichen Eintritt von etwa 60 Heller.25

Der Gschnas des Jahres 1887 war wieder etwas ausgefallener, als die “Altniederländische Kirmes” von 1886. Dabei wurde das Festthema erst am 7. Jänner im Ausschuss geklärt und von der Hauptversammlung am 10. Jänner 1887 bestätigt: diesmal wollte man sich nicht der Vergangenheit, sondern der Zukunft widmen. Man baute eine “Weltausstellung im Jahre 1987″ auf; mit lustigen, aber auch erschreckenden Visionen, die zum Glück nicht wahr wurden.

Für das Fest wurde der damals noch bestehende Innenhof des Künstlerhauses durch einen hölzernen Verbindungsgang zwischen dem Repräsentationssaal und dem in der Giselastraße liegenden Vestibül verbaut und es gab, wie bereits einige Male, elektrische Beleuchtung. Durch den Verbindungsgang wollte man den im Vorjahr unangenehm aufgefallenen Stockungen in den Saaleingängen begegnen.

Besonders beeindruckend war ein von Hans Kautsky und Ladislaus E. Petrovits im Französischen Saal geschaffenes Panorama von Wien. Man erkannte nur annähernd die Bauten Hansens, Ferstels, Hasenauers und Schmidts, überall dazwischen schwangen sich Viadukte der Hochbahnen, lenkbare Ballons füllten die Luft, ein unabsehbares Häusermeer dehnte sich weit über die Vororte hinaus und erst bei Weidlingau an begann an grün zu werden.26

Ein von Anton Fix arrangiertes Damenboudoir mit dampfangetriebenem Ballon vor den Balkonfenstern, das die Bewohnerin, Fürstin Gschnasatelli eben bestieg, gehörte zu den Hauptattraktionen des Festes. Die Decke bildete ein Aquarium mit Goldfischen, die man von unten betrachten konnte, in den Saalecken standen Klimageräte mit frischer, duftender Luft. Das Telefon war soweit verbessert worden, dass die bei Demels’ Erben bestellte Portion Gefrorenes auch gleich aus dem Apparat herausfiel. Und wenn die Fürstin abends nicht selbst in die Oper gehen wollte, konnte sie nicht nur die Musik hören, sondern auch die ganze Szene auf einem “Telephonskop” in Farbe vor sich sehen.

Insgesamt gab es 1887 folgende Festsäle:27

Kunsthalle, dekoriert von Julius Berger, Arthur Strasser, Angelo Trentin, Gustav Adolf Hessl, Gustav Gaul und Carl von Merode.

Industriehalle: Anton Scharff, Ladislaus E. Petrovits, Gustav A. Hessl, Anton Fix, Theodor Theyer, Johann Schwerdtner, Anton Batsche.

Maschinenhalle, hier stand eine echte Dampfmaschine in Betrieb, die mittels Transmissionen tatsächlich mehrere Zukunftsmaschinen in Bewegung setzte: Anton Scharff, Arthur Strasser, Richard L. Wolf, Carl Schumann, Caspar Zumbusch, Eduard Swoboda.

Palmenhaus: Julius Deininger, Ladislaus E. Petrovits, Hans Kautsky, Andreas Groll, Carl von Merode.

Unterirdischer Kurort: Julius Deininger, Alexander Decsey, Gustav Adolf Hessl, . Lehner, Alois Düll, Franz Pönninger, Hugo Wiedenfeld, Theodor Theyer.

Japan und China: Julius Deininger, Julius Berger, Josef Storck.

Heerwesen: Otto König, Sigmund l’Allemand, Wenzel O. Noltsch, Rudolf Ottenfeld, Anton Batsche.

Franz Josefs Land: Otto König, Edmund Krenn, Carl von Geist, Alois Düll.

Presse-Komitee: Anton Scharff, Julius Deininger, Eduard Zetsche, . Geierberg.

Unterrichtswesen: Anton Scharff, Ladislaus E. Petrovits, Theodor Theyer, Leo Reiffenstein.

Verbindungsgang: Julius Deininger, Carlo Brioschi.

Am Fest konnte man eine Menge von Drucksorten und Prospekten erwerben, sowie die Zeitung “Das 20. Jahrhundert” mit den sonderbarsten Meldungen. Gerade diese Zeitung dokumentiert, was dieses Fest wirklich war: keine wissenschaftlich belegte Prognose, sondern wirklich nur ein auf Unterhaltung zielendes Gschnas. Im Gegensatz zum Vorjahr machte man nur mehr oder minder lustige künstlerische Blödeleien mit satirischen Anspielungen auf damalige aktuelle Verhältnisse.

Nur wenige Visionen erfüllten sich inzwischen, wie eben das erwähnte Farbfernsehen. Es gibt aber keine Tanzautomaten für alleinstehende Damen, es gibt keine Haifische in Donaukanal, keine “Klavierpest”, keine fliegenden Omnibusse in den Straßen von Wien, keine vor Zusammenstössen sicheren Eisenbahnzüge, keine Maschinen zur Gemäldezerkleinerung, keine Bambusstöcke als Lehrmittel, keine Fotoapparate zum Aufnehmen längst vergangener Augenblicke auf dem Prinzip der zu überholenden Lichtgeschwindigkeit, keine österreichische Kolonie am Franz Josefs Land.

Es hätte aber nicht viel gefehlt und das Fest wäre auch in die diplomatische Geschichte eingegangen. Zufällig weilte damals der japanische Prinz Komatsu in Wien, von seiner Familie nach Europa geschickt, um hier seine militärwissenschaftlichen Studien abzuschließen. Zum Gschnasfest durch seine Wiener Gastgeber eingeladen, erschien er im Künstlerhaus, von den Sitten dieser Veranstaltung keine Ahnung habend, im japanischen Festkleid.

Als er nun vom “Unterirdischen Kurort” in den Japan und China gewidmeten Saal kam, traf er unvermittelt auf als Japaner kostümierte Künstler mit Julius Deininger an der Spitze. Kaum sahen sie den so echt aussehenden Japaner eintreten, stürzten sie sich auf ihn, zupften an seinem Kleid, fanden es besser und origineller als das ihres Anführers Deininger, betasteten seine gelben Hände auf Farbechtheit und hatten bald einen fast bedrohlichen Kordon um ihn gelegt. Die erst erheiterten, bald aber beinahe verzweifelten Beteuerungen des Prinzen, dass er wirklich ein echter Japaner sei, erzeugten umso lauteres Gelächter. Hätte nicht zufällig ein auf das Getümmel neugierig gewordener Erzherzog den hilflosen Gast erkannt und ihn aus dem allgemeinen Rummel hinausgeführt, Prinz Komatsu selbst hätte sich den heiteren Pseudojapanern nicht erwehren können. Als ihm dann sein Retter die Situation erklärte, soll er sehr gelacht haben.28

Anscheinend wurde durch dieses Gschnasfest Johann Schrammel zu seiner Komposition “Gschnasmarsch für Pianoforte”, Op. 86 angeregt. Im Juli 1887 schrieb er dem Ausschuss, ob er diesen Marsch der Genossenschaft widmen dürfe. Der Leitende Ausschuss hatte nichts dagegen einzuwenden, frug aber an, ob man in der nächsten Zeit den Marsch auch hören könne.29 Ob und wann es dazu kam ist nicht überliefert; im Sommer sicher nicht und im nächsten Jahr gab es wegen Hausumbau überhaupt kein Gschnasfest.

Dafür wurde nach längerer Zeit wieder einmal ein Ausflug auf den Kahlenberg veranstaltet, diesmal jedoch bereits mit der Zahnradbahn und für die Juroren der Internationalen Ausstellung. Man traf sich am Mittwoch, den 18. April 1888 vor 15.00 Uhr in Nußdorf am unteren Bahnhof der Zahnradbahn, von wo man mit einem Separatzug auf den Kahlenberg fuhr. Um 16.30 begann ein gemeinschaftliches Diner im Hotel am Kahlenberg.

Die Bankett-Zeiten sind überhaupt bemerkenswert. So traf man sich in diesem Jahr 1888 anlässlich der Ausstellungseröffnung im Grand Hotel bereits um 15.00 zum Bankett. Das Bankett 1887 zu Ehren der Mitarbeiter am Gschnasfest begann um 20.00 Uhr, jenes zur Eröffnung der Jahresausstellung 1887 um 16.00 Uhr. Das Menü war von jedem selbst zu bezahlen, nur einige wenige prominente Ehrengäste wurden auf Kosten der Genossenschaft eingeladen.

Für das Jahr 1889 wurde nach einer Idee von Wenzel O. Noltsch – angenommen in der Monatsversammlung am 21. Dezember 1888 – ein Fest unter dem Motto “Wien von der Stein- bis zur Papierzeit” vorbereitet. Diesmal wollte man sich wieder der Geschichte zuwenden, als Kostüme waren nur die zugelassen, die man in Wien bis etwa zum Jahr 1830 trug. Für Herren, die in “Zivil”, also nicht in historischen Kostümen erscheinen wollten, waren Frack, Kniehosen und Strümpfe vorgeschrieben. Völlig ausgeschlossen waren moderne Uniformen, Nationaltrachten, Sommertoiletten u.ä. Das Fest war für den 18. Februar 1889 vorgesehen, der Kartenverkauf sollte am 4. Februar beginnen. Doch dann kam die Nachricht vom schrecklichen Tod des Kronprinzen Rudolf (Mayerling + 30.1.1889). Bereits am Tag nach seinem Ableben sagte die Genossenschaft alle für diese Saison noch im Künstlerhaus geplanten geselligen Veranstaltungen ab. Der erste Herrenabend fand erst wieder in der Herbstsaison, am 25. November 1889 statt.

Das Gschnasfest wurde 1890 nachgeholt. Der Titel blieb derselbe, wie schon für 1889. Wie üblich, gab es auch diesmal ein Kostümberatungskomitee. Im Säulensaal werkten über mehrere Wochen Näherinnen. Hier konnte sich jeder beraten und sein Kostüm anfertigen lassen.

Die Saalordnung war diesmal eine chronologische. In der Vorhalle bedrohte ein riesiges bewegliches Mammut der Eiszeit (Hugo Haerdtl) die Eintretenden. Ein gewaltiger Lindwurm (Hans Kautsky Junior) und sonstiges vorsintflutliches Getier (Anton Brenek) machten den Aufenthalt in diesem Raum etwas unbehaglich.

Vertrauenserweckender sah es einige Schritte weiter bei den Germanen und Hunnen im Urwald aus (Hans Kautsky Senior). Hier logierten bereits die ersten Künstlergruppen um Franz Roth, Wenzel O. Noltsch und Hans Kautsky jun. Direkt von den Germanen gelangte man in das römische Vindobona (Otto Hieser, Adolf Hirschl). In der Mitte des Atriums, der Säulenhalle, erhob sich die in Gips modellierte Statue des Imperators Felix Augustus, der in sprechender Ähnlichkeit den Kopf des Vorstands der Genossenschaft zeigte. Weitere römische Kaiserbüsten hatten eine täuschende Ähnlichkeit mit Friedrich Schmidt, August Eisenmenger, Carl Hasenauer, Leopold Carl Müller, Johannes Benk (modelliert von Victor Oskar Tilgner und Johannes Benk). Hans Temple war als Gladiator dargestellt. Vom Atrium hatte man einen prachtvollen Ausblick auf den Leopoldsberg (gemalt, wie die meisten Wanddekorationen, von Hermann Burghart). Hier logierte die Gruppe der Alten Welt.

An die römische Abteilung schlossen sich das keramische und kulturhistorische Museum an. Dann gelangte man in den romanischen Burghof (Hans Kautsky Junior) und aus diesem auf den Stephansplatz des XV. Jahrhunderts (Deutscher Saal; Hermann Burghart). Auf einer Galerie beim Heidturm befand sich die Musik, die zum Tanz für das “gemeine Volk” aufspielte. Die Dombauhütte wurde aus Künstlern der Hagen-Gesellschaft dargestellt (Josef Engelhardt, Julius Deininger, Georg Holub, Josef Tautenhayn). Neben einer Schenke mit dem Wirt Alexander Wielemans wurden in einem Buchladen die drei diesmal aufgelegten Gschnaspublikationen sowie Fotografien der Gschnasgalerie von J. Löwy und andere Andenken verkauft. Die von Anton Scharff geschaffene ovale Bronzemedaille zeigte den Vorstand Eugen Felix.30

Im gegenüberliegenden Französischen Saal präsentierte sich der Prospekt des Belvedere unter Maria Theresia (Hermann Burghart, Ladislaus E. Petrovits, Heinrich Tomec, Charles Wilda). Hier tanzten die “Edlen und Fürnehmen”.

In einem kleineren Saal befand sich das Paradeisgartl (Ladislaus E. Petrovits), wo die Altwiener den Weisen von Johann Strauß Vater und Joseph Lanner lauschen konnten. Als besonders gelungen wurde die Gschnasgalerie bezeichnet, die sorgfältig ausgeführte Parodien des täglichen Lebens brachte. Manche der darin gezeigten Kunstwerke hatten, wenn auch als etwas ungewöhnlich, im normalen Kunsthandel gut bestanden.

Von den Gruppen hob sich besonders die des Wiener Männergesang-Vereins mit ihrer Kopie der russischen Vokal-Nationalkapelle mit Kapellmeister Dmitri Slibowitzky d’Papschinew an der Spitze, hervor. Der Kapellmeister, dargestellt von Carl Udel, war eine täuschende Imitation des damals berühmten Dirigenten Slaviansky. Die Männergesang-Russen etablierten sich auf dem “Stephansplatz” und gaben ein sehr reichhaltiges Konzert zum Besten. Die Texte waren zumeist im reinsten Kuchelböhmisch.

Prächtig war die von Hans Temple und Otto Hieser geführte Gruppe der Römer und Römerinnen, nicht minder die der Germanen. Sehr gelungen war ebenfalls die Türkengruppe der Kunstakademiker (Obmann Franz Jaschke). Frau Katharina Schratt erschien im einfachen altdeutschen Kostüm.

Die Erzherzöge kamen unkostümiert und sie blieben auch nicht über die ganze Festdauer. Sie kamen kurz vor Mitternacht und wurden vom Vorstand Eugen Felix durch die Räume geführt. Auf dem Stephansplatz mussten die Russen ihr ganzes Programm absingen. Um etwa zwei Uhr verließen die Erzherzöge dann wieder das Künstlerhaus.

Für einen der “normal Sterblichen” dürfte das Fest aber noch ein Nachspiel gehabt haben. Wie der Sekretär der Genossenschaft Karl B. Walz am 23. Oktober 1890 dem k.u.k. Regiments-Kommando des Infanterie Regiments Freiherr von Bauer Nr. 84 schrieb, fand man bei einer Reparatur der Galerie des Französischen Saales ein Bajonett samt Überschwung; in diesem Saal spielte beim Fest die Kapelle dieses Regiments.

Die Feste wurden damals überhaupt nicht direkt besteuert. Erst 1890 findet sich eine Aufzeichnung, wonach 2 % des Nettogewinns der anschließenden Gschnasauktion einem gemeindeeigenen Armenfond zu überweisen wären. Allgemein versteuert wurden stets nur die Gesamteinnahmen der Genossenschaft, die in diesem Jahr 76 123 fl. betrugen. Davon betrugen die gesamten Steuern, Gebühren und Stempel 3829 fl. Das Fest allein war am Gesamtgewinn der Genossenschaft mit netto 18 486 fl. beteiligt. Es gab keine Subventionen der öffentlichen Hand, dafür aber auch geringe Belastungen ihrerseits.

Weg von der Geschichte und wieder “künstlerischer” wollte man beim Fest 1891 werden. Nach einer Idee von Frau Marie Weyr wurde in das Reich der vierten Dimension eingeladen. Darunter verstand man das Übersinnliche, ein Reich der Träume, der Geister und Feen der Erde, der Luft und der Meerestiefen, wie auch der Sagen und der Märchen.31

Durch einen großen Höllenrachen (Ludwig Dürnbauer) gelangte man in eine verzauberte Welt: ein durch magisches Licht beleuchteter indischer Grottentempel (Alexander Decsey, Fritz Kautsky) begrüßte den Besucher, Springbrunnen rauschten und eine magische Statue der Trimurti gab geheimnisvolle Weisungen. Im Deutschen Saal hatte der Maler Francesco A. Rottonara32 die versunkene Stadt Vineta hervorgezaubert. Man befand sich scheinbar am Meeresgrund und sah über den Häuptern die phosphoreszierenden Wellen. Allerlei Quallen und Ungeheuer schwammen umher. Aus dem dämmrigen Meeresgrün ragten die Kuppeln und Dächer der in den Tiefen träumenden Stadt. Zwischen Felsenriffen eingeklemmt lag das Wrack eines versunkenen Schiffes (Fritz Kautsky).

Daneben gab es eine Gnomengrotte (Albrecht Dürer Verein), wo Erz geschürft und das gewonnene Metall verarbeitet wurde. Rübezahl (Richard Kauffungen), Gnome und Waldteufel, allerlei Nixen und Nebelgestalten tummelten sich herum. Ein kleinerer Saal wurde zum Olymp (Ladislaus E. Petrovits), den Bildhauer des Plastikerclubs der Genossenschaft belebten.

Der Französische Saal war von Francesco Rottonara und Fritz Kautsky zu Königs Laurin Rosengarten umgewandelt worden. Hier glühten die Dolomitenzacken des Schlern aus den riesigen Blütenbäumen hervor, die sich lebendig bis weit in den Saal erstreckten.

Weiter kam man in ein Maleratelier (Carl Seidl und Julius Gross), in eine Hexenküche (Alexander Decsey, Julius Berger), einen modernen Salon der vierten Dimension (Anton Fix), in die Höllische Presse (Johann Schwerdtner, Theodor Theyer) und in den Orientalischen Zauber von tausend und einer Nacht (Adalbert Franz Seligmann).

Wie schon des Öfteren gab es auch diesmal eine Karikaturengalerie der Mitglieder, diesmal als Schattenbilder. Ausgeführt haben sie unter dem Titel “Das Schattenreich im Künstlerhaus” Eduard Swoboda, Charles Wilda, Alexander D. Goltz und Eduard Veith. Die Bilder wurden durch Verse von Wenzel O. Noltsch begleitet. Josef Löwy druckte diese Galerie in einem Leporellobüchlein nach.

Wie bereits seit einiger Zeit üblich, wurden auch diesmal die Festräume anschließend dem Publikum zur Besichtigung geöffnet. Nachdem die Internationale Elektrizitäts-Gesellschaft, der die geradezu feenhafte Beleuchtung des Gschnasfestes zu verdanken war, die Installationen während der ganzen Besichtigungsdauer noch belassen hatte, kamen die Besucher zum vollen Genuss des Dargebotenen. Obwohl das Künstlerhaus jeweils nur drei Stunden abends offen war, kamen in diesem Jahr besonders viele Neugierige.

Ein Amerikaner wollte die vollständige Galerie der Gschnasobjekte als Ganzes kaufen; Eugen Felix wurde ermächtigt 6000 fl. zu verlangen. Dieser Preis war dem Amerikaner aber dann doch zu viel und aus dem Verkauf wurde nichts. Die Versteigerung am 25. Februar 1891 brachte 6164 fl., die Schätzung war also ziemlich genau und korrekt gewesen. Man erreichte eine Summe, die nur knapp über dem ursprünglich verlangten Pauschalbetrag lag.

So war man in der Genossenschaft mit dem geselligen Künstlerhaus-Leben im Großen und Ganzen zufrieden. Im November 1891 wurde anlässlich einer Anfrage eines Architektenkränzchens sogar beschlossen, das dekorierte Künstlerhaus für Unterhaltungen fremder Organisationen überhaupt nicht zu vermieten. Die einzige Ausnahme bildeten die Akademiker, also Studenten der Akademie der bildenden Künste mit ihrem Unterstützungsverein, die als künftige Künstler und künftige Mitglieder galten. Allgemein fürchtete man um die Würde des Hauses und um die Qualität der Feste; es war sehr schwer eine Grenze zwischen dem noch tragbaren und dem bereits untragbaren zu ziehen.33

Mit Jänner 1892 datiert ist die älteste erhaltene Beschreibung eines der “normalen” Unterhaltungsabende im Künstlerhaus, die “Sylvester-Nachfeier” am 4. Jänner 1892. An der Feier nahmen neben Künstlern auch zahlreiche Freunde des Hauses, u. a. der Bürgermeister Dr. Johann Nepomuk Prix und Nicolaus Dumba teil. Das Programm leitete ein Harfensolo des Herrn Drescher Junior ein, dem ein Duo mit Harfe und Cello folgte. Julius von Blaas sang, wie im Künstlerhaus bereits öfters, italienische Lieder, Herr Salomon vom Opernorchester spielte Sarasate’s Zigeunerweisen.

Umso energischer brach dann die Heiterkeit aus. Julius Bauer erzählte sein Leichenbegängnis, Alexander Girardi war unerschöpflich in immer aufs Neue bejubelten Couplets und Liedern. Ignaz Ellminger brachte seine Jahresrevue in köstlichen Versen “der Hameder hatte infolge einer Lektüre einer Kunstzeitung einen bösen Sylvestertraum gehabt”. Franz Roth kam mit seiner Neujahrsrede verspätet, aber doch noch zurecht. Die Gesellschaft blieb in heiterster Stimmung noch lange beisammen.34

An diese Unterhaltungsabende erinnerte sich der Maler und Kunstreferent der Neuen Freien Presse Adalbert F. Seligmann sehr gut. Er schrieb über sie fast fünfzig Jahre später:35

Ich entsinne mich eines brillanten Abends – ich war noch Akademiker, es dürfte 1882 gewesen sein – dessen Programm ein Praterfest war. Canon produzierte sich auf einer Pawlatschen als perfekter Taschenspieler; der junge Thimig, seit noch gar nicht langer Zeit ans Burgtheater engagiert, erregte kolossales Aufsehen, als er mit einer überdimensionierten Nase erschien, in deren Innerem von Zeit zu Zeit eine rote Glühbirne aufleuchtete – es war das erstemal, daß dergleichen in Wien gezeigt wurde!

Sehr witzig eine Bude, an deren Eingang man ein paar Kreuzer Entree bezahlen mußte, um dann in einen finsteren Gang eingelassen zu werden, an dessen weit entferntem Ende ein rotes Lichtlein verheissungsvoll brannte; der ganze Raum war gesteckt voll mit Besuchern. Die neuen Ankömmlinge warteten geduldig, viele von ihnen geraume Zeit, bis sie entdeckten, daß diese ineinandergekeilte, unbewegliche Menschenmasse aus ausgestopften Puppen bestand. Wenn ich mich recht entsinne, hatte Makart die Idee dazu gegeben.

Allein nicht diese und ähnliche Harmlosigkeiten waren es, die an solchen Abenden Künstlern und Kunstfreunden die größten Genüsse verschafften. Es war der Gschnas, die oft täuschende Nachahmung kostbarer Kunstgegenstände oder Kostümstücke aus wertlosem Material oder aus Dingen, die ganz anderem Gebrauch dienten. Einmal erschien zum Beispiel die Wolter als Kleopatra mit einer ägyptischen Krone, die in der Hauptsache aus einer messingenen Teekanne bestand, der man den Boden herausgenommen hatte. Überaus amüsant waren die Gschnasausstellungen, in denen die Manier jeweils berühmter oder damals extrem-moderner Maler und Bildhauer parodiert wurde.

Was aber diesen Veranstaltungen ihr besonderes Cachet gab, war das Publikum. Man muß sich die einzigartige Stellung vergegenwärtigen, die die Künstlergenossenschaft im damaligen geselligen Leben Wiens einnahm. Viele Angehörige des Hofes, ein großer Teil der Aristokratie, der Hautefinance, der Großindustrie, der hohen Beamtenschaft, der altbürgerlichen Patrizierfamilien waren ihre Mitglieder; sie gehörten Kreisen, man kann schon sagen Cliquen an, die sich zu jener Zeit gegeneinander ziemlich streng abzuschließen pflegten. Hier trafen sie sich zwanglos auf gemeinsamen Boden. Das verbindende Element waren die Künstler; alle zusammen bildeten die gewählteste und dankbarste Zuschauer- und Zuhörerschaft, die man sich denken konnte.

So wurden auch an den kleineren Damenabenden gelegentlich ganz hervorragende Kunstleistungen geboten. Burg oder Oper wie auch die Vorstadttheater waren mit ihren besten Namen vertreten. Viele ausgezeichnete Künstler haben vor diesem Zuhörerkreis den Grund zu ihrer späteren Popularität gelegt. Ich entsinne mich eines solchen Abends, an dem der in Wien noch ganz unbekannte Erick Schmedes, damals Bariton, das Schumannsche “Wohlauf nun, getrunken den funkelnden Wein” in den Saal schmetterte, eines anderen, an dem die eben als 19jährige Anfängerin im Raimund-Theater entdeckte Niese zusammen mit Girardi in der uralten, wenn ich mich recht erinnere, zu diesem Zweck lokalisierten Parade-Bluette “Kurmärker und Picarde” stürmischen Beifall entfesselte.

Auch das Haus selbst stellte respektable Kräfte zur Verfügung. Angeli und Giulio Blaas waren famose Vertreter des italienischen Belcanto; C. Probst desgleichen ein stimmgewaltiger Bariton; Nigg, der Sohn des berühmten Alt-Wiener Porzellanmalers, Besitzer einer profunden und wohlkultivierten Baßstimme, mit der er die erstaunlichsten Koloraturkunststücke zum besten gab. Der alte Ellminger sprach selbstverfasste Dialektgedichte, von denen es manche mit solchen von Stelzhammer oder Stieler aufnehmen konnten, mit großer Natürlichkeit, und erntete stets stürmischen Beifall; Goltz vor allem war ein unübertrefflicher Vortragskünstler!

Natürlich wurde vorwiegend das humoristische Genre gepflegt. Allein auch ernste Darbietungen fanden verständnisvolle Aufnahme. Im Allgemeinen können ja bildende Künstler als besonders empfänglich für theatralische und musikalische Leistungen gelten. Selbstverständlich gibt es auch Ausnahmen; sie bestätigen nur die Regel. Eine solche Ausnahme war etwa Otto Wagner.

Schon damals als das große führende Talent unter den jüngeren Architekten anerkannt, ebenso gescheit, wie rücksichtslos, war er der Typus des “gemütlichen” Wieners, für den die Begriffe “klassisch” und “langweilig” sich deckten. Einmal war die Rede davon, einige vorzügliche Künstler, die unlängst mit einem Streichquartett von Haydn große Begeisterung hervorgerufen hatten, wieder zur Mitwirkung an einem geselligen Abend zu bitten; da rief Wagner: “Hört’s do mit den faden Zeug auf! Laßt’s lieber die Schrammeln kummen!

Soweit Seligmann.

Nach einer mehrjährigen Pause fanden 1892 im Deutschen Saal des Künstlerhauses auf einer neuerbauten großen Bühne mit elektrischer Beleuchtung wieder die einst beliebten Theaterabende statt. Ursprünglich vorgeschlagen und bereits im Dezember 1891 probeaufgeführt wurde die Operette “Der eingemauerte Ritter” von Hutterstrasser. Die Operette fand zwar Gefallen, doch hatte man mit ihr Besetzungsschwierigkeiten und so kam man auf die bereits ältere Oper “Das Wasserweib” von Franz Mögele.36 Die Vorstellungen der romantisch-komischen Oper “Das Wasserweib” wurden in der Presse ausführlich kommentiert. Obwohl die Vorstellungen gut besucht waren und der Ruf nach einer weiteren Aufführung laut wurde, musste man davon absehen, da man die Räume zur Vorbereitung des Gschnasfestes brauchte.

An zwei Abenden folgten noch Tanzkränzchen. Interessant ist dabei, dass nur in einem einzigen Saal geraucht werden durfte, nämlich in jenem wo man auch speiste. Sonst herrschte überall strengstes Rauchverbot. Die Speisekarte und ihre Preise mussten bereits vorher dem Ausschuss zur Bewilligung vorgelegt werden. Für die Einhaltung der Ordnung sorgten jeweils gesondert angeforderte Feuerwehrmänner sowie Polizisten in Uniform, zum Teil aber auch in Zivil. Bei Veranstaltungen im ganzen Parterre waren es stets etwa vier Feuerwehrmänner und vier Polizisten; bei gefährlicheren Gschnasfesten entsprechend mehr. Daneben stand auch das Haus- sowie weiteres nur für das Fest angestellte Personal zur Verfügung; beim Schützenkränzchen 1892 waren es 29 Kräfte! Beim Gschnasfest 1892 gab es sogar zwei berittene Wachmänner vor dem Haus, die den Verkehr regelten. Im Hausinneren gab es vier uniformierte und zwei nichtuniformierte Polizisten sowie dreizehn Feuerwehrmänner.

Das Gschnasfest stand unter dem Motto “Groß-Peking”. Es wurde als Parodie der zweiten Stadterweiterung der Gemeinde Wien gewidmet. Obwohl sich daran wie üblich viele Wiener Künstler beteiligten, kündigten sich hier bereits die kommenden Spannungen innerhalb der Genossenschaft an. Einem Brief vom Oktober 1891 des Literaten Franz von Kilian-Gayrsperg ist zu entnehmen, dass nicht mehr alle Künstler von den Gschnasfesten so begeistert waren. Nach der Meinung mancher hatten sich die Feste überlebt. Als man am 27. Dezember 1891 unter anderen Künstlern auch Gustav Klimt zur Mitarbeit am Fest einlud, wurde diese Aufforderung von Klimt sogar ganz ignoriert, er bemühte sich nicht einmal der Genossenschaft zu antworten.

Doch die anderen amüsierten sich. Es gab wieder Gruppen wie die der Hagengesellschaft unter Friedrich König, die Damenkapelle mit Olga Wisinger-Florian, der Jockey-Club um Adalbert F. Seligmann, die Hofsänger des Wiener Männergesang-Vereins, die Böhmisch-Chinesischen Musikanten des Wiener Hornisten-Clubs, eine Kunstweinkosthalle um Ladislaus E. Petrovits, Fiaker und Einspänner aus den Akademiestudenten, ein Wirtshaus zum seligen Panigl aus der Alten Welt, die Vereinigung der Kunstschulen von Groß-Peking aus dem Albrecht-Dürer Verein und Chinesische Gaukler um Dr. Albin (Albrecht?) Richter.

Zum Fest gab es eine runde, durchlöcherte Medaille in Form chinesischer Münzen, die später noch manchem Numismatiker schlaflose Nächte bereiten sollte. Die Inschrift “Gschnasball d. Wiener Künstlerhauses 29. Feb. 1892″ wurde so “chinesisch” geschrieben, dass sie, vor allem für der deutschen Sprache nicht mächtige Ausländer, kaum lesbar ist und lange für eine Abart der echten chinesischen Schrift gehalten wurde.37

Ein Jahr später wurde ein Ansuchen von Ludwig Hevesi um zwei ermäßigte Karten zum Gschnasfest “Ein Besuch beim Prinzen Gschnas auf der blauen Montaginsel” für die Herren Stefan von Kukla und Friedrich von Kallay abgelehnt. Hevesi selbst bekam als Journalist wie immer eine Freikarte, der Ausschuss sah aber nicht ein, warum man noch seinen Freunden verbilligte Karten geben sollte. Anscheinend blieb in Hevesi aber ein Stachel haften. Erst 1902 wurden ihm ermäßigte Gruppenkarten gewährt – trotz seiner nicht immer objektiven Presseangriffe auf die Genossenschaft.

Das Fest “Ein Besuch beim Prinzen Gschnas auf der blauen Montaginsel”, nach einer Idee von Charles Wilda, fand am 13. Februar 1893 statt. Auch diesmal wollte man weniger Spaß und mehr Kunst, schon im Hinblick auf die geplante folgende Auktion der Gschnasobjekte; den Käufern sollte doch auch etwas Qualitätsvolles geboten werden.

Der Eintrittsaal (Repräsentationssaal) wurde zu einer Ahnengalerie, die runden Halbbögen der dunklen Täfelung wurden mit Ahnenbildern, d.h. mit lebensgroßen Bildnissen einzelner Mitglieder gefüllt. Etwa ein Dutzend malte Charles Wilda, weitere stammten von Adolf Hirschl, Kasimir Pochwalski, Julius Schmid, Rudolf Huber, Carl Merode, Josef Kinzel, Eduard Veith und Rudolf Swoboda. Das Hauptbild war dem Prinzen Gschnas gewidmet, der in Gestalt von Charles Wilda auf einem Thron saß. Die rot bedeckten Stufen hinab standen und saßen als “höchste Historie” weitere Mitglieder der Genossenschaft.

Angelo Trentin gestaltete die Küche des Prinzen (Müllerzimmer) mit vielen täuschend echt aussehenden Torten und sonstigen lukullischen Köstlichkeiten. Das Staatsgefängnis, ein barockes Burgverlies, wurde von Carl Costenoble und Ernst Juch gestaltet; weitere Mitglieder des Albrecht Dürer Vereins haben es zu einer echten Parodie gemacht (Spanischer Saal).

Weiter links, vor dem Spanischen Saal, befand sich die Bildergalerie mit Landschaften und sonstigen Parodien. Carl Moll schuf seine im Vorjahr gefeierte “Ruine in Schönbrunn” noch einmal, diesmal von einem stark mitgenommenen Kater belebt.

Die Aquarellisten hatten sich gegenüber, vor dem Belgischen Saal, zu einem Wintergarten zusammengeschlossen. Hugo Charlemont und Hugo Darnaut gestalteten einen Frühling zwischen dem Winter des Französischen und dem Sommer des Deutschen Saales. Den eigentlichen Baustoff der langen Laubengänge und lauschigen Nischen bildete ein zartes grünes Gitterwerk aus durchsichtigen Wänden und Pfeilern mit künstlichen Blumen und prachtvollen Landschaften dahinter. Jede der Saalnischen bot einen Ausblick ins Freie. Carl Fröschl öffnete den Blick auf ein Seebad und malte sogar einen Operngucker daneben, nach dem man greifen mochte. Hugo Darnaut malte eine Burgenlandschaft, Angelo Trentin ließ ein Mädchen auf einen Gartentisch steigen, um Kirschen zu pflücken. Theodor Charlemont schuf dazu eine Galerie von kleinen Gipsbüsten der jeweiligen Nischengestalter, Aquarellisten – “Malern, die ihre Nahrung aus dem Wasser zogen”. Die Büsten standen auf wassergefüllten Gläsern, jede Vase war mit einer lustigen Beschriftung von Karl Mayreder versehen. Im Belgischen Saal selbst befand sich die Schatzkammer des Prinzen von Carl Waschmann, wo Prunkgefäße aus Kristall, Gold und Perlen nur so funkelten.

Der Säulensaal war wie üblich der Plastik vorbehalten. Im Mittelpunkt stand ein Monumentalbrunnen von Johann Koloc; ein Seeungeheuer trug eine Jungfrau, in deren Hand eine Champagnerflasche ihren Strahl steigen ließ. Hans Rathausky modellierte einen am Rücken rutschenden Schiläufer, Edmund Hofmann eine Diana mit zwei Dachshunden an der Leine: einer stieg gerade in eine Lacke, worauf Diana so erschrak, dass ihr Gewehr losging.

Die beiden großen Säle wurden von Fritz Kautsky und Francesco A. Rottonara dekoriert. Der Französische Saal war ganz auf Weiß, der Deutsche auf Gelb eingestellt. Darin gab es eine Tropenlandschaft im Schnee, in der jede Flamme in einen Eiszapfen verzaubert wurde, die Tropenglut zu Eis erstarrt, die üppige Farbenvegetation zu Weiß verwandelt. Demgegenüber stand ein Palast im Sonnengold, mit indischen Elefanten, Teppichen, goldenen Tempelsäulen. In beiden Sälen logierten die Gruppen des Wiener Männergesang-Vereins, der Hagengesellschaft und viele weitere aus dem Hofstaat des Prinzen Gschnas.

Anton Scharff modellierte die Gedenkmedaille, die zu einem begehrten Sammelobjekt wurde; Avers: Prinz Gschnas mit überschlagenen Beinen, Revers: Künstlerwappen, gehütet von einem riesigen Frosch, dem Wappentier des Prinzen.38

Zum Fest kamen wie üblich auch mehrere Erzherzöge, der damaligen Sitte entsprechend erst später, gegen Mitternacht: Carl Ludwig, Ludwig Viktor, Wilhelm und Rainer sowie der Herzog von Cumberland und Herzog Wilhelm von Württemberg. Nachdem sie durch alle Räume geleitet wurden, hielten sie sich für etwa eine Stunde im weißen Saal auf. Erzherzog Ludwig Viktor ließ sich dabei spaßhalber Seiner Hoheit, dem Prinzen Gschnas als Ranghöheren mit aller Etikette vorstellen.

Einige Tage später besichtigte auch die Kronprinzessin-Witwe Stephanie die Gschnasräume und übergab dafür dem Pensionsfond der Genossenschaft 50 fl. Die Dekorationen der beiden großen Säle wurden anschließend der k.k. Hofoper zum Kauf angeboten, doch die hatte für sie im Moment keine Verwendung. Emanuel Pendl schlug dann vor, überhaupt keine Dekorationen zu verkaufen, sondern sie im Keller auf Vorrat zu deponieren. Das war allerdings kaum zu machen, da es dafür im Künstlerhaus wenig Platz gab und außerdem die Wahrscheinlichkeit einer Wiederverwendung äußerst gering war, – standen doch die Feste jedes Jahr unter einem anderen Motto.

1894 fand wegen der für den sechsten März vorgesehenen Eröffnung der großen Internationalen Ausstellung kein Gschnasfest statt. Dafür kehrte man zu den bereits einige Jahre unterbrochenen Theatervorstellungen zurück. An der Aufführung der Parodie “Friedrich der Heizbare” beteiligte sich u. a. auch ein Fräulein Sophie Chotek,39 das damals im Rahmen privater Veranstaltungen des Wiener Akademischen Richard Wagner Vereins und des Wiener Akademischen Gesangsvereins öfters auftrat, das jedoch mit der Sophie Gräfin Chotek, der späteren Gemahlin des Thronfolgers Erzherzog Franz Ferdinand von Österreich-Este, nicht identisch war.

Die erwähnte Internationale Ausstellung bzw. besser ihr Defizit, führte im Herbst 1894 noch zu mancher Aufregung unter der Mitgliedschaft. Um den Verlust der Ausstellung zu decken, fühlte sich Gräfin Anastazia Kielmansegg, die Gemahlin des Statthalters von Niederösterreich, berufen, eine Hilfsaktion unter ihren Freundinnen und Bekannten zugunsten der Genossenschaft zu starten. Die Damen brachten tatsächlich mehr als 10 000 fl. zusammen, worauf sie als “Frauen Wiens” von der Genossenschaft als Stifter aufgenommen wurden.

Dazu widmeten die Damen – nachträglich zum 25jährigen Bestandsjubiläum des Künstlerhauses (1868-1893) – der Genossenschaft ein nach dem Entwurf von Carl Karger prachtvoll gesticktes Banner, das am 16. Dezember 1894 den Künstlern im Rathaus feierlich übergeben und am 17. Dezember im Künstlerhaus aufgestellt wurde. Die Künstlervereinigung “Alte Welt” widmete dazu ein Fahnenband mit grünen Stickereien nach Rudolf Bernt, weitere Bänder widmeten die Kunstakademiker und der Schulverein der Beamtentöchter. Die Schmiedearbeiten an der Fahnenstange stammten von Valerian Gillar.

