Das sonstige Kanzlei- und Hauspersonal der Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens wuchs in dem Maße an, wie sich das Künstlerhaus durch Zubauten vergrößerte und seine Tätigkeit intensivierte bzw. im Laufe der Zeit überhaupt änderte. Wirtschaftliche und politische Zwänge führten auch einige Male zur Personalreduzierungen, Kündigungen und Gehaltskürzungen. Stark angewachsen ist das Personal durch die Inbetriebnahme des Kinos. Nach 1978 wurden auch Personen beschäftigt, die man im Künstlerhaus sonst kaum erwarten würde, Häftlinge und Zivildiener – “Wehrdienstverweigerer” – wie man sie auch nannte.
Nachdem das Künstlerhaus im Herbst 1868 bezogen wurde und sein Betrieb voll angelaufen war, beschäftigte man um 1870 neben dem Sekretär Walz noch folgende Personen: ein Kanzlist, ein Kanzleidiener, ein