Sowohl die Fahne, wie auch die Bänder, waren noch traditionell betont historistisch gestaltet, zu einer Zeit, in der der Jugendstil seine ersten Erfolge feierte. Natürlich wurde dafür die Genossenschaft von den künftigen Secessionisten angegriffen, ja selbst die Übergabe des Banners wurde als Anachronismus bezeichnet. Mehrere Zeitungen nahmen sich dies zum Anlass, um die inneren Verhältnisse der Genossenschaft anzuprangern, darunter auch die mangelhafte soziale Absicherung der bildenden Künstler.

Die Kritik war – wie vieles, was von der Secession noch kommen sollte – falsch und sie war falsch adressiert. Die Fahne entstand nach einer Idee der Damen, die gerne stickten. Zur Linderung sozialer Not mancher Künstler machte die Genossenschaft mit ihren Stiftungen und Fonds weit mehr, als später die Secession mit allen weiteren neu entstandenen radikalen Künstlergruppen zusammen. Was fehlte, war eine staatliche Absicherung der freischaffenden Künstler, doch dafür die Genossenschaft haftbar machen zu wollen, war unseriös.

Die Gschnasfeste waren nach wie vor kommerziell hoch positiv, wenn auch die Gewinne recht schwankten und nach 1890 allgemein doch etwas abgenommen hatten. Immerhin betrugen die durchschnittlichen jährlichen Erträge zwischen 1885 und 1895 aber doch noch 10 245 fl. Der Verkauf der Gschnasobjekte nach dem Fest brachte weitere Gewinne ein; zwischen 1885 und 1895 waren es durchschnittlich 5799 fl.

1895 wurde das große Gschnasfest, das für den 25. Februar geplant war, im letzten Moment wegen des Ablebens von Erzherzog Albrecht auf den 4. März 1895 verschoben. Das Fest stand diesmal unter dem Motto “Fin de siècle” und wurde zum Großteil den damals aktuellen Kunstfragen gewidmet. Es gab Parodien berühmter zeitgenössischer Kunstwerke und es fehlten auch nicht die üblichen Karikaturen der Mitglieder.

Die ganze Festausstattung beinhaltete genug ideologischen Sprengstoff, sodass die kommenden Konflikte fast vorprogrammiert waren. Relativ harmlos war noch eine Beschwerde von Carl Merode wegen der, seiner Meinung nach, misslungenen Karikatur seiner Person.40 Auch die Ausstellungen “Secession der Wilden” und “Freie Vereinigung der Zahmen” verursachten anscheinend mehr Schmunzeln als Ärger. Der sollte aber noch kommen, und zwar im Zusammenhang mit der für das Fest vorbereiteten Zeitung.

Mit Bescheid vom 1. März 1895 beschlagnahmte die k.k. Staatsanwaltschaft die erste Seite der Druckschrift, auf der Theodor Zasche eine mit einem nackten Jüngling tanzende Nonne abgebildet hatte. Neben diesem, übrigens von hinten dargestelltem Mann, erregten einige nackte secessionistisch magere Mädchen sowie eine Figur mit Strohhut, welcher bei etwas Phantasie einem Heiligenschein ähnlich sehen konnte, Anstoß. Wie es in der am 5. März 1895 der Genossenschaft zugekommenen Begründung des Landesgerichts Wien heißt, könnte in der Zeichnung eine Verspottung der Institution katholischer Orden gesehen werden.41

Am Fest selbst war die Zeitung mit weißen Balken an den beanstandeten Stellen zu kaufen, obwohl Zasche noch rechtzeitig eine korrigierte Zeichnung angefertigt und geliefert hatte. Sie wurde nicht mehr gedruckt; wohl als eine Art Protest der Genossenschaft gegen die allzu sittliche behördliche Zensur.

Das parodistische Element am Fest kam hauptsächlich in den Gemälden zur Geltung. So wurde im Stucks “Krieg” der nackte Sieger von Julius Blaas in einen Fotografen verwandelt, der über Maler und ihre Bilder hinweg stampfte. Auch die “Sünde” und andere secessionistische Landschaften gaben viel Stoff zu allerlei Kunstscherzen ab.

Charles Wilda parodierte im Belgischen Saal Projekte von Julius Payer zu einer neuen Nordpolfahrt: er führte die Besucher auf das Deck eines Schiffes, das Eisberge und Gletscher durchfuhr; auf ihnen wimmelte es zwischen Eisbären von fleißigen Wiener Malern, welche die Naturschönheiten der Polargebiete und ihr besonderes Licht festzuhalten bemüht waren. Über die Vor- und Nachteile der Freilichtmalerei, der Pleinairmalerei, mit allen ihren Mühsalen wurden damals oft diskutiert.42

In anderen Räumen gab es die gigantische Architektur des ausgehenden 19. Jahrhunderts zu sehen, in der vor allem genietete Stahlkonstruktionen vorherrschten. Es gab Hallen und Brücken; im Französischen Saal wurde der untere Teil des Eifelturmes vervielfältigt und vom Malerduo Kautsky & Rottonara zu einem Tanzsaal im “17. Stockwerke” umgewandelt. Die Wiener Stadtbahn war zur Gänze fertig, die Telephondrähte erreichten die letzte Berghütte.

Besonders stark vertreten waren diesmal die Gruppen, die ihre Sitzräume meist selbst ausgestattet hatten. Allen voran stand die “Alma mater emancipata”, eine weibliche Universität unter dem Regime der Frau Rektor Olga Wisinger-Florian. Alexander Demetrius Goltz malte dazu ein Bildnis der Rektorin. Weitere interessante Gruppen waren:

  • “Pegasusbrüder im Aluminiumbräu” aus den Mitgliedern des Siebner Clubs unter der Leitung von Joseph Olbrich,
  • “Andreas Hofer Gruppe” aus Mitgliedern des Albrecht Dürer Vereins,
  • “Gruppe Bajazzo Fin de siècle” um Theodor Zasche und Carl Moll,
  • “Chinesisch-japanische Invaliden” aus den Kunstakademikern,
  • “Aeronautik Club” aus Architekten um Franz Karl Freiherr von Krauss,
  • “Jedlersee-Bauerntheater” um Heinrich Lefler, wo auch die Damenrollen von Herrn gespielt wurden,
  • “Hagen” um Carl Pippich, mit Alfred Roller, Max Lenz, Friedrich König und anderen späteren Secessionisten und Hagenbündlern,
  • “Nordpol-Gruppe” aus Mitgliedern der Alten Welt,
  • “Moderne Reclame” um Josef Straka,
  • “Abgelegte Modelle alter Meister” um Wenzel O. Noltsch u. a.

Die Gruppenkarten kosteten jedem Teilnehmer drei Gulden, während sonst für die Gastkarten zehn Gulden verlangt wurden. 1896 wurde die Preistabelle um nichtkostümierte Besucher, die in normaler Soiree- oder Sommertoilette erschienen waren, erweitert: 50 Gulden Eintritt bedeuteten bereits einen drastischen Kostümzwang. Die Genossenschaftsmitglieder zusammen mit zwei ihrer Familienangehörigen zahlten nach wie vor zwei Gulden pro Karte.

Im Gegensatz zu den Unterhaltungen der Kunstakademiker, die keine so strengen Kleidungsvorschriften hatten – ja ihre Kostüme sollten aus sozialen Überlegungen sogar möglichst bescheiden sein und auch moderne Uniformen waren des öfteren erlaubt – legte man bei den großen Gschnasfesten der Genossenschaft auf entsprechendes Aussehen wert. Gab es schon bei den frühen Festen eigene Beratungskomitees, so brachten die Einladungen gegen die Jahreswende genaue Regeln, die man zu beachten hatte.

Verpönt waren zeitgenössische Uniformen und eine Kleidung die nicht zum angegebenen Thema passte. So wünschte man sich zum Hubertusfest am 17. Februar 1896 ausdrücklich keine Sportanzüge, keine Touristen- oder Straßenkleider oder sogar Matrosen. Demgegenüber war man bei Lederhosen großzügig: da waren gedenk der kalten Jahreszeit Unterkleider erlaubt, was etwa Kaiser Franz Joseph I. für vollkommen unmöglich hielt. Damen konnten diesmal auch in runden Sommerkleidern erscheinen. Aus Sicherheitsgründen durften die Jäger keine echten Gewehre tragen.

Dem speziellen Thema zufolge waren die Gruppen, aber auch die Besucher, beim Hubertusfest nicht so zahlreich wie sonst. Am imposantesten war die Gruppe des “Siebener Clubs” mit 36 Teilnehmern, darunter der bekannte Adolf Kratochwila. Die Gruppe der Hagengesellschaft ließ sich im Deutschen Annex als Schlossgesinde nieder – der Deutsche Saal wurde diesmal von Ladislaus E. Petrovits als Burghof von Agstein eingerichtet. Dort residierte auch die Alte Welt.

Im Spanischen Saal waren Kunstgewerbeschüler und eine Zigeunergruppe um Frau Olga Wisinger-Florian als trügerische Irrlichter bei Sumpfjagden um ein Bauernhaus tätig.

Aus dem Stiftersaal war ein Jäger-Refectorium geworden, das durch die Loggien Blick auf einen Schlosspark hatte; den Vorraum dekorierte Koloman Moser.

Im Belgischen Saal erhob sich der nach Skizzen von Josef Hoffmann von Hermann Burghart ausgeführte Urwald, während im großen Französischen Saal nach Entwürfen von Alfred Roller der sanfte heimische Wienerwald entstand (Hans Wilt, Alfred von Pflügl). In satter Herbststimmung war hier die Gegend von Mödling dargestellt.

Demgegenüber befand sich in einem der anschließenden Räume die “Wilde Jagd” mit Indianern und im Durchgang davor ein Hundezwinger. Für den Säulensaal, der schlossartig eingerichtet wurde, schufen die Bildhauer Josef Grünhut und Arthur Kaan einen kolossalen Dianabrunnen. Ludwig Koch malte einen langen Kachelfries.

1897 gab es kein Gschnasfest, genaue Ursachen der Absage sind nicht überliefert. Anscheinend war man aber nicht in rechter Stimmung, der Ausschuss befand sich in tiefen Spannungen mit der entstehenden Secession. Anklang fand aber ein am 13. Februar 1897 veranstaltetes Kostümfest des Radfahrer-Clubs der Genossenschaft, das unter dem Motto “All Heil!” als ein Radfahrerkränzchen stand. Als Kostüme waren diesmal Sportkleider und Radfahrerdreß erwünscht.

Alles drehte sich um das Radfahren und auch die Gschnasgalerie brachte eine Menge beeindruckender Plastiken und Gemälde zu diesem Thema: Diana vom Rad steigend, Konflikte zwischen dem Radfahrer und dem Wachmann, niedergefahrene Marktfrau… Auch ein Bild des radfahrenden Statthalters von Niederösterreich, Graf Kielmansegg, fehlte nicht. Das Radfahren dieser Jahre war ein elitärer Sport aller Altersgruppen. Auch zu diesem Fest gab es eine Medaille.43

Im Juni 1897 fand im Prater ein von der Gattin des Statthalters Gräfin Anastazia Kielmansegg veranstalteter Radfahrer-Blumencorso statt, wofür sich der Leitende Ausschuss der Genossenschaft bedankte.44

Wie beliebt das Radfahren damals war, zeigt, dass 1898 aus dem ursprünglich internen Radfahrer-Kränzchen des Vorjahres nun das große Gschnasfest wurde. Anfangs wollte der Ausschuss wegen der Vorbereitungen zu der großen diesjährigen Jubiläumsausstellung auf ein Fest verzichten, doch dann übernahm der Radfahrer-Club die Initiative. In der Faschingsnacht vom 21. Februar 1898 gab es im Künstlerhaus die “Welt-Rad-Redoute”, eine Reise per Rad um die Erde. An verschiedensten Orten einzelner Weltteile (in einzelnen Sälen) fanden eigene Karneval-Feste der lokalen Bevölkerung statt, dazwischen gab es die alles verbindenden Radfahrer. Was die Dekoration betrifft fiel das Fest etwas bescheidener aus als die früheren, zur Erinnerung gab es auch nur einen kleinen, 23 mm großen Anhänger, erzielte aber doch einen ansehnlichen Gewinn.

1899 fand aus Rücksicht auf die wenige Monate zuvor ermordete Kaiserin Elisabeth (+ Genf 10.9.1898) und die Trauer des Kaisers kein großes Gschnasfest statt. Die Genossenschaft beschränkte sich auf einige gesellige Abende. Gschnasartiger ging es nur beim Unterhaltungsabend der Kunstakademiker zu, der unter dem Motto “Antik Modern” stand. Während der Regulierungsarbeiten des Wienflusses und dem Bau der Stadtbahn fand man da und dort Reste der römischen Vindobona – das gab die Idee zu diesem Fest: als man nämlich weitergrub, kam eine Urne zum Vorschein, in der sich auf einem Pergament die Festordnung eines römischen Februarfestes vorfand. In der Urne lag auch Schmuck der römischen Frauen, den man als Damenspende verteilen konnte. Das Fest selbst wurde nach der “vorgefundenen” Festordnung arrangiert.

Auch 1900 gab es kein großes Gschnasfest, man begnügte sich mit Radfahrerkränzchen, dem Schützenkränzchen sowie mehreren Unterhaltungsabenden. Außerdem gab es einige sogenannte “Intime Feiern” zu Geburtstagen prominenterer Mitglieder.

Diese Geburtstagsfeiern – jeweils anlässlich des 70., 80. bzw. 90. Lebensjahres – waren stets mit “jubelnden” Deklamationen verbunden. Sie waren als Herrenabende bzw. intime Feiern deklariert, doch die Jubilare selbst fehlten meist. Aus einfachem Grund: sie waren bereits betagt, kränklich und den doch lauten Feiern am späten Abend nicht mehr gewachsen. Außerdem lebten viele von ihnen am Stadtrand oder überhaupt am Land. Eine Heimreise vom Künstlerhaus in kalten Nächten war für sie beschwerlich, wenn nicht unmöglich. So feierten im Künstlerhaus meist nur die jüngeren Kollegen und den Jubilaren wurde telegraphiert.

Erst 1901 hatte man sich entschlossen, wieder ein großes Gschnasfest zu veranstalten. Der damalige Ausschuss ging jedoch äußerst vorsichtig vor: zum ersten Mal in der Geschichte der Feste bat die Genossenschaft um Bildung eines Garantiefonds. Der Radfahrer-Club und die Schützengilde streckten daraufhin 12 000 Kronen vor. Hätte das Fest mit einem Defizit geendet, so wäre diese Summe zur Deckung der Außenstände zu verwenden. Die Befürchtungen erwiesen sich als unbegründet, das Fest war nicht nur nicht defizitär, es brachte noch einen Reingewinn von 13 342 K.

Um die Attraktivität sonstiger geselliger Veranstaltungen zu steigern, gab man von nun an bei Damenabenden zu jeder Damenkarte auch zwei Herrenkarten, “Tänzerkarten”, jedoch nur für Mitglieder oder Teilnehmer der Genossenschaft, gratis dazu. Diese Tanzveranstaltungen wurden damals vom Tanzmeister der Hofoper Leo Dubois geleitet. 45

Unter dem Titel “Es ist erreicht” wurden 1901 die Gegenwartszustände parodiert. Man machte sich lustig über die Secession und ihre marktschreierischen Methoden, widmete sich daneben aber auch noch weiteren damals gerade in Mode befindlichen Auswüchsen des gesellschaftlichen Lebens. “Es ist erreicht!” war eine große Phrase, mit der man sich über das bessere Wissen hinwegtäuschen wollte, dass eigentlich gar nichts erreicht war, nichts “als das Chaos, das große, ärgerliche Chaos, und indem wir diese Phrase auf unser Banner schrieben, hoffen wir, daß auch die Andern glauben werden: Es ist erreicht!”. Viele Räume wurden von den sie zu beziehenden Gruppen selbst dekoriert: so gab es die

  • “Chemiker” unter einem Künstler Namens König jun.,
  • “Marsbewohner” aus Mitgliedern des Albrecht Dürer Vereins,
  • “Modernes Café” (Obmann Architekt Max Fabiani),
  • “Barnum & Bailey” (Obmann Fritz Kautsky),
  • “Moderner Phantasten-Club” (Alte Welt),
  • “Boxergruppe” (Kunstakademiker),
  • “Luftschiffsmannschaft” (Obmann Fotograf Hans Makart),
  • “Wolkenkraxler” (Victor Postelberg),
  • “Damen-Ministerium” (Frau Herzberg-Fränkel).

Die Genossenschaft selbst hat sich als “Künstlervereinigung Rebellion” in einer Modernen Galerie parodiert (Belgischer Saal), dazu erschien auch ein eigener Katalog, seitenverkehrt zu “Es ist erreicht, Über-Blatt für alle Übergebiete”.

Josef Kassin modellierte für diese Moderne Galerie fünf Büsten seiner Kollegen, konnte sie dann aber im Katalog nicht finden – insgesamt 14 Plastiken bekamen auf einem in allerletzter Minute eingeklebten Blatt nachträglich eine römische Nummerierung. Kassin nahm dies allzu persönlich und meldete noch am 18. Februar 1901 (ohne Stundenangabe) seinen Austritt an. Nach einer Erklärung nahm er diesen Austritt am 21. Februar zurück, um dann fast genau ein Jahr später, am 24. März 1902 doch auszutreten. Kurz darauf hatte er sich seinen Austritt nochmals überlegt und bemühte sich um eine Wiederaufnahme, die allerdings damals nicht so einfach war. Tatsächlich aufgenommen wurde er erst am 30. März 1905. Wie manch anderer seiner Kollegen, machte auch Kassin viel Lärm um nichts, niemand wollte ihm nahetreten, oder ihn sogar beleidigen.

Neben den üblichen Gschnasdrucksachen wurden diesmal auch viele Postkarten aufgelegt, die sofort auch frankiert werden konnten und für die ein Briefkasten bereit stand. Von der ursprünglichen Absicht ein Sonderpostamt zu installieren, nahm man wegen technischer Schwierigkeiten und Kosten Abstand.

Am 23. Februar 1901 sah Kaiser Franz Josef I. zum ersten Mal die Gschnasräume. Wie üblich, hatte er außerdem alle Publikationen sowie die von Stefan Schwartz modellierte Gschnasmedaille (viereckig, mit abgerundeten Ecken, Avers: bärtiger, in ein Mikrophon sprechender Mann, Revers: Mädchengesicht) erhalten.

Das Gschnasfest des Jahres 1902 hieß nach einer Idee von Carl Zewy “In seligen Gefilden” – das Thema war das Leben im Jenseits. “Lasset uns die Schleier ziehen von dem Unbekannten, lasset uns einführen die Wissensdurstigen und Sehnsüchtigen in die Himmel, wo wir Auserwählte mit Göttern und Helden zu Tische sitzen!” hieß es in der Einleitung des Festkatalogs, Seite 3. Der Phantasie waren keine Grenzen gesetzt, neben dem katholischen Himmel orientierte man sich an alten Mythen und antiken Sagen. Auch diesmal gab es genug irdische Seitenhiebe gegen die Secession und die sogenannte “Moderne”.

Wie bereits bei mehreren Festen der letzten Zeit dekorierten sich die einzelnen Gruppen ihre Säle, Ecken und Logen selbst. Von der Praxis der Unterhaltungsabende der Kunstakademiker übernahm man den “Saalkommandanten”; d. h. einen für die Gestaltung des ganzen Saals Verantwortlichen. So wurden die Gruppenführer nun meist auch zu Saalarrangeuren. Die Einteilung 1902 sah folgendermaßen aus:

  • Buffet im Vorraum: “Styx und Schwefelbande”, Obmann Ludwig Koch.
  • Stiftersaal: “Indischer Vorhof”, Alte Welt, dekoriert mit eigenen Gobelins.
  • Säulensaal: “Indischer Tempel”, Alois H. Schram als Arrangeur, Architekt Egon Müller als Gruppenführer. Hier gab es den großen Buddha “Maecenas mit den Künstlern”, modelliert von Anton Brenek sowie weitere Skulpturen von Josef Kassin, Arthur Kaan und Carl Wollek (“Elefant”); die Wände dekorierten die Gebrüder Kautsky.
  • Müllerzimmer: “Griechenbeisl”, William Unger.
  • Linkes Oktogon: “Poseidon”, Fritz Kautsky.
  • Deutscher Saal: “Olymp”, Carl Seidl. Wände Heinrich Tomec, “Bräustüberl” Max Hegele, “Gladiatoren” Dr. Philipp von Olschbaur, “Griechisches Theater” Carl M. Schwerdtner.
  • Spanischer Saal: “Hades”, Andreas Groll, “Tierkreis” und “Sphärenmusik” Anton Kaiser.
  • Spanischer Annex: “Walhalla”, Johann Schwerdtner, Dekorationen Franz Freiherr von Krauss.
  • Linker Durchgang: “Selige Teufel”, Dr. Moriz Koritschoner, Dekorationen Gebrüder Kautsky.
  • Makartzimmer: “Odolymp”, Ladislaus E. Petrovits.
  • Rechtes Oktogon: “Japanisches Theehaus”, Louis Uhl.
  • Rechter Durchgang: “Regenbogen”, Theodor Brückner.
  • Belgischer Annex: “Mohameds Himmel”, Carl Zewy, Dekorationen Rudolf Dick.
  • Belgischer Saal: “Dorotheum”, Gschnasgalerie, Carl Merode, Fries von Ludwig Koch.
  • Französischer Saal: “Tanzsaal Eden”, Alois H. Schram.

In einem Pavillon wurde ein “k.k. Postwertzeichenverschleiß mit Expedition der in den Festräumen eingelieferten gewöhnlichen Correspondenzen” eingerichtet; außerdem gab es zwei Briefkästen.

Inzwischen waren auch die Steuern etwas angewachsen, meist diverse Stempelgebühren und Magistratsabgaben; sie blieben aber immerhin noch minimal. 1902 machten alle Abgaben vom Gschnasfest, der folgenden Besichtigung und der Auktion der Gschnasobjekte 427,78 K. aus. Erstmalig bekam man aber mit einer anderen unangenehmen Organisation zu tun: der “Gesellschaft der Autoren, Componisten und Musikverleger in Wien”, die auf Autorenrechte der beim Fest aufgeführten Musikstücke pochte. Die Sache war äußerst problematisch; bisher hatte man stets die Kapellen sowie die Komponisten und Librettisten, soweit es sich nicht ohnehin um Widmungen handelte, direkt bezahlt, nun mischte sich ein Dritter ein, dem allerdings auch nicht alle Rechte gehörten, da nicht alle Autoren Mitglied dieser Gesellschaft waren. Auf der einen Seite betrachtete man die Forderung als eine Zumutung, auf der anderen verstanden die bildenden Künstler die Lage der Komponisten und der Autoren sehr wohl.

Um die Verrechnung nicht zu komplizieren, schlug die Gesellschaft eine Pauschalvergütung von 20 Kronen vor, im Falle der Ablehnung drohte sie auf Grund des Urhebergesetzes die Aufführung geschützter Werke beim Fest zu untersagen. Aus den Kassabüchern geht nicht hervor, ob die Genossenschaft die im Grunde nicht sehr hohe Rechnung bezahlt hatte. Eine direkte Zahlung ist jedenfalls nicht nachweisbar, sie könnte aber in der Gesamtrechnung der Musikkapelle Drescher berücksichtigt worden sein. In den folgenden Jahren meldete sich die Gesellschaft nicht; erst wieder beim Gschnasfest und Schützenkränzchen 1907. Von nun an wurden regelmäßig für jedes Fest pauschal 15,22 K an die Gesellschaft bezahlt.

Das Fest von 1903 sollte nach einer Idee von Ludwig Baumann überhaupt keinen Bezug zur Gegenwart oder zur Geschichte haben, es wurde unter dem Motto “Im Zeichen der Keramik” veranstaltet. Zum ersten Mal fand anschließend eine “Redoute” statt, eigentlich eine elegante Wiederholung des Festes eine Woche später: die Herren im Frack, die Damen zwar maskiert, aber in Balltoilette oder als Domino. Das Wort Gschnas wollte man 1903 gar nicht hören, man setzte auf Kunst und Kunstgewerbe. Im Parterre herrschte Maskenzwang, demaskieren konnten sich die Damen aber in den Speisesälen im ersten Stock.

Nach dem Eintritt in das Künstlerhaus gelangten die Festgäste in den

  • Stiftersaal: “Assyrischer Saal”, der von Fritz Kautsky und Egon Müller gestaltet wurde. Das
  • Makartzimmer: “Chinesischer Saal” gestalteten Ladislaus E. Petrovits und Egon Müller, das
  • rechte Oktogon: “Meissner Saal”, Fritz Kautsky und Rudolf Bernt.
  • Französischer Saal: “Sevres-Saal”, Fritz Kautsky, Ludwig Koch, Raimund Wichera, Alois H. Schram.
  • Belgischer Annex: “Alhambra”, Fritz Kautsky, Alois H. Schram.
  • Säulensaal: “Griechischer Saal”, Adolf Falkenstein, Alphons Mielich.
  • Spanischer Annex: “Romanischer Saal”, Egon Müller, Karl Hollitzer.
  • Deutscher Saal: “Delfter Saal”, Fritz Kautsky, Egon Müller, Alois H. Schram.
  • Linkes Oktogon: “Siamesischer Saal”, Max Hegele.
  • Müllerzimmer: “Saal der Bauernkeramik”, Andreas Groll.
  • Vestibül Giselastraße: “Empire- oder Alt-Wiener Saal”, Ludwig Baumann, Adolf Falkenstein, Ludwig Koch, Victor Stauffer.
  • Belgischer Saal: “Biskuitsaal”, Franz Freiherr von Krauss.
  • Spanischer Saal. “Moderner Saal”, Fritz Kautsky, Erich Gschöpf, Max Hegele, Theodor Bruckner.
  • Rechter Durchgang: “Moderne Geschirrhandlung”, Karl Maria Schuster.
  • Linker Durchgang: “Wild-Keramik”, Fritz Kautsky.

Einige Gruppen blieben ohne eigene Raumgestaltungsmöglichkeit, darunter auch die Kunstakademiker mit ihrem Führer Karl Sterrer jun. Die Akademiker kamen diesmal überhaupt zu kurz; hatten sie selbst im Vorjahr die Abhaltung ihres Unterhaltungsabends abgesagt, musste ihnen nun die Genossenschaft absagen: es war einfach kein Termin frei.

Zu einem Fauxpas kam es anlässlich des Damenabends am 12. Jänner 1903. Da schon seit geraumer Zeit Mängel an Tänzern herrschte, lud man auch Offiziere der Wiener Garnison ein, die auf die Hälfte reduzierten Karten bekamen. Als nun einige der Offiziere in ihrer Uniform kamen, wurden sie in das Künstlerhaus nicht eingelassen, obwohl ein diesbezügliches Verbot auf den Einladungskarten nicht ausdrücklich vermerkt war.46

Anlässlich des dreißigjährigen Jubiläums der Schützengilde wurde wieder einmal ein Maiausflug veranstaltet; diesmal allerdings mit einem “Separatdampfer” nach Hainburg. Vom ursprünglich vorgesehenen Termin, dem ersten Mai 1904, musste man wegen ungünstiger Witterung Abstand nehmen, der Ausflug wurde auf den 15. Mai 1904 verschoben.

Die Abfahrt erfolgte um acht Uhr früh von der heute nicht mehr bestehenden DDSG-Station im Donaukanal unter den Weißgärbern. Nach Ankunft in Hainburg ging es zu Fuß über den Festungsberg zum Teichwald, wo man im Freien mittaggegessen hatte. Danach folgte ein Marsch nach Deutsch-Altenburg, der Besuch des dortigen Museums sowie der Ausgrabungen in Carnuntum. Nach 20.00 Uhr abends kamen die Ausflügler am Donaukai in Wien zurück.

Das Gschnasfest am 6. Februar 190447 war wieder der Kunst gewidmet: Rudolf Bernt entwarf die Idee “Kunstwanderungen”. Das Vergnügungskomitee wollte diesmal keine Gruppen zulassen, für einzelne Säle wurden spezielle Experten ernannt. Schließlich bewilligte man aber doch einige Gruppen und sie konnten sich an der Saaldekorierung beteiligen, wenn auch nicht mehr so intensiv, wie früher. Solche Gruppen gab es aus dem Camera-Club, den Kunstgewerbeschülern unter Andreas Groll; weiter die “Fahrende Künstlergruppe” um Richard Müller und Oskar Thiede, die Künstlergruppe “Jungbund” um Karl Hollitzer und “Salon des Refusés” um Nikolaus Schattenstein.

Die rechte Künstlerhausseite wurde zu einem fürstlichen Schloss, die linke zu dessen Umgebung, in der sich eine Künstlerkolonie niedergelassen hat. Das Schloss betrat man durch eine Halle (Stiftersaal) mit der Ahnengalerie, wo diverse alte Meister von Alois H. Schram, Fritz Koch, Albin Egger-Lienz, Heinrich Rauchinger, Ludwig Koch und andere “ergänzt” wurden.

Durch das Makartzimmer mit Buffet rechts gelangte man in den

Französischen Saal, der als “Prunksaal” nach Entwürfen von Rudolf Dick durch das Atelier Kautsky ausgestattet wurde. Lünetten malte nach Entwürfen von Andreas Groll Ludwig Koch, die Bildhauerarbeiten stammten von H.(?) Weber.

Den Belgischen Annex dekorierten nach Entwurf von Erich Gschöpf Hans Larwin, Josef Breitner und Anton Kenner zu einem Speisesaal.

Im Durchgang zum Säulensaal entstand ein fürstliches Badezimmer von Egon Müller, Eduard Veith und Alexander Illitsch. Die Badewanne aus Glas(!) stellte die Firma Friedrich Otto Schmidt bei, darin befand sich das nackte “Modell Leopoldine” (Honorar für den Abend 30 K). Sehen konnte man das Badezimmer durch ein Guckloch; 670 Festbesucher ließen sich das Vergnügen jeweils 20 Heller extra kosten.

Im Belgischen Saal wurde ein fürstliches Atelier mit der Galerie der berühmtesten Maler und Bildhauer eingerichtet, im rechten Oktogon eine Dunkelkammer des Camera-Clubs, arrangiert vom Bildhauer Hans Dietrich.

Im Säulensaal schuf die Alte Welt unter Alois H. Schram ein Hofmuseum mit Objekten aller Art und interessanter Sammlung antiker Gegenstände; Carl Wollek lieferte einen Brunnen aus Zucker-Mosaik.

Im Spanischen Saal residierten die Panorama-Maler der Künstlergruppe Jungbund. Zur Dekorierung steuerte Karl Hollitzer sogar echte Kostüme bei; hier befand sich das Dioramabild “Übergang über die Beresina” mit lebenden Teilnehmern.

Den Deutschen Saal, der von Heinrich Tomec und Ferdinand Brunner ausgestattet wurde, okkupierten die Maler der Freilicht-Kolonie Plein Air.

Im Spanischen Annex hatte sich der Akademische Club Akropolis unter der Führung des Architekten Othmar Leixner niedergelassen; er stellte ein modernes Architekten-Atelier dar.

Im linken Oktogon entstand ein Atelier der Neu-Bildhauer, arrangiert von den Kunstakademikern unter dem Maler Karl Hayd.

Der Durchgang zum Säulensaal wurde dem Salon des Refusés, dem Salon der Zurückgewiesenen, zugeteilt. Zuständig für die Dekorationen waren der Architekt Baron, der Maler Jacques Sternfeld und der Bildhauer Artur I. Loewental.

Im Müllerzimmer gab es schließlich einen Bohémewinkel der Kunstgewerbeschüler, die Kolonie der fahrenden Künstler.

Am 4. Februar 1904 wurde vom Magistrat zum ersten Mal genau das Fassungsvermögen des Künstlerhauses berechnet und für Feste mit maximal 3590 Personen begrenzt, für Ausstellungen mit 4100 Personen. Für dekorierte Säle wurde ein allgemeines Rauchverbot erlassen, es galt bereits ohnehin von Anfang an, alle Stoffe und Papiere mussten außerdem feuersicher imprägniert werden. Pro Fest sollten jeweils 15 Feuerwehrmänner anwesend sein.

Wie August Schaeffer in seiner Chronik berichtet, besuchten zahlreiche Damen als Japanerinnen bekleidet die anschließende Redoute am 15. Februar 1904. Die japanische Welle erreichte damals ihren Höhepunkt; es galt schick, die Sympathien Japan entgegenzubringen, das sich gerade am Beginn des Krieges mit Russland befand.

Anlässlich des Schützenkränzchens am 20. Februar 1904 kam es zu einem Vorfall, der in der Geschichte des Künstlerhauses einmalig war: zu einer Duellforderung. Bei zwei jungen Leuten, die nach drei Uhr früh ins Künstlerhaus kamen, beanstandete der im Foyer zufällig anwesende Vorstand Baurat Andreas Streit, dass ihre Karten bereits entwertet worden waren. Einer der gekommenen konnte sich legitimeren und da die Karte auf seinen Namen lautete, wurde er eingelassen, dem zweiten Jugendlichen wurde der Eintritt jedoch verwehrt. Nach einiger Zeit kamen aus den Sälen zwei andere Jugendliche und gingen auf den ihnen anscheinend persönlich nicht bekannten Vorstand direkt zu. Der eine drohte: “Ich werde dies in die Zeitung setzen lassen, ich werde Ihnen schon zeigen, es ist ein Skandal!”, der andere rief: “Wenn Sie nicht so alt wären, so würden Sie heute was erleben!”.

Der Maler Rudolf Swoboda, der Zeuge dieser Szene war, wies den jungen Mann – der sich später als Alphons Kratochwill, Student der Technischen Hochschule im zweiten Jahrgang, legitimierte – zurecht. Kratochwill forderte nun Swoboda zum Duell und nominierte am nächsten Tag seine zwei Zeugen. Swoboda nahm die Forderung an und nannte seinerseits als Zeugen Architekt Hans Peschl und Baurat A. Foltz. So bedrohlich sah die Lage auch während der Ausschusssitzung am 22. Februar 1904 aus.

Inzwischen erhielt der Vorstand Andreas Streit von dem Jugendlichen, der am Eintritt gehindert worden war, und dem es trotzdem nachher noch irgendwie gelang, in die Festsäle einzudringen, eine Karte mit einer Entschuldigung und zehn Kronen, dem Eintrittspreis. Er wollte sich in materieller Hinsicht keinen Vorwurf machen; seine Abweisung im Foyer war berechtigt gewesen. Dem Verhandlungsgeschick von Hans Peschl ist es anschließend gelungen, die ganze Angelegenheit durch Abgabe von Ehrenerklärungen aus der Welt zu schaffen, obwohl die Streit zugekommene Entschuldigungskarte auch nicht ganz glücklich formuliert war und es noch eines erklärenden Briefes bedurfte. Andreas Streit war damals 63 Jahre alt, Rudolf Swoboda 64. Duelle waren natürlich verboten.48

Das Gschnasfest 1905 wurde nach einer Idee von Andreas Streit dem Karneval von Nizza gewidmet. Man sehnte sich wieder nach Farben, das Fest sollte das leichte, beschwingte Leben der mediterranen Riviera nachahmen. Wie kam man dorthin? Natürlich mit der Eisenbahn: nachdem man einen hinter der Stiege aufgebauten Waggon durchschritt, kam man im Stiftersaal am Bahnhof von Nizza an: “Gare de Nice”, dekoriert mit verheißungsvollen Plakaten von Egon Müller.

Nur wenige Schritte weiter befand man sich am “Place Massena” mit zahlreichen Säulen und Palmen, geschaffen von Ladislaus E. Petrovits. Herrlich blühende Gartenanlagen zogen sich weiter durch ein Buffet mit Weiß und Lila sowie reichem Dekor von goldglühenden Orangen im grünen Laub (Belgischer Saal, Autor Rudolf Bernt).

Im Französischen Saal befand man sich auf einer Terrasse oberhalb des Meeres, einem Werk von Ladislaus E. Petrovits, Adalbert Pecha und der Gebrüder Kautsky. Auf der Riva, entlang der großen Strandhotels vorbei, bewegte sich der Maskenfestzug. Durch die gelungene Atmosphäre sah der Saal wunderbar weit und frei aus.

In den beiden Oktogonen befanden sich Blumenläden, ausgestattet durch Rudolf Bernt, anschließend Blumenhaine mit Maskenverleih von Alois H. Schram.

Der Spanische Saal beherbergte den berühmten Kunstsalon D. Heinemann, eine Galerie modernster, aber auch dezenter Werke von vielen Genossenschaftsmitgliedern. Hier vereinigte sich, was in Wien jeder für unmöglich hielt: die Secession mit ihrem Slogan “Nur wir sind die Wahren!” und der Hagenbund “Nur rein künstlerisch!” mit der Genossenschaft “Nur langsam voran!”.

Ein Teil des Spanischen Annexes war der Künstlervereinigung “Alte Welt” vorbehalten, die sich hier mit der Absicht zahlreicher neuer Denkmalenthüllungen beschäftigte; im Müllerzimmer gab es ein See-Aquarium (Dr. Friedrich König).

Im Deutschen Saal wurde das berühmte Casino von Monte Carlo sowie die Esplanade des Anglais und der Corso nachgebaut (Gebrüder Kautsky, Adolf Kaufmann, Adalbert Pecha, Anton Fix). Im Durchgang davor gab es das Selbstmörderkabinett der unglücklichen Spieler mit Land- und Seeminen sowie Dynamit-Handgranaten zum spurlosen Verschwinden. Die Speisesäle befanden sich wie üblich im ersten Stock, als Hotel Cimicz.

Diesmal gab es mehr Gruppen, einige unter dem gleichen Titel Rouge et Noir (Obmänner Hans Dietrich, Louis Uhl, Hans Larwin), eine Spielergesellschaft (Anselm Zinsler), das Aktien-Strandhotel mit Personal und Hochzeitsreisenden (Alfred Pflügl), die Damengruppe Schwestern vom violetten Quadrat (Leo B. Eichhorn); mehrere Gruppen widmeten sich dem beginnenden Automobilismus (Hans Larwin, Fritz Kautsky), es gab Strandgigerln (Louis Uhl) und auch eine böhmische Musikbande (Max Hegele).

Franz X. Pawlik schuf eine Gedenkmedaille, die an den Roulettespieltischen gekauft werden konnte. An diesen Tischen saßen ausgestopfte Puppen mit Köpfen der Wiener Prominenz, nur einzelne Plätze dazwischen waren für die echten, lebenden Spieler/Käufer frei. Die Medaille war in der Größe einer Krone und in der Form einer Spielmünze – bisher waren meist Anhänger üblich. Die dokumentierte Auflage war relativ gering: 300 Stück in Bronze, 26 Stück in Silber und eine einzige Medaille in Gold für den Kaiser.

Am 13. Februar 1905 sollte der Unterhaltungsabend der Kunstakademiker stattfinden und auch Karten wurden bereits verkauft, als sich am 9. Februar die Leitung des Unterstützungsvereins der k.k. Akademie der bildenden Künste außerstande fühlte, die organisatorische Arbeit durchzuführen und absagte. Nachdem die Räume aber bereits ohnehin vom Fest der Genossenschaft dekoriert worden waren, übernahm der Leitende Ausschuss spontan die ganze Abwicklung und schickte neue Einladungen aus. So blieb praktisch alles beim Alten, auch der Reingewinn floss dem Unterstützungsverein zu. Sowohl der Rektor George Niemann, wie auch der Vereinsobmann Sigmund l’Allemand und der Obmannstellvertreter Robert Praeceptor bedankten sich bei der Genossenschaft besonders. Der Ausschuss übernahm die Durchführung des Akademikerkränzchens umso lieber, da es diesmal zu keiner Redoute kam.

Die weiteren Unterhaltungsabende erwiesen sich bereits seit einiger Zeit als defizitär; das Interesse der Mitglieder ließ nach. Das führte zur Abschaffung der bis dahin üblichen Künstlerhonorare in bar, die Mitwirkenden erhielten von nun an als Zeichen des Dankes nur ein Gemälde oder eine Plastik aus den Haussammlungen.

Die Gschnasauktion, die bisher im Rahmen eines Unterhaltungsabends durchgeführt wurde, erfuhr 1905 auch eine Neuerung. Zum ersten Mal in der Geschichte der Genossenschaft konnten zu diesem Unterhaltungsabend unangemeldet auch Fremde kommen. Bisher war die Einführung durch mindestens ein Mitglied nötig, die Gastkarten wurden nur an persönlich Bekannte verkauft.

Prominente Persönlichkeiten und auch manche Journalisten bekamen schon immer Gratis-Ehrenkarten bzw. Freikarten; nur war es allerdings üblich, dass die so auf diese Weise geehrten der Genossenschaft eine Spende widmeten, die den Wert der normalen Eintrittskarte bei weitem überwog. Journalisten zahlten nie etwas, sie hatten aber auch niemals die Einladung zu einer hemmungslosen Kritik missbraucht. Um die Jahrhundertwende wurde es üblich, die Journalisten bereits vor dem Fest im Rahmen einer Presseführung durch die im Bau befindlichen Säle zu begleiten.

Nach 1900 nahm die Ausgabe von Ehren- und Freikarten so zu, dass schließlich zu jedem Fest mehrere hundert Personen kamen, die nicht die normalen Eintrittskarten besaßen. Die Sitte, die Ehrenkarten durch eine Widmung zu überzahlen, nahm ab; die spendablen Aristokraten wurden nach und nach durch sparsame bürgerliche Politiker ersetzt.

1906 gab es das sogenannte astronomische Venusjahr; auf dieses Ereignis reagierte die Genossenschaft mit ihrem Fest “Himmelbummel” nach einer Idee von Francesco Angelo Rottonara. Dementsprechend waren die Kostüme motiviert: sie sollten Himmelserscheinungen parodieren; die moderne Astronomie, aber auch Astrologie und alte Mythologie.

Bereits das Stiegenhaus wurde von John Q. Adams und Anselm Zinsler zu einer aus einem Rosenhain empor klimmenden Himmelsleiter umgewandelt, flankiert von lauschenden Engeln.

Den Vorraum hinter der Stiege gestalteten Heinrich Rauchinger und Dr. Ernst von Kutscha zum Eingang ins Himmelreich um: hier befand sich der “Lift”. Die in eine Kabine eingetretenen Festgäste wurden Opfer einer Sinnestäuschung: durch rasch nach unten sich bewegenden seitlichen Leinwandwände gewannen sie den Eindruck einer mühelosen Fahrt nach oben und blieben trotzdem an der Stelle.

Der anschließende Stiftersaal wurde durch Franz Freiherr von Krauss und Alfred Pflügl zu einem sich hoch oben befindlichen Observatorium verwandelt, mit mächtigen Fernrohren, herumliegenden Meteoriten, Nachteulen und einem Luftschiff.

Der Säulensaal wurde zum Atrium im Hause der Venus, die Gestalter waren Rudolf Krausz und Ferdinand Brunner. In der Mitte gab es einen von Carl Wollek geschaffenen Venus-Brunnen mit Amor und Komet; Ludwig Koch lieferte fast traditionell einen karikaturistischen Fries auf dem Ausschussmitglieder im Tanz mit griechischen Gottheiten dargestellt waren.

Das Foyer zur Giselastraße wurde zur von Ferdinand Brunner gestalteten Milchstraße.

Im Belgischen Saal gab es ein Boudoir der Venus von Rudolf Bernt; in der Bildergalerie glänzte Rudolf Quittner mit den verschiedensten Sternen: Bühnen-, Leutnants-, Prater-, Cognac- usw. Den ewigen Ahaswer malte Albin Egger-Lienz.

Im Französischen Saal befand sich wie immer das Tanzparkett, diesmal mit sterndurchleuchteten Wolken, einer Arbeit von Ladislaus E. Petrovits. Eine besondere Attraktion war ein Regenbogen in Farben und Formen der Wiener Tramwaysignale.

Im Spanischen Annex gab es ein Mars-Casino und ein Kabarett der Alten Welt,

im Belgischen Annex ein Cafe “Zum Polarstern” mit Eskimos und Champagnereis (Josef Jungwirth und Erich Gschöpf),

im rechten Oktogon ein Buffetraum (Max Hegele, Josef Breitner).

Den Deutschen Saal gestaltete Francesco Angelo Rottonara zum Mars-Corso, einer Übersicht der seltsamsten Gebäude aus allen Zeiten der Geschichte.

Im Spanischen Saal befand sich der Wohnraum von Herkules (Hans Larwin, Anton Brenek).

Im Makartzimmer residierte Leda (Ausstattung Gottlieb von Kempf).

Der Gruppe des Großen Bären und jener der übrigen Sternenbilder wurden von deren Führern Adolf Schwarz und Hans Lukesch eigene Räume im Müllerzimmer und anschließendem Oktogon gewidmet.

Im Spanischen Durchgang entstand das Orakel von Delphi (Hugo Darnaut),

im Belgischen Durchgang das Bacchuszimmer (Kunstakademiker).

Unter den Gruppen fanden die Sonnenkinder um Adolf Kaufmann nach Entwürfen von Heinrich Rauchinger besondere Beachtung. Auf goldenem, von sechs Damen in Farben des Spektrums gezogenem Sonnenwagen fuhr der Sonnengott. Eine Schar Morgenländer wanderte mit fatalistischem Ernst und orientalischer Farbenpracht umher, als Führer dieser Gläubigen fungierte Heinrich Rauchinger. Hans Dietrich führte eine Milchstraßengruppe, Hans Lukesch die Sternbilder des Tierkreises, John Q. Adams die himmlische Burgmusik, Hugo Darnaut das Orakel zu Delphi, Ludwig Hujer die verschollenen Leoniden, Nikolaus von Scanavi die Stern-Ordens-Küche der Alten Welt. Zum Fest erschien eine Ansichtskartenserie mit Tierkreiszeichen; für die sofortige Beförderung sorgten ein Briefmarkenverschleiß und die Postannahmestelle.

1907 stand, nach einem Vorschlag von Francesco Angelo Rottonara, das große Gschnasfest unter dem Motto “Decadence”. Es war wieder ein historisches Fest, Dekadenz heißt Verfall, im Künstlerhaus war es die Renaissance längst verstaubter Stile, ein Verfall der jungen Kunst ins Kokettsenile. Was man in der Secession mit ernster Miene zur Kunst erklärte, mit allen Merkmalen älterer und exotischer Kunstepochen der Menschheit, der Naturvölker, das machte man am Karlsplatz zum Gschnas. Aufs Korn genommen wurde auch die Gemeinde Wien mit der Einführung des neuen Meldezettels.

Im Foyer sah man einen großen Krebs als Zeichen des Rückgangs. Seine ausgebreiteten Scheren bildeten vor der Stiege eine Pforte, die Stiege selbst war als “Niedergang” bezeichnet (Anselm Zinsler).

Der hinten anschließende Wintergarten von Albert H. Pecha und den Kunstakademikern dokumentierte die Rückkehr zur Natur, die Männer als Affen, die Frauen als Nixen.

Der Stiftersaal wurde zu einem Laboratorium von Darwin, mit einem Affenstammbaum, ausgeführt von Mitgliedern der “Alten Welt” und Fritz Schönpflug.

Im Säulensaal öffnete sich das große Warenhaus der Firma A. N. Geli und D. Obner; unten die Kunstabteilung, oben die Konfektion (Franz Freiherr von Krauss und Alfred von Pflügl). Hier befand sich die traditionelle Gschnasgalerie mit Parodien der modernsten Kunstwerke (Rudolf Quittner, Josef Jungwirth, John Q. Adams, Heinrich Rauchinger, Robert Schiff u.a.).

Aus dem Kaufhaus kam man über den verregneten Stephansplatz (Alfred von Pflügl) in eine dekadente Heurigenschenke im Spanischen Saal (Erich Gschöpf, Josef Breitner, Josef Jungwirth).

Gegenüber im Belgischen Saal befand sich der Speisesaal des Lucullus (Max Hegele) mit Werken von Otto Nowak, eine gelungene Persiflage der secessionistischen Plastik.

Den Französischen Saal gestaltete Alois H. Schram. Alles in Weiß, nur mit zarten Farben, vom Riesenbaldachin bis zu den Wänden, die mit weißen Kirschblüten bedeckt waren. Die Dekorationen waren so beeindruckend, dass sie nach Wunsch vieler Mitglieder erhalten bleiben sollten, was allerdings nicht geschah.

Im Belgischen Annex hatten Rudolf Dick, Fritz Kautsky und Francesco A. Rottonara im japanischen Stil eine Opiumhöhle (Rauchzimmer) eingerichtet.

Im Durchgang zum Säulensaal etablierten Siegmund l’Allemand und die Kunstakademiker das Sanatorium “Gehirnschwund”. Unter den Dekorationen sah man einen Operationstisch, Wandfiguren, welche die operierenden Ärzte abwehrten und Säuglinge im Brutkasten.

Im Makartzimmer wirkte eine “Vereinigung der Baufälligen” mit Architekt Alfred Castelliz und weiteren Mitgliedern der Wiener Bauhütte, die ein einstürzendes Haus vorführten.

Im linksliegenden Deutschen Saal richteten Fritz Kautsky und Franceso A. Rottonara ein “Decadentes Vergnügungs-Etablissement” ein, wo man in manchen Sehenswürdigkeiten diverse Kabarettnummern sehen konnte.

Durch das Tor des römischen Colosseums kam man in die Naturheilanstalt der Alten Welt, – Spanischer Annex – wo ein Sandhaufen große Ähnlichkeit mit dem Gänsehäufel hatte (Alois H. Schram).

Im linken Oktogon gestaltete Eduard Veith einen barocken Liebesgarten mit Lauben, Kieswegen, verschnittenen Hecken und einem Venustempel,

im rechten Oktogon Josef Breitner mit Kunstgewerbeschülern den Olymp “Wenn die G’Hötter albern”: Poseidon als Wasserer, Hera als Frauenrechtlerin.

Im Durchgang zum Säulensaal residierte der Club der Farblosen mit Wilhelm V. Krausz,

im Müllerzimmer eine Wüste Tingl Tangl von Adolf Schwarz, in dem Schleiertänze und tanzende Derwische vorgeführt wurden.

Die teilnehmenden Kostümgruppen waren, wie üblich, ortsgebunden und ergänzten die jeweiligen Saaldekorationen. Beeindruckend war die Gruppe Schwarz-Weiß des akademischen Architektenvereins der Technischen Hochschule; die Beardsley-Gruppe aus den Werken von Oskar Wilde (Eduard Veith); Sektion Hernalez et Madellas de las Vaes-che (zu lesen: Hernals-Wäschermädel) in spanischen Kostümen um Heinrich Rauchinger; Klub der Farblosen um Franz Freiherr von Krauss, die Kostüme waren jedoch nicht farblos, sondern weiß; Drunter und Drübermenschen um Louis Uhl mit Hero und Leander, Ophelia und Hamlet sowie Astrologen; dekadente Musik um Angelo Trentin mit Kostümen aus der Dante-Zeit und möglichen und unmöglichen Instrumenten; Wenn die Götter altern um Josef Breitner; Bieder-Mayer um Erich Gschöpf; Barnum und Bailys Eidamer um Georg Holub, Anton Karlinsky und Karl M. Schuster (Schlangenmenschen, Clowns, Menagerie); Emancipation um Louis Uhl, Erwin Wagner und Paul Dolezel-Czel (alle Teilnehmer als Oxfordstudenten in Talars und Kappen); die Heilsarmee um Hofrat Emil von Förster und Dr. Ferri Angerer in Uniformen, mit Fahnen und musikalischem Lärm.

Eine der originellsten Gruppen war die der Bauge-fälligen aus Mitgliedern der Wiener Bauhütte mit Architekt Otto M. Kuntschik an der Spitze. Die Gruppe fuhr um halb neun abends von der Akademie der bildenden Künste auf einem dekorierten Möbelwagen mit böhmischen Musikanten und Reitern auf den Zugpferden über die Ringstraße zum Künstlerhaus. Gebildet wurde sie zur Erinnerung an einen Hauseinsturz in der Murlingengasse vom 13. Dezember des Jahres 1906. Diese Gruppe hatte auch eigene Prospekte.

Die Wiener Prominenz und die Diplomaten erschienen zum Fest in Zivil bzw. in Sommertoilette, von den Erzherzögen kam diesmal kein einziger. Dies tat auch Heinrich Rauchinger, dem Autor der Idee zum Fest 1908 “60 Jahre Wien”, im darauffolgenden Jahr persönlich leid, denn trotz besonderer Einladungen blieben auch diesmal die Erzherzöge dem Fest fern. Es schien, dass die Zeiten des gesellschaftlichen Kronprinzen Erzherzog Rudolf endgültig vorbei waren.

Eine Ursache dieser Entwicklung lag allerdings in der zunehmenden Mobilität der Bevölkerung allgemein. Keiner der eingeladenen Erzherzöge befand sich zu dieser Zeit in Wien, der Protektor Erzherzog Franz Ferdinand von Österreich-Este etwa weilte gerade in St. Moritz. Interessanterweise kam der Bürgermeister der Stadt Wien, Dr. Karl Lueger, nie ins Künstlerhaus. Er ließ sich stets aufgrund dringender Arbeiten entschuldigen. Im Februar 1908 war er allerdings tatsächlich krank.

Das Thema des Festes 1908 wurde im Hinblick auf das 60jährige Regierungsjubiläum des Kaisers gewählt. Man widmete sich der Stadtentwicklung während dieser Zeit und die Saaleinteilung sah dementsprechend folgendermaßen aus:

Stiftersaal: Stadtgraben mit dem Kärntnertor von Alfred Pflügl und Thomas Leitner. Man sah das plastisch ausgeführte Tor, links und rechts die Stadtmauern, das Glacis mit den teils gemalten, teils plastischen Pappelalleen, die Vorstand Wieden. Hier domizilierten die Gruppen der weißuniformierten Deutschmeister und die Bürgergarde unter Josef Breitner.

Müllerzimmer: links vom Stadtgraben lagen die Kasematten mit dem Depot der alten Hofspritze – die nur ausrückte, um das Feuer der Damen und den Durst der Herren zu löschen. Die Bemannung war historisch getreu mit Zwillichuniformen und der Vorreiter im grünen Frack mit Zweispitz und Röhrenstiefeln. Alles unter dem Kommando von Fritz Kautsky, dem Schöpfer der Dekorationen.

Linkes Oktogon: Panorama der Stadtmauer bei der Rotenturmtorbrücke von Ferdinand Brunner und Alfred Pflügl. Die hier sesshafte Gruppe täuschte eine Landpartie vor, die Führer waren Hans Larwin und Josef Jungwirth.

Deutscher Saal: Volksprater – ein dankbares Thema, das sich bereits in mehreren Gschnasfesten wiederholt hatte. Arrangement von Alois H. Schram, Fritz Kautsky, Francesco Angelo Rottonara und August Schaeffer. Gruppen: Wiener Heurigengesellschaft mit Hochzeit unter Leo Bernhard Eichhorn, eine Automobilgesellschaft unter Alfred von Pflügl.

Spanischer Annex: Gasthaus mit Lauben und Ballspielen. Gruppen: Bohéme unter Carl Wollek, Böhmische Nationalkapelle unter William Unger, Kaffeehausgesellschaft aus den 60er Jahren unter Franz Seifert.

Im linken Durchgang befand sich ein Buffet von John Q. Adams gestaltet.

Spanischer Saal: Panoptikum und Galerie, Arrangement Alois H. Schram mit Georg Holub, Fritz Schönpflug, Ludwig Koch, Josef Jungwirth, Emil Uhl, Otto Nowak, Anselm Zinsler.

Belgischer Saal: Buffet im Stil von 1850 von Alois H. Schram.

Französischer Saal: Wasserglacis als Tanzsaal von Alois H. Schram, Fritz Kautsky, Angelo F. Rottonara. Dargestellt war ein Rundblick auf Wien vom Glacis aus, links die Karlskirche, Technik, Naschmarkt. Die Rückwand zeigte die Hofburg und das Paradeisgartl.

Belgischer Saal: Blauer Montag auf der Wäscherburg unter Max Hegele und Karl Badstieber. Illusion eines alten Gebäudes aus der Zeit um 1850, im Hintergrund das Haus Badstieber, die ehemalige Seifenburg von Währing.

Belgischer Annex: Beisl zum Biersack, ein altes Wiener Wirtshaus; Obmann und Arrangeur Anton Karlinsky.

Rechter Durchgang: Alt-Wiener Gassl mit den Verkaufsläden der Trödler, Brantweinschänker und Wäscheputzer. Obmänner Carl Pippich und Georg Holub.

Rechtes Oktogon: Wien von heute, arrangiert vom Obmann der Gruppe Eduard Veith.

Makartzimmer: Mariahilferlinie unter Robert Schiff mit den Gruppen der Finanzwache und Marktweibern.

Säulensaal: Apollosaal mit Gspiel und Musi; Theater- und Musikraum mit vier Podien.

Bevölkert wurde das Fest noch durch viele andere Gruppen mit Altwiener Themen; so etwa durch Porzellanfiguren der Manufaktur Alt-Wien von Augarten unter Adolf Karpellus, Straßensänger unter dem Bildhauer Emmerich Swoboda, eine Landpartie zum Agnesbründl um Franz Koch, eine andere nach Grinzing um Heinrich Rauchinger. Unter dem Kommando von Friedrich Gornik standen Studenten und Freiwillige aus dem Achtundvierzigerjahr.

Besondere Karten zu lösen waren im Deutschen Saal für das Vergnügen einer Rodelbahn (verkauft wurden 554 Stück zu je einer Krone) sowie das Anschauen einer tätowierten Dame (420 Karten zu je 40 Heller). Außer Ansichtskarten von Charles Scolik, von denen 2495 Stück verkauft wurden und die wie bereits bei einigen vorangegangenen Festen sofort frankiert und abgeschickt werden konnten, gab es diesmal keine Gschnaspublikationen.

Das Fest des Jahres 1909 entstand nach einer Idee von Fritz Kautsky unter dem Motto “Sphinx, Traum eines Nilpferdes”. Die Dekorationen zauberte Ägypten mit den Pyramiden, der Wüste und den Königsgräbern hervor; unter den Kostümen überwogen Araber, man frönte wieder der Reiselust.

Der Vorraum mit der Stiege war als Aufgang zu einem orientalischen Palast von Erich Gschöpf mit Palmen und Pflanzen von Franz Dewoty’s Witwe dekoriert.

Den Stiftersaal, Säulensaal und das Atrium verwandelte die Alte Welt in einen ägyptischen Tempel mit Nilprospekt (Ferdinand Brunner).

Im Spanischen Saal befand sich ein von Carl Fahringer und Theodor Stundl ausgestattetes Museum altägyptischer Antiquitäten,

im gegenüberliegenden Belgischen Saal das orientalische Café von Rudolf Bernt.

Den Französischen Saal, wo getanzt wurde, gestalteten Fritz Kautsky, Francesco A. Rottonara und Karl F. Gsur unter dem Motto “Phantasia”.

Im Deutschen Saal gab es ebenfalls eine, von Kautsky und Rottonara sowie von Carl Wollek und Alphons Mielich gestaltete, ägyptische Landschaft mit Pyramiden, Wüste, Sphinx und einer Rutschbahn, auf die man dann über Jahre hindurch nicht verzichten wollte.

Den Belgischen Annex gestalteten die Kunstakademiker unter Ludwig Wallner und Karl Maria Schuster zu einem Observatorium mit Sterndeutern sowie einem Restaurant Walfisch von Askalon,

den Spanischen Annex Fritz Kautsky zu einer Fellachen-Spelunke und Haschisch-Kneipe.

Die Durchgänge zum Säulensaal verwandelten Carl Pippich und Carl Fahringer zu ägyptischen Gassen.

Im Makartzimmer gab es ein Mumiengrab von Otto Herschel und Friedrich Gornik,

im Müllerzimmer “Pyramidol” der Eduard Veith-Gruppe. Die an den Wänden angebrachten Werbeplakate der Firma erinnerten durch ihre Farbenflecke stark an manche Räume der Kunstschau.

Im linken Oktogon entstand ein Wüsten-, Sonnen- und Sandbad der Wiener Bauhütte unter Max Hegele und Karl Badstieber,

im rechten Oktogon eine Filiale der Einbalsamierungs-Unternehmung der Staatsgewerbeschule unter Josef Breitner.

Neben der Rutsche im Deutschen Saal (288 verkaufte Karten zu je einer Krone) gab es diesmal eine weitere Attraktion: lebende Esel, die dem Publikum als Tragtiere für kleinere Exkursionen durch das Haus zur Verfügung standen.

Von den Teilnehmergruppen fanden Beachtung: Siechensanatorium in Luxor unter John Q. Adams, Schatzgräber unter Rudolf Fänner, Ägyptischer Sahara- und Pyramiden Ski- und Rodelclub unter Heinrich Rauchinger, ausgelassene Sklaven unter Karl M. Schuster, Ägyptische Zigaretten um Leo B. Eichhorn, Ägyptische Wahrsager und Traumdeuter um Carl M. Schwerdtner, Beduinenzug aus El Kantara unter Adolf Schwarz, Fellachen unter Otto Herschel und Friedrich Gornik.

Beim Damenabend “Zum Heurigen” am 15. Jänner 1910 kam es zur fortgeschrittenen Stunde nach Mitternacht zu einem Konflikt zwischen dem Sänger Alois Resni und dem Maler Adolf Karpellus. Karpellus fand, dass ein Couplet gegen den Anstand verstößt; er stand von seinem Tisch auf, ging zur Bühne und “fixierte den Sänger durch seinen Blick”. Resni sang zu Ende, zwei Kollegen baten aber Karpellus um Erklärung. Resni brachte daraufhin den Text; es handelte sich um das Lied “der letzte Taler” von Julius Freund und Victor Hollaender. Das Wort Taler hatte Resni durch Gulden ersetzt, vielleicht wurde dadurch Karpellus hellhörig. Das Lied handelte über den Wandel der Zeit, was früher billig war, ist jetzt teuer, man kann nicht einmal um einen Gulden mit einem Mädchen zum Essen ausgehen. Das Missverständnis wurde in einer Ausschusssitzung geklärt, Karpellus entschuldigte sich. Am selben Abend kam es übrigens auch noch zu einem Kurzschluss der elektrischen Anlage, der jedoch ohne weitere Schäden rasch behoben werden konnte.

Beim Fest 1910 ging es historisch zu: das Motto stammte von Adolf Karpellus: “2000 Jahre Karikatur”. In satirischer Art wurden zahlreiche historische Kulturepisoden dargestellt, wobei auch die Gegenwart nicht zu kurz gekommen war.

Das Stiegenhaus dekorierten die Bildhauer Carl M. Schwerdtner und Hans Müller mit Karikaturen des Ausschusses; die folgenden Räume:

Stiftersaal: “Spiegelsaal” Max Hegele und Ludwig Koch,

Säulensaal und Atrium: “Das goldene Zeitalter” die Alte Welt unter Alois H. Schram,

Linker Durchgang: “Bürgerwache” Friedrich Gornik,

Spanischer Saal: “Auf dem Luftschiff” Carl Fahringer und Georg Holub,

Deutscher Saal: “Fort Troja” Fritz Kautsky und Francesco A. Rottonara (In die Festung mit dem trojanischen Pferd, das in seinem Inneren die schöne “Hellen” trug, wurde auch eine Schablone des Otto Wagner’schen Museums der Stadt Wien eingebaut, davor eine elektrische Straßenbahn. Das trojanische Pferd war innen zu besichtigen, die “Hellen” befand sich gerade bei ihrer Toilette; 572 Personen war das Schauspiel zusätzliche 20 Heller wert.),

Spanischer Annex: “Zirkus Cook am Nordpol” Fritz Kautsky und Francesco A. Rottonara,

Linkes Oktogon: “Osteria al basso porto” Ludwig Hans Fischer,

Müllerzimmer: “Märchen” Studenten der Technischen Hochschule,

Makartzimmer: “Französische Revolution” die Kunstakademiker (in Rot und Schwarz, dargestellt in der Malweise des Marquis Bayros. Die Friese bildeten Korbornamente, in denen die Köpfe der Guillotinierten als Blumenschmuck Aufnahme fanden.),

Rechtes Oktogon: “Beardsley-Nachlaß” die Kunstgewerbeschule,

Französischer Saal: “Blütenreigen” Adolf Karpellus mit Karl Ludwig Prinz (effektvolle Architektur von Bäumen und Blumen in Weiß; der Bilderschmuck an den Wänden zeigte die Heurigenmusik mit Schubert, Liszt, Beethoven und Wagner als Musiker, Girardi und Zwerenz als Kellner und Kellnerin. In einem weiteren Reigen gab es die Marquise Pompadour neben Sarah Bernhardt, Eva neben Frau Sopherl und Gretchen.),

Belgischer Saal: “Kaffeehaus” Erich O. Gschöpf,

Belgischer Annex: “Buschkarikaturen” Karl F. Gsur sowie “Kreuz- und Querfahrer” der Wiener Bauhütte unter Karl Badstieber,

Rechter Durchgang: “Museum”.

Im ersten Stock gab es wie üblich Speisesäle und einen Porträtfotografen. Als Speisesaal wurde diesmal auch die Kneipe einbezogen.

Dem Thema und den Dekorationen entsprechend gab es am Fest vor allem historische Gruppen: der Bildhauer Friedrich Gornik organisierte die Bürgergarde, Stanislaus Lewandowski eine Helden-Schmiere aus Vertretern des Opern- und Schauspielfaches, Karl F. Gsur die Gruppe Wilhelm Busch nach Versen und Zeichnungen zu Max und Moriz, Fritz Schönpflug die englische Gruppe Galliwog, Carl Maria Schwerdtner mit Dagobert Peche und Wilhelm Baumgarten die Gruppe der Französischen Revolution, Heinrich Rauchinger die Gruppe Ultramodern mit der allerjüngsten Mode, Karl M. Schuster die Trojanische Scharwache, Josef Kassin den Ausflug einer einklassigen Dorfschule, Ludwig Koch die Verliebten Leut’ mit Prinzessin Turandot, Stefan Schwartz die schwarz-weiße Gruppe des Beardsley-Nachlasses.

Außer den Einladungen gab es diesmal keine Drucksachen, keine Kataloge. Auch die sonst anschließende Auktion fand nicht statt, es wurden nur einige größere Werke direkt verkauft.

Am 19. Mai 1910 fanden in der Jagdausstellung im Prater die Wahl der Rosenkönigin von Wien, zwei Vizeköniginnen und zwanzig Damen ihres Hofstaates statt. Die Jury bestand aus internationalen Künstlern; die Genossenschaft entsandte den Maler Alois H. Schram.

Das große Fest des Jahres 1911 wurde aus Anlass des fünfzigjährigen Jubiläums der Genossenschaft Österreich-Ungarn, der ganzen Monarchie mit allen ihren Völkern gewidmet. Wie es in der Einladung hieß, sollten zumindest für eine Nacht alle Streitigkeiten unter ihnen aufhören:

Alle braven Untertanen,
Polen, Tschechen und Germanen,
Ungarn, Serben und Ruthenen,
auch Kroaten, selbst Slowenen
können in den Landestrachten
bei uns tanzend übernachten,
falls sie ohne Furcht und Klagen
miteinander sich vertragen,
denn bei unsern Volksgestalten
darf nur hehre Eintracht walten…

Die Idee zum Fest lieferte Josef Breitner.

Da das Künstlerhaus sich bereits zum internen Umbau vorbereitete, gab es diesmal weniger Säle; die Annexe und die Durchgänge zum Säulensaal, also die künftigen Mittelsäle, waren nicht mehr zugänglich.

Das Foyer mit dem Stiegenhaus dekorierte Rudolf Fänner,

den Gang hinter der Stiege teilten sich die Kunstgewerbeschüler unter Josef Breitner “Settlement in China” und die Techniker “Franz Josef Land”.

Den Stiftersaal verwandelten Max Hegele, Carl Fahringer und Hans Müller zu einer Walhalla.

Im Müllerzimmer gestaltete Francesco A. Rottonara das heilige Land Tirol,

im linken Oktogon schufen Alfred von Pflügl und die Bildhauerin Hella Unger ein Hausmeister-Vorgartl.

Im Deutschen Saal entstand nach Karl Ludwig Prinz die Wachau,

im Spanischen Saal durch die Architekten Theiss & Jaksch das Kronland Galizien.

Im Säulensaal schufen Erich O. Gschöpf und Adolf Karpellus Alt-Wien,

im Belgischen Saal Carl Pippich ein bosnisches Kaffeehaus.

Im Französischen Saal gestaltete Alexander Rothaug von einem Dampfer aus den Blick auf Ragusa / Dubrovnik,

im rechten Oktogon die Kunstakademiker ein bosnisches Interieur, im Makartzimmer die Wiener Bauhütte unter Karl Badstieber eine Sennhütte.

Im ersten Stock gab es wie üblich Speisesäle, im rechten vorderen Pavillon fotografierte Karl Dübell die Festgäste. In das Fest wurde auch diesmal die Souterrainkneipe integriert.

Dementsprechend österreichisch fielen die Gruppen aus: Fanny Elsler mit ihren Schülern und Schülerinnen unter Rudolf Fänner, Altösterreichisches Veilchenfest unter Adolf Kaufmann, Alt-Wien unter Karl M. Schuster und Anton Karlinsky, Wachauer – ebenfalls von Karl M. Schuster arrangiert, ziehende Musikanten unter Karl L. Prinz, Dalmatinische Sänger unter Ludwig H. Fischer, Senner unter Otto Nowak, Chinesische Kolonie unter Josef Breitner, Tiroler um Theiss & Jaksch, Innviertler unter Friedrich Gornik, Mährer aus der Ohmannschule unter Josef Jungwirth.

Die Gruppe “Nix Daitsch”, zusammengestellt von Dr. Paul Koenigstein und geführt von Karl M. Schuster, bestand aus sich um eine Hütte tummelnden Slowaken. Die Hütte war behängt mit Maiskolben, Kürbissen und nationalem Zierrat. Im Inneren boten reizende Slowakinnen Bier und nationale Schnäpse an; die Echtheit des Bildes wurde durch zwei lebende Schweinchen und ein Schaf vervollständigt. Ähnlich wie im Vorjahr, gab es auch diesmal kaum eine Gschnasgalerie, die wenigen verkäuflichen Objekte wurden an Interessenten anschließend direkt verkauft, ohne Auktion.

Anlässlich des Akademiker-Kränzchens kam es zu einem Konflikt zwischen dem Vorstand Andreas Streit und einigen heißblütigen Kunststudenten. Da sich das Haus im Umbau befand und die Arbeiten bis zur Jahresausstellung fertig sein mussten, wollte Streit den Akademikern diesmal noch weniger Säle zur Verfügung stellen als beim Fest und Schützenkränzchen zugänglich waren. Sie sollten auf den Säulensaal sowie den Belgischen und Spanischen Saal verzichten.

Es kam diesbezüglich zu einer heftigen Auseinandersetzung und zu peinlichen Entgleisungen einiger Funktionäre der Akademie. Den Studenten war nicht klar, dass die Räume einzig allein der Genossenschaft gehörten, die sie der Akademie stets kostenlos(!) zur Abhaltung ihrer Feste zur Verfügung stellte. Die Veranstaltung wurde von der Genossenschaft nicht abgesagt, man reduzierte nur die Festfläche. Die Akademiker hatten auf die Säle keinen Rechtsanspruch und konnten auch keine Schadensersatzforderungen stellen.

Runde machte ein Zitat Streits, der auf eine Bemerkung eines Akademikers, dass sich die Genossenschaftsmitglieder aus den Reihen der Kunstakademiker rekrutieren, erwidert hatte, dass es auch nicht geht, das Rekruten das Militärcasino stürmen und dessen Räume zur Abhaltung ihres Balles verlangen. Der Konflikt bewegte Streit zur Niederlegung seiner Vorstandsstelle am 30. Jänner 1911. Einige Wochen später wurde Rudolf Weyr zu seinem Nachfolger gewählt, der die Festlichkeiten anlässlich des 50jährigen Bestandsjubiläums der Genossenschaft organisierte.

Am Gedenktag der Gründung, dem 29. April 1911, legten Gustav Adolf Hessl und Hans Müller im Namen der Genossenschaft einen Kranz am Grab des ersten Vorstandes August Sicard von Sicardsburg am Döblinger Friedhof nieder. Von den Künstlern, die seinerzeit an der Fusion der Eintracht mit dem Albrecht Dürer Verein teilnahmen, lebten noch die Maler Georg Geyer, Eduard Peithner von Lichtenfels, August von Schaeffer, Ludwig Mayer und Carl Haunold. Bis auf Haunold, der abwesend war (+ 7.7.1911), machten sie alle die Jubiläumsfestlichkeiten mit.

Am 18. Mai 1911 um 20.00 Uhr abends trafen sich die Mitglieder mit aus dem Deutschen Reich und Provinzstädten der Monarchie gekommenen Festdelegierten zu einer zwanglosen Zusammenkunft in der Kneipe. Mit improvisierten Vorträgen erfreuten die Anwesenden mehrere Mitglieder der “Schlaraffia” unter Gymnasialprofessor Wenzel Zückert.

Die folgenden offiziellen Veranstaltungen lagen bereits in den Händen des Zeremonielldepartements des k.u.k. Obersthofmeisteramtes S. M. des Kaisers bzw. des Hofzeremoniellsekretärs Karl Petrowsky, des Präsidialbureaus des k.k. Ministeriums für Kultus und Unterricht sowie des gemeinderätlichen Präsidialbureaus unter der Leitung des Magistratsrates Josef Formanek, des Magistratssekretärs Hans Böttger und des Akzessisten Anton Kadawy.

Am 19. Mai 1911 wurden zwei Lorbeerkränze an den in der Kapuzinergruft liegenden Särgen der Protektoren Erzherzog Carl Ludwig und Erzherzog Otto durch den Vorstand Rudolf Weyr und den Vorstandstellvertreter Gustav A. Hessl niedergelegt. Um elf Uhr begann die Feier im Sitzungssaal des Abgeordnetenhauses in Anwesenheit des Erzherzogs Leopold Salvator, der Chefs der Regierungen sowie erster Funktionäre der Residenz, der Delegierten und Vertreter der angesehensten Vereinigungen und der Journalistik.

Wie vor knapp fünfzig Jahren bei der Eröffnung des Künstlerhauses 1868 sangen Mitglieder des Wiener Männergesang-Vereins den “Festgesang an die Künstler” von Felix Mendelsohn-Bartholdy unter der Leitung von Eduard Kremser. Dann folgten Festgrüße und Reden des Direktors des Hofburgtheaters Dr. Alfred Freiherr von Berger, vorgetragen vom Hofschauspieler Georg Reimers, die Rede des Bürgermeisters Dr. Josef Neumayer und jene des Ministers für Kultus und Unterricht Karl Graf Stürgkh. Der Statthalter von Niederösterreich Erich Graf von Kielmansegg überreichte Große goldene Medaillen, Bürgermeister Dr. Josef Neumayer die Doppelgroßen Salvator-Medaillen. Dann kamen weitere Festadressen, und der Dank des Vorstands Rudolf Weyr. Zum Schluss sang der Wiener Männergesang-Verein in Begleitung des Wiener Orchestervereins die Volkshymne.

Am Abend desselben Tages gab es ab halb acht Uhr einen Empfang bei Hof. Der Kaiser ließ sich dabei allerdings durch Erzherzog Friedrich vertreten.

Am 20. Mai 1911 gab um 21.00 Uhr abends der Minister für Kultus und Unterricht Karl Graf Stürgkh in den Räumen des Ministeriums ein “Rout”.

Am 21. Mai 1911 um 9.00 Uhr vormittags lud Graf Hans Wilczek zur Besichtigung der Burg Kreuzenstein ein. Bei der Ankunft wurden die Festgäste durch historische Fanfarenklänge begrüßt, dann vom Burgherrn empfangen und selbst durch die historischen Räume geführt. Abends um 19.00 Uhr stand eine Besichtigung der städtischen Sammlungen im Rathaus auf dem Programm; die Führung übernahm deren Direktor Eugen Probst. Anschließend begann um 20.00 Uhr ein Festbankett der Gemeindevertretung im großen Saal des Rathauses.

Der ursprünglich für den 19. Mai 1911 geplante Ausflug auf den Kobenzl wurde wegen ungünstiger Witterung erst am 1. Juni unternommen. Er dehnte sich in animiertester Stimmung bis in die späten Nachtstunden aus.

Am 31. Mai 1911 fand schließlich eine außerordentliche Hauptversammlung der Genossenschaft statt, in der der Dank der Staats- und Stadtverwaltung für die großartigen Feiern ausgesprochen wurde. Tatsächlich war dieses Jubiläum etwas einmaliges, das sich in diesem Ausmaß nie mehr wiederholen sollte. Zur Erinnerung schuf der Bildhauer Arnold Hartig eine Gedenkmedaille.

Aus dem Rahmen der sonst üblichen Unterhaltungen im Künstlerhaus fiel die am 28. Dezember 1911 gezeigte Produktion der Nackttänzerin Fräulein Adorèe-Via Villanyi aus München. Die Tänzerin befand sich in Opposition zu den bestehenden Balettschulen; sie stand auf dem Standpunkt, dass zum Tanz mehr gehört, als nur ein starrer Gesichtsausdruck und lange Beine. Fräulein Villanyi bezog in die Darstellung des Tanzes ihren ganzen Körper ein; jeder Muskel war ihr wichtig. Sie tanzte völlig nackt, nur mit Schmuck und fallweise leichten, durchsichtigen Stoffbahnen bedeckt. Die Veranstaltung war nur für Mitglieder, Teilnehmer und besonders ausgewählte Vertreter der Presse bestimmt – das deshalb, da man aus München die phantastischsten Berichte lesen konnte und sie auf den richtigen Maß stutzen wollte. Fotos von der Veranstaltung gibt es nicht. Eintritt wurde keiner eingehoben.49

Laut Beschluss der außerordentlichen Hauptversammlung vom 6. Dezember 1911 wurde für 1912 kein Gschnasfest vorbereitet. Triftige Gründe dafür gab es keine, man scheute anscheinend nur das finanzielle Risiko. So musste sich die Schützengilde um ihre Dekorationen selbst kümmern; ihr Kränzchen gewann dadurch aber an besonderer Bedeutung. Zum ersten Mal musste man sich nicht einem Motto der Genossenschaft unterordnen, endlich konnte das Schützenkränzchen als ein eigener Schützenball präsentiert werden. Nach dem Vorschlag von Hugo Darnaut füllte eine Galerie von Zielscheiben aller Art sämtliche Festräume aus. Riesige Bäume bis zu den Saalplafonds, Fichten und Tannen aus den Liechtenstein’schen Wäldern um Mödling, erzeugten eine nach Harz duftende Waldillusion.

Der Säulensaal wurde durch Karl F. Gsur arrangiert, in der Mitte stand eine Kolossalkrippe von Hans Müller: “Hubertus mit dem Hirsch” sein Frühstück – ein scharfer Jägertrunk und eine Knackwurst – verzehrend. Den Hintergrund füllte eine Landschaft von Alexander Rothaug und Karl F. Gsur aus.

Der Französische Saal diente wie immer als Tanzsaal, das Gesamtarrangement hatte Karl Ludwig Prinz über. Jagdbilder von Karl F. Gsur schmückten die Hauptwand.

Im neuen rechten Jubiläumssaal (Mittelsaal) herrschte Herbststimmung. Das Reisig war welk geworden – durch eine Übertünchung mit ockergelber Farbe. Im gegenüberliegenden linken Jubiläumssaal lud ein mächtiges Ringelspiel zur Fahrt.

Der Deutsche Saal diente zum Teil als Restauration, zum Teil als Tanzsaal; die Wand dekorierte Alexander Rothaug, der eine Waldlichtung mit Rehen vortäuschte.

Die Zielscheiben, die man auch schon während des Festes käuflich erwerben konnte, wurden alle von ihren Schöpfern der Schützengilde gewidmet. Geschaffen wurden sie von Emanuel Baschny, Friedrich Beck, Theodor Breidwiser, Hugo Charlemont, Hugo Darnaut, Carl Fahringer, Ernst Graner, Oswald Grill, Otto Herschel, Gustav Adolf Hessl, Georg Holub, Josef Jungwirth, Anton Karlinsky, Adolf Karpellus, Adolf Kaufmann, Josef Kinzel, Rudolf Konopa, Franz Kopallik, Ludwig Michalek, Ernst Nowak, Otto Nowak, Ernst Payer, Carl J. Peyfuss, Alfred Pflügl, Carl Pippich, Kasimir Pochwalski, Heinrich Rauchinger, Alexander Rothaug, Francesco A. Rottonara, Nikolaus Schattenstein, Robert Schiff, Hans Schliessmann, Julius Schmid, Alois H. Schram, Karl M. Schuster, Stefan Simony, Max Suppantschitsch, Hans Temple, Heinrich Tomec, Eduard Veith, Eduard Zetsche und Karl Zewy.

Ab den achtziger Jahren hatte der Hofoperntänzer Leo Dubois das Tanzarrangement der Feste und Unterhaltungsabende. Schon vor der Jahrhundertwende wurde es üblich, bei allen Veranstaltungen auch einen Arzt zu haben, der im Notfall erste Hilfe leisten sollte. Aktenmäßig wird als erster Dr. Eduard Schiff, k.k. Universitätsprofessor in Wien I., Maximilianstraße 5, genannt, 1914 Dr. Julius Brunner, ab 1922 Medizinalrat Dr. Walter Bienenstock.

Dass es 1912 zu keinem offiziellen Gschnasfest gekommen war, lag unter anderem an der allgemeinen Stimmung, ja Verdrossenheit der Künstler. Die früher sehr beliebten Feste hatten ihre Anziehungskraft zu dieser Zeit tatsächlich weitgehend eingebüßt – nicht etwa aus dem Wechsel des Geschmacks, sondern aus allgemeinem Desinteresse der Künstler an umfassender dekorativer Ausgestaltung. Es schien, dass an den Festen bereits jeder mitgearbeitet und jeder das Seine an Humor und Witz eingebracht hat; es gab nichts Neues. Diese Stimmung hielt über längere Zeit an. Dem Leitenden Ausschuss wurden zwar immer wieder neue Ideen zur Wiedereinführung der Feste gebracht, doch letzten Endes konnte man sich zu ihrer Verwirklichung nie entschließen.

Interne Probleme gab es auch im Geselligkeitskomitee selbst, wo sich immer wieder die gleichen Namen wiederholten und sich schließlich ausgenützt vorkamen. Ludwig Koch schlug 1912 die Teilung des Komitees in einen administrativen und einen künstlerischen Teil vor; es kam nicht dazu.

Wie depressiv diese, allerdings allgemeine, auch außerhalb des Künstlerhauses spürbare Stimmung war, zeigte das Jahr 1913: nicht nur, dass es wieder kein Fest gab, auch die Schützengilde und die Akademiker sagten ihre Kränzchen ab. Auch die sonstigen Unterhaltungsabende wurden seltener, obwohl man sich bemühte, in den wenigen doch durchgeführten nur erstklassiges Programm zu zeigen.

Im Herbst 1913 bauten Siegfried Theiss und Hans Jaksch den Säulensaal mit Atrium und den umliegenden Räumen zu einem großen Zentralsaal um, der später die Bezeichnung “Plastikersaal” bekam. Da die Architekten von Anfang an an die Verwendung des Saals auch für Unterhaltungen dachten, wurde im Fußboden ein fixer Orchestergraben eingebaut; Theiss & Jaksch lieferten auch die einheitliche Bestuhlung. Als Bühne war der Stiftersaal vorgesehen.

Der erste Unterhaltungsabend in diesem neuen Saal fand am 4. Dezember 1913 statt; das “Fremden-Blatt” vom 5.12.1913 berichtete:

“Das erstemal nach dem Umbau des Künstlerhauses hatte die Künstlergenossenschaft ihre Mitglieder und deren Damen zu Gaste geladen. Ein mattes gedämpftes Licht flutete durch die schönen Räume und mit Muße konnte man die Wirkung der Bilder bei künstlichem Lichte betrachten. Der vornehme Eindruck, den die umgewandelten Säle mit ihrer maulwurfgrauen Bespannung und den schlichten weißen Plafonds machen, wurde durch das durch Mattglas fallende elektrische Licht noch veredelt.

Die Damen der Gesellschaft hatten sich zahlreich eingefunden, und als sich das Publikum im neugeschaffenen großen Saale versammelte, um die künstlerischen Darbietungen zu genießen, konnte man so manche Dame bemerken, die in derselben Toilette, die sie auf dem von ihr in der jetzigen Ausstellung exponierten Bilde trägt, erschien.

Die Künstlergenossenschaft bot diesmal eine Neuerung, die schon lange die Sehnsucht des Komitees war: eine eigene Bühne, geräumig und hoch, die auch größeren theatralischen Aufführungen kein Hindernis in den Weg legen wird.”

Zu Beginn der Wintersaison 1913-1914 dachte man an die Veranstaltung eines Gschnasfestes im kommenden Fasching und man einigte sich auf dem Motto “Viglione”, einem italienischen Karneval. Doch noch bevor man überhaupt mit den ersten Vorbereitungen beginnen konnte, ließ man von dem Plan wieder ab; das Interesse der Mitglieder war gering, nur wenige wollten ihre Zeit und Kraft der Genossenschaft widmen.

Einige Wochen nach Kriegsausbruch wurde im Parterre des Künstlerhauses der “Vereins-Rekonvaleszentenheim des Roten Kreuzes” errichtet – die ersten Verwundeten kamen am 23. September 1914 – , wodurch nicht nur Ausstellungen, sondern auch der gesellige Verkehr bedeutend eingeschränkt wurde.

Der Zeit entsprechend wurde man besinnlich, veranstaltete heilige Messen und kleinere Unterhaltungen für die verwundeten Soldaten. Diese Veranstaltungen begannen meist am Dienstag, Donnerstag oder Samstag um 16.00 Uhr nachmittags, es gab nur wenige Abendunterhaltungen. Die Messen feierte man meist in der Früh. Alle Beteiligten – Opernsänger, Burgtheaterschauspieler, aber auch Amateure aus den Mitgliederreihen – wirkten gratis mit; zum Dank bekamen sie öfters kleinere Kunstwerke. Zu Jahresbeginn 1915 meldeten sich so viel Darbietende, dass Konzerte mit literarischen Vorträgen fast jeden Tag wechselten. Erst mit der fortschreitenden schönen Witterung nahmen diese Veranstaltungen ab, einige bereits angekündigte Konzerte wurden abgesagt. Die Rekonvaleszenten verbrachten nun die meiste Zeit in den sonnigen Gartenanlagen vor dem Künstlerhaus.

Zu Messen und sonstigen würdigen Feiern erschien oft ein Vertreter des öffentlichen Lebens und des Hofes; vor allem Erzherzogin Isabella mit ihren Töchtern wurde zum Stammgast. Einmal kam auch Fürstin Elisabeth Windisch-Graetz, die Tochter des Kronprinzen Rudolf, später bekannt als die sozialdemokratische “Rote Erzherzogin”, ins Künstlerhaus. Am 2. Oktober 1915 erschien unangemeldet auch Erzherzog Karl Franz Josef, der spätere Kaiser, im Lazarett. Sein Besuch war spontan und die Soldaten brachen in begeisterte Hochrufe aus.

Mit der Kriegsdauer nahm jedoch die Kriegsmüdigkeit zu, die patriotische Begeisterung und der Idealismus ließen nach, die Veranstaltungen Privater wurden seltener. Dafür wurden Konzerte der Militärkapellen (Harmonien) der Infanterieregimenter Nr. 64 und 76 zahlreicher. Ein für den 22. November 1916 angekündigtes Militärkonzert wurde wegen Ablebens des Kaisers abgesagt.

Doch auch die Militärmusiker wurden dann zur Mangelware: das k.u.k. Militärkommando in Wien lehnte am 3. März 1917 das Ansuchen der Genossenschaft um ein Konzert ab. Erst am 19. September 1917 kam es im Künstlerhaus wieder zu einem Militärkonzert. Aus dem Jahr 1918 sind nur sehr wenige Unterhaltungen bekannt.

Diese Situation änderte sich nach Kriegsende kaum. Durch den Zerfall der Monarchie wurde vielen Wienern ihre wirtschaftliche Basis entzogen, was eine allgemeine weitgehende Verarmung zur Folge hatte. In der Hauptversammlung am 25. November 1919 sprach man schon davon, dass die Genossenschaft durch die Ungunst der Zeit den Kontakt mit dem Publikum verloren hatte.

Über größere gesellschaftliche Veranstaltungen im Künstlerhaus wird wieder erst 1921 berichtet. Bis dahin traf man sich nur in mehr oder weniger inoffiziellen Gruppen, zum Kartenspiel oder in der Kneipe zum Scheibenschießen. Die durch das Ausbleiben tschechischer Lieferungen entstandene allgemeine Kohlenot machte das Heizen großer Säle unmöglich. Doch dann, nach dem Abklingen der revolutionären Wirren und einer langsamen Umstellung der Wirtschaft fand man wieder zueinander, ja die Zwanziger Jahre sollten der Genossenschaft noch manchen gesellschaftlichen Glanzpunkt bringen.

Für den 19. März 1921 plante man die Veranstaltung eines Gschnasfestes, des ersten nach vielen Jahren. Zum ersten Mal in der Geschichte des Hauses dachte man dabei an eine gemeinsame Veranstaltung der Genossenschaft mit der Secession und dem Hagenbund. Die einstigen Spannungen waren längst abgeklungen, die einstigen Hitzköpfe waren verstorben oder gereift; ja im Gegenteil, man suchte gerade nach Gemeinsamkeiten, um vereint anderen Radikalen die Stirn bieten zu können und um zusammen die Nachkriegsnot zu meistern. Doch die Veranstaltung war risikoreich und vor allem arbeitsintensiv; das Fest wurde nicht durchgeführt.

Trotzdem: die Idee war da und das Kuratorium des Österreichischen Meisterpreises für die bildende Kunst von 1911 bemächtigte sich ihr. 1921 waren es 60 Jahre seit der Gründung der Genossenschaft, auch das musste man, wenn auch bescheiden, irgendwie feiern. Man einigte sich an der Veranstaltung eines Tanzabends im würzigen Tannen- und Fichtengrün, unter Palmen und Papierblumen. Das Fest fand im Juni statt, wo man nicht mehr heizen musste.

Den großen Zentralsaal im Parterre hatten Mitglieder der Genossenschaft Emil Hoppe und Otto Schönthal aus prächtigen Palmen der ehemaligen Hofgärten in einen wahren Palmenhain mit glitzerndem Sternenhimmel (durch blaue Verdunkelung des Glasdaches) verwandelt.

In einem der Säle links trat man in das von einer Buddhastatue des Bildhauers Otto Hofner beherrschtes Märchenreich ein; an den dortigen Dekorationen arbeiteten Otto Herschel und Heinrich Scholz mit.

Den anschließenden Hagenbund-Saal gestaltete Architekt Hans Hloucal durch Nadelholzgrün zu vielen Nischen, in denen Franz Barwigs und Karl Stemolaks Skulpturen standen. Der Maler Karl Huck gestaltete eine Bauernschenke und der Maler Ferdinand Michl war Autor eines in allen Spektralfarben schimmernden zeltartigen Transparents.

Rechts vom Zentralsaal hatte Erhard Amadeus-Dier einen aus Tannenreisig konstruierten Irrgarten á la Versailles geschaffen, dessen dämmerige, lauschige Gänge und Plätzchen besonderen Anklang fanden. Durch ihn gelangte man in den von Franz Wacik dekorierten Saal der Secession, der merkwürdigerweise an einen Biedermeiergarten erinnerte, geschmückt mit Lauben, Silhouettenmalereien und Plastiken.

In einem Nebenraum hatte Alfred Gerstenbrand einen Altwiener Biergarten installiert. Den ersten Stock, wo sich die Speisesäle befanden, dekorierten Alexander Rothaug und Hans Müller.

Waren bisher alle Feste der Genossenschaft eher geschlossene, interne Veranstaltungen, zugänglich nur persönlich bekannten Gästen, so entsprach es nun der Zeit, dass sich auch das Künstlerhaus dem allgemeinen Publikum öffnete. So konnten auch Personen zum Fest kommen, die man persönlich nicht kannte, die keine einführenden Bürger besaßen und die man auch sonst im Künstlerhaus nie sah. Ja noch mehr: zum ersten Mal in der Hausgeschichte wurde um diese Besucher sogar durch ein Plakat geworben.

Bisher gab es nur Textplakate für die anschließenden Besichtigungen der Festräume, nur an diesen Tagen konnte bis jetzt das breitere Publikum die Dekorationen bestaunen. Die Öffnung des Künstlerhauses war bereits durch die Einladung an die Secession und den Hagenbund vorprogrammiert; eine Garantie ihrer Gäste konnte die Genossenschaft ohnehin nicht verlangen. Den Plakatwettbewerb gewann Franz Wacik: sein Plakat zeigte einen aus einer Rose emporsteigenden Frauenakt.

Franz Wacik gestaltete auch eine aufwendige Damenspende: ein Büchlein mit 30 Künstlerdrucken, hergestellt von der Gesellschaft für graphische Industrie in Wien VI. (keine Tanzordnung).

Diese “offene” Veranstaltung blieb für längere Zeit aber die einzige; die kommenden Unterhaltungsabende waren wieder nur den persönlich eingeführten Gästen vorbehalten. 1922 wurden mehrere Damenabende mit Tanz veranstaltet – “so, wie sie früher üblich waren”. Finanziell hatte man mit ihnen nicht viel Glück, alle wurden defizitär. Bedeutenden Anteil an diesem Defizit hatte die neue Lustbarkeitssteuer der Gemeinde Wien in der Höhe von 40 % der Bruttoeinnahmen. Die Genossenschaft suchte beim Magistrat natürlich um Nachsicht, doch wie Stadtrat Josef Breitner antwortete, war für die Genossenschaft nur eine Ermäßigung auf 25 % möglich.50 Den erhaltenen Kassabelegen zufolge, musste man später Dank der persönlichen Intervention von Karl Maria Schuster doch viel weniger zahlen, als vorerst befürchtet. Trotzdem waren die neuen Steuern eine bisher unbekannte Last, mit der man von nun an rechnen musste. 1927 wurden von den Gesamteinnahmen von 60 971 Schilling 5800.- als Abgabe bezahlt, d. h. also etwa zehn Prozent.

Neu war auch die ab 1922 praktizierte Vermietung der Künstlerhausräume für fremde Veranstaltungen, Kabarettaufführungen, Kostüm- und sonstigen Unterhaltungsabenden.

Das erste Gschnasfest nach dem Krieg wurde 1924 veranstaltet: die “Walpurgisnacht” nach einer Idee von Eduard Stella. Durch die lange Pause von mehr als zehn Jahren waren diesmal wieder viele Künstler mit Eifer dabei.

Den großen Plastikersaal gestaltete Eduard Stella: kubistisch streckten sich die grotesken Felsformationen, von phantastischen Ungeheuern belebt. In einer Ecke blühte ein Scheiterhaufen, auf dem sich die entzückendsten Hexen verbrennen ließen. In der Saalmitte entstieg einem rotglühenden Kessel, aus dem die Flammen nur so loderten, der Satan Trismegisto. Niedergelassen hatten sich hier die Gruppen der Irrwische unter Eduard Stella, die Collotgespenster unter Egge Sturm-Skrla und Franz Wacik, die Inquisitionsgruppe mit Robert Schiff, die Gruppe der Siedler am Brocken – akademischer Architektenverein der Technischen Hochschule unter Siegfried Theiss, Bacchantinnen unter Maler Rudolf Kriser sowie die Hexen mit Höllenmusik unter Albert Janesch.

Ein Saal51 gehörte traditionsgemäß der Künstlervereinigung Alte Welt. Der Maler Franz Rückauf, der Bildhauer Carl Philipp und der Architekt Erich Gschöpf schufen hier ein Brockenwirtshaus, in dem als Patron aller Trinkfesten der Baurat Carl Seidl in einer plastischen Karikatur dargestellt war.

Den folgenden Saal dekorierte der Maler Karl Ludwig Prinz in der Art der klassischen Walpurgisnacht: ein griechischer Hain mit Tempel von Delphi und Meeresblick. Auf Säulen befanden sich zehn Hermen die Ausschussmitglieder darstellend, ausgeführt von Anton Endstorfer, Josef Heu, Otto Hofner, Ferdinand Opitz und Heinrich K. Scholz. Hier war die Gruppe der Circé mit ihrem Führer Hans Müller sesshaft.

Der Tanzsaal (Französischer Saal?) war der modernen Walpurgisnacht – ein lichtfarbiges Zelt in der Nachtlandschaft – vorbehalten, dessen Autor Eduard Stella war.

Bertold Löffler schuf mit Kunstgewerbeschülern einen Theatersaal aus dem Sommernachtstraum, allerdings auch wieder in moderner, kubistischer Auffassung. Als Gruppen gab es hier Marsmenschen unter Bertold Löffler und eine Theatergruppe unter Franz Kaulfersch.

Ein Saal war der Hexenküche am Dreimarkschein mit Höllenapotheke und Drachenblutausschank mit Hexenmusik und Tanz gewidmet. Autoren waren Fritz Zerritsch, Vincenz Gorgon, Oskar Thiede, Anton Endstorfer und der Architekt Glaser52.

Der Saal “verhexter Wald” stammte von Franz Kaym, Robert Kloss und Eduard Gaertner. Die hier sesshaften Gruppen waren als Waldgestalten kostümiert.

Der Saal “der roten Mühle” war einem bis zum Plafond wachsenden technischen Bau geweiht, einem Durcheinander von Rädern, Seilen und Unverständlichem, ausgeführt von Alfred Kunz und Max Frey; die Kunstakademiker der Andri-Werkstätte bauten hier eine Höllenrutschbahn auf. Die rote Mühle war Sitz der Schützengilde unter Karl Friedrich Gsur.

Ein verhexter Heuriger stammte von den Architekten (Erwin?) Bobrowsky und M. Otto Kuntschik; bevölkert wurde er durch die Gruppe der Wiener Bauhütte.

Die in dem Fest integrierte Kneipe und die Stiege schmückte Rudolf Konopa mit Schattenbildern der Mitglieder. Das ganze Fest war kubistisch und voll aktueller Anspielungen und Karikaturen, so etwa der Siedlerbewegung. Von einer Publikumsbesichtigung der Festräume wurde abgesehen.

Eine interessante Dienstleistung an die Festbesucher war die Bestellung von Straßenbahngarnituren zum Ende der Feste “Walpurgisnacht” und des “Schützenkränzchens”. Ein Triebwagen allein kostete 340 000 K, ein Wagenzug 570 000 K. Nach dem Beschluss vom 19. Februar wurden fünf Züge gemietet, welche die Fahrgäste nach Hietzing, Lainz, Dornbach, Währing und Landstraße brachten. Für das Schützenkränzchen bestellte man zwei Züge. Die Straßenbahnen wurden allerdings nicht in dem erwarteten Ausmaß angenommen: die fünf Gschnasfestzüge benützten etwa hundert Fahrgäste, die zwei Züge des Schützenkränzchens nur 60. Der große Nachteil lag im Warten auf die vorbestimmte Abfahrtszeit, im plötzlichen gemeinsamen Aufbruch und in der Erstürmung der Garderobe. Vor den Festen hielten durch ein Entgegenkommen der Wiener Verkehrsbetriebe auch die normalen Straßenbahnzüge zwischen 20.00 und 22.00 Uhr an einer alten, sonst nicht mehr frequentierten Haltestelle direkt vor dem Künstlerhaus an.

Die Souterrainräume wurden zu dieser Zeit häufig an Fremde vermietet und zusammen mit der Kneipe oft auch die Kegelbahn. Genaue Aufzeichnungen darüber haben sich nur fragmentarisch erhalten aber dennoch lässt sich aus ihnen der gewaltige gesellige Verkehr im Künstlerhaus deutlich erkennen. Es verging kaum ein Tag, an dem es keine separate Veranstaltung gegeben hätte. Regelmäßig trafen sich im Souterrain die Schützengilde, wie auch die anderen Tochtergesellschaften der großen Genossenschaft. Freigebliebene Wochentage wurden zu Veranstaltungen des Eisenbahner-Gesang-Vereins, des Technischen Personals der Neuen Freien Presse “D’Fichtenbrüder”, des Schubertbundes, der Sängerschaft Ghibellinen, der Wiener Liedertafel, der Hagengesellschaft u. a. vermietet. Die Säle wurden wieder ordentlich geheizt; die Zwanziger Jahre brachten eine Welle der im Künstlerhaus vor breitem Publikum vorher noch nie gezeigten Erotik.

Das Gschnasfest des Jahres 1925 stand nach dem Vorschlag von Bertold Löffler unter dem Motto “Die vier Elemente”, also Feuer, Wasser, Erde, Luft.

Der Plastikersaal wurde von Eduard Stella ähnlich dem Vorjahrsfest dem Fegefeuer gewidmet. In der Saalmitte stand ein Festgötze mit vier Gesichtern, am Podium tanzten Mitglieder des Staatsopernbaletts. Demgegenüber waren mehrere Säle dem Element Wasser gewidmet:

Im Belgischen Saal errichteten Oskar Thiede, Vinzenz Gorgon und Architekt Glaser eine Pfahlbausiedlung.

Der Deutsche Saal wurde von Hans Strohofer, Karl F. Gsur, Franz Windhager und Carl Fahringer in das Gänsehäufel verwandelt. Da konnte man auch luftbaden.

Den linken Mittelsaal gestalteten Erich Schütz und Karl L. Hollitzer zu einer Südseeinsel mit Piratenschiff.

Im Spanischen Saal schufen Mitglieder der Alten Welt eine kubistische Dekoration als Reich der Kristalle. Die über das Fest “berichtenden” Journalisten wunderten sich dabei, dass gerade Mitglieder der “Alten Welt” modern schaffen können – die Tatsache, dass der Clubname von der Gasthausbezeichnung stammte, wo sich seine Mitglieder ursprünglich trafen und nicht von irgendeiner Stilrichtung, war bereits vergessen.

Das linke Oktogon okkupierte die Akademische Architektenvereinigung unter Siegfried Theiss; sie baute hier einen Landeplatz der Zeppelinluftschiffe, Linie E2.

Der Erde gewidmet war die Eisgrotte der Kunstakademiker mit Höllentieren unter Ernst Payer im Müllerzimmer.

Das Makartzimmer und das rechte Oktogon besiedelte die Architektenvereinigung Wiener Bauhütte unter Architekt Bobrowsky, die hier Feuerwasseranbeter aus “Windien” präsentierte. Eine Gangeslandschaft entpuppte sich beim längeren Hinsehen als die Donau bei Klosterneuburg.

Der rechte Mittelsaal beinhaltete ein von Eduard Stella und Karl F. Gsur geschaffenes Tiefseeaquarium mit düsterem, grünlichen Licht.

Im Französischen Saal gab es die Kunstgewerbeschüler unter Reinhold Klaus, die hier zusammen mit Bertold Löffler die Erde mit ihren Kontinenten zeigten. Eine Rutschbahn in der Form eines Regenbogens verband Europa mit Amerika, das durch Wolkenkratzer charakterisiert wurde. Europa war eine Grinzinger Heurigenschenke mit dem Riesenrad und altem Steffel als Hintergrund.

Die Gruppen entsprachen wieder dem vorgegeben Motto: es gab Korallen unter Hans Ranzoni, Poseidon mit Gefolge unter Albert Janesch, Quallen unter Eduard Stella, Zeppelinflieger unter Siegfried Theiss usw. Richard Teschner führte eine Gruppe Marionettenfiguren an.

Zum großen Erfolg wurde wieder die Rutschbahn, eine Karte kostete 5000 Inflationskronen. Die Kunstgewerbeschüler, die sie aufgestellt hatten, bekamen Freifahrt. Neben mehreren Kapellen, einem Quartett und Klavierspielern in den Speisesälen gab es um Mitternacht auch eine Aufführung der Pantomime “Der feurige Tanzautomat und seine drei Flammen” der Stegreif-Direktion des Medizinalrates Dr. Hugo Schwerdtner, dem Bruder des Bildhauers und Medailleurs Carl Maria Schwerdtner.

Bei den Veranstaltungen des Jahres 1926 kam es zu mancher Neuerung. Am 23. Jänner 1926 fand als zweiter Faschingsabend die Theatervorstellung “Das verlorene Paradies oder Nachtnebels Himmelfahrt und der Weg nach Da-Da” statt. Dada war in diesem Fall ein moderner Maler, Nachtnebel ein anderer Maler, der vor Erschöpfung vor dem Künstlerhaus zusammenbrach und dann im Traum allerhand Abenteuer erlebte. Wie der Konferencier Baurat Siegfried Theiss verriet, war man sich bis zum Augenblick der Aufführung nicht einig, ob die Revue moderne oder konservative Malerei verherrlichen sollte, und so hatte man sich zu einem entsprechenden Gemisch entschlossen. Ein Gemisch, das zu endlosem Lachen provozierte.

Das große Fest wurde als Redoute veranstaltet, zu der die Damen im Kostüm, die Herren aber in Abendtoilette kommen konnten. Dafür bestand Maskenzwang; kam jemand ohne Maske an, musste/konnte er sie im Foyer erwerben.

Da es bei den bisherigen Festen immer zu großem Andrang bei der Garderobe gekommen war, wurde der Eintritt in das Künstlerhaus diesmal geteilt: je nach Karte konnte man das Haus von den Gartenanlagen links über den Deutschen oder von rechts über den Französischen Saal betreten. Die Garderoben gab es nach Planungen des Architekten Cesar Poppovits jeweils in einem Drittel beider Säle. Der bisher übliche Haupteingang vom Karlsplatz blieb diesmal verschlossen.

Zum ersten Mal wurde auch das erste Stockwerk in die Festräume einbezogen; im großen Mittelsaal gab es eine Tanzbar, in den Seitengalerien Cafés.

Das Foyer, Stiegenhaus und den Stiftersaal gestalteten Wilhelm Hejda und Josef Hofbauer zu einem orientalischen Bazar und einer Konditorei um. In den sonstigen Festsälen gab es diesmal besonders viele Logen, Lauben und stille Winkel mit Tischen, die bestellt und bezahlt werden mussten. Im Gegensatz zu den früheren Festen wurde nun zunehmend mit Krepp-Papier gearbeitet; seine bunten Farben und die elektrische Beleuchtung erzielten ungeahnte Effekte. Auch die sonstige Ausstattung wurde aus billigerem Material als früher gemacht; die Stimmung entstand erst durch eine effektvolle Beleuchtung aus dem Hintergrund.

Der Plastikersaal wurde von den Architekten Hugo Gorge und Adolf Jelletz in Gold und Rot nobel hergerichtet; das rosa Licht erzeugten extra dafür adaptierte Scheinwerfer. An der Stirnwand war eine Brücke installiert, über die vor der Demaskierung die Gruppen und sonstige Besucher zur allgemeinen Besichtigung zogen.

Beide Mittelsäle gestalteten Leo Dellitz, Hugo Gorge und Adolf Jelletz zu einem Restaurant; sowohl der Spanische, als auch der Belgische Saal wurden zu Raucherzimmern. Oberhalb der Logen befanden sich transparente, von hinten beleuchtete Stoffe mit diversen Gestalten und Gemälden aus der Unterwelt.

Der um die Garderobe verkleinerte Deutsche Saal wurde von Reinhold Klaus, den Kunstgewerbeschülern und dem Architekten Hans Jaksch zum bunten Tanzsaal gestaltet; die Gestalten aus Glanzpapier wurden auf schwarzem Hintergrund geklebt.

Den ebenfalls um die Garderobe verkleinerten Französischen Saal hatten die Kunstakademiker unter Bertold Löffler und Alfons Hetmanek zu Bildhauerateliers umgewandelt. Jede der Figuren hatte eine Doppelbedeutung und zeigte, wie sich die Künstler die einzelnen Wiener Zeitungen vorstellen.

Unter den Gruppen führte die Malerin Lilly Charlemont zusammen mit Egge Sturm-Skrla “Schnurr di bur, das Ungeziefer” an, Remigius Geyling die Zirkusgruppe, Architekt Paul Hoppe eine Sträflingsgruppe, Eduard Stella Klingers Zauberblumen, Erich Lamm Himmels Gelichter, Erich Schütz Mode 1950, Josef Floch die Schachfiguren, Jehudo Epstein eine Japanische Gruppe, Adolf Jelletz die Schottländer.

Im Herbst 1926 wurden im Rahmen der Weihnachtsschau jeden Dienstag und Donnerstag Fünfuhrtees veranstaltet: Tanztees, die aber nicht besonders gut besucht wurden und fast immer mit einem Defizit abschlossen. Etwas besser waren die Damenabende besucht, die der Mode und dem Tanz gewidmet waren.

1927 wurde im Künstlerhaus zum ersten Mal ein Kinderfest veranstaltet. Die Idee dazu entwickelte sich allmählich. Schon für die Saison 1926 dachte man an ein Gschnasfest mit Spielzeugen, doch die Idee setzte sich noch nicht durch. 1927 stand dafür das Haupt-Gschnasfest unter dem Motto “Redoute in der Spielzeugschachtel” – von da war es zu einem Kinderfest nicht mehr weit.

Das Kinderfest fand in den normalen Gschnasdekorationen an einem Nachmittag statt. Es gab ein für die Kinder zugeschnittenes Programm: Prof. Cizeks Marionettentheater; ein Kasperltheater; Märchenfiguren aus “Peterchens Mondfahrt”, Kinderlieder, vorgetragen durch Frau Blanka Glossy vom Burgtheater; Clowns, Zauberkünstler, Bauchredner, Dudelsackpfeifer als moderne Rattenfänger und Schaukelpferde. Den kleinen Tanzbeflissenen spielte die Kapelle Ganglberger Walzer und Blues.

Es handelte sich um ein Kostümfest; die Kostüme wurden durch eine Jury bewertet und prämiiert. Die Sieger wurden von Künstlerhausmitgliedern porträtiert; Anton Endstorfer machte Keramikköpfe.

Die erwachsenen Begleiter konnten sich im Casino aufhalten, wo das Künstlerduo Berger für die Stimmung sorgte. Mit Ausnahme des Casinos bestand natürlich in allen anderen Festräumen Rauch- und Alkoholverbot. Im Komitee waren zahlreiche Frauen vertreten, meist Gattinnen der Mitglieder. Trotz aller Anstrengungen endete das Fest mit einem kleinen Defizit, verursacht vor allem durch die vielen Honorare der Darsteller. Im folgenden Jahr 1928 schloss das Kinderfest mit einem Plus ab.

Die Raumeinteilung des großen Gschnasfestes war anders, als 1926. Diesmal gab es nur eine einzige zentrale Garderobe im Französischen Saal, dekoriert durch Wilhelm Baumgarten und Josef Hofbauer. Die Eingänge waren an der Bösendorferstraße und über den Garten vom Karlsplatz.

Der gegenüberliegende Deutsche Saal, “Das Farbenkastl”, diente zur Gänze dem Tanz; dekoriert wurde er durch Reinhold Klaus und Adolf Jelletz.

Das Vestibül “Gulliver unter den Liliputanern” entstand aus Arbeiten der Clemens Holzmeister Schule;

den Plastikersaal “Die Spielzeugschachtel” arrangierten Reinhold Klaus und Adolf Jelletz;

den rechten Mittelsaal dekorierten Siegfried Theiss, Hans Jaksch, Josef Fr. Riedl, Fritz Zerritsch und Vinzenz Gorgon;

den Belgischen Saal “Knusperhäuschen” Josef Hofbauer, Ludwig Baumgarten und Erwin Puchinger;

den linken Mittelsaal “Huckebein der Unglücksrabe” Erhard Amadeus-Dier und Josef Fr. Riedl;

den Spanischen Saal “Kagraner Indianer Siedlung” Bertold Löffler,

den ersten Stock “Heuriger” die Schule Clemens Holzmeister.

Hilfsdienste leisteten die Schüler und Schülerinnen der Kunstgewerbeschule, der Graphischen und der Akademie sowie Franz Windhager, Dr. Stefan Eggeler, Anton Endstorfer, Josef Heu und Ferdinand Opitz.

Die Gruppen bestanden dem Thema entsprechend aus Spielzeugen und Spielen: da gab es die heiteren Zinnsoldaten unter Otto Herschel, Pupperln und Schlieferln unter Hugo Gorge, das Puppenhaus mit Hans Ranzoni, der Puppenladen mit Karl Ludwig Prinz, das Bilderbuch mit Leo Delitz, der Federball mit Erich Probst, die Blinde Kuh mit Cesar Poppovits, die Holzsoldaten mit Ferdinand Opitz und Ping-Pong mit Friedrich Schön.

Das Fest 1928 fand unter dem Motto “Die Sintflut und Arche Noah” statt. Klagte man noch vor einigen Jahren über Besucherschwund, waren die Verhältnisse nun völlig anders. Es gab so viel Interessenten für Karten, dass sie sogar im Schleichhandel verkauft wurden, was bereits im Jahr 1927 bekannt wurde. Diesmal aber entschloss man sich eine schwarze Liste der Verkäufer anzulegen und sie künftig vom Fest auszuschließen. Wie üblich wurden die Karten nur an Mitglieder und Freunde des Hauses verkauft, die sie jedoch mit entsprechendem Preiszuschlag weitergaben. Um diesem Verlust in Zukunft zu begegnen, wurden von nun an Namenslisten aller Festteilnehmer angelegt.

Eine weitere unangenehme Sache, die in diesem Jahr eskalierte, war das Verhalten der Kellner des Restaurantpächters. Ungerechtfertigte Zuschläge wurden schon in der Vergangenheit öfters geduldet; doch diesmal kam es nach Mitternacht zu wahren Horrorverrechnungen: alle Preislisten verschwanden, eine Kontrolle durch die Gäste selbst wurde unmöglich.

Die Saaleinteilung 1928 war wie im Vorjahr: die Garderobe befand sich im ganzen Französischen Saal, dekoriert als “Kleiderablage der Menagerie” durch Schüler der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt unter Erwin Puchinger sowie Wilhelm Baumgarten. Die sonstigen Säle wurden unter der Gesamtleitung von Franz Kaym und Wilhelm Baumgarten dekoriert:

Rechter Mittelsaal “Im Weingarten des Herrn Noah”: Erich O. Gschöpf, Josef Jungwirth und dessen Schüler.

Belgischer Saal “Im Bauch des Walfisches, der den Jonas verschluckt hat”: Erwin Puchinger, Josef Heu, Leo Frank und Schüler der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt.

Plastikersaal “Die Arche Noah”: Reinhold Klaus mit Schülern der Kunstgewerbeschule.

Stiftersaal “Der Zeppelinosaurus in attonaler Farbensauce”: Dr. Stefan Eggeler, Schüler der Kunstgewerbeschule.

Linker Mittelsaal “Auf der Arche Noah”: Emil Hoppe, Rudolf Konopa, Carl Fahringer, Hans Müller.

Spanischer Saal “Noahs Kajüte mit dem historischen Eckfenster”: Bertold Löffler mit seinen Schülern.

Deutscher Saal “Sodom unter Wasser”: Reinhold Klaus mit Schülern.

Makartzimmer “Schmetterlings- und Käferabteilung”: Ferdinand Opitz.

Rechtes Oktogon “Schlangenkäfig”: Anton Endstorfer.

Müllerzimmer “Affenkäfig”: Oskar Thiede, Eduard Stella, Bernhard Zdichinec.

Linkes Oktogon “Noahs Werbebureau”: Walter Hofmann.

Casino “Die Schmetterlinge”: Anton Endstorfer.

Stiege “Die Sintflut und der babylonische Turm”: Josef Jungwirth und Schüler der Akademie.

Die Räume im ersten Stock wurden zum ersten Mal durchgehend volldekoriert; die Oberaufsicht hatten Siegfried Theiss und Hans Jaksch.

Der große Mittelsaal “Fata Morgana”: Franz Windhager, Fritz Zerritsch, Vinzenz Gorgon und Josef F. Riedl.

Linker rückwärtiger Pavillon “51 003 m unter dem Meeresspiegel”: Franz Windhager, Fritz Zerritsch, Vinzenz Gorgon und Josef Fr. Riedl.

Linke Galerie “Ziegts`a, die Sintflut kummt!”: Franz Windhager, Fritz Zerritsch und Josef Fr. Riedl.

Linker vorderer Pavillon “Frau Noahs Schoßtiere”: Fritz Zerritsch und Josef Fr. Riedl.

Präsidentensaal (heute Ranftlzimmer bzw. Salon): Tanzsaal, Dekorationen Siegfried Theiss.

Rechter vorderer Pavillon “Im süßen Löchel”: Franz Windhager und Vinzenz Gorgon.

Rechte Galerie “Wien fällt z`samm! Der Traum eines Wiener Architekten” : Siegfried Theiss und Schüler der Technischen Hochschule.

Rechter hinterer Pavillon “Künstlerkäfig der Arche”, Karikaturen von Siegfried Theiss.

Die Gruppen führten wie immer zahlreiche Prominente an. Diesmal gab es Noahs Edelsteine unter Anselm Zinsler, Ein blauer Vogel auf der Arche Noah unter Siegfried Theiss, Frösche unter Rudolf Böttger, Sintflutsittenpolizei mit Erich Miller-Hauenfels, Bienenschwarm mit Josef Straka, Pflanzen (Fritz Rojka), Noahs Weinstöcke (Anton Kaiser), Noahs Verkehrspolizei (Erich Lamm), Regatta Club Arche (Hans Stalzer), Die Vorsintflutlichen (Oskar Thiede), Assyrische Seeräuber (Ernst Payer), Blumen und Schmetterlinge (Erich Probst), Goldkäfer (Dr. Stefan Eggeler), Bananagruppe (Josef Heu), Noah Jazz (Karl Witzmann) u.a.

Über das bei diesem Fest entstandene Gedränge vor dem Haupteingang berichteten viele Zeitungen übereinstimmend. Neben Gästen gab es auch viele Straßenzuschauer, die nur die Zufahrt zum Künstlerhaus anschauen gingen. Sie standen draußen Spalier und sahen eine regelrechte Invasion von Automobilen. “Hunderte von Automobilen, hupenkreischend, die Motoren knurrend und brummend, mit Fehlexplosionen knatternd, umkreisten unter wütendem Schimpfen der Chaufeure das Künstlerhaus. Und wenn die Ballbesucher schon heil aus dem Wagen waren, dann begann ein Anstellen und Kämpfen um den Eingang und dann um einen Platz bei der Garderobe.”53

Beim Schützenkränzchen wurden durch 19 Juroren die schönsten Kostüme prämiiert, als Preise gab es Kunstwerke nach eigener Wahl. Siegerin wurde Frau Liesl Müller-Guttenbrunn, die als Linzerin erschienen war; zum Preis wählte sie ein Blumengemälde von Rudolf Konopa. Den zweiten Preis gewann Frau Ertel als Siebenbürgisch-sächsische Bäuerin; sie suchte sich das Gemälde “Hühnerhof” von Carl Fahringer aus. Insgesamt gab es zwölf Preise: prämiiert wurden weiter die Kostüme Kroatische Bäuerin, Wilderer, Wachauerin, Phantasie, Südtirolerin, Egerländerin, Bäuerin, Gmundnerin, Unterfranken, Bacska.

Am Rande des 10. Deutschen Sängerbund-Festes in Wien 1928 wurde ein historisches Ereignis nach vielen Jahren wiederholt: die Künstler-Maifahrt auf den Kahlenberg. Veranstalter waren die “Selbsthilfe der Wiener Künstler”, Albrecht Dürer Bund und der Künstlerverband österreichischer Bildhauer.

Beginn war um 14.30 Uhr des 21. Juli 1928 im Krapfenwaldl, wo sich die Teilnehmer in historischen Kostümen versammelt hatten. Gemeinsam zog man dann auf den Festplatz vor dem Kahlenberger Hotel, wo nach 15.00 Uhr die feierliche Enthüllung des durch den Albrecht Dürer Bund renovierten Gedenksteines der alten Künstler- Maifeste stattfand. Anschließend kam es zu einer Andeutung der historischen Feste, wie sie alljährlich zwischen 1846 und 1871 veranstaltet wurden: in bunter Folge konnte man sich an altdeutschen Spielen beteiligen oder auch nur den Minnesängern, den Vorträgen des Flügelhornvirtuosen Prof. Sostaric sowie einer Bläservereinigung zusehen und zuhören. Abends gab es eine Festbeleuchtung der Mauer von Leopoldsberg. Nach dem Ende des Festes fuhren Sonderstraßenbahnen in alle Richtungen.

Im Künstlerhaus selbst gab es eine inoffizielle Zentrale des gesamten Deutschen Sängerbund-Festes: hier waren das Reisebüro und der Festzugsauschuss untergebracht, hier wurden Straßenbahn-Netzkarten verkauft. Das Fest, zu dem an die 200 000 Menschen kamen, spielte sich in allen Konzertsälen Wiens ab; am Sonntag, dem 22. Juli 1928 gab es einen Umzug vom Rathaus über den Ring zum Festplatz im Prater.

Die Gschnasredoute 1929 fand nach einer Idee von Reinhold Klaus unter dem Motto “Im Märchenwald” statt; eindeutig eine geistige Fortsetzung der Kinderfeste vergangener Jahre. Die Gesamtleitung hatten Otto Prutscher und Franz Matuschek. An der Ausstattung einzelner Räume waren folgende Künstler beteiligt:

Französischer Saal – Hauptgarderobe: Erwin Puchinger und seine Schüler. Die Mitglieder der Genossenschaft konnten den Haushaupteingang vom Karlsplatz wieder benützen; Teilnehmer, Gäste und Journalisten mussten durch einen der Eingänge des Französischen Saals.

Rechter Mittelsaal “Wirtshaus am Spessart”: Erich O. Gschöpf, Anton H. Karlinsky, Hans Müller, Akademieschüler und Schülerinnen der Frauenakademie. Die Gruppe der Alten Welt hatte hier ihren Stützpunkt.

Belgischer Saal “Schneewittchens Schlafstube”: Bertold Löffler mit seinen Schülern.

Plastikersaal “Wiese aus der Ameisenperspektive”: Josef Fr. Riedl, Ferdinand Lorbeer, Vinzenz Gorgon, Siegfried Theiss, Hans Jaksch, Franz Windhager, Fritz Zerritsch, Schüler der Kunstgewerbeschule und der Technischen Hochschule.

Stiftersaal “Erlkönigs Töchter”: Bertold Löffler, Fritz Reichl mit Schülern der Kunstgewerbeschule.

Linker Mittelsaal “Das Märchenland”: Rudolf Konopa, Hans Müller und der Bildhauer Max Schwedler mit Akademieschülern.

Spanischer Saal “Märchenmuseum”: Remigius Geyling, Alfred Kunz, Ferdinand Opitz und Heinrich K. Scholz.

Deutscher Saal “Märchen- und Farbenzauber”: Remigius Geyling, Reinhold Klaus und Schüler der Kunstgewerbeschule. Projektion von Dekorationen GKP (Geyling-Planer), die bei den Aufführungen der Staatstheater zur Anwendung kam.

Makartzimmer “Im Garten der Huris”: Josef Jungwirth, Ernst Müller, Akademieschüler.

Rechtes Oktogon “Gespensterschiff” nach einem Märchen von Wilhelm Hauff: Schüler der Meisterschule Prof. Dr. Peter Behrens mit Alexander Popp.

Müllerzimmer “Alladins Wundergrotte”: Adolf Marizza mit Akademieschülern.

Linkes Oktogon “Märchen vom Paradies”: Max Fellerer nach dem Entwurf des Meisterschülers Paul Wöhrle der Meisterschule von Clemens Holzmeister.

Casino: Erwin Puchinger und seine Schüler.

Stiegenhaus: Karl Maria May, Alfred Kunz, Rudolf Schmidt und Otto Prutscher.

Mittelsaal im ersten Stock “Venusberg”: Dr. Stefan Eggeler und Schüler der Kunstgewerbeschule.

Linker rückwärtiger Pavillon “Hexenküche”: Stefan Eggeler und Schüler der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt.

Linke Galerie “Walpurgisnacht”: Stefan Eggeler und Schüler der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt.

Linker vorderer Pavillon “Mäusefalle”: Stefan Eggeler, Schülerinnen der Frauenakademie.

Präsidentensaal (Rantflzimmer / Salon) “Schneekönigin” aus dem Märchen von J. Ch. Andersen: Erwin Puchinger mit Schülern, Vinzenz Gorgon, Leo Frank, Bernhard Zdichinec und Josef Heu.

Rechter vorderer Pavillon “Tausend und eine Nacht”: Alfred Kunz, Schülerinnen der Frauenakademie, Schüler der Kunstgewerbeschule, der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt.

Rechte Galerie “Märchenwiese”: Alfred Kunz, Schülerinnen der Frauenakademie, Schüler der Kunstgewerbeschule und der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt.

Rechter hinterer Pavillon “Der Garten der Menschenfresser”: Stefan Eggeler mit Schülerinnen der Frauenakademie.

Wie man aus dieser Übersicht sieht, wurden in den zwanziger Jahren neben Akademiestudenten verstärkt auch Schüler anderer Kunstschulen und Anstalten zum Dekorieren herangezogen. Dafür sank der Anteil professioneller Handwerker, die man stets bezahlen musste; ja es gab überhaupt keine Dekorationsmaler alter Schule mehr.

Zum ersten Mal nach langer Zeit gab es keine offiziellen Gruppen bzw. keine Gruppenkarten. Man ersparte sich dadurch einen zusätzlichen Tarif, die Abrechnungen wurden einfacher und auch der Anreiz zum Betrug geringer. Freunde kamen natürlich auch weiterhin in ähnlich gekleideten bzw. aufeinander abgestimmten Gruppen, wie etwa unter Siegfried Theiss; nur sind sie aktenmäßig nicht mehr belegbar.

Interessanterweise hatte dafür die Schützengilde, die bisher keine Gruppenkarten ausgab, diesmal die Gruppenkarten eingeführt. Die Nachfrage blieb jedoch gering, nur 81 Besucher haben von ihnen in zwei Gruppen Gebrauch gemacht: “Erzherzog Johann” um Frau E. Wähner und “Zeppelin” des Aeroklubs.

Die Feste des Jahres 1930 fanden nach einer Idee von Bertold Löffler unter dem Motto “Traumland” statt, die Gesamtleitung hatten die Architekten Otto Prutscher und Franz Matuschek. Auch diesmal gab es geteilte Eingänge: die Mitglieder kamen durch den Haupteingang des alten Hauses, die Gäste vom Norden und Süden des Französischen Saales, dessen Türen einen Windfang erhielten.

Zum Aufbau der Dekorationen wurden diesmal wieder einige Professionalsten wie Tischler und Zimmerleute herangezogen, daneben gab es aber auch noch eine Menge von Schülern. Die Säle gestalteten:

Französischer Saal als Hauptgarderobe: Erwin Puchinger mit seinen Schülern der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt, weiter Sergius Hruby, Bernhard Zdichinec und Wilhelm Wodnansky.

Stiftersaal “Bilder des Tierkreises”: Erwin Puchinger, Wilhelm Wodnansky, Vinzenz Gorgon, Leo Frank, Rudolf Schmidt sowie Schüler der Graphischen.

Plastikersaal “Saal des Traumes und der Nacht / Geldtraum”: Siegfried Theiss, Hans Jaksch, Josef Fr. Riedl, Erwin Puchinger, Vinzenz Gorgon, Fritz Zerritsch sowie Absolventen der Architekturschule der Technischen Hochschule.

Rechter Mittelsaal “Träume aus Indien”: Carl Fahringer, Hans Müller, Max Schwedler, Ernst Müller und Martin Häusle.

Belgischer Saal “Traum-Wirtschaftsmuseum”: Bertold Löffler und Schüler der Kunstgewerbeschule.

Linker Mittelsaal “Die Angstträume des Architekten”: Alexander Popp, Meisterschule Peter Behrens und Freie Akademiker-Werkstätte.

Spanischer Saal “Die Psychoanalytiker auf der Fahrt ins Traumland”: Bertold Löffler und Schüler der Kunstgewerbeschule.

Deutscher Saal “Der Saal der bedeutenden Traumdeuter und Träumer”: Anton Kenner, Reinhold Klaus und Schüler der Kunstgewerbeschule.

Makartzimmer “Malerfilm”: Leopold Hauer und Akademieschüler.

Rechtes Oktogon “Flaschengeister”: Adolf Marizza und Akademieschüler.

Müllerzimmer “Traumgesindel”: Franz Batke und Akademieschüler.

Linkes Oktogon “Traumgesindel im Palmenhain”: Max Dorrer und Akademieschüler.

Casino “Wilde Träume”: Carl Witzmann und Hans Strohofer.

Stiege “Der verschnupfte Zeus”: Erwin Puchinger, Josef Heu, Ferdinand Opitz, Schüler der Bildhauerschule Josef Müllner, Wilhelm Wodnansky, Rudolf Böttger, Vinzenz Gorgon, Hans Frank, J. Franz Renner mit Schülern der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt.

Mittelsaal im ersten Stock “Wunschtraum”: Fritz Zerritsch, Franz Windhager und Schüler der Kunstgewerbeschule.

Linker rückwärtiger Pavillon “Eros, Hermaphrodit”: Stefan Eggeler, Kunstgewerbeschüler.

Linke Galerie “Das Leben mein Traum, der Traum mein Leben”: Eduard Stella.

Linker vorderer Pavillon “Ein Zimmer aus der Makartzeit”: Egge Sturm-Skrla und Anton Bachmayer.

Präsidentensaal (Rantflzimmer / Salon) “Opiumhöhle”: Stefan Eggeler und Kunstgewerbeschüler.

Rechter vorderer Pavillon “Spießbürger, wach auf!”: Egge Sturm-Skrla, Anton Bachmayer.

Rechte Galerie “Allotria!”: Hans Bichler mit der Architekturschule Clemens Holzmeister.

Rechter hinterer Pavillon “Sodom”: Stefan Eggeler und Wiener Frauenakademie.

Kneipe im Souterrain: Rudolf Konopa.

Die Festidee des Jahres 1931 stammte schon von 1929; im damals ausgeschriebenen Wettbewerb für die Festideen erhielt Franz Kaym mit dem Gedanken “Entfesselte Museumswände” den zweiten Platz. 1931 wurde das Motto verwirklicht; die Gschnasfeste der Republik befanden sich trotz der allgemein sehr schwierigen wirtschaftlichen Verhältnisse auf ihrem Höhepunkt, die Karten für das Künstlerhaus waren sehr begehrt. Mit den Referenzen wurde gegeizt und jeder Gast musste wieder durch ein Mitglied eingeführt werden. Die Unterschriften wurden peinlichst genau untersucht.

Obwohl es also kaum noch einer Werbung bedurft hätte, gab es 1931 zum ersten Mal auch englischsprachige Einladungen, hauptsächlich für Diplomaten und Gäste der Nobelhotels – doch auch die brauchten die Empfehlung von mindestens einem ordentlichen Mitglied. Beim Fest 1930 war unter anderem auch die japanische Mission anwesend.

Die Idee der entfesselten Museumswände ging auf den Einfall zurück, dass einmal im Jahr alle sonst toten Objekte und Kunstwerke lebendig werden und durcheinander geraten. Das Künstlerhaus sollte ein Museum in Parodie darstellen, von den Ägyptern bis zu Kokoschka, der erste Stock als Verulkung einer Tietze-Ausstellung. Diese Vorgabe gelang dann durchaus. Es gab weniger Raumkunst als vielmehr Detailarbeit. Parodien von Matisse, Picasso, Klee waren genauso vorhanden wie die von Rubens oder Rembrandt. Die Gesamtleitung hatten Franz Kaym und Fritz Reichl über.

Französischer Saal: Garderobe, dekoriert durch Sergius Hruby und Wilhelm Wodnansky.

Vorraum zum Stiftersaal “Primitive und Negerkunst”: Igo Pötsch.

Stiftersaal “Ägyptischer Saal”: Leopold Hauer, Hans Witt und Akademieschüler.

Plastikersaal “Prunksaal mit Gobelins und Plastiken”: Herbert Dimmel, Rudolf Holzinger, Leopold Schmid, Ferdinand Opitz, Wilhelm oder Hermann Ulrich, Paul Meissner und Akademiker.

Rechter Mittelsaal “Galerie schöner Frauen”: Erich Wagner und Bruno Lauterbach.

Belgischer Saal “Der Saal des Höllenbreughel”: Fritz Zerritsch und Anton Endstorfer.

Linker Mittelsaal “Die Jagd”: Carl Fahringer, Karl F. Gsur und Hans Müller für die Schützengilde; “Künstlerschenke von Harlem”: Carl Seidl, Josef Jungwirth, Carl Duxa, Erich Gschöpf, Anton Kaiser, Hans Larwin, Carl Philipp, Hans Witt und Franz Batke für die Alte Welt.

Spanischer Saal “Neues prähistorisches Museum”, neueste Funde aus der Willendorfer Werkstätte W.W., Freskenbilder der Höhlenwehr, Kultbild der Venus von Willendorf, Jägerkunst aus dem Donautal, Neandermenschen: Bertold Löffler und Schüler der Kunstgewerbeschule.

Deutscher Saal “Rubens am laufenden Band”: Franz Windhager, Hermann oder Wilhelm Ulrich.

Makartzimmer “Das Makartbukett”: Erich Wagner.

Müllerzimmer “Laokoongruppe und antike Funde”: Rudolf Schmidt und Kunstakademiker.

Linkes Oktogon “Ausgeräumter Museumssaal”: Paul Fischel und Heinz Siller.

Casino “Viennensia”: Reinhold Klaus.

Stiege “Theseus und Minotaurus”: Josef Heu.

Mittelsaal im ersten Stock mit anschließenden Pavillon “Moderne Galerie”: Vinzenz Gorgon, Alfred Buchta, Hans und Leo Frank, Ferdinand Lorber, Hans Strohofer, Carl Philipp.

Linke Galerie “Modemuseum”: Alfred Kunz, Hilde Gromes und Schüler der Kunstgewerbeschule.

Linker vorderer Pavillon “Museum von Reptilien und Kriechtieren”: Alfred Kunz, Hilde Gromes und Kunstgewerbeschule.

Präsidentensaal (Rantflzimmer / Salon) “Verkehrte Architektur”: Fritz Judtmann und Egon Riss.

Rechter vorderer Pavillon “Pornographisches Cabinett”: Stefan Eggeler.

Rechte Galerie “Röntgenuntersuchung von Gemälden”: Paul Fischel, Heinz Siller und Kunstgewerbeschule.

Im Winter 1931-1932 entschloss man sich in der Genossenschaft die Eintritte zu den Gschnasfesten im Hinblick auf die schwierige wirtschaftliche Lage der Mitglieder fast auf die Hälfte des Vorjahres zu senken. Damit folgten sie dem allgemeinen Trend, waren aber immer noch teurer, als jene der anderen Wiener Bälle. Der Ausschuss begründete dies mit dem hohen Dekorationsaufwand der Künstlerhausfeste.

1932 gruppierten sich alle Veranstaltungen um das Thema der “Reise zu Hause”. “Tragen Sie ihre Schillinge nicht in das Ausland! Reisen Sie zu Hause!” – das war die Leitidee des “Komitees zur Verhinderung des Fremdenverkehrs”. Die Gesamtleitung hatte Franz Kaym über, die Dekorationsarbeiten überwachte Adolf Jelletz.

Die Gschnasrevue, in den zwanziger Jahren eingeführt, hatte sich inzwischen zu einer besonderen Attraktion des Wiener Faschings entwickelt. Ihre Autoren und Komponisten stammten meist aus den Mitgliederreihen; die Revue sollte jedoch nicht das übliche Theater ersetzen, ihr Zauber der Improvisation war unwiederholbar. 1932 wurde auch die Generalprobe dem Publikum zugänglich gemacht; bei ihr herrschten keine strengen Kleidervorschriften und es gab keinen sonst nach der Aufführung anschließenden Tanz. Durch das Zugänglichmachen der Probe hat sich die Anzahl der immer noch sehr begehrten Karten verdoppelt.

Die Eintrittskarten wurden nach wie vor streng kontrolliert, die Absicht sich ins Künstlerhaus hineinzuschmuggeln, nahm zu. Die Konflikte häuften sich, die erwischten “Täter” reagierten oft beleidigt und beleidigend. 1932 gab es eine laute Kontroverse mit dem Musiker Robert Korngold. Korngold war im Künstlerhaus kein Unbekannter, er wollte schon vor Jahren mit seiner Kapelle an den Festen mitspielen – die seinerzeitige Absage dürfte ihn aber gegen die Genossenschaft feindlich gestimmt haben. Während andere Interessenten solche Absagen bei der vorhandenen Konkurrenz als etwas Natürliches ohne Groll hingenommen hatten, quittierte sie Korngold mit den Worten “für das Engagement im Künstlerhaus sei die konfessionelle Zugehörigkeit ausschlaggebend”.54 1932 versuchte er sich in das Künstlerhaus hineinzuschmuggeln indem er sich für ein Mitglied der Jazz-Kapelle Charly Gaudriot ausgab, allerdings nicht auf der Orchesternamensliste stand. Natürlich wurde er von den Billeteuren und dann vom herbeigerufenen Sekretär Theodor Pertusini nicht eingelassen, obwohl er sogar ein Instrument mitschleppte. Den zur Klärung des Sachverhalts gerufenen Charly Gaudriot wartete Korngold nicht ab und verließ das Haus. Trotzdem besaß er die Kühnheit, die Genossenschaft später durch seinen Rechtsanwalt Dr. Wilhelm Ullmann auf den angeblichen Verdienstentgang von 82 S zu klagen.

Zum Fest wurden diesmal wieder die ermäßigten Gruppenkarten eingeführt. Zahlenmäßig ermäßigte Karten wurden kollegialerweise auch für Mitglieder anderer Künstlervereinigungen aufgelegt: die Secession bekam 15 Karten, der Hagenbund 10 und die Kunstschau 5 Stück.

Die Hauptgarderobe befand sich wieder im Französischen Saal, der diesmal als “Matzleinsdorfer-Frachtenbahnhof” von Erwin Puchinger und Karl Czech (Zecho) dekoriert wurde. Weitere Dekorationen:

Stiegenhaus “Wien, Südbahnhof”: Leo Delitz.

Vorraum zum Stiftersaal “Aspern, Flughafen”: Leopold Hauer und Emil Rizek.

Stiftersaal “Österreich”: Reinhold Klaus.

Plastikersaal “Venedig”: Alfred Kunz und Hilde Gromes.

Rechter Mittelsaal “Ägypten”. Vinzenz Gorgon, Leo Frank, Leo Neubauer, Fritz Zerritsch.

Belgischer Saal “Konstantinopel”: Josef Heu.

Rechtes Oktogon “Am Nordpol”: Max Dorrer.

Makartzimmer, Casino “Matrosenschenke”: Franz Windhager.

Linker Mittelsaal “Indien”: Rudolf Konopa und Hans Müller.

Spanischer Saal “Japan, Tempelplatz der fröhlichen Gottheit Dschisu”: Bertold Löffler.

Deutscher Saal “Nacht am Stillen Ozean an Bord des Luxusdampfers PLEITANIA”: Desider Ronay mit der Clemens Holzmeisterschule.

Linkes Oktogon “Im Roten Meer”: Franz Kaym und Nora Resseguier.

Müllerzimmer “Der vollmechanisierte Weg ins Leben”: Fritz Judtmann und Egon Riss.

Großer Mittelsaal im ersten Stock “Negerdorf”: Igo Pötsch, Max Frey und Georg Pevetz.

Linker rückwärtiger Pavillon “Bosnien, Mostarjewo”: Leopold Hauer.

Linke Galerie “5 Uhr-Tee am Meeresgrund”: Herbert Dimmel, Rudolf Holzinger und Leopold Schmid.

Linker vorderer Pavillon “In der Stratosphäre”: Erich Miller-Hauenfels.

Rechter vorderer Pavillon “New-York”: Peter Behrensschule nach Entwürfen von Vilmut Koppler und Fritz Zügner.

Rechte Galerie “Büro zur Verhinderung des Fremdenverkehrs”: Paul Fischel, Heinz Siller.

Rechter hinterer Pavillon “Bali”: Emil Rizek.

Die Festidee 1933 stammte von Architekt Franz Kaym, der im September 1932 sogar schon den Titel und genauen Plan vorlegte. Sein Bestreben war, die hintereinander folgenden Feste noch besser als bisher aufeinander abzustimmen. Die Gesamtdevise lautete “Wien und die Wiener von der Eiszeit bis zum Jahre 3000″. Als Kostüme waren alle Wiener Typen gewünscht, und vor allem in Gruppen; nicht jedoch altösterreichische Offiziersuniformen, deren seinerzeitige Träger noch lebten, und Kostüme, welche die gegenwärtige Alltagsnot parodierten, wie etwa Straßenmusikanten. Die Gesamtleitung hatte der Architekt Franz Kaym über, die Bauleitung der Architekt Adolf Jelletz. Die Eintrittspreise blieben in allen Kategorien wie im vergangenen Jahr.

Die Garderobe befand sich wieder im Französischen Saal. Chronologisch begann die Geschichte Wiens im

Stiftersaal, mit der “Urzeit”: Josef Heu, Klampfer, Josef Rosner und Ludwig Müller.

Müllerzimmer “Die zwei Ewigen”: Fritz Zerritsch.

Linkes Oktogon “Dampf- und Tröpferlbad in Vindobona”: Josef Müllner mit seiner Meisterschule.

Deutscher Saal “Gotischer Turnierhof”: Herbert Dimmel, Rudolf Holzinger, Leopold Schmid und die Kunstakademiker.

Linker Mittelsaal “Gartenfest in Schönbrunn zur Zeit Maria Theresias, Barockzeit”: Entwurf Erwin Puchinger; Ausführung der Plastiken Hans und Ernst Müller; Malereien Erwin Puchinger, Rudolf H. Eisenmenger und Schüler der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt.

Spanischer Saal “Heurigenschenke”: Franz Windhager.

Plastikersaal “Wien zur Zeit der Türkenbelagerung”: Max Frey.

Belgischer Saal “Der Prater seit seiner Entstehung in Urzeiten bis in die graue Zukunft”: Meisterschule Clemens Holzmeister.

Rechter Mittelsaal “Wien im Jahre 3000″: Hans Frank und Vinzenz Gorgon.

Rechtes Oktogon “Der Kahlenberg im Jahre 3000 durchaus im Zeichen der neuen Petroleum-Produktion und der neuen Prosperity”: Georg Pevetz.

Makartzimmer “Wachsfiguren-Kabinett. Saal XIII. Berühmte Zeitgenossen”: Hilde Gromes.

Casino “Künstlerkneipe im alten Wien”: Meisterschule Peter Behrens.

Foyer vor dem Stiftersaal “Zwischen den Stadtmauern des vormärzlichen Wiens”: Wilhelm Traeger und Kunstakademiker.

Stiege “Okkasionsverkauf bei Makarts”: Franz Windhager; zwei Monumentalfiguren von Karl Fiala.

Mittelsaal im ersten Stock “Archivsaal des Museums der Stadt Wien im Jahre 3000″: Meisterschule Siegfried Theiss.

Linker hinterer Pavillon “Schlagermuseum”: Alfred und Luzie Buchta.

Linke Galerie “Gschnasgalerie” mit Objekten von Rudolf Konopa, Karl Borschke, Ernst Graner, Josef Köpf, Rudolf H. Eisenmenger, Anton Kenner, Otto Herschel und Leo Delitz.

Linker vorderer Pavillon “Archäologische Ausgrabungen” mit Objekten von Bruno Lauterbach, Karl Maria May, Hans Witt, Eduard Föderl, Heinrich K. Scholz, Leopold Hauer und Adolf Wagner v. d. Mühl.

Rechter vorderer Pavillon “Weder Raum noch Mode”: Fritz Judtmann, Egon Riss und Rudolf Völkel.

Rechte Galerie “Technisches Museum aus dem Jahre 3000″: Fritz Judtmann, Egon Riss.

Rechter hinterer Pavillon “Privatsammlung der Frau von Pollak”: Fritz Judtmann und Egon Riss.

Kneipe im Souterrain “Faschingsabend der Untergründigen im Sammelkanal”: Franz Windhager.

Wie streng damals die Kontrollen am Hauseingang allgemein waren, zeigt dieser Vorfall: Herbert Grünwald und Louis Rosenzweig, zwei junge Leute, waren beim Fest in der Secession. Als sie um 2 Uhr 30 nach Hause gehen wollten, bemerkte Grünwald, dass er keine Hausschlüssel hatte. Da er der Meinung war, dass sie seine Schwester, die sich am gleichzeitig stattfindenden Fest im Künstlerhaus befand, haben würde, versuchte er nun ins Künstlerhaus zu gelangen. Bei der Tür angehalten, boten beide die Hinterlegung einer Kaution an, um wenigstens für kurze Zeit die Säle durchgehen zu können und die Schwester Grünwalds zu suchen. Die Billeteure, die schon ihre Erfahrungen mit allen möglichen und unmöglichen Tricks hatten, ließen sich jedoch nicht erweichen und verweigerten beiden den Eintritt.

Nun versuchten Grünwald und Rosenzweig trotzdem, wie sie später schrieben, “auf die nicht gerade Gentleman like Art” in das Künstlerhaus durchzudringen. Die Sache ging schief und sie wurden, noch bevor sie die eigentlichen Festräume betraten, neuerlich angehalten. Es folgte eine Amtshandlung, in deren Folge eine Strafanzeige bei der Polizei erstattet wurde. Die Jugendlichen wurden anschließend wieder freigelassen und wie sie später schrieben, “gezwungen” den Rest der Nacht in der Secession zu verbringen. Ihr Schreiben war versöhnlich; der Ausschuss glaubte ihnen die Geschichte und zog die Anzeige zurück.

Obwohl es beim Schützenkränzchen diesmal kein Bauerntheater und keine offiziellen Gruppen gab, kamen mehr Besucher als im Vorjahr. Neu war – allerdings letzten Endes defizitärer – der Jahrmarkt im Deutschen Saal mit Praterattraktionen; hier wurden auch die besten Kostüme gewählt. Die Siegerin, Frau Mayerlechner, erhielt einen goldenen, ihre Nachfolgerinnen den silbernen Schützentaler. Die Jury bestand aus der Gesamtheit der Besucher, das schönste Kostüm wurde durch Stimmkarten gewählt.

Vom Kinderfest am 22. Februar 1933 um 17.30 Uhr gab es eine direkte Radioübertragung – auch eine neue Attraktion. Am Kinderfest selbst gab es einen Zirkus und ein Kasperltheater gespielt von Vinzenz Gorgon, Fritz Zerritsch, Otto Nowak, Hans Ranzoni, Josef Fr. Riedl und Ernst Müller.

Im Präsidentensaal im ersten Stock begann in der Wintersaison August Wärndorfer mit seiner Bridgestube. Die Kartenspieler trafen sich bis Mitte Mai 1933 und dann ab Oktober jeden Tag; daneben gab es auch Bridgelehrkurse mit Schlemm-Ansage nach der Methode Gulbertson. Instruktor war Kapitän Gatterer.

Am 1. April 1933 fand im Rahmen der Jahresausstellung ein Konzert statt, das jedoch mit einem Defizit endete und deshalb nicht mehr wiederholt wurde.

Für Teilnehmer einer Tagung der Internationalen Handelskammer wurde die Gschnasrevue am 29. Mai 1933 wiederholt; interessanterweise auch in englischer und französischer Übersetzung.

Im November wurden im Rahmen der Ausstellung “Reklame historisch und modern” Tanztees durchgeführt. Im Zusammenwirken mit dem Restaurantpächter Sehnal hatte man im Plastikersaal ein Kaffee errichtet, wo jeden Donnerstag auch Modenschauen stattfanden.

Die Gesamtdevise der Feste 1934 lautete “Gschnaslexikon”; die Revue lief als “Redaktionsgeheimnisse”. Die Gesamtleitung hatten Franz Kaym und Adolf Jelletz; die Hauptgarderobe war wieder im Französischen Saal. Die Dekorationen:

Stiftersaal “Sportlexikon” (Verschönerung des Körpers durch Sport); Entwurf und Ausführung Josef Fr. Riedl, Mitarbeiter Heinrich K. Scholz, Fritz Langer, Arthur Hecke, Alfred Crepaz und Rudolf Ruthammer.

Müllerzimmer “Künstlerlexikon” (bekannteste österreichische moderne Künstler); Entwurf und Ausführung Georg Pevetz, Mitarbeiter Karl Bachmann und Paul Peschke.

Linkes Oktogon “Kulinarisches Lexikon”: Entwurf und Ausführung Hilde Gromes, Mitarbeiterin Liesl Burger.

Deutscher Saal “Altwiener Liebenswürdigkeiten”: Franz Windhager.

Linker Mittelsaal “Lexikontafel, Der Meeresgrund”: Entwurf und Ausführung Vinzenz Gorgon, Hans Strohofer, Fritz Zerritsch und Bruno Lauterbach. Mitarbeiter Leo Neubauer und Susi Schmutzer.

Spanischer Saal “Saal X.”: Entwurf und Ausführung Robert Fuchs, Mitarbeit Ludwig Müller, Trude Plazsky und Rudolf Schmidt.

Plastiker Saal “Bilderlexikon zur Kunstgeschichte”: Entwurf und Ausführung Rudolf H. Eisenmenger, Mitarbeit Ernst Müller.

Belgischer Saal “Vom Chaos zum Chaos” (die Technik bestimmt den Weg und führt in das Chaos unserer Zeit): Meisterschule Clemens Holzmeister.

Rechter Mittelsaal “Lexikon der freien Berufe von A-Z” (Anspielungen auf die diversen Kammern der freien Berufe): Meisterschule Siegfried Theiss.

Rechtes Oktogon “Aus der Sittengeschichte des Tanzes”: Entwurf Rudolf Hausner aus der Schule Carl Fahringer, Mitarbeit Eduard Stierschneider, William Unger und Kurt Czernia.

Makartzimmer “Das ägyptische-assyrisch-chaldäische-Traumbuch des Bombastus-Vindobonensis-Gschnasikus-Magnus”: Hans Witt.

Stiege “Verlagsarchiv”: Josef Heu, Mitarbeit Karl Fiala, Alexander Wahl, Othmar Jeindl und Renee Vago.

Mittelsaal im ersten Stock “Erotischer Zirkus”: Max Frey, Mitarbeit Josef Rosner.

Linker hinterer Pavillon “Folterkammer”: Meisterschule Peter Behrens.

Linke Galerie “Farbige Tafel, Afrikanische Kunst” (Zulukaffeerestaurant mit Bridgestube): Fritz Judtmann und Egon Riss.

Linker vorderer Pavillon “Das Naturlehre-Lexikon”: Entwurf und Ausführung Nora Resseguier, Mitarbeit Robert Haas und Robert Pommerenke.

Rechter vorderer Pavillon “Was nicht im Meyer steht” (moderne Wortschöpfungen): Alfred Buchta, Mitarbeit Luzie Buchta und Fritz Ferster.

Rechte Galerie “Der abgelenkte Schüler”: Eduard Stella, Mitarbeit Jutta Sika, Jutta Lutzky, Alexander Kostka und Robert Aigner.

Rechter hinterer Pavillon “Schimpfwörter und Grobheiten des süddeutschen Sprachgebietes”: Max Dorrer, Leopold Pfeffer, Wahnfried Spaun und Stepina.

Unter den prominenten Besuchern des Gschnasfestes fanden sich Bundesminister Dr. Kurt Schuschnigg, Bundesminister Friedrich Stockinger, Staatssekretär Odo Neustädter-Stürmer, Hans Pernter, Leodegar Petrin, Bruno Grimschitz, Robert Danneberg und andere. Bürgermeister Karl Seitz kam sogar zu zwei Veranstaltungen und er sah auch die Revue.

Die allgemeine wirtschaftliche Not der Bevölkerung führte in diesen Jahren zum starken Anstieg der Ansuchen um Freikarten oder um ermäßigten Eintritt zu den Festen. Nicht allen wurde stattgegeben, schließlich sollten die Feste doch positiv bleiben und nicht mit einem finanziellen Verlust enden. Unter den Ansuchenden dieses Jahres befand sich auch ein Komitee der deutschen Emigranten: Künstler und Künstlerinnen, die aus dem nationalsozialistischen Deutschland emigriert waren. Sie erhielten zwölf Karten um je zehn Schilling (Normalpreis 16 S).

Die Kartenvorbestellungen ließen nach, sodass man eine teilweise Öffnung des Hauses, zumindest der Revuen, auch für Fremde als notwendig ansah. Eine gewisse Kartenanzahl wurde sogar dem Kartenbüro “Die österreichische Kunststelle”, Goethegasse 2, zum allgemeinen Vertrieb übergeben. Trotz dieser Befürchtungen wurde die Gschnasrevue 1934 sehr erfolgreich und wurde deshalb am Sonntag, den 4. Februar 1934 um 17.30 und um 20.30 Uhr sogar noch zweimal wiederholt. Man dachte sogar schon an eine Tournee, doch daraus wurde nichts.

Das Schützenkränzchen war für den 17. Februar 1934 geplant. Aufgrund der am 12. Februar ausgebrochenen und noch nicht abgeklungenen bürgerkriegsähnlichen Unruhen wurde es zuerst abgesagt und letztlich am 3. März 1934 im kleineren Rahmen nur im Parterre nachgeholt. Die Preise waren niedriger, als bei der Redoute, trotzdem kamen um 318 Besucher weniger als 1933. Als Gruppe meldete sich eine einzige, die “Ländliche Kindstaufe” mit Frau E. Wähner. Wie befürchtet, endete das Fest mit einem Verlust. Neben der allgemeinen Unlust des Publikums wegen der unklaren politischen Verhältnisse war ohne Zweifel auch ein politisch motivierter Tränengasanschlag bei der letzten Redoute, der glücklicherweise jedoch ohne größere Folgen blieb, für den Rückgang ausschlaggebend. Der Unterhaltungsabend der Kunstakademiker wurde verschoben und vom 21. Februar auf den 7. März auch das Kinderfest.

Bereits Ende der zwanziger Jahre begann man sich im Künstlerhaus für die Geschichte der Feste zu interessieren. Dazu beigetragen haben auch die damals oft wehmütig anklingenden Erinnerungen mancher Mitglieder an die verlorengegangenen Zustände der Vorkriegszeit, an die gute alte Zeit vor 1914. Man versuchte eine Liste der Feste zusammenzustellen und kam zu der Erkenntnis, dass man 1935 das 50. Fest feiern könnte. Im Sommer 1934 wurde die Liste, anscheinend durch Franz Kaym, ergänzt und mit dem Präsidenten Hans Ranzoni besprochen. Man einigte sich auf das Motto “Kudlmudl aus 50 Festen”. Gleichzeitig wurden die Mitglieder im September 1934 um Erinnerungen und Widmungen zur Ergänzung des Archivs gebeten.

Tatsächlich kamen viele alte Gschnasobjekte, fast ausschließlich jedoch nur als Leihgaben. Aus ihnen wurde im Rahmen des kommenden Festes in den Seitengalerien des ersten Stockwerks eine historische Ausstellung zusammengestellt. Die Wiener Familie Theyer, beginnend mit dem kaiserlichen Rat Theodor Theyer, hatte diese Objekte bereits über mehrere Generationen gesammelt. Weitere Objekte stellten der Architekt Franz Krauss, Franz Rottonara, Josef Jungwirth, Carl Seidl, die Alte Welt und das Historische Museum der Stadt Wien aus der Sammlung Nilius zur Verfügung. Zu sehen waren Originale von dem Hubertusfest 1896, Jagdtrophäen, Gobelins, Damenspenden, Musiknoten, Baedeker.

Da es bei den Festen der Neuzeit zu keinen Auktionen mehr gekommen war, wurden sie nur durch Dekorationsentwürfe einzelner Künstler dokumentiert. Solche Entwürfe brachten Rudolf H. Eisenmenger, die Architektenduos Theiss & Jaksch und Judtmann & Riss, Josef Heu, Leopold Schmid und Franz Windhager.

Die Gesamtleitung der Feste 1935 hatte wie üblich Franz Kaym, die Bauleitung ein neuer Architekt, Karl Waska, über. Die Garderobe befand sich im Französischen Saal. Die Saaleinteilung:

Stiftersaal “Hubertusfest 1896″: Vinzenz Gorgon, Bruno Lauterbach, Hans Strohofer, Fritz Zerritsch, Mitarbeit Leo Neubauer.

Müllerzimmer “Groß-Peking 1892″: Fritz Judtmann, Mitarbeit Fritz Rainer und Gottfried Neumann-Spallart.

Linkes Oktogon “Fin de Siècle 1895″: Georg Pevetz, Mitarbeit Eugen Jussel, Albert Ferenz und Schüler Hans Larwins.

Deutscher Saal “Sphinx, Traum eines Nilpferdes 1909″: Meisterschule Siegfried Theiss sowie die Bildhauerschule der Akademie.

Linker Mittelsaal “Carneval der Venezianer 1882″ (gemeinsame Erinnerung an die italienischen Maskenfeste 1881, 1882, 1883): Karl Ludwig Prinz.

Spanischer Saal “Arche Noah 1928″: Reinhold Klaus.

Plastikersaal “Hausball bei der Frau Austria 1911″: Franz Windhager, Mitarbeit Hilde Gromes und Egon Riss.

Belgischer Saal “An der Riviera 1905″: Erich Miller-Hauenfels.

Rechter Mittelsaal “In seligen Gefilden 1902″: Rudolf H. Eisenmenger, Mitarbeit Ernst Müller, Alfons Ossegger und Harold Reitterer.

Rechtes Oktogon “60 Jahre Wien 1908, Das Krapfenwaldl”: Egge Sturm-Skrla.

Makartzimmer “Kongofest 1885″: Karl Zecho.

Casino “Zweitausend Jahre Karikatur 1910″: Bilder Erwin Puchinger, Texte Alfred Deutsch-German.

Stiege “Spielzeugschachtel 1927″: Max Dorrer, Fritz Schasché, Meisterschule Clemens Holzmeister, Kunstakademiker.

Mittelsaal im ersten Stock “Walpurgisnacht 1924, Die vier Elemente 1925″: Eduard Stella, Ausführung Robert Aigner, Fritz Ferster, Hilmar Hellwig, Jutta Sika, Ruth Karplus.

Gegen das Motto “Kudlmudl aus 50 Festen” konnte man nichts haben, die Zählung als solche war jedoch ungenau und Unklarheiten gab es auch bei der Definition des Gschnasfestes als solchen. Irreführend waren weiter manche Untertitel wie “50 Jahre Akademiker Gschnas Rummel” oder “45. Fastnachtsabend der Kunstakademiker”. Doch diese Unsicherheit konnte dem Festtreiben nichts anhaben.

Wie auf den Einladungen zum Kinderfest ausdrücklich vermerkt, wurden diesmal alle Dekorationen, die man als nicht für Kinder geeignet empfand, entfernt bzw. zugedeckt. Man übte Zensur; nach den ausgelassenen Zwanziger Jahren mit ihren wilden Modetänzen, mehr enthüllenden als verhüllenden Damenkleidern und oben ohne-Revuemädchen wurden die Sitten wieder strenger.

Die Feste 1936 fanden unter dem Motto “Weltausstellung in Wien” statt. Völker aller Zonen und Länder, von “Liptauen” bis “Bridgeland”, waren zur Mitarbeit eingeladen. Zum ersten Mal nach längerer Zeit erschien wieder eine Gschnaspublikation als Extra-Ausgabe einer Zeitung. Die Gesamtleitung hatte traditionell Franz Kaym inne, die Bauleitung übernahm wieder Adolf Jelletz. Die Garderobe befand sich im Französischen Saal.

Der Stifter- und Plastikersaal wurden in ihrer Dekoration vereinigt, sie stellten den Hauptplatz der Weltausstellung mit den Pavillons der wichtigsten Länder dar. An der Stirnseite zur Bösendorferstraße befanden sich die “Vereinigten Staaten von Gschnasurien”: Entwurf und Ausführung Fritz Judtmann.

Die Wand zum rechten Mittelsaal war dem neuen ostasiatischen Staat “Tonkina” gewidmet; von Siegfried Theiss und Hans Jaksch.

Der rechte Pfeiler zwischen dem Stifter- und Mittelsaal beherbergte das “Bridgeland”, “Küßland”, und “Nieman’s Land”: Hans Pfann, Mitarbeit Rudolf Hofbauer und Friederike Lüftner.

Wand zum Makartzimmer “Satrabien”, das Land der Dauerwelllen: Hans Pfann, Mitarbeit Rudolf Hofbauer und Friederike Lüftner.

Wand zum Stiegenhaus “A-Zien”: Alfons Hetmanek, Mitarbeit Heinrich K. Scholz, Alfons Riedel, Otto Fenzel, Bruno Lauterbach und Robert Fuchs.

Wand zum Müllerzimmer “Freistaat Hysteria”, Palast eines afrikanischen Staates: Josef Fr. Riedl.

Linker Pfeiler zwischen Stifter- und Mittelsaal “Papagonien, Putzzahnien bzw. Odolien”: Paul Fischel und Heinz Siller.

Wand zum linken Mittelsaal “Ranzonien”: Robert Fuchs.

Müllerzimmer “Ravagei”: Leopold Schmid.

Linkes Oktogon “Mondafonien”: Egge Sturm-Skrla.

Deutscher Saal “Vergnügungspark”: Max Frey, Mitarbeit Günther Baszel, Walter Gamerith, Otto Franz und Franz Blum.

Spanischer Saal “Gorgonopolis, die Hauptstadt von Zerritschhagien”: Vinzenz Gorgon, Franz Windhager und Fritz Zerritsch.

Linker Mittelsaal “Hooruckasien”: Egge Sturm-Skrla.

Belgischer Saal “Der Mars stellt aus”: Stefan Hlawa.

Rechter Mittelsaal “Robotien”, Karikatur der Sowjetunion: Siegfried Theiss mit Meisterschule. Entwurf Karl Kaill, Mitarbeit Wilhelm Kroupa, Kurt Nehrer, Fritz Stachl, Eugen Szendröi, Karl Waska und Siegfried Zimmermann.

Rechtes Oktogon “Panjapanien”: Ekke Ozlberger, Mitarbeit Emil Bröckl, Alexander Hussl.

Makartzimmer “Adabeiern stellt aus”: Otto Jahn, Mitarbeit Karl Kemetter.

Vorraum zum Stiftersaal “Hygienische Alkohol-Weltausstellung”: Emil Rizek.

Casino “Unterwelt”: Erwin Puchinger, Otto Prutscher.

Stiege “Blumen-Weltausstellung”: Hans Strohofer, Mitarbeit Christl Grohs, Helene Nell, Liesl Schachinger, Mila Stöhr, Erwin Exalo, Karl Kürbisch und Robert Preissecker.

Erster Stock: Gesamtleitung Max Dorrer, Gesamtausstattung Schüler der Akademie der bildenden Künste.

Vorraum “Gschnaswerbebüro”: Franz Klinghofer (Meisterschule Carl Fahringer).

Mittelsaal “Spuk im Filmatelier”, Filmstars aller Länder: Egon Pflichter (Meisterschule Clemens Holzmeister). Mitarbeit Veronika Habsburg-Lothringen, Eleonore Vetter von der Lilie, Aischa Haberfellner, Erika Jenisch, Trudl Purtscher, Desider Ronai, Sepp Meindl, Ferdinand Auinger, Walter Bittner, Karl Pehacek, Roman Fasser und Eugen Jussel.

Linker hinterer Pavillon “Salzburger Nockerl-Bar” mit Wasserspielen diversester Art: Johann Rezac (Meisterschule Peter Behrens), Mitarbeit Herbert Tschinkel, Lukas Suppin.

Linke Galerie “Traum eines Verkehrspolizisten”: Hans Babuder (Schule Ferdinand Andri), Mitarbeit Arpad Szasz, J. Matzner.

Linker vorderer Pavillon “Nützt heimische Sonne”, badelustige Akademiker in der Lobau: Arnulf Neuwirth, Erich Jiresch (Schule Karl Sterrer), Mitarbeit Arthur Kunze.

Präsidentensaal “Schmetterlingschau”: Egon Pflichter (Schule Clemens Holzmeister).

Rechter vorderer Pavillon “Weltentrümpelung”: Herbert Fladerer (Schule Hans Larwin), Mitarbeit William Unger.

Rechte Galerie “Alpenländisches Bilderbuch”: Herbert Pass (Schule Carl Fahringer), Mitarbeit Silvius Psenner, Susi Wenger und Heinz Leinfellner.

Rechter hinterer Pavillon “Grinzing, das Herz Mitteleuropas”: Johann Rezac, Mathäus Jiszda (Meisterschule Peter Behrens), Mitarbeit Walther und Roland Rottmeister.

Das Gschnasfest 1936 wurde zum ersten Mal auf eine neue, moderne Weise dokumentiert: in der Österreichischen Selenophon-Wochenschau. Die Firma Selenophon, Licht- und Tonbildgesellschaft m.b.H., Wien 13, Maxingstraße 13a, bot am 14. Februar 1936 der Genossenschaft sogar eine Filmkopie (ohne Ton) in der Länge von 50 Metern um 40 S zum Kauf an. Dem Ausschuss war dies anscheinend zu viel, der Kauf wurde vertagt und schließlich abgelehnt. Noch eine andere Neuheit wurde in diesem Jahr bei der Revue verwendet: die Lautsprecheranlage Hornyphon (mit 30 Schallplatten), eine Leihgabe der Radiowerke Horny in Wien 10.

Mit der Einhebungsstelle der Gesellschaft der Autoren, Komponisten und Musikverleger A.K.M., nun in Wien 3, Baumannstraße 8, lebte man seit dem Ende der Monarchie in mehr oder minder gespannten Verhältnissen. Die Gesellschaft stellte in der Regel unrealistische Aufführungsentgeltforderungen auf und alljährlich bedurfte es umfangreicher Korrespondenz, bis es der Genossenschaft gelang, diese Forderungen auf ein erträgliches Maß herabzusetzen. Von einer genauen Abrechnung konnte nie die Rede sein, die Kontrollorgane der A.K.M., die auch die Veranstaltungen im Künstlerhaus besuchten, haben stets nur geschätzt und hoch pauschaliert.

1936 hatte die Genossenschaft für ihre Feste an die A.K.M. bereits mehr als 900 Schilling abgeführt, als die Gesellschaft für die folgende Besichtigung der Räume noch eine weitere Forderung von 150,80 S stellte. Um die doch sonst etwas tote Besichtigung der Gschnasräume attraktiver zu gestalten, unternahm die Genossenschaft diesmal den Versuch, den Besuchern Gelegenheit zu einem kleinen Imbiss in Musikbegleitung zu bieten. Das Begehren der A.K.M. rief im Künstlerhaus einen Sturm der Empörung hervor; die Gesamteinnahmen dieser Besichtigung betrugen 235 Schilling. Das Künstlerhaus war seit dem Ende der Monarchie ohnehin Inkassostelle für die diversesten Steuern und Abgaben geworden: die Lustbarkeitsabgabe des Kinderfestes 1936 allein betrug bei einem Gesamtgewinn von 498 Schilling ganze 250 Schilling. Die Feste hatten unter solchen Verhältnissen sehr zu leiden. Dazu kam die immer schwerer werdende allgemeine wirtschaftliche Lage und auch das Interesse der Kollegen an den Festen nahm ab.

Die Feste 1937 im Künstlerhaus fanden unter dem Motto “Das narrische Schwammerl-Theater” statt, was eine Parodie auf Theaterleben und Bühnenstars war. Die Gesamtleitung hatte Franz Kaym, die Bauleitung Alfons Hetmanek über. Die Garderobe befand sich im Französischen Saal. Die Saaleinteilung:

Plastikersaal “Das pumpejanische Borgtheater”: Entwurf Fritz Judtmann. Porträts zeichnete Robert Fuchs, Plastiken modellierten Alfons Riedel, Florian Josephu-Drouot, Karl Fiala. Weitere Mitarbeiter: Eugen Jussel, Fritz Reiter, Hermann Schweigl, Arnold Villgrattner.

Stiftersaal “Schillernder Goethe-Kleister”: Entwurf Carl Fahringer, Ausführung die Kunstakademiker Franz Schnall, Karl(?) Strobl, Carl von Demelt, Josef Gabler, Sepp Zöchling, Franz(?) Reiter, Harry Kunz und Eleonore Vetter von der Lilie.

Müllerzimmer “Affentheater”: Vinzenz Gorgon, Fritz Zerritsch, Mitarbeit Bruno Lauterbach und Leo Neubauer.

Linkes Oktogon “Musentempel am Ziegelteich”: Franz Windhager, Mitarbeit Hella Wolf.

Deutscher Saal “Im verrückten Märchentheater”: Max Dorrer, Erwin Exner, William Unger mit Kunstakademikern. Plastik … Franz.

Linker Mittelsaal “Empfang bei Ritter Lohengrin”: Entwurf und Ausführung Rudolf H. Eisenmenger, Mitarbeit Lukas Suppin und … Felgl.

Spanischer Saal “Guckkasten”: Leopold Schmid.

Belgischer Saal “Theater in der Wien”, Theater im Wienflußkanal: Entwurf und Ausführung Meisterschule Siegfried Theiss. Mitarbeit Ulrike Grom-Rottmayer, Hermann Grünbaum, Walter Jaksch, Kurt Pertoll, Josef Seeberger und Fritz Stachl.

Rechter Mittelsaal “Revue und Operette”: Max Frey.

Rechtes Oktogon “Kindertheater”: Hans Strohofer, Mitarbeit Josef Delitz, Adrian Egger und Margarete Born.

Makartzimmer “Faustische Schwammerln”: Franz Peydl und Josef Schilhab.

Casino “Theater-Museum”: Johann Rezac, Mitarbeit Franz oder Josef Jandl, … Krasser und Herbert Pass.

Vorraum zum Stiftersaal “Raum der tragischen Masken”: Josef Heu.

Stiege “Zentralfundus der Vereinigten paneuropäischen Staatstheater”: Entwurf und Ausführung Leopold Hauer, Charly Strobl, Hans Witt. Literarischer Beirat Alfred Deutsch-German. Plastiken Erika Hayss, Sophie Kratochwil, Erich Pieler. Weitere Mitarbeiter: Aischa Haberfellner, Walter(?) Schwarzl und Egon Wucherer.

Mittelsaal im ersten Stock “Die Galerie Prominenter”: Erwin Puchinger, Otto Prutscher und Alfred Deutsch-German.

Rechter hinterer Pavillon “Panoptikum”: Robert Fuchs.

Rechte Galerie “Neun Mal Werner Kraus oder Krauss-ige Phantasie von neun modernen Malern oder Krauss-Birnen sehen Dich an”, Parodien von E. Schiele, O. Kokoschka, G. Klimt, A. Egger-Lienz, Van Gogh, Picasso, Chagall, Marc, Signac: Stefan Hlawa, Mitarbeit William Unger, Roland Rottmeister und Herbert Fladerer.

Rechter vorderer Pavillon “Kino 1901″: Entwurf Hans Pfann, Ausführung Architekturschüler Fritzi Lüftner, Erich Embacher, Gottfried Neumann-Spallart, Max Ripper, Karl Heiny und Franz Kofler.

Linker vorderer Pavillon “Wie sich der kleine Moritz die Theater-Fachausdrücke vorstellt”: Entwurf Siegfried Theiss, Ausführung Architekturschüler Fritzi Lüftner, Erich Embacher, Gottfried Neumann-Spallart, Max Ripper, Karl Heiny und Franz Kofler.

Linke Galerie “Karikaturen der Film- und Theaterwelt”: Siegfried Theiss, Mitarbeit Hans Strohofer.

Linker hinterer Pavillon “Prominenten-Peditorium, Fährtensammlung von Berühmtheiten”, Fußabdrücke prominenter Persönlichkeiten des Theaters und des Films: Gustav Hoppe.

1937 durften die Karten auch wieder an Fremde verkauft werden; von den bisher üblichen Referenzen ging man völlig ab, die Karten wurden sogar durch ein Kartenbüro im slowakischen Bratislava verkauft, das damals noch durch eine elektrische Lokalbahn mit Wien verbunden war. Der Fasching war kürzer als sonst und mit dem Gschnas im Künstlerhaus konkurrierten andere Wiener Unterhaltungen; besonders empfindlich spürte man die Konkurrenz des Konzerthauses.

Obwohl die Feste unter diesen Umständen noch relativ gut besucht worden waren, nahm die Zahl der Künstler, die mit ihren Familienangehörigen teilnahmen, in den vergangenen Jahren stetig ab. 1937 waren nur mehr vereinzelte Kollegen unter dem Publikum anwesend. Das Gschnasfest war in Gefahr den Charakter eines Künstlerfestes zu verlieren. Die Abwesenheit der Mitglieder wurde vom Publikum bereits bemerkt und besprochen.

Der Ausschuss war sich klar, dass nur die wirtschaftliche Not der Kollegenschaft an diesem Zustand schuld war. So entschloss man sich kurzfristig, den ordentlichen Mitgliedern zu den weiteren Festen völligen freien Eintritt zu gewähren und ihre Familienangehörigen sollten Ermäßigungen genießen. Zum Schützenkränzchen kamen daraufhin etwa sechzig Mitglieder, die sich beim Eingang nur zu legitimieren brauchten. Dementsprechend gering fielen allerdings die Einnahmen aus.

Auch von diesen Festen gab es Filmaufnahmen: Selenophon, Licht- und Tonbildgesellschaft m.b.H. zeigte sie in der Wochenschau “Österreich in Bild und Ton” ab dem 4. Februar 1937 in den Wiener Kinos.

Für die Saison 1938 wollte man die Mitglieder außer durch den freien Eintritt auch noch durch eine Bewirtung locken. Die dafür erforderlichen Mittel wurden durch Widmungen der am Fest beteiligten und doch wohlhabenderen Architekten gedeckt. Jeder Kollege bekam am Haupteingang ein Gutscheinheft zum Bezug von Speisen und Getränken im Wert von 14 Schilling. Diese Gutscheine lauteten auf Namen und waren nicht übertragbar; man konnte mit 14 Schilling aber bereits allerhand anfangen. Die Vorspeise mit zwei Sardinen kostete 1,20 S, Schinken mit Kren oder Aspik 2,60 S, ein Omelette mit Schinken 2 S, ein halbes Brathuhn 3 S, Prager Schweins- oder Selchkarree 2,40 S, Wiener- oder Naturschnitzel 2,80 S, ein Rumpsteak 3,20 S. Die Beilagen, wie Spinat, Reis oder Butterkartoffeln kosteten einheitlich 80 Groschen; eine Portion Käse ein Schilling, Salat 1,20 S.

Besonders großzügig ging man diesmal auch mit Ermäßigungen um. Fast jeder Ansuchende hatte auf zehn oder sogar fünf Schilling verbilligte Karten bekommen, so etwas wäre früher unmöglich.

Zusammen mit der Wiener Wirtschaft wurde außerdem eine Plakataktion gestartet. Auf Plakaten 252 x 95 cm wurde zu einer Hälfte auf die Gschnasfeste im Künstlerhaus hingewiesen, auf der anderen Hälfte wurde in witziger Form auf die Leistungen bzw. Produkte der betreffenden Firma aufmerksam gemacht. An der Aktion beteiligten sich etwa 25 Unternehmen mit je 200 Schilling Druckkosten; ihre Mitarbeiter erhielten zum Dank ermäßigte Eintrittskarten.

An der Saaldekorierung hatten sich diesmal die Kunstakademiker nicht beteiligt, da sie nach einem Brief des Rektors Clemens Holzmeister beschlossen hatten, ein eigenes Fest im Akademiegebäude zu veranstalten. Die Gesamtleitung hatte wie üblich Franz Kaym, die Bauleitung Alfons Hetmanek über. Das Motto 1938 lautete nach einem Vorschlag von Franz Kaym “Um den babylonischen Trachtenturm”. Das traditionelle Schützenkränzchen fand diesmal unter dem neuen Namen “Schützenfest” statt. Die Saaleinteilung:

Plastikersaal “Peristil im Palaste der Nebenfrauen”: Johann Rezac.

Stiftersaal “Prunkhalle mit dem Gilgamesch-Epos”: Leopold Schmid.

Müllerzimmer “Tempel der erhabenen Jododa”: Hans Strohofer.

Linkes Oktogon “Nach der Sprachenverwirrung”: Robert Fuchs.

Deutscher Saal “In den Ruinen von Babylon”: Entwurf und Ausführung Rudolf H. Eisenmenger, Vinzenz Gorgon und Fritz Zerritsch. Mitarbeit Ernst Müller, Leo Neubauer, Alfons Ossegger und Erich Jiresch.

Linker Mittelsaal “Zum schwarzen Walfisch vom Wolfgangsee”: Entwurf und Ausführung Franz Windhager, Mitarbeit Mischa Haberfellner, Erika Hayss, Sophie Kratochwil, Viktor Drobil. Gegenüber Karikaturen der Schützengilde von Albert Janesch.

Spanischer Saal “Die hängenden Schanigärten der Semiramis”: Franz Peydl, Josef Schilhab und Alfons Riedel.

Belgischer Saal “Ausgrabungen in der Stadt Ur”: Fritz Judtmann, Mitarbeit Franz von Reiner und Ferry Windberger.

Rechter Mittelsaal “Babtirlverwag, Babylonisch-Tirolische Verwirrungs A.G.”: Erwin Puchinger, Mitarbeit Rudolf Böttger, Leopold Hauer, Robert Streit und Otto Prutscher.

Rechtes Oktogon “Das Goldstier-Stüberl”: Ekke Ozlberger, Mitarbeit Emil Bröckl.

Makartzimmer “Ski-Babel-Bar”: Erich Miller-Hauenfels, Mitarbeit Guido Uxa und Trude Matzek.

Casino “Ober- und Niedertrachten-Bilder”: Josef Delitz.

Vorraum zum Stiftersaal “Mesopotirol”: Entwurf und Ausführung Meisterschule Siegfried Theiss: Rudolf Grossmann, Hans Schweiger, Sepp Seeberger, Hermann Grünbaum, Paul Schmidt.

Stiege “Niniveches Architektur-Fragment”: Josef Heu, Charly Strobl, Mitarbeit Robert Ullmann, Hugo Kirsch, Josef Delitz, Bruno Urschitz, … Jandl, … Kerle.

Mittelsaal des ersten Stockwerks “Sodom und Gomorrha”: Max Frey, Mitarbeit Frl. L. Kruspel und Frl. L. Schenk.

In den weiteren Räumen befand sich “Das assyrisch-babylonisch-heditisch-wintersich- und sumerische Museum”: Gesamtleitung Karl Fiala und Hans Witt. Beschriftungen Frl. F. Opitz und Frl. Rosenberg.

Rechter hinterer Pavillon “Saal der Celebritäten”: Entwurf und Ausführung Alfred Buchta mit Friedrich Gornik, Mitarbeit Anton Endstorfer, Otto Herschel und Hugo Kirsch.

Rechte Galerie “Saal der assyrischen Großplastiken”: Otto Fenzl, Otto Herschel, Hans Witt, Reinhold Kukla und Otto Nowak.

Rechter und linker vorderer Pavillon “Das askalonische Fries”: Entwurf und Ausführung Karl Perl, Mitarbeit Arnold Hartig, Julius Trautzl, Wilhelm Kremser und Frl. Tschernowskaja.

Linke Galerie “Saal der babylonischen Großplastiken”: Anton Endstorfer, Karl Fiala, Florian Josephu-Drouot, Robert Ullmann, Adolf Wagner von der Mühl und Josef Köpf; Mitarbeit Frl. Köppel und Dr. Giebisch.

Linker hinterer Pavillon “Winter-summerische Kunst”: Entwurf Hans Witt, Ausführung Bruno Lauterbach, Carl Philipp, Otto Herschel und Friedrich Gornik.

Um die Absage des Akademikerabends wettzumachen, plante man in Zusammenarbeit mit dem Österreichischen Automobilklub, dem Österreichischen Touring-Klub und dem Wiener Automobil-Klub die Veranstaltung eines neuen Fests, der “Sternfahrt nach Babylon”. Das Fest fand aber dann doch nicht statt – man sagte es wegen einer allzu hohen Steuervorschreibung ab:

Am 11. Februar 1938 wurde Kommerzialrat Rudolf Zyka, der mit dem Magistrat bezüglich der Lustbarkeitsabgabe Verhandlungen führte, eröffnet, dass das Künstlerhaus endlich einmal die volle Abgabe entrichten müsse, welche mit 7000 S berechnet wurde. Nachdem alle Einwendungen Zykas erfolglos blieben – für das Fest am 22. Jänner zahlte man bei einem weit höheren Eintritt 3500 S – wurde das für den 1. März geplante Fest abgesagt. Als dann das Magistrat aus politischen Überlegungen schließlich im letzten Moment doch nachgab, war es für eine neuerliche Ankündigung zu spät; weder Einladungen noch Eintrittskarten konnten so schnell gedruckt werden. So verliefen die letzten Tage des freien Österreichs vor dem Anschluss an das Deutsche Reich im Künstlerhaus nicht gerade in bester Stimmung.

Die Feste 1939 fanden nach einer Idee von Remigius Geyling unter dem aktuellen Motto “Groß-Wien” im Jänner statt. Geyling hatte die oberste künstlerische Leitung, Rudolf Zyka zeichnete für die Bauleitung verantwortlich. Die Saaleinteilung:

Plastikersaal “Hauptplatz von Groß-Wien”: Entwurf Reinhold Klaus, Ausführung Reinhold Klaus und Ferdinand Opitz; Mitarbeit: Friedrich Gornik, Arnold Hartig, Ernst Hegenbarth, Julius Trautzl, Robert Fuchs, Vinzenz Gorgon und Hans Strohofer.

Stiftersaal “Die Gartenstadt Wien”: Max Frey.

Müllerzimmer “Entrümpelung”: Entwurf und Ausführung Ernst Müller, Mitarbeit Alfons Ossegger.

Linkes Oktogon “Der ewige Wein von Groß-Wien”: Entwurf und Ausführung Georg Pevetz, Mitarbeit Bruno Lauterbach.

Deutscher Saal “Im Himmel über Groß-Wien”: Entwurf und Ausführung Emil Rizek, Mitarbeit Carl Philipp und Emil Bröckl.

Linker Mittelsaal “Gumpoldskirchen”: Entwurf und Ausführung Erwin Puchinger und Albert Janesch.

Spanischer Saal “Kultraum der A-DE-LE in Mädeling”: Entwurf und Ausführung Bertold Löffler und Rudolf Holzinger.

Belgischer Saal “Zirkus von Groß-Wien”: Entwurf Lois Pregartbauer, Ausführung Lois Pregartbauer, Liesl Schachinger und Elinor Lerch.

Rechter Mittelsaal “Jagdgobelin-Sammlung der Stadt Wien”: Entwurf Rudolf Hermann Eisenmenger; Ausführung Rudolf Hermann Eisenmenger, Hans Frank, Vinzenz Gorgon, Max Hegele, Hans Hübl, Hans Massmann, Leo Neubauer, Otto Nowak, Hans Ranzoni d. J., Fritz Zerritsch und Josef Fr. Riedl.

Rechtes Oktogon “Wienerwaldfreuden”: Alfred und Luzie Buchta.

Makartzimmer “Die Schenke zum Stock im Eisen”: Karl Zecho.

Stiegenhaus “Groß-Wiener Kleinbahnhof”: Entwurf und Ausführung Franz Peydl, Josef Schilhab und Alfons Riedel.

Mittelsaal im ersten Stock “Landesplanung und Raumordnung für Groß-Wien”: Entwurf und Ausführung durch Architekturschüler unter der Leitung von Siegfried Theiss: Alfred Balcarek, Johann Baudisch, Maria Beck, Robert Berka, Heinrich Gsottbauer, Anna Hassel und Fritz Reichart.

Rechte Galerie “Liebe großwienerisch”: Robert Aigner.

Linke Galerie “Wienerwald-Spuk”: Eduard Stella.

Wie schon in vergangenen zwei Jahren gab es auch heuer für alle ordentlichen Mitglieder freien Eintritt und ein Gutscheinheft für Speisen und Getränke im Wert von 15 RM. Der gesamte Besuch zahlender Gäste ließ aber viel zu wünschen übrig, die Besucherstruktur hatte sich durch den Anschluss an das nazistische Deutschland stark gewandelt. Die früher zahlreich vertretenen jüdischen Kaufleute und Industriellen fehlten; es fehlten aber auch viele arische Mitbürger wegen einer gerade grassierenden Grippewelle. Wie dem Abschlussbericht der Schützengilde zu entnehmen ist, hatte das terminliche Zusammenfallen mit anderen Veranstaltungen dagegen kaum negative Auswirkungen: wie es sich zeigte, kamen noch während der Nacht Besucher von anderen Festen ins Künstlerhaus und es wurden an der Abendkassa zusätzlich noch viele Karten verkauft. In Wien dieser Tage hatte man im Gegensatz zu der Zeit vor 1938 wieder Geld.

Vinzenz Gorgon entwickelte Plakate mit einer allegorischen Vindobona in zwei Teilen: für jede Festveranstaltung wurde stets nur der obere Plakatteil überklebt. Die Vindobona saß auf einem Schaukelpferd; ihre Beine blieben stets gleich, der Oberkörper änderte sich je nach der Festart. Die Idee war lustig und wurde zehn Jahre später von anderen Graphikern wiederholt.

Im Februar 1939 veranstaltete die Gemeinde Wien nach dem Beispiel der reichsdeutschen Städte Mainz und Köln eigene Faschingsunterhaltungen, an denen sich auch das Künstlerhaus beteiligte. Dabei wurde die Vorjahrsidee der Sternfahrt zum Gschnasfest verwirklicht; die Fahrt fand unter dem Ehrenschutz des Kreisleiters Parteigenossen Wolfgang Scholz am 14. Februar 1939 statt.

Am Faschingssonntag beteiligte sich die Genossenschaft am großen Faschingsumzug sogar mit eigenem Wagen, auf dem dreizehn Künstler fuhren. Es war kein so stimmungsvolles und so großes Fest wie anno 1879, aber doch, nach den Berichte der Tagespresse zu urteilen, recht imposant. Den Wagen bauten Remigius Geyling, Karl Perl, Ernst Müller, Fritz Gornik, Hans Massmann, Otto Nowak, Emil Rizek, Josef Köpf, Hans Schantel, Fritz Holzinger, Erny Arnoscht, Heinrich Kirchheiser und Frl. Tschernowskaja – neben Künstlern waren daran auch Hausarbeiter beteiligt.

Vielleicht zum ersten Mal in der Geschichte des Künstlerhauses, jedenfalls gibt es diesbezüglich keine älteren Nachrichten, wurde am 24. Juni 1939 ein offizielles gemeinsames Essen der “Gefolgschaft” veranstaltet. Die Kosten trug das Haus als Zeichen des Dankes für die treue Mitarbeit während der besonders zahlreichen Ausstellungen der letzten Monate.

Im Herbst 1939 wurde nach langer Zeit auch wieder eine Mitgliederzusammenkunft organisiert, diesmal unter dem Titel “Kameradschaftsabend”. Die “Kameraden” erhielten das Essen gratis; finanziert wurde es über den “Kameradschaftsfond” aus Widmungen der Kunstfreunde, hauptsächlich jedoch des Kommerzialrates Rudolf Zyka. Ziel der Veranstaltung war, die durch die politische Entwicklung der letzten Monate und Jahre abgerissenen Kontakte unter den Mitgliedern wieder anzuknüpfen. Das Interesse der Kollegen war groß, bereits zu diesem ersten Abend kamen 78 Personen.

1940 fanden weitere Kameradschaftsabende statt, und auch die Kneipe wurde für fremde gesellige Veranstaltungen öfters vermietet. Die großen Gschnasfeste wurden demgegenüber wegen des Kriegsausbruchs im September 1939 nicht geplant. Außerdem begann auch das Brennmaterial knapp zu werden; die Künstlerhausräume konnten von nun an nur sparsam beheizt werden.

Am 13. März 1940 traf im Künstlerhaus ein mit 7. März datiertes offizielles Verbot aller Künstlerbälle und ähnlicher Festlichkeiten ein: der Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda musste feststellen, dass trotz des Krieges da und dort noch solche Feste stattfanden. “Da die Bevölkerung die Durchführung solcher Feste mit Unwillen aufgenommen hatte, wird nun mit sofortiger Wirkung angeordnet, daß für die Kriegsdauer alle Feste zu unterbleiben haben.”

Anlässlich des Besuchs bulgarischer Künstler in Wien lud der Vorsitzende Rudolf H. Eisenmenger am 19. März 1941 zu einem gemeinsamen Mittagsessen ins Künstlerhaus ein. Zum ersten Mal wurde dabei um die Abgabe von drei Fettmarken und zwei Brotmarken gebeten. Für die kommenden Jahre wurde die Markenabgabe zu einer wichtigen Voraussetzung der Teilnahme an gesellschaftlichen Veranstaltungen.

Doch die Marken allein garantierten nicht immer ein Essen. Zum Kameradschaftsabend am 15. April 1942 – im Beisein offizieller Persönlichkeiten des Reichsgaues Wien! – wurden Einladungen verschickt, auf denen um das Mitbringen eines Esspäckchens gebeten wurde. Die Künstlerhausküche konnte neben Getränken wie Bier und Wein nur Kartoffelgulasch (gegen eine Fettmarke) und Sandwiches (gegen eine Brotmarke) bereitstellen. Das Mitbringen eines eigenen Essens war allerdings ein nicht so ausgefallener Gedanke; bei manchen Heurigen etwa war dies auch schon früher durchaus üblich.

Am 27. Mai 1942 gab es gegen Vorbestellung und Abgabe von einer Fleisch-, einer Fett- und zwei Brotmarken (bis zum 22. Mai) ein warmes Nachtmahl: Faschiertes mit Kartoffeln und Spinat, Brot und Bier. Die Mitnahme zusätzlicher, eigener Esspäckchen wurde empfohlen.

Ab dem 1. Februar 1943 durften keine kulturellen Veranstaltungen mehr während der normalen Arbeitszeit durchgeführt werden; darunter verstand man auch Ausstellungseröffnungen, Amtseinführungen oder Urkundenverleihungen. Alle diese Veranstaltungen mussten entweder auf die Abende oder auf arbeitsfreie Sonntage verlegt werden. Sie durften nicht mehr “Gelegenheit geben, durch Beteiligung im Arbeitseinsatz Befindlicher dem Produktionsprozeß Arbeitskräfte zu entziehen”. Außerdem durften keine gedruckten Einladungskarten mehr verschickt werden, die Einladungen hätten persönlich bzw. telefonisch zu erfolgen. Der Kreis der Einzuladenden war auf das Allernotwendigste zu beschränken. Im Künstlerhaus nahm man diese Verordnung nicht ganz wörtlich, es gab Papier und Druckereikapazitäten noch bis Ende 1944.

Die Kameradschaftsabende wurden seltener. Zum letzten Kameradschaftsabend am 12. Dezember 1944 fanden sich noch 78 Mitglieder ein; sie hatten sonst kaum noch Gelegenheit in größeren Kreisen zusammenzukommen.

1945 wird von keinen geselligen Veranstaltungen berichtet, weder vor noch nach Kriegsende. Nur die Kneipe durfte des Öfteren an Fremde vermietet worden sein, so auch am 31. Dezember 1945 für die Silversterfeier einer Studentenverbindung.

Aus dem Jahr 1946 sind wieder mehrere Vermietungen bekannt, z. T. sogar an Stammgäste, wobei mangels genauer Unterlagen keine Klarheit über die benützten Räume herrscht. Neben der Kneipe könnten damals also auch Ausstellungssäle für gesellige Zusammenkünfte Verwendung gefunden haben. Im Künstlerhaus gab es Veranstaltungen der Freien österreichischen Studentenschaft, der Auslandsakademiker, des Verbands der Ungarnfreunde, der Hochschule für angewandte Kunst, des Griechischen Studentenklubs, des Kartellverbands österreichischer Studenten, des Verbands sozialistischer Studenten Österreichs; es gab einen ÖVB-Ball und den Slowakischen Abend Tatran. Das Haus profitierte in dieser schweren Zeit davon, dass es zwar devastiert, aber doch in seiner Bausubstanz weitgehend unbeschädigt geblieben war und dass es über eine Reihe großer Säle verfügte.

Am 5. März 1946 fand ein Filmball statt, am 6. März die Coriandoli-Redoute, am 4. April der Polizei-Ball. Bei allen Faschingsveranstaltungen 1946 wurde eine Lithographie von Max Frey zugunsten des Künstlerhaus-Wiederaufbaues verkauft, sie kostete 1 Schilling; am 17. Februar zusätzlich noch eine anonyme kunstgewerbliche Arbeit mit dem Titel “Faschingsfee” um zwei Schilling.

Ab dem 17. Oktober 1946 traf sich in der Kneipe jeden Donnerstag die Schlaraffia. Die Kneipe wurde zu dieser Zeit zum regelrechten Stützpunkt zahlreicher weiterer Organisationen und Vereine, Clubs und politischer Parteien. Es gab kaum einen Wochentag, an dem sich nicht eine dieser Gruppen im Künstlerhaussouterrain getroffen hätte; lange Reservierungen waren notwendig. Das waren jedoch keine Künstlerfeste mehr, sondern Unterhaltungen oft der untersten Sorte.55

Der Ball des Freien Wirtschaftsverbandes Wien am 25. Jänner 1947 war überfüllt. Der Besucherstrom war dermaßen gewaltig, dass die Polizei zeitweise den Einlass sperren musste. Zahlreiche Gäste warteten vor geschlossenen Türen. Am Fest anwesend waren Bürgermeister Theodor Körner, Vizekanzler Schärf, Innenminister Helmer und Sozialminister Maisel. In der damaligen Zeit war dieser Ball ein Fest der Superlative: neben Wein, Würstel und diversen Mehlspeisen fand eine Tombola aus Spenden der Wirtschaftsverbandsmitglieder den größten Anklang.

Am 1. Februar 1947 veranstaltete der Architekt Dr. Gustav Hoppe mit seiner Frau Traudl Samesch, Inhaberin einer Kunsttanz- und Gymnastikschule, im Künstlerhaus ein “Fest im Prater”, das durchaus bereits mit den einstigen Gschnasfesten vergleichbar war. Das Fest stand unter dem Ehrenschutz des Präsidenten der Gesellschaft Karl M. May, des Präsidenten der Berufsvereinigung und der Secession Karl Stemolak sowie des Präsidenten der Gemeinschaft Rudolf Richly. Für den Wiederaufbau der zerstörten Secession und der Zedlitzhalle lagen Bausteine auf. Am Fest gab es Kabarett-Improvisationen, Praterbuden, den Watschenmann, ein Ringelspiel, die Wahrsagerin, ein Kasperltheater, den Lebzeltenstand, einen Schnellphotographen und eine Tombola mit Preisen in Lebensmitteln, die man sogleich konsumieren konnte. Dem Motto entsprechend konnte man als Praterfiguren kostümiert, oder in Sommerkleidung kommen. Wie auf der Einladung besonders vermerkt wurde, war das Haus nach langer Zeit wieder gut geheizt. Die Festräume gestalteten Rudolf Reinkenhof, Ernst Schrom, Fritz Zerritsch, Alfons Hetmanek und Gustav Hoppe.

Alle geselligen Unterhaltungen dieser Zeit, zum Großteil Vermietungen, dürften recht gut besucht worden sein, man wollte sich wieder ungestört frei amüsieren. Beschreibungen oder sonstige Archivunterlagen zu diesen Festen sind nicht erhalten geblieben, nur eine Garderobe-Verlustmeldung: Zum Ende der “Simpl-Redoute” am 9. Februar 1947 bzw. schon am 10. Februar morgens, wurden um 04.30 durch Lautsprecher die Gäste auf das nahende Ende der Veranstaltung aufmerksam gemacht. Trotzdem kamen dieser Aufforderung nur wenige nach, die meisten stürmten erst knapp vor fünf Uhr, der angesagten Sperrstunde, die Garderobe. Um dieser Sperrstunde, die man damals besonders streng nahm, Nachdruck zu verleihen, wurden die Säle mit Hilfe der Polizei geräumt. Dabei wurde ein Garderobetisch eingedrückt und bis knapp an die Garderobenhaken verschoben. Die Kontrolle der auszugebenden Bekleidungsstücke war dadurch unmöglich. Ein unredlicher Besucher nahm dabei zwei ineinander gesteckte Hüte mit. Die beiden Bestohlenen bestanden auf Ersatz in natura – für die Gesellschaft damals ein unlösbares Problem.

Während der Saison 1948 gab es im Künstlerhaus wieder eigene Gschnasfeste; im Gegensatz zur Vorkriegspraxis hatten die Mitglieder jedoch keinen freien Eintritt mehr, sondern nur eine Ermäßigung, Essensbons gab es auch keine. Die gleichen, zehn Schilling kostenden Karten bekamen auch die Mitglieder der neuen, vor kurzem wiedergegründeten Secession; man zeigte sich kollegial. Das Motto lautete etwas geheimnisvoll “Im Schlaraffenland mit Ku-Schla”.

Das Schlaraffenland hatte Ludwig Bechstein in seinem Buch beschrieben: “Da sind die Häuser gedeckt mit Eierfladen und Türen und Wände sind von Lebzelten und die Balken von Schweinebraten… Das könnt ihr glauben, daß die Vögel dort gebraten in der Luft herumfliegen, Gänse und Truthähne…” – das war ein typischer Traum jener Tage. “Ku-Schla”, die “Erste Große Österreichische KUnstausstellung der Berufsvereinigung bildender Künstler SCHLAraffiens” wurde im ersten Stock installiert: eine immer wieder aktuelle Parodie moderner Kunst.

Die Saaleinteilung und die Dekorateure:

Stiftersaal “Ankunft im Schlaraffenland und Verjüngung”: Othmar Peter Hartmann.

Plastikersaal “Ballett der Nationalspeisen”: Entwurf und Ausführung Rudolf Holzinger mit Fritz Judtmann, Mitarbeit Hermine Aichenegg.

Linker Mittelsaal “Der Wald”: Johann Wolfsberger und Emil Rizek.

Spanischer Saal “Das Gefängnis”: Franz Giessel, Mitarbeit Ludwig Giessel.

Deutscher Saal “Festliches Gelage”: Entwurf und Ausführung Rudolf H. Eisenmenger, Mitarbeit Paul Meissner, Kurt Moldovan, Theo Bohdanovicz, Sophie von der Straten, Evamaria Loibl und Christl Siebert.

Linkes Oktogon “Schlaraffisches Paradies”: Entwurf und Ausführung Fritz Zerritsch, Mitarbeit Ernst Gric, Richard Krampf, Fritz Welser und Reinhold Zwerger.

Müllerzimmer “Der heimliche Arbeiter”: Ernst Schrom.

Makartzimmer “Die führenden Männer Schlaraffenlands: Chef der hohen Kochkunst, des Darmwesens, des intimen Verkehrs, der Ständigen Währungsreform, des Kuhhandels, der Gerechtigkeit, der Klugheit, der Sicherheit”: Siegfried Theiss.

Rechtes Oktogon “Pavillon der exotischen Pflanzen”: Carlos Riefel.

Rechter Mittelsaal “Traum einer Jungfrau”: Max Frey.

Belgischer Saal “Die Weinsintflut”: Entwurf und Ausführung Leopold Hauer, Mitarbeit Friedl Mascha und Christl Hauer.

Stiege “Aula der Kuschla”: Entwurf und Ausführung Leopold Schmid, Mitarbeit Georg Schmid.

Mittelsaal im ersten Stock “Weltschau von Spitzenleistungen”: gemeinsame Arbeit von Alfred Buchta, Rudolf Heinz Keppel, Paul Meissner, Georg Pevetz, Rudolf Pleban, Viktor Pipal.

Linker hinterer Pavillon “Maximalismus”: Erich Pieler.

Linke Galerie “Saal der Künstlergruppe Neu-Explosivisten”: Hermann und Wilhelm Ulrich.

Linker vorderer Pavillon “Plafondismus”: Hermann Ulrich.

Rechter vorderer Pavillon “Das Bratenviertel und zerwurmte Spalterbsenviertel”: Gustav Hoppe.

Rechte Galerie “Der Wiederaufbau des Schlaraffenreiches”: Siegfried Theiss und Franz Peydl.

Rechter hinterer Pavillon “Minimismus”: Hans Strohofer.

Die Speise- und Getränkekarte war recht bescheiden: es gab nur eine Gulaschsuppe um 3 Schilling, ein Gulasch mit Knödel um 4 S sowie zwei Fleisch-, eine Fett- und eine Brotmarke; heiße Debreziner Würstel mit Senf und Brot um 3,50 S sowie zwei Fleisch- und eine Brotmarke. Unverhältnismäßig hoch waren die Getränkepreise: eine Flasche Grüner Veltliner Spätlese kostete 42 S plus 10 % Getränkesteuer, eine Flasche Hochriegel halbsüß sogar 135 S plus 10 % Steuer.

Beim Fest am 7. Februar 1948 gab es eine Schönheitskonkurrenz: zehn Damen wurden durch eine Jury preisgekrönt, jede erhielt eine Graphik, die schönste ein Gutschein für ein Porträt.

Außer diesem großen hauseigenen Gschnasfest gab es nach wie vor zahlreiche Vermietungen an fremde Veranstalter – politische Organisationen, Parteien, Firmen und Betriebsbelegschaften. Da die Buchhaltung dieser Jahre und auch sonstiger Schriftverkehr nicht aufgehoben wurde, ist eine Rekonstruktion dieser Unterhaltungen besonders schwierig. Neben der Kneipe wurden auch das Haus bzw. einzelne Säle darin vermietet.

Im März 1948 protestierte der Leitende Ausschuss gegen eine Veranstaltung österreichischer Kommunisten unter dem Titel “Gschnas”. Man betrachtete das Wort “Gschnas” immer noch als nur für Künstlerfeste – wenn auch nicht nur für eigene – zulässig. Wie von Kommunisten nicht anders erwartet, es kam keine Reaktion, keine Berichtigung und auch keine Aufklärung oder sogar Entschuldigung.56

Am 14. Juni 1948 gab es im Künstlerhaus einen musikalischen Abend: ein Konzert von Johannes Strohofer, dem Sohn des Malers Hans Strohofer. Diese Veranstaltung gab dem Stadtrat Dr. Viktor Matejka Anlass zu einer Gratulation: Matejka beglückwünschte die Gesellschaft zu diesem Ereignis; “es war sozusagen eines seiner Steckenpferde, Künstler der verschiedensten Kunstarten zueinander zu bringen. Die Maler müßten die Dichter kennen und umgekehrt, die Bildhauer die Musiker und so weiter.”57 Dass solche Kontakte im Künstlerhaus bis zum Ersten Weltkrieg, ja auch noch lange nach dem Zerfall der Monarchie, üblich waren, wusste Matejka nicht. Übrigens wirkte im demselben Sinn nur kurze Zeit vorher auch Baldur von Schirach.

Konfliktreich zeigte sich neuerlich das Wirken der A.K.M., der Staatlich genehmigten Gesellschaft der Autoren, Komponisten und Musikverleger, Baumannstraße 8, die manchmal recht unwirsch die Bezahlung der von ihr ausgerechneten Aufführungsentgelte urgierte. Auch jetzt hatte man im Künstlerhaus kein Verständnis dafür, dass man von 66 Schilling Gesamteinnahmen 23 Schilling an die A.K.M. abführen sollte (Konzert am 29. Oktober 1948). Man wich bei künftigen Konzerten deshalb auf Werke längst verstorbener Komponisten aus, oder eigener Mitglieder, die nicht Mitglieder der A.K.M. waren und von vornherein nichts verlangt hatten. Im Dezember 1948 wurde ein Abend “Zweierlei Begabungen – Bildende Künstler als Dichter” angekündigt; ob er durchgeführt wurde, ist nicht bekannt.

Die Feste 1949 fanden unter dem Motto “Interplanetarische Festwochen in Wien” statt, begleitet im ersten Stock durch die moderne Schau “Billionale”. Die Gesamtleitung hatten Franz Kaym, Franz Peydl, Hans Strohofer und Erich Pieler über. Saaleinteilung:

Stiftersaal “Festliche Ankunft der Planeten”: Rudolf H. Keppel.

Plastikersaal “Die 12 astrologischen Häuser”: Leopold und Georg Schmid.

Spanischer Saal “Kugelnde Himmelskörper”: Rudolf Pleban.

Linker Mittelsaal “Traum eines Pensionats”: Max Frey und Erich Pieler.

Linkes Oktogon “Interplanetarische Weinkost”: Carlos Riefel.

Müllerzimmer “Wurstelprater am Saturn”: Fritz Zerritsch.

Makartzimmer “Hauskomet”: Siegfried Theiss.

Rechtes Oktogon “Die aufgehobene Schwerkraft”: Rudolf Reinkenhof.

Französischer Saal (keine Garderobe mehr!) “Venus-Mars”: Entwurf Gustav Hoppe, Ausführung Othmar Peter Hartmann, Mitarbeit Herbert Pass.

Belgischer Saal “Sternguckerln”: Hermann und Wilhelm Ulrich.

Rechter Mittelsaal “Sternbilder”: Entwurf Rudolf Holzinger, Ausführung Rudolf Holzinger und Rudolf H. Eisenmenger, Mitarbeit Hermine Aichenegg.

Casino “Milchstraßen-Café”: Hans Wulz.

Bibliothek “Plebans Planetenballett”: Rudolf Pleban.

Vestibül “Planetenbahnhof”: Franz Giessel, Franz Peydl, Alfons Riedel, Josef Bock und Josef Fr. Riedl.

Mittelsaal im ersten Stock “Sonderschau der Billionale Die Venus”: Paul Meissner und Artur Hecke.

Linker hinterer Pavillon “Interplanetarische Graphik”: Hans Strohofer.

Linke Galerie “Interplanetarische Modeschau”: Vinzenz Gorgon, Mitarbeit Hans Reidinger, Herbert Schneider, R. Bohrn, Elisabeth(?) Enzenhofer, Christa Mascha, … Strnad.

Linker vorderer Pavillon “Neuerwerbungen des Interplanetarischen Museums”: Wandgestaltung Rudolf Pleban, einzelne Werke von Erich und Elfriede Miller-Hauenfels, Robert Streit, Karl Maria May und Bruno Lauterbach.

Rechter vorderer Pavillon “Schlafraum einer Raumrakete”: Entwurf Leo Bolldorf, Ausführung O. Frank, O. Jelinek, Mitarbeit … Rückenbauer.

Rechte Galerie “Urviecher”: Franz Windhager und Ernst Schrom.

Rechter hinterer Pavillon “Die Botschaft, Interplanetarische Botschaft des M-Ars-Clubs an die Wiener Künstler”: Hans Strohofer.

Beim letzten Fest am 19. Februar 1949 erlitt die Besucherin Marie Hacek einen der sonst in Künstlerhaus glücklicherweise äußerst seltenen Unfälle: beim etwas heftigeren Tanz stürzte sie und brach sich den rechten Knöchel. Sie wurde in das Unfallkrankenhaus gebracht.

Die Feste 1950 fanden nach einer Idee von Gustav Hoppe unter dem Motto “Paradoxia, der neuentdeckte 7. Erdteil” statt. Die Gesamtleitung hatte Franz Peydl über.

Die Saaleinteilung:

Vestibül: Gustav Hoppe, Herbert Pass, Gretl Kapferer, Josef Bock, Franz Barwig.

Vorraum “Der Atom Zwilling”: Franz Windhager, Robert Ullmann, Ferdinand Opitz.

Stiftersaal “Paradoxias festliche Empfangshalle”: Rudolf Hermann Eisenmenger, Plastiken Ferdinand Opitz und Robert Ullmann.

Plastikersaal “Paradoxias Vogelschau; Jeder Mensch hat seinen eigenen Vogel”: Rudolf Pleban, Mitarbeit Berta Flotzinger; Plastiken Erich Pieler, Mitarbeit Karl Soukopp; Aufschriften Dr. Walter Schober.

Spanischer Saal “Die Unproportionierten”: Leopold Schmid, Eduard Föderl, Alfons Riedel.

Linker Mittelsaal “Wasserfrische”: Entwurf Leopold Schmid, Ausführung Theiss-Jaksch, Alfons Riedel, Josef Fr. Riedl, Rupert Riedl und Leopold Schmid.

Linkes Oktogon “Musiksalon in Paradoxia”: Ernst Schrom.

Müllerzimmer “Ausverkaufte Kunstausstellung in Paradoxien”: Emil Beischläger und Erich Pieler.

Makartzimmer “Erfrischungsraum”: Rudolf Pleban.

Rechtes Oktogon “Paradoxes Paradisien” : Carlos Riefel.

Französischer Saal “Die Sehenswürdigkeiten im Nylon-Kabinett, dem Rummelplatz von Paradoxien”: Hermann und Wilhelm Ulrich sowie Artur Hecke.

Belgischer Saal “150-Jahrplan”: Emil Rizek und Gottfried Buchberger.

Rechter Mittelsaal “Leihgaben der paradoxischer Teppichmanufaktur”: Rudolf H. Keppel und Erich Pieler.

Casino “Eros im Wandel historischer Stile”: Othmar Peter Hartmann.

Bibliothek “Aufnahmeraum eines Photographen”: Othmar Peter Hartmann.

Stiege “Holde Menagerie”: Herbert Pass und Sepp Mayerhuber.

Mittelsaal im ersten Stock “Saal der falschen Perspektiven”: Max Frey, Aufschriften Walter Schober.

Linker hinterer Pavillon “Paradoxes Märchenland”: Karl Zecho.

Linke Galerie “Paradoxes Bilderbuch”: Vinzenz Gorgon.

Linker vorderer Pavillon “Ober Wasser tun sie’s nicht, unter Wasser sieht man’s nicht”: Rudolf Reinkenhof.

Rechter vorderer Pavillon “Seelenwanderung im Himmelszelt”: Fritz Zerritsch.

Rechte Galerie “Walpurgisnacht aus dem Paradoxberg”: Karl Pehatschek.

Rechter hinterer Pavillon “Liebe auf dem Meeresgrund”: Johann Reidinger.

Alle drei Feste waren gut besucht, insgesamt von 10 442 Besuchern, sodass man sich entschloss, noch ein viertes Fest am 25. Februar 1950 zu veranstalten, den “Hausball in Paradoxia”. Doch die Rechnung ging nicht auf, trotz verbilligter Karten kamen nur noch 478 zahlende Gäste.

Für den Silvester 31. Dezember 1950 hatte man eine Revue vorbereitet. Ein Unterhaltungsabend, wie er vor Dezennien im Künstlerhaus üblich war. Durch das Ableben des Bundespräsidenten Dr. Karl Renner am gleichen Tag wurde die Feier aber abgesagt; trotz zweimaliger Durchsage im Rundfunk haben allerdings nicht alle Kollegen davon Kenntnis erhalten und kamen umsonst. Der Unterhaltungsabend wurde am 13. Jänner 1951 nachgeholt und das für den Silvester vorgesehene Programm mit improvisierten Darbietungen aufgeführt. Der Eintritt war frei, eine kleine Kapelle musizierte.

Vor dem Krieg war es üblich, die Garderobe im Französischen Saal unterzubringen. Nun wurde im Deutschen Saal das Kino errichtet. Die Garderobe im Französischen Saal hätte den gleichzeitigen Ausfall der größten Tanzfläche bedeutet. So wurde die Garderobe wieder im Foyer und in den Kinoausgängen eingerichtet; ordentliche Mitglieder konnten ihre Sachen auch im Präsidentensaal im ersten Stock (Ranftlzimmer) ablegen. Zugang hatten sie durch die Wendeltreppe, die zu Festbeginn versperrt wurde. Die Musiker und Kellner benützten die Restaurant-Kleiderablage im Souterrain. Der Einlass begann in der Regel um 21.00 Uhr, um 22.00 Uhr begannen die Musiker zu spielen. Das Ende war behördlich auf 5.00 Uhr, erst ab 1951 auf 6.00 Uhr früh festgesetzt.

Die Feste des Jahres 1951 entstanden nach einer Idee von Dr. Franz Peydl, der auch die künstlerische Gesamtleitung innehatte, unter der Devise “Alles nur halb!” im Zeichen des neuen Halbjahrhunderts.

Die Saaleinteilung:

Vestibül “Der große Zwiespalt”: Fritz Purr, Robert Ullmann, Hans Knesl, Franz Barwig.

Vorraum “3. Hälfte”: Emil Rizek; “Halbgötter-Olympiade erste Hälfte”: Karl Pehatschek.

Stiftersaal “Museum berühmter Halbheiten und Ergänzungen im Pass-Stil”: Herbert Pass.

Plastikersaal “Halbtanz der Halbheiten”: Hermann Ulrich; “Halb Erde, halb Flut”: Wilhelm Ulrich mit Plastiken von Eduard Föderl.

Spanischer Saal “Rendezvous der halben Wahrheiten”: Othmar Peter Hartmann.

Linker Mittelsaal “Raum der Halbseligkeiten”: Rudolf H. Eisenmenger.

Linkes Oktogon “Antike Hälften und sonstiges Halbes”: Karl Zecho.

Müllerzimmer “Psychoanalytisches Kabinett”: Rudolf Reinkenhof.

Makartzimmer “Kuriositäten-Kabinett der Modeschule Schloß Hetzendorf”: Entwurf und Ausführung Otto Liewehr, Mitarbeit Lisl Dohnal, Judith Folda, Marielies Handl, Erika Knittler, Friedl Pavlik und Elfi Peischl.

Rechtes Oktogon “Traum im Halbschlaf”: Fritz Zerritsch.

Französischer Saal “Halb 1900, halb 1950″: Leopold Schmid; “Das ewig Weibliche dreht sich um uns”: Alfons Riedel.

Belgischer Saal “Wir sind in der mittleren Hälfte des Jahrhunderts der Welt und in uns selbst”: Günther Baszel.

Rechter Mittelsaal “Halb Frey-denau – halb Maydenau”: Max Frey; “Ein Gartenlaubenidyll im Herbstfrühling, der Himmel voller Tauben”: Erich Pieler.

Casino, Fotografenraum “Halb-Stier, Ganz-Stier”: Rudolf Pleban.

Bibliothek (Garderobe) “Allerlei modische Kleinigkeiten”: Rudolf Pleban.

Stiege “Das Bild halb gut – halb für jeden”: Hans Witt.

Stiegenwände im ersten Stock “Halbviecher”: Emil Rizek; “Fortsetzung der Halbgötter-Olympiade”: Karl Pehatschek.

Mittelsaal im ersten Stock “Triumph der Halbheiten”: Rudolf Heinz Keppel, Artur Hecke.

Linker hinterer Pavillon “Kabinett der Halbheiten”: Hans Strohofer und Rudolf Schmidt.

Linke Galerie “Kunstwirbel”: Vinzenz Gorgon, Mitarbeit Schüler der Graphischen: O. Binder, R. Bohrn, A. Malcher, Herbert Schneider, H. Schönstein, W. Stratil, Hansjörg Swetina, H. Swoboda, Otto Stefferl, M. Wessely, F. Zeller, Plastiken von … Sukopp.

Linker vorderer Pavillon “Halb-Illusionen”: Hans Reidinger.

Rechter vorderer Pavillon “Halbes Paradies”: Franz Windhager.

Rechte Galerie “Halb-Narren und Halb-Wilde”: Ernst Schrom; “Fabeltiere als Beleuchtungskörper”: Ferdinand Opitz.

Rechter hinterer Pavillon “Halbwaldfrieden”: Carlos Riefel.

Die Feste des Jahres 1951 wurden nach allgemeiner Ansicht nach langer Zeit wieder besonders künstlerisch ausgestattet, die Dekorationen hatten einen besonderen künstlerischen Wert. In der vor kurzem auf Anregung des neuen Kulturstadtrats Hans Mandl ins Leben gerufenen Plakatwertungsaktion wurden für Jänner 1951 das Gschnasplakat und ein bekanntes Meindlplakat als die besten Wiens prämiiert.

Diese Anerkennung brachte den Präsidenten Karl M. May auf den Gedanken, auch die besten Gschnasdekorationen (sowohl Idee als auch Ausführung) auszuzeichnen. In den Mitteilungen vom 17. Februar 1951 wurden alle Kollegen gebeten, dazu Vorschläge zu machen.

Bereits im Februar 1938 dachte man an eine Ehrung des verdienstvollen Architekten Kaym; Karl Perl machte aus eigenem den Entwurf einer Medaille “10 Jahre Mitarbeit beim Künstlerfest”. Der Ausschuss war zwar mit der Idee, nicht jedoch mit dem Perl-Entwurf restlos einverstanden und ersuchte noch die Bildhauer Oskar Thiede, Otto Hofner und Rudolf Schmidt um ihre Projekte. Doch inzwischen kam die Aktion Architekt Kaym zu Ohren; in seiner Bescheidenheit lehnte er sie rigoros ab. Die Medaille wurde nicht gemacht.

1951 wurde nicht mehr an eine ernste Ehrung gedacht, doch gerade das machte die Sache besonders schwierig. Rudolf Schmidt schlug eine traditionell aufgefasste Großmedaille vor, und man wollte auch die schlechtesten Arbeiten irgendwie “entlohnen”. Keines der damals zirkulierenden Vorschläge zeigte sich als brauchbar, doch die Idee blieb. Schließlich stiftete Architekt Franz Peydl selbst die “Goldene Hauswurze”. Sie wurde zum ersten Mal am 26. Februar 1952 für die besten Werke der Malerei und Bildhauerei verliehen.

Die Feste des Jahres 1952 fanden nach einer Idee von Franz Peydl, der auch die Gesamtleitung übernahm, unter dem Motto “Im Narrenparadies” statt. Die Sehnsucht der Nüchternheit des Alltags zu entfliehen führte direkt in das phantastische Paradies der Narren. Die Kostümberatung übernahm diesmal unter Prof. Liewehr die Modeschule der Stadt Wien im Schloss Hetzendorf; durch eine diesbezügliche, jedoch ungeschickte Presseformulierung fühlten sich daraufhin mehrere alte Wiener Kostümverleihfirmen in ihrer Ehre angegriffen.

Unverständliche Proteste gab es auch gegen die angeblich zu hohen Eintrittspreise von 80 Schilling; dabei kostete etwa der Philharmonikerball 90 S. Schwerwiegender war die behördlich beanstandete fehlende Abrissnummerierung der Karten, was später noch zu Differenzen über die tatsächlichen Besucherzahlen der drei Feste führte. Von den Gesamteinnahmen (inkl. Besichtigung) von 472 399,97 Schilling machten die Umsatz- und Vergnügungssteuer sowie die A.K.M. Abgabe 170 031,73 Schilling aus.

Die Feste wurden zunehmend zu einem äußerst risikoreichen Unternehmen, obwohl man nicht mehr wie früher unter sich war und durch Plakate um zusätzliches, fremdes Publikum warb. Geworben für die Feste wurde auch durch kleine Straßenbahnplakate und sogar durch Reisebüros, sodass auch manche auswärtigen Wienbesucher ins Künstlerhaus kamen.

Da man in der Gesellschaft der Meinung war, dass die Künstlerhausgschnasfeste zu Wien wie Karnevalfeste zu Städten Italiens oder Fasching zu Deutschland gehörten, wollte man sie nur wegen des hohen finanziellen Risikos nicht einfach absagen. So wurden die Gemeindepolitiker über diesen drohenden kulturellen Verlust informiert und man veranstaltete zum ersten Mal auch nach den Festen noch einen Bilanz-Presseabend.

Das Plakat von Herbert Pass wurde von der Gemeindejury als eines der besten drei Plakate im Monat Jänner 1952 bezeichnet; das Straßenbahnplakat schuf Ernst Schrom. Die im Aufbau befindlichen Dekorationen besichtigte zum ersten Mal am 23. Jänner 1952 auch der Bundespräsident Dr. Theodor Körner. Er wurde durch Karl M. May empfangen und durch das Haus geführt.

Die Saaleinteilung:

Vestibül “Narrenzirkus. Wen reitet nicht der Teufel, das Weib und das Gesäufel. Für jung und alt man bietet feil die Kurzweil auf dem Narrenseil”: Hermann und Wilhelm Ulrich, Hans Knesl, Josef Bock, Gottfried Buchberger und Ferdinand Opitz.

Stiftersaal “Bandel- und Tändeleien”: Rudolf Pleban.

Plastikersaal “Kulturinstitut zur Förderung höherer Narretei, oder eine gemütliche Wohnung”: Herbert Pass, Eduard Föderl und Adolf Treberer.

Spanischer Saal “Narrenviecher”: Emil Rizek.

Linker Mittelsaal “Narrentheater”: Karl Pehatschek und Erich Pieler.

Linkes Oktogon “Obs-zön ob Regen”: Rudolf Pleban.

Müllerzimmer “Narreteien im Liebesringelspiel”: Hans Reidinger.

Makartzimmer “Die lieben Narren und die bösen Dummen”: Rudolf Reinkenhof.

Rechtes Oktogon “Blick ins Narrenkastl”: Karl Zecho.

Französischer Saal “Narrenparadies”: Rudolf H. Eisenmenger, Max Parzer und Robert Ullmann.

Belgischer Saal “Residenz des Narrenkönigs”: Ernst Schrom.

Rechter Mittelsaal “Narrendämmerung und Götterwandel”: Othmar Peter Hartmann, Erich Pieler und Ernst Wenzelis.

Casino “Bilderverkäufer neben Maskenbaum” (Atelier des Fotografen): Rudolf Pleban.

Bibliothek: Garderobe und Ankleideraum.

Mittelsaal im ersten Stock “Narrenschiff”: Leopold Schmid und Alfons Riedel.

Linker hinterer Pavillon “Narrenzug”: Carlos Riefel.

Linke Galerie “Kritzeleien auf den Schiefertafeln einer Narrenschule”: Ernst Schrom.

Linker vorderer Pavillon “So wos und no wos is a wos”: Hansjörg Swetina, Otto Stefferl und Herbert Schneider.

Rechter vorderer Pavillon “Moderne Hüt, die vom Himmel fallen”: Modeschule der Stadt Wien.

Rechte Galerie “Große Wäsche im Narrenhaus”: Otto Liewehr mit der Modeschule der Stadt Wien: Grete Rader-Soulek, … Zehentner.

Rechter hinterer Pavillon “Atelier des Malers Komplexo”: Rudolf Heinz Keppel.

Am dritten Fest wurde wieder einmal das beste Kostüm gewählt; Siegerin wurde Frau Kammersänger Dagmar Hermann-Braun. Sie selbst hätte gerne Ihr Porträt von Rudolf H. Eisenmenger gehabt, doch der musste ablehnen, da er selbst als Juror tätig war. Die Aufgabe sie zu malen übernahm dann Karl M. May.

Zum ersten Mal wurde an diesem Fest auch die im Vorjahr geschaffene Gschnasauszeichnung vergeben, die sogenannte “Goldene Hauswurze”. Bekommen hatte sie Rudolf Pleban für die beste künstlerische Leistung auf dem Gebiet der Malerei und Alfons Riedel für die Bildhauerei. Die Übergabe erfolgte im Rahmen der nächsten Monatsversammlung am 27. März 1952.

In derselben Versammlung schlug Karl Maria May vor, die Gschnasfestwerbung durch diverse Straßenaktionen zu intensivieren. Die Idee wurde gutgeheißen und so kam es am 14. Jänner 1953 um 11.00 Uhr vormittags vor dem Haupteingang des Künstlerhauses zum feierlichen Hissen der Gschnasfahne und dem Anstich der Farbtöpfe. Zum ersten Mal wurden vor dem Haus Lautsprecher installiert, die von nun an jede volle Stunde Werbung für die Feste machten. Verbunden war diese Aktion mit einer Jause. Schon mit den Einladungen wurden diesmal auch Noten verschickt: Walter Jaksch komponierte eine “Gschnas-Samba”.

Intern wurden die Erfahrungen bisheriger Feste zusammengefasst und eine strenge Dienstanordnung ausgearbeitet. Verschärft werden sollte vor allem die Kartenkontrolle, auch der Abriss musste nummeriert werden, die Eingänge Kino und Karlsplatz (Haupteingang) sollten deutlich vermerkt werden. Diente bis zum Weltkrieg der Französische Saal als Eingang und Garderobe, so gingen nun die meisten fremden Besucher durch das Kino im Deutschen Saal. Die ordentlichen Mitglieder erhielten je zwei Freikarten, weitere Familienangehörige hatten Ermäßigung auf 30 Schilling.

Im Sekretariat wurde ein Journaldienst eingerichtet, wo man alle Zwischenfälle sowie Funde oder Verluste melden konnte. Der Arzt war im Präsidentenzimmer, im Zimmer davor die Polizei. Garderobe der Musiker, Kellner und sonstiger Mitarbeiter befand sich in der Schießstätte neben der Kneipe im Souterrain.

Außerordentliche Mitglieder und “alte Secessionsmitglieder” – worunter man Kollegen verstand, die sich bis 1945 im Künstlerhaus befunden haben, konnten je zwei auf 30 S ermäßigte Karten beziehen; Studenten je eine Karte ebenfalls zu 30 S. Teilnehmer, Förderer, Mitglieder der Zentralvereinigung der Architekten und der Berufsvereinigung hatten Karten zu 60 S, der normale Preis betrug wie im vergangenen Jahr 80 Schilling. Die Festmitarbeiter bekamen Honorare ausbezahlt.

Die Feste 1953 fanden nach einer Idee von Rudolf Pleban unter dem Motto “Gehschule Karlsplatz” statt – neben dem Künstlerhaus, hinter der Handelsakademie, befand sich eine damals sehr bekannte Fahrschule. Die Gesamtleitung hatte Fritz Purr, die Plakate und Einladungen stammten von Ernst Schrom, die Fahne vor dem Künstlerhaus von Max Frey. Über dem Haupteingang gab es eine Tafel von Herbert Pass.

Die Saaleinteilung:

Vestibül “Zirkus”: Leopold und Georg Schmid sowie Ferdinand Opitz.

Vorraum zum Stiftersaal “Hohe Bundesschule für Verkehrsbehinderung”: Hermann und Wilhelm Ulrich.

Stiftersaal “Fußgänger-Promenade”: Karl Pehatschek.

Plastikersaal “Treffpunkt der sphärischen Einzelgänger, Doppelgänger und Draufgänger”: Othmar Peter Hartmann, Alfons Riedel und Fritz Purr.

Spanischer Saal (zum Kino offen, Garderobe) “Geh-Zeichnete und Geh-Hängte”: Herbert Pass.

Linker Mittelsaal “Drunter- und draufgehende Schlagerparade”: Hans Wulz, Josef Bock.

Linkes Oktogon “Geh-Würstel, Geh-Likör, Geh-Rauch”: Hermann und Wilhelm Ulrich.

Müllerzimmer “Und jetzt keinen Schritt mehr”: Rudolf Reinkenhof.

Makartzimmer (Buffet) “Kostgeher”: Karl Langer.

Rechtes Oktogon “S und G – Schule”: Hans Reidinger.

Französischer Saal “Große Damen Geh- und Be-reit-Schule”: Rudolf Pleban.

Belgischer Saal “Wegeschu – Weltgehschule”: Emil Rizek.

Rechter Mittelsaal “Gehschule des Halb-Tausend-Füßlers Künstlerhaus”: Franz Barwig, Gottfried Buchberger, Artur Hecke, Hans Knesl und Leopold Schmid.

Casino “Ruheraum für Einzel- und Doppelgänger”, in der Bibliothek Fotograf: Max Melcher.

Mittelsaal des ersten Stocks “Doppelgängige Liebesspiele”: Max Melcher, Eduard Föderl.

Linker hinterer Pavillon “Kultur-Geh-Schichte”: Herbert Schneider, Otto Stefferl und Hansjörg Swetina.

Linke Galerie “Alles geht schief”: Ernst Schrom.

Linker vorderer Pavillon “Gehschule der Liebe”: Carlos Riefel und Ferdinand Opitz.

Rechter vorderer Pavillon “Schleichkabinett zur Umgehung von Gesetzes-Paragraphen”: Max Melcher.

Rechte Galerie “Volkstümlich-medizinisches Nachschlagewerk über Einzel- und Doppelgängerei und ihre Abarten”: Rudolf Heinz Keppel.

Rechter rückwärtiger Pavillon “Gesellschaft bildender Einzelgänger, Exotenhaus, Wien I., Karlsplatz 5″: Robert Fuchs.

Souterrainstiege “Stie-gehn-häusl zum Geh-Hörndlwald”: Max Frey, Herbert Pass und Rudolf Pleban.58

Kneipe im Souterrain “Die ersten Schritte in die Schule der Geh-nüsse”: Karl Zecho sowie Schüler der Graphischen: Johannes Krcal, Ilse Neckel, Dorothea Scheuermann, Maria Schöffmann, Wolfgang Prager und Emanuela Wallenta.

Die Feste des Jahres 1954 fanden nach einer Idee von Josef Bock und Rudolf Pleban unter dem Motto “Zirkus Pallawatsch” statt. Da die Kostüme diesmal vielseitiger sein konnten, versprach man sich mehr Besucher: neben dem Zirkuspersonal gab es jede Menge Möglichkeiten als Auftretende, Tiere, oder auch nur als Zuschauer. Die intensive Werbung begann wie im Vorjahr mit dem Farbfaßanstich – gefüllt mit Wein – und dem Hissen der Gschnasfahne. Autor der Fahne war diesmal Ernst Schrom, die Ankündigungstafel am Künstlerhaus schuf Hans Wulz; daneben gab es eine Plastik des Ausrufers von Eduard Föderl.

Architekt Walter Jaksch, der vor einem Jahr die Gschnasfest-Samba komponierte, schuf nun eine Gschnas-Fanfare, die zusammen mit dem Ausrufer an die Vorbeigehenden wirken sollte. Texte des Ausrufers schrieben Dr. Gustav Hoppe und Erich Pieler, vorgetragen wurden sie als eine Schallplattenaufnahme durch Hoppe und Walter Jaksch.59 Die Lautsprecheranlage vor dem Haus blieb bis zum ersten Fest in Betrieb.

Die Saaleinteilung war:

Stiegenhaus “Scala-Watsch”: Walter Jaksch, Ernst Wenzelis, Ferdinand Opitz, Josef Bock.

Vorraum zum Stiftersaal “Zirkus Entree”: Hermann Ulrich und Florian Josephu.

Stiftersaal “Galerie berühmter anonymer Zirkus-Artisten aus aller Welt”: Othmar Peter Hartmann.

Plastikersaal “Wir Tiere sind doch bessere Menschen”: Herbert Pass und Erich Pieler.

Spanischer Saal (Garderobe) “Turbulente Garderobe”: Max Frey.

Linker Mittelsaal “Europa-Llawatsch”: Sepp Mayrhuber.

Linkes Oktogon (Buffet) “Zirkus der Harmlosen”: Paul und Nora Rataitz.

Müllerzimmer “Attraktionen und Illusionen”: Rudolf Reinkenhof.

Makartzimmer (Buffet) “Zirkus-Buffet”: Hans Reidinger.

Rechtes Oktogon “Die große Löwenzahn-Nummer des Zirkus Pallawatsch”: Carlos Riefel.

Französischer Saal “Clownerien”: Rudolf Pleban.

Belgischer Saal “Immer-Alles-Zirkus”: Emil Rizek.

Rechter Mittelsaal “Zara und Leander Melangerie”: Rudolf Heinz Keppel.

Casino “Schein und Sein”: Ernst Schrom.

Bibliothek (Fotograf): Ernst Schrom.

Vorraum zum Mittelsaal im ersten Stock “Moulin Rouge”: Georg Pevetz.

Mittelsaal “Die Spinnerellers”: Karl Pehatschek und Eduard Föderl.

Rechter rückwärtiger Pavillon “Zirkus Ars”: Hans Henrik Foitik.

Rechte Galerie “Marstall und Bestiarium des Zirkus Pallawatsch”: Karl Kemetter und Franz Barwig.

Rechter vorderer Pavillon “Zeitgenössische Clownerien”: Artur Hecke.

Linker vorderer Pavillon “Zirkus Austria”: Friedrich und Magda Widhalm.

Linke Galerie “Viecherei-Menage”: Rudolf Heinz Keppel.

Linker rückwärtiger Pavillon “Falsche Perspektiven oder Hier löst sich alles auf”: Josef Quittan.

Kneipe “Pallawatsch im Himmelszelt”: Hermann Ulrich, Gottfried Buchberger und Florian Josephu.

Bereits ab dem Beginn der fünfziger Jahre war es üblich, Plakate und sonstige Gschnasfestdrucksachen mit den deutschen Künstlervereinigungen zu tauschen. 1954 sollte es nun zum ersten Mal auch zu einem persönlichen Kontakt kommen. Beim letzten hauseigenen Fest am 13. Februar 1954 wurde, wie bereits üblich, das beste Kostüm bzw. die schönste Frau gewählt. Die Jury bildeten diesmal alle am Fest anwesenden Männer, die der von ihnen bevorzugten Dame ihre Karte gaben. Nach Mitternacht wurden die Sammlungen einzelner Damen gezählt; die meisten konnte Frau Sissy Leupold, Kunstgewerblerin und Gattin des Besitzers des Wiener Stadtbräukellers, vorweisen. Sie gewann den Titel “Pallawatsch-Königin”. Zwei Damen mit geringerer Kartenanzahl wurden zu Zirkusprinzessinnen.

Neu war, schon im Hinblick auf eine geplante Münchner Reise, die Ernennung des Architekten Dr. Gustav Hoppe zum “König von Gschn-Asien”. Die Wiener Künstler wurden nämlich kurz vorher zum offiziellen Münchner Film-Ball eingeladen, durch die Vermittlung von Frau Hanni Pammer und Vizebürgermeister Karl Honay. Die Aktion kam rasch zustande, die ersten telefonischen Gespräche wurden am 12. Februar geführt, die offizielle schriftliche Einladung aus München kam am 19. Februar im Künstlerhaus an. Den “König” brauchte man als Vertreter der Wiener Künstlerschaft.

Da man die Aktion auf einer höheren Ebene, nämlich als von Stadt zu Stadt durchführen wollte, bat man um Empfang beim Bürgermeister Franz Jonas. Anscheinend falsch beraten, lehnte Jonas es jedoch ab die Künstlerhausabordnung überhaupt zu empfangen. Vielleicht betrachtete er die ganze Geschichte als einen Ulk, dessen Opfer er werden sollte. Er blieb bei seinem ablehnenden Standpunkt auch in den nächsten Tagen, ja er zeigte sich durch das Künstlerhaus-Drängen sogar persönlich beleidigt. Dies war nicht die einzige Panne, die dem Königspaar der Wiener Künstler passierte; aber schließlich war Fasching und bis auf den humorlosen Jonas nahm niemand die Sache irgendwie tragisch.

Am 24. Februar 1954 reisten dann gegen neun Uhr der König und Königin vom Künstlerhaus ab, begleitet von zwei Mitgliedern sowie acht Tänzerinnen der Ballettschule Traudl Samesch-Hoppe. Sie fuhren über den Ring, Franz Josefs-Kai, wieder Ring und die Mariahilferstraße Richtung Linz in sechs großen von der Firma Hinteregger zur Verfügung gestellten Ford-Automobilen, die noch bis zur Stadtgrenze von Rollern des Wiener Roller-Klubs begleitet wurden.

Zwischen den Schlagbäumen der Autobahngrenzstelle Walserberg wurden die Wiener von der Narrenabordnung München erwartet und aufs herzlichste begrüßt. Eine Kiste Wein wurde gegen ein Fässchen Bier getauscht, der Musikzug der Reichenhaller Prinzengarde spielte auf. Trotz allem Feiern wurde auf strenge Passkontrolle nicht verzichtet. Dieses Treiben wurde von der Wochenschau gefilmt.

Der Film-Ball im Deutschen Theater in München begann mit dem Einzug der Deutschmeisterkapelle unter Julius Hermann, gefolgt vom Wiener Königspaar, das viel Applaus erntete. Nach dem Ballende gegen fünf Uhr früh war bereits um zehn Uhr vormittags ein Empfang beim Oberbürgermeister von München Thomas Wimmer mit einem “Weißwurstessen” angesetzt. Der Oberbürgermeister zeigte sich sehr herzlich, obwohl er durch einen kurz vorher stattgefundenen Anruf seines Wiener Kollegen Franz Jonas irritiert war. Jonas wollte sich über die Bedeutung, Rolle und Tätigkeit des Münchner Faschings informieren. Mit Rücksicht auf den Fasching nahm er die Angelegenheit des mysteriösen Wiener Anrufs von der heiteren Seite, auch wenn er den verantwortlichen Herren der Münchner “Narrhalla” einen vielsagenden Blick nicht ersparte.

Anschließend fuhr man in den – übrigens bunt bemalten – Limousinen wieder nach Wien zurück, wo man spät am Abend eintraf. Einen kleinen Vorfall gab es dabei noch, als in Purkersdorf eines der “verkehrswidrig bemalten” Fahrzeuge von einem übereifrigen Gendarmen aufgeschrieben wurde.

Eine Gardedame des Königspaares war in München geblieben. Sie verschwand schon während der Ballnacht und holte ihre Sachen aus dem Hotel. Man fuhr ohne sie ab, da man sie nicht finden und nicht länger warten konnte.

Von Wien aus musste man sich noch beim Bürgermeister von Salzburg entschuldigen, der die Kolonne auf der Rückfahrt empfangen wollte; ein Treffen, auf das die übermüdete, improvisierte Reiseleitung unter Zeitdruck vergessen hatte.

Dann kam noch ein Protestschreiben der Konzertdirektion Maria Graf in Hamburg, die gegen den Auftritt der Hoch- und Deutschmeisterkapelle protestierte. Da die Konzertdirektion die Generalvertretung dieser Kapelle hatte und ihr Auftreten in München nicht organisierte, nahm sie an, dass es sich um einen Betrug handelte und das namens der berühmten Kapelle eine andere aufgetreten war. Doch während der spontanen und raschen Vorbereitung wurde der Vertrag direkt mit dem Dirigenten abgeschlossen, ohne die Hamburger Direktion rechtzeitig zu informieren.

Zu allerletzt blieb noch die Angelegenheit mit Franz Jonas offen, den man über die ganze Aktion in einem vier Seiten langen Brief vom 4. März 1954 informierte. Jonas blieb dem Künstlerhaus die Antwort schuldig.

Die Feste des Jahres 1955 fanden unter der Devise “Wiener Lido Potpourri” nach einem Vorschlag von Erich Pieler und Gustav Hoppe statt. Sie repräsentierten sehr gut die damalige italienische Welle im Künstlerhaus. Die Gesamtleitung hatte Fritz Purr über.

Die Saaleinteilung:

Stiegenhaus “Pass-age di Venezia”: Herbert Pass.

Vorraum zum Stiftersaal “Der Not gehorchend trotz der eigenen Triebe”: Herbert Pass.

Stiftersaal “Fischhalle”: Hermine Aichenegg.

Plastikersaal “Einmal im Hafen schlafen”: Rudolf Pleban und Alfons Riedel.

Spanischer Saal (Garderobe) “Grenzübertrittsstelle”: Rudolf Pleban.

Linker Mittelsaal “Kulinarische Denkmäler”: Leopold Schmid.

Linkes Oktogon (Buffet): Hermann und Wilhelm Ulrich.

Müllerzimmer “Refosco-Fontäne”: Friedrich und Magda Widhalm.

Makartzimmer (Buffet) “Buffetaria d’amore”: Josef Quittan.

Rechter Oktogon “Amore am mare”: Artur Hecke und Elfriede Liebe.

Französischer Saal “Sala Rapido”: Max Melcher und Eduard Föderl.

Belgischer Saal “Wiener Lido Potpourri”: Georg Pevetz.

Rechter Mittelsaal “Südliche Früchterln”: Othmar Peter Hartmann.

Casino “Vom Mehr-Busen zum Monte Venus”: Josef Quittan.

Bibliothek (Fotograf): Berta Flotzinger.

Vorraum zum Mittelsaal im ersten Stock “Musica centauri”: Herbert Pass.

Rechtes Kabinett “Prater-Stern-Gucker”: Wilhelm Ulrich.

Linkes Kabinett “Giardino d’amore”: Wilhelm Ulrich.

Mittelsaal “Rivalera Weanezia”: Hermann und Wilhelm Ulrich sowie Ferdinand Opitz.

Rechter rückwärtiger Pavillon “Traum eines Sieveringers in der Lagunenstadt”: Friedrich und Magda Widhalm.

Rechte Galerie “Strand-Marinaden-Konzert”: Hans Henrik Foitik.

Rechter vorderer Pavillon “Osteria”: Edmund Moiret.

Balkon “Stier”: Herbert Pass.

Linker vorderer Pavillon “Aus der Opera Zansas fieri”: Emil Rizek.

Linke Galerie “Wienezianische Lagunen”: Carlos Riefel.

Linker rückwärtiger Pavillon “Venenzweanarische Begegnungen”: Ernst Schrom.

Abgang zur Kneipe “Gondel”: Josef Bock.

Kneipe “Unter Wasser Lido”: Rudolf Pleban mit Schülern der Graphischen.

Eine Reise nach München war diesmal nicht geplant und auch aus Bayern kam keine Delegation nach Wien, obwohl man sie als Gegenbesuch eingeladen hatte.

Die Feste des Jahres 1956 wurden nach einem Vorschlag von Rudolf Pleban unter dem Motto “Atomalerischer Gschnas” ausgerichtet. Die Atomkraft stand in aller Munde, und auch im Künstlerhaus fand einige Monate zuvor eine Atomausstellung statt. Die Gesamtleitung der Feste trug Architekt Fritz Purr.

Die Saaleinteilung:

Stiege “Ausblick ins Gschnas-All”: Gottfried Neumann-Spallart, Eduard Föderl, Hans Henrik Foitik und Erich Pieler.

Vorraum zum Stiftersaal “Die atomale Zeit und die voratomale Zeit”: Sepp Mayrhuber.

Stiftersaal “Atom-Nix-Komplexe”: Hans Henrik Foitik; Beleuchtungskörper Ferdinand Opitz und Josef Bock.

Plastikersaal “Abstr-Akte”: Othmar Peter Hartmann und Alfons Riedel.

Spanischer Saal (Garderobe): Fritz Itzinger.

Linker Mittelsaal “Atomgärtnerei”: Karl Pehatschek und Franz Barwig.

Linkes Oktogon (Buffet) “Genüssliche Atome”: Fritz Itzinger.

Müllerzimmer “Atomale Illusion”: Josef Quitann.

Makartzimmer (Buffet) “Amouröse Kneipe”: Josef Quittan.

Rechtes Oktogon “Atom Lab-Oratorium und A-Tomaten-Buffet”: Artur Hecke und Elfriede Liebe.

Französischer Saal “Atom-Öfin”: Rudolf Pleban.

Belgischer Saal “Vorsätzliche Spaltung der Gegensätze”: Karl Josef Gunsam und Otto Schepelmann.

Rechter Mittelsaal “Atom-Brauerei”: Leopold Schmid.

Casino “Atom-Wäscherei”: Herbert Pass.

Bibliothek (Fotograf) “Atomale Pilzkulturen”: Berta Flotzinger-Pisa.

Vorraum zum Mittelsaal im ersten Stock “Die atomalen Mutationen”: Karl Kemetter.

Mittelsaal “Vom Watschenmann zu den Atommäulern”: Hermann und Wilhelm Ulrich.

Rechter rückwärtiger Pavillon “Die Ato-Mali im impressionistischen Atomstaub”: Franz Giessel.

Rechte Galerie “Das lachende Atom oder die betrogene Weltgeschichte”: Ernst Schrom.

Rechter vorderer Pavillon “Psycho-analytische-atomalerische Gschnas-Analyse”: Emil Rizek.

Linker vorderer Pavillon “Atomalerischer Kaleidoskop”: Franz Giessel.

Linke Galerie “Im Reiche zauberhafter Spaltungen”: Carlos Riefel.

Linker rückwärtiger Pavillon “Befreite Neutronen”: Friedrich und Magda Widhalm.

Kneipe “Atomkraftmeierei mit atomieser Speisekarte”: Rudolf Pleban mit Schülern der Graphischen.

Die Beziehungen zu Deutschland intensivierten sich diesmal: bereits am ersten Fest wurden Faschingsprinzessinnen gewählt und an der anschließenden Reise nach München, Mainz und Köln konnten in Zusammenarbeit mit dem Österreichischen Verkehrsbüro alle Interessierten teilnehmen. Am ersten Fest gab es auch einen Besuch aus Bayern: das Regentenpaar aus Bad Reichenhall.

Die Reichenhaller Abordnung bestand insgesamt aus vier Personen, alle Mitglieder der Faschingsgesellschaft “Juhesia”. Sie machte dem Künstlerhaus-Prinzenpaar eine Gegeneinladung zum Ball am 6. Februar 1956 im Saal des staatlichen Kurhauses in Bad Reichenhall, die man nach längerer Überlegung annahm. So fuhren bereits am 6. Februar frühmorgens Rudolf Pleban als “Rudolf I.” und Heidi Glöckler als “Heidi I.” nach Salzburg, wo sie vom Salzburger Prinzen “Till von Eulenspiegel” am Bahnhof begrüßt und anschließend im respektablen Geleitzug zur bayerischen Grenze am Walserberg geleitet wurden. Dort wartete bereits die Reichenhaller “Juhesia”, um sie in ihre Obhut zu nehmen. Es gab Presse, Rundfunk, Wochenschaufilmer, Musik und Tanz. Am Tag nach dem Ball eilte man wieder zurück nach Wien, um nur kurz darauf an dem “Austropa Express”, der zweiten diesjährigen Faschingsreise nach München, Mainz und Köln teilzunehmen.

Rudolf I. und Heidi I. versammelten sich mit ihrem Gefolge gegen acht Uhr des 10. Februars 1956 im Wiener Verkehrsbüro, von wo sie in einer Wagenkolonne zum Westbahnhof fuhren. Am Westbahnhof wartete bereits eine Blasmusikkapelle, um sie zu verabschieden. Die Bundesbahnen hatten der Faschingsgesellschaft einen Sonderwaggon zur Verfügung gestellt, in dem sie in Deutschland, außer in Köln, auch übernachten konnte. Als Begleiter fuhr der damals am Gipfel seines Ruhms stehende Zitherspieler Toni Karas mit. Aus dem Reiseprogramm:

Wien ab 9.00 Uhr, München an 16.00; abends Kostümball “Schwabylon” im Hotel Regina.

Am Samstag den 11. Februar, München ab 4.00 Uhr, Mainz an 12.00 Uhr. Empfang beim Oberbürgermeister Stein, abends Kostümball im kurfürstlichen Schloss.

Am Sonntag den 12. Februar, Mainz 7.00 ab, Köln an 10.00 Uhr. Empfang durch das Kölner Karnevals-Dreigestirn “Prinz, Jungfrau, Bauer”. Ab 16.00 Uhr Empfang im Williamsbau, anschließend Kostümball.

Montag den 13. Februar konnte ab 13.00 Uhr die Wiener Delegation dem berühmten “Rosen-Montags-Zug” von einer Ehrentribüne aus zuschauen, abends gab es den traditionellen Rosen-Montags-Kostümball.

Der Dienstag der 14. Februar stand zur freien Verfügung. Die ganze Stadt Köln huldigte dem Fasching.

Mittwoch den 15. Februar 1956 Köln 8.00 Uhr ab, während der Fahrt im Zug Heringschmaus. Ankunft in Wien 22.00 Uhr.

Der Fahrpreis pro Person, mit drei Tage Halbpension, betrug 1160 S, nur das Prinzenpaar fuhr auf Künstlerhauskosten. Die besuchten Bürgermeister erhielten anschließend zum Dank für den Empfang einen besonderen Gschnasorden.60

Die Feste dieses Jahres 1956 endeten mit einem Defizit, verursacht vor allem durch die hohen Steuern und Abgaben. Dem Ansuchen der Gesellschaft um Steuerermäßigung wurde durch die Gemeinde nicht stattgegeben. So tat es den Verantwortlichen nicht besonders leid, dass 1957 auf die Feste verzichtet wurde.

Vorgesehen war das Motto “Das ewig Weibliche, gestern, heute und morgen”. Die Feste wurden am 17. Dezember 1956 im Hinblick auf die politische Lage im benachbarten Ungarn, wo ein blutiger Aufstand gegen die sowjetischen Panzer im Gange war, abgesagt. Im Künstlerhaus nützte man diese Pause zur Erneuerung der elektrischen Anlage und der unglücklichen Modernisierung des Stiftersaales. Für die Mitglieder fand ein interner Unterhaltungsabend mit Kabarett am 3. März 1957 in der Kneipe statt, zu dem 125 Besucher kamen.

Am 15. Dezember 1957 wurde neben dem Restaurant im Souterrain, das seit kurzem “Ristorante Grotta Azzurra” hieß, ein Puppentheater eröffnet: die “Fadenbühne” des Ehepaars Arminio und Picca Rothstein. Zur Eröffnung spielte man täglich “Elis und Isabell”, frei nach Hofmannsthals “Das Bergwerk von Falun”; gespielt wurde nur für Erwachsene.61

Auch 1958 gab es keine Gschnasfeste. Obwohl man 1957 sogar ein Komitee zur Erneuerung der Feste und zur Suche nach neuen Formen gebildet hatte, kam man zu keinem überzeugenden Vorschlag. Der Leitende Ausschuss fürchtete das durch die hohen Abgaben angewachsene Defizit-Risiko.

Für die Feste vorbereitet war eine Revue “Karls-Platzerei” von Erika Klier und Rudolf Schmidt, die nun nicht aufgeführt wurde. Kleinere gesellige Veranstaltungen fanden nur in der Kneipe statt, die nach wie vor öfters, wenn auch nicht mehr so häufig, wie kurz nach dem Krieg, vermietet wurde. Zu einer großen Gschnasveranstaltung konnte man sich auch in den folgenden Jahren nicht aufraffen.

Die Bedenken zeigten sich als berechtigt. Als man sich schließlich doch 1963 entschlossen hatte, nach dem Vorbild der Vorkriegszeit eine Redoute und ein Gschnasfest zu veranstalten, endeten beide mit einem finanziellen Fiasko. Ihr Defizit betrug 96 243 S. Die Fremdenverkehrsstelle der Stadt Wien, die man sicherheitshalber vorher konsultierte, übernahm eine Ausfallhaftung nur bis zu 40 000 Schilling. Dazu kam noch ein unangenehmer Auftritt des Malers Raimund G. Ferra anlässlich des Farbanstichs, der angeheitert die umstehenden Passanten mit roter Farbe bespritzte und deren Kleider bzw. ihre Reinigung das Künstlerhaus bezahlen musste.

Das Motto schlug Rudolf Pleban vor: “Kitsch as Kitsch Can”, den Kitsch in allen seinen Formen. Als Dekorateure sollten vor allem jüngere Kollegen gewonnen werden, was auch zum Großteil gelang. So gab dieses Fest 1963 ein ganz anderes, neues Erscheinungsbild, auch wenn man an die älteren Vorbilder anknüpfen wollte. Es wurden nur die Parterreräume verwendet, der erste Stock blieb abgesperrt.

Die als erstes Fest gegebene Redoute wollte die alte Wiener Tradition hervorzaubern, die Herren sollten nur im Frack oder höchstens Smoking kommen; für Damen bestand Maskenzwang bis zur Mitternacht. Für die gewünschte Exklusivität und Besucherauslese sorgte u. a. der Preis, der fast doppelt so hoch war, als beim folgenden Gschnasfest am 9. Februar 1963. Walter Deutsch, Dirigent des Wiener Kammerorchesters, komponierte für diese Redoute einen neuen Walzer.

Die Saaleinteilung war:

Stiegenhaus (Aufgang gesperrt) “Das goldene Wienerherz”: Karl Nieschlag.

Vorraum zum Stiftersaal “Suum Citschque”: Arminio Rothstein.

Plastikersaal “Hexenküche”: Alfons Riedel und Leopold Schmid.

Linker Mittelsaal “Korsettologisches Schmuseum”: Kurt Ingerl, Fritz Eheim, Siegfried Krupbauer, Elsa Olivia Urbach und Raimund Gregor Ferra.

Spanischer Saal “Neues Wiener architektonisches Schleckerbissen”: Walter Jaksch und Fred Nowak.

Belgischer Saal “Engerlmacherbar”: Fritz Itzinger, Herwig Wolf und Karl Nieschlag.

Französischer Saal “Kitsch-Olymp”: Hans Hanko, Kurt Regschek und Emy Hudecek.

Rechter Mittelsaal “Der 7. Wiener Himmel”: Rudolf Pleban.

Linkes Oktogon “Reblausischer Gondelalptraum”: Carlos Riefel, Felix Nemecic und Karl Nieschlag.

Makartzimmer: Ironimus (Gustav Peichl).

Stiftersaal “Monsterschinken”: Karl Pehatschek und Franz Barwig.

Müllerzimmer “Märchentraum”: Franz Brunner und Fritz Itzinger.

Stiegenabgang zur Kneipe “Suum Citschque”: Josef Quittan und Alfred Crepaz.

Kneipe “Kulinarische”: Herbert Pass.

Für die Dekorationen bekamen die Mitarbeiter ein freies Essen und ein mäßiges Honorar; sie arbeiteten nicht mehr aus purem Idealismus, wie es zeitweise, vor allem am Anfang des Künstlerhauses üblich war. Trotzdem blieben die Honorare in der Gesamtabrechnung minimal. Eine Liste der Arbeitsstunden aller Mitarbeiter und ihren Gehilfen hat sich erhalten: demnach wurden für die gesamten Parterre-Dekorationen 3557 Arbeitsstunden aufgewendet. Herbert Pass leistete 186 Stunden, Kurt Ingerl 173 Stunden, Emy Hudecek 121, Karl Pehatschek 120, Hans Hanko 118, Michael Coudenhove 105, Hans Crepaz 56 usw.

An Honoraren wurden 14 629 Schilling ausbezahlt, die Bauten kosteten 156 775 S. Die Gesamteinnahmen brachten 348 645 S, von denen 132 447 S an Steuern bezahlt werden mussten.

Weitere Mitarbeiter am Fest waren: Hermann Brand, Gerhard Brunner, Florian Burkheiser, Hans Crepaz, … Foehr, … Frank, Hans Fischer, … Gruber, … Jungmair, Robert Klemmer, … Koch, Rudolf Klingohr, Peter (?) Klitsch, Werner Krakora, Günther Meixner, … Mark, Monika Michel, Hans Neumann, Ingeborg Pluhar, Karlheinz Pilcz, Peter Proksch, Wolfgang Pass, Hedy Pelizon, W. Pont, Elfriede Reiter, Christl Räntz-Feldmann, Karl Schmid, Maria Schiffmann, Heinz Stangl, F. Schottkowsky, … Strasser, … Schwalm-Theiss, Otto Strosche, Sabine Weiger, … Weiss, Herwig Wolff und Wolfgang Weitzdörfer.

Im Herbst 1963 tauchte zum ersten Mal im Künstlerhaus der Gedanke einer Ges.m.b.H. auf, die den Verein von der unsicheren Geschäftsgebarung der Feste befreien sollte. Der Rechtsberater Dr. W. Schuppich war für die Gründung einer solchen Gesellschaft, glaubte aber nicht, dass der Moment dafür günstig wäre. Auf keinen Fall sollte man ins Haus Fremde locken; die Ges.m.b.H. müsste aus Eigenmitteln bzw. den Freunden gebildet werden.

Eine weitere Möglichkeit der finanziellen Absicherung der Feste war die Suche nach Sponsoren aus der Wirtschaft. Vorgeschlagen wurden Kostenübernahmen einzelner Säle, die dann als Werbeträger für die betreffenden Sponsoren fungieren könnten. Das Echo war sehr schwach; nach allgemeiner Meinung standen die Kosten mit dem zu erwartenden Erfolg in keinem Verhältnis. So wurde aus beiden Aktionen nichts; die Ges.m.b.H. entstand aus einem anderen Anlass zwanzig Jahre später.

Im folgenden Jahr 1964 war man beim Dekorationsaufbau sparsamer, aber es gab auch weniger Besucher. So endeten die beiden Feste 1964 mit einem Defizit von 55 331 S, die jedoch diesmal zur Gänze durch die Fremdenverkehrsstelle der Stadt Wien, die von vornherein die Ausfallhaftung übernommen hatte, gedeckt wurden. Gäbe es wie in der Monarchie keine Steuern, wären die Feste hoch positiv – so gesehen lag die Ursache für die negative Bilanz keineswegs bei der Gesellschaft. Von den Gesamteinnahmen von 318 026 S zahlte man ganze 129 155 S an diversen Steuern und Abgaben. Die Dekorationskosten betrugen 114 515 S. Es waren die Steuern, welche die traditionellen Gschnasfeste der Wiener Künstler vernichteten.

Die Feste 1964 hießen zu Ehren der Innsbrucker Winterolympiade “Gschnas-Oh-Lump-Iade 1964″. Die Eintrittskarten kosteten diesmal einheitlich 110 Schilling.

Die Säle dekorierten:

Foyer: Hans Hanko.

Stiege: Michael Coudenhove und Karlheinz Pilcz.

Stiftersaal: Rudolf Pleban und Leopold Schmid.

Plastikersaal: Herbert Pass, Eva Mazzuco, Heinrich Heuer, Fritz Itzinger, Kurt Ingerl und Karl Pehatschek.

Linker Mittelsaal: Karl Pehatschek, Alfred Crepaz und Wilhelm Ulrich.

Spanischer Saal: Leopold Schmid und Wolfgang Weitzdörfer.

Linkes Oktogon: Vinzenz Szloboda und Eva Mazzuco.

Müllerzimmer: Herbert Traub.

Makartzimmer: Emy Hudecek.

Rechtes Oktogon: Emy Hudecek.

Rechter Mittelsaal: Kurt Ingerl, Sabine Weiger und Siegfried Krupbauer.

Belgischer Saal: Fritz Itzinger und Fritz Eheim.

Französischer Saal: Max Melcher und Eduard Föderl.

Stiegenabgang zur Kneipe: Karlheinz Pilcz, Wolfgang Weitzdörfer, Michael Coudenhove.

Kneipe: Artur Hecke, Franz Barwig und Karl Nieschlag.

Weiter haben mitgearbeitet: Engelbert Häupl, Herbert Hanko, Wolfgang Pass, … Pichler, Robert Politzer, Erhard Stöbe, Milan Wirth, Hedwig Wolfsgruber, Helma Neuberger, Gottfried Salzmann, Hans Valasek, Evelyn Mayrhofer, Ilse Aschenbrenner, Hans Crepaz, Robert H. Sperl, Christl Räntz-Feldmann, Monika Michel, Herbert und Annemarie Traub und Herwig Wolff.

Mit den Aufnahmen der Gschnasdekorationen wurde der Fotograf Hans Mayr betraut, der dadurch zum ersten Mal intensiver in direkten Kontakt zum Künstlerhaus kam (die von ihm nach dem Krieg im Auftrag der Lichtbildstelle fotografierten Arbeiterkammer- bzw. Gewerkschaftsausstellungen blieben für ihn und das Künstlerhaus damals bedeutungslos). Von nun an kam Hans Mayr öfters ins Künstlerhaus und wurde auch mit Fotoarbeiten für das Haus betraut.

Für die Feste 1965 “Vienna ars Gschnas” bemühte man sich verstärkt um größere Publicity. Um neue Besucher ins Haus zu locken, wollte man am Fest eine Tombola veranstalten, für deren ersten Preis man sogar ein Auto, einen PKW Steyr 850 im Wert von 33 950 S (die Gesellschaft kostete das Fahrzeug in Gegenverrechnung für Werbeleistungen dann tatsächlich 20 000 S) kaufte. Die Zeiten geschlossener Gesellschaften waren endgültig vorbei, nun war man für jede verkaufte Karte dankbar, egal an wen.

Eine weitere publicitystarke Werbeaktion war die Übernahme der Patenschaft für ein Gschnasfest-Mitternacht Geborenes. Die glückliche Mutter war Frau Gertraud Lienert, Wien 3, Rennweg 41, mit Tochter Claudia, geboren am 6. Februar 1965 um 00.44 Uhr. Außer einigen Zeitungsberichten und Briefen hörte man von der “Ehrenpatenschaft” dann aber nichts mehr.

Am ersten Fest wurde eine Besucherin in Heller’s “Wiener Zuckerln” aufgewogen – die Zuckerln wurden anschließend einem Kinderheim gewidmet. Die Hauptpreise wurden am zweiten Fest verlost: das Auto gewann Frau Käthe Kampas, Karlsgasse 3. Weiter gab es einen Fahrschulkurs, 500 Liter Esso-Benzin und ähnliches zu gewinnen. Das Auto stand damals eindeutig noch im Mittelpunkt des allgemeinen Interesses.

Am 27. Jänner und 3. Februar 1965 gab es die ersten TV-Berichte über das Künstlerhaus allgemein, daneben natürlich jede Menge Rundfunkreportagen. Vom zweiten Fest soll auch das Niederländische und Französische Fernsehen berichtet haben.

Künstlerisch bemühte man sich um eine Einheit der Dekorationen. Die Künstler sollten sich nach dem Stil ihrer Arbeitsweise gruppieren und gegenseitig absprechen. Das negative, uneinheitliche Erscheinungsbild der letzten Jahresausstellungen sollte vermieden werden. Die Gesamtleitung hatte Emil Nibio über.

Die Saaleinteilung:

Foyer: Ferencz Borsodi.

Stiftersaal “Kartenspielereien der Prominenten aus Schauspiel, Oper, Musik und bildender Kunst” (Prominenten-Karikaturen; von den bildenden Künstlern waren Alfons Riedel, Elsa Olivia Urbach, Rudolf Hausner und Emil Nibio dargestellt): Leopold Schmid.

Plastikersaal “Moderner Theatersaal mit plastischen Karyatiden”: Fritz Itzinger, Alfred und Hans Crepaz.

Linker Mittelsaal: Wilhelm Ulrich.

Rechter Mittelsaal “Gschnas-Pop-Art”: Kurt Ingerl und Sabine Weiger.

Spanischer Saal: Wolfgang Weitzdörfer.

Linkes Oktogon: Eva Mazzucco.

Rechtes Oktogon: Viktor Lederer.

Müllerzimmer: Karlheinz Pilcz.

Makartzimmer: Emy Hudecek.

Französischer Saal “Verkehr mit gehobenen Horizonten”: Max Melcher (?).

Weitere Mitarbeiter waren: Florian Burkheiser, Peter Dolezal, Winfried Fessler, Winnie Jakob, Siegfried Krupbauer, Helmut Machek, Anton Marek, Helma Neuberger, Christl Räntz-Feldmann, Elfriede Reiter, Balda Schimann, Herbert Traub, Wilhelm Ulrich und Gerhard Gutruf.

Obwohl man sich außerordentlich bemüht hatte, die Ausstattungskosten weiter zu senken (94 411 S), endeten auch diesmal die Feste mit einem hohen Defizit. Unmittelbar auslösender Moment waren trotz der großen Reklame die sinkenden Besucherzahlen. Die Einnahmen aus den Eintrittsgeldern machten 178 610 S aus; die Feste endeten mit einem Defizit von 119 012 S. 55 000 S wurden durch die Ausfallhaftung der Fremdenverkehrsstelle der Stadt Wien übernommen. Da man aber gleichzeitig an Steuern 85 735 S abführte, war der eindeutige Gewinner der Gschnasfeste nur die öffentliche Hand.

Die wirtschaftliche Seite der Feste war also ernüchternd. Architekt Emil F. Nibio, der sich trotzdem für die Fortsetzung der traditionellen Feste einsetzte, rechnete deshalb für 1966 schon von vornherein mit einem Verlust von etwa 43 000 Schilling, der durch Sponsoren zu decken wäre. Tatsächlich gewann er selbst die Kammer der gewerblichen Wirtschaft, die ihm 50 000 S Zuschuss zusagte. Doch das allgemeine Risiko blieb. Nach langem hin und her sah man schließlich von der Veranstaltung der Feste ab.

Die mit dem 1. April 1966 angestellte Frau Generalsekretär Inge Zimmer-Lehmann führte dafür wieder kleinere gesellige Zusammenkünfte der Mitglieder ein. Eine Möglichkeit dazu bot ihr die Umgestaltung der Räume des ehemaligen Casinos im Parterre rechts, die seit vielen Jahren nur noch als Depot und Bilderübernahmsstelle Verwendung fanden, zu einer neuen Galerie. Diese neue “Künstlerhaus-Galerie”, mit Seitenfenstern und Blick zum Musikverein und der Karlskirche, wurde durch Sitzmöbel auch noch zu einem Clubzimmer ausgestattet. Hier fanden dann im würdigen, intimen Rahmen zahlreiche Empfänge, Geburtstagsfeiern und Ehrungen statt, während die Wände den wechselnden Ausstellungen gewidmet wurden.

Für die Clubabende hatten die Damen des Sekretariats das Essen und Getränke in Supermärkten selbst angekauft, in der nebenan befindlichen Küche selbst zubereitet und selbst serviert. Die Zeit der Männer ging praktisch mit dem Zweiten Weltkrieg zu Ende, das Sekretariat bestand nun ausschließlich aus Frauen und Mädchen. Durch diesen persönlichen Einsatz konnten die Regiekosten der Clubabende besonders niedrig gehalten werden. Leider wussten dies nicht alle Künstler zu schätzen: einige Male kam es zu unerfreulichen Konflikten, nachdem sich einige Herren zu viel bedienen lassen wollten. Etwas ernster ging es im umgestalteten Ranftlzimmer zu: hier gab es Konzerte, Vorträge und Lesungen, öfters auch als Vermietungen.

Frau Zimmer-Lehmann organisierte außerdem, vor allem zu Beginn ihrer Tätigkeit, Ausflüge zu Ausstellungen und sonstigen Kulturveranstaltungen im Raum Wien. In einem oder zwei Autobusen besuchte man gemeinsam nach dem kulturellen Genuss noch ein Lokal, eine Taverne oder einen Heurigen in der Nähe.

Durch die Präsidentschaftsübernahme von Hans Mayr änderte sich das alles. Nachdem sich die Damen des Sekretariats geweigert hatten, unter dem persönlich nicht einfachen Präsidenten auch weiterhin den Mitgliedern zu servieren, wurden die Clubabende in das Souterrainrestaurant verlegt. Die intime Stimmung ging dadurch verloren, die Künstler waren gezwungen zu konsumieren und zu zahlen; das Mitgliederinteresse wurde geringer, bis die Clubabende schließlich völlig eingestellt wurden.

1979 mehrten sich für kurze Zeit die Veranstaltungen im Ranftlzimmer. Neben der dort bereits seit Jahren beheimateten Frauengruppe “Beta Sigma Phi” fanden dort Veranstaltungen der Österreichischen Gesellschaft für Kulturpolitik, ab Herbst auch die der Bachgemeinde statt. Intern wurde das Ranftlzimmer zu Sitzungen und Versammlungen verwendet und das auch von manchen Tochterorganisationen, wie dem Verband österreichischer Kameraleute oder dem Verband Österreichischer Filmschnittmeister.

Zu dieser Zeit wurden im Künstlerhaus auch zwei Filme über Egon Schiele gedreht; die Gamma-Filmproduktion baute sogar in einem der Mittelsäle den Beethovenfries von Gustav Klimt nach. Die Schönbrunn-Film begnügte sich mit Aufnahmen vor dem Künstlerhaus und auf der Stiege innen. 1980 filmte der junge Filmemacher Madavi im Ranftlzimmer, das ihm allerdings nur als Kulisse eines großbürgerlichen Anwaltsarbeitszimmers diente.

Die Beta-Sigma-Phi brachte viele interessante Personen ins Künstlerhaus und veranstaltete viele Abende mit Vorträgen, Lesungen und Konzerten. Im Zusammenhang mit der großen Türkenausstellung 1983, in die das Ranftlzimmer integriert und für weitere Veranstaltungen unbenutzbar wurde, verließ die Beta-Sigma-Phi das Künstlerhaus.

Durch Initiative der agilen Sekretärin Frau Gerda Themel begann man bedeutendere Ausstellungen durch interessante Konzerte im Ranftlzimmer zu begleiten. Anfangs war der Eintritt zu den Konzerten frei, es genügte eine Ausstellungskarte. Später wurde es umgekehrt, die Karte zum Konzert berechtigte auch zum Eintritt in die Ausstellung. Die Musik, von ganz alt bis ganz modern, stand stets im Zusammenhang mit dem Ausstellungsthema.

Für die Gesellschaft waren die Konzerte jedoch ein Verlustgeschäft. Zu einem der üblichen Klavierkonzerte, z. B. am 21. Oktober 1984, wurden 31 Karten zu je 60 S verkauft, was 1860 S einbrachte. Dafür wurden 5500 S Honorar an den Interpreten ausbezahlt (Salvador Neira), und 504 S. der „Staatlich genehmigten Gesellschaft der Autoren, Komponisten und Musikverleger AKM“ überwiesen. Dazu kamen Kosten für das Klavier, meist ein Bösendorfer-Flügel (Leihmiete, Stimmung), das Personal- und sonstige Regie. Die AKM kassierte auch für afrikanische sowie für alte Musik anonymer bzw. längst verstorbener – etwa mittelalterlicher – Autoren Beiträge. Einige Konzerte wurden vom ORF aufgezeichnet; die Künstlerhonorare wurden in solchen Fällen um ein tausend bis vier tausend Schilling erhöht. Nach dem Abgang von Frau Themel nahmen die Ausstellungskonzerte sprunghaft ab.

In der Faschingssaison 1983-1984 veranstaltete man in der Palette im Souterrain, die wiedereröffnet in Eigenregie des Künstlerhauses betrieben wurde, und im Parterre einige Feste, die sich jedoch weder in der Größe, noch in der Qualität mit den alten Gschnasfesten messen konnten.

Für das Gschnasfest am 23. Februar 1984 wurden 13 Karten zu je 195 S und 94 Karten zu je 150 S verkauft; 162 Karten wurden verschenkt. Den Gesamteinnahmen von 16 635 S standen 3680,30 S Abgaben an die AKM und 2731 S Vergnügungssteuer gegenüber.

Am Fest am 24. Februar 1984 gab es 68 820 S Einnahmen aus dem Eintritt, 10 116,80 S Tantiemen an die AKM und 2538. S Vergnügungssteuer.

Am 25. Februar 1984 kamen 35 520 S ein; an die AKM abgeführt wurden 5221,70 S, an Vergnügungssteuer 2686 S. Das an allen drei Festen spielende Swing Sextett bekam 42 000 S Honorar, das an zwei Festen spielende Starlight 15 000 S. Der Druck der Plakate kostete 15 638,40 S, die Assistenz von neun Polizisten 13 050 S. Das sind nur die größten Buchungsposten; dazu kamen zahlreiche kleinere und die eigene Regie. Nicht verrechnet wurden die Kosten der Gschnasdekorationen und die ehrenamtliche Mitarbeit zahlreicher Mitglieder.

Ende der achtziger Jahre kamen neue Worte auf: das Cocktail, das Matinee. Vergessen waren Club- und Kameradschaftsabende, Kollegenversammlungen, Kränzchen, Route, Thees. Dafür fand das Wort Gschnas Eingang in die Faschingsunterhaltungen von ganz Wien, es wurde zur allgemeinen Bezeichnung von Kostümunterhaltungen. Das Künstlerhaus protestiert gegen seine Verwendung seit Jahren nicht mehr.

Unter Präsident Karl Kupsky und Frau Generalsekretär Zimmer-Lehmann konnte man mit den Gästen entweder im dekorativen, stimmungsvollen Sitzungszimmer – die Wände waren dicht, Rahmen an Rahmen, mit alten, hauseigenen Werken behängt – oder im gegenüberliegenden Speisesalon – das mit moderner, zeitgenössischer Kunst dekoriert war – ungestört sprechen, ja auch mit selbstzubereiteten Speisen Vorlieb nehmen. Hans Mayr wollte mehr das Restaurant im Souterrain frequentieren, doch das war für Sitzungen und sonstige Mitgliedertreffen zu unpersönlich und vor allem zu teuer. So nahm die Geselligkeit in der Ära des Präsidenten Hans Mayr stark ab, es fanden keine Mitgliederabende statt, keine Personalfeiern. Das erst Anfang der siebziger Jahre durch Abtrennung eines Foyerteiles vor dem Stiftersaal errichtete Sitzungszimmer, neben dem Präsidentenzimmer – heute befindet sich dort eine Rampe und die Aufzugstür – wurde ebenso wie die gegenüberliegende Küche mit dem Esszimmer durch Hans Mayr wieder entfernt.

Das Rantflzimmer im ersten Stock wurde in den achtziger Jahren mehr und mehr dem geselligen Verkehr entzogen; immer öfters wurde es in Großausstellungen mit entsprechenden Einbauten integriert, obwohl es kurz vorher mit hohem Aufwand als Salon restauriert wurde. Nur selten war das Ranftlzimmer als ein Ruheraum bzw. Café den Ausstellungsbesuchern vorbehalten; von wo sonst sieht man die Karlskirche besser! Erst Generalsekretär Walter Meissner führte um 1996 wieder im hohen Maße neue gesellige Veranstaltungen ein und er bemühte sich auch um die finanzkräftige Privatwirtschaft als Mieter und Sponsor.

Um diese Zeit begann man die bisher klassischen Ausstellungen um neue Medien zu erweitern. Nicht nur im Ranftlzimmer, sondern auch in den Ausstellungsräumen fanden elektronische Konzerte, Performances, Lesungen, Tanzeinlagen und ähnliche Aktionen statt, ja man konnte die Räume auch für private Veranstaltungen wie etwa Firmenjubiläen oder Geburtstagspartys mieten. 1996 versuchte Gerhard Schmölzer in Kooperation mit dem Blues Man Café auch die sogenannte Arena rechts zum U-Bahnabgang durch Open-Air-Happenings zu beleben, ein Unterfangen das sehr vom Wetter abhängig blieb und nach dem Präsidentenwechsel trotz mancher Wiederbelebungsversuche einschlief. Eine dauerhafte, zufriedenstellende Nutzung des U-Bahnabgangs, der Arena, blieb ungelöst.

Eine neue Veranstaltungswelle brachte Dr. Doris Rothauer nach 1997, die sich jedoch zum Nachteil des Hauses mehr an der allgemeinen Politik als an den Bedürfnissen der eigenen Mitgliedschaft orientierte. Erst unter dem neuen Präsidenten Joachim Lothar Gartner kehrte man verstärkt wieder zum Künstlerhaus zurück.

Zu einem politisch motivierten Eklat kam es am 7. Mai 2008 im Rahmen der Buchpräsentation von Lisa Fischer “Irgendwo, Die Sammlung Heinrich Rieger”, nachdem die Autorin schwere Anschuldigungen gegen den Sammler Rudolf Leopold als Besitzer von “Raubkunst” erhob und der im Plenum anwesenden Frau Leopold keine Möglichkeit zur Replik geben wollte. In Anwesenheit der Bundesministerin Dr. Claudia Schmied forderte sie das Publikum auf dem Diskussionsbeitrag von Frau Leopold nicht zuzuhören und den Saal zu verlassen – trotz der Protestworte der Frau Bundesminister. Das überwiegend jüdische, vom Verlag eingeladene, sonst im Künstlerhaus kaum anzutreffende Publikum folgte zur Überraschung weiterer Gäste, Fachleute und der Künstlerhausfunktionäre der Aufforderung. Die Veranstaltung wurde somit vorzeitig beendet.

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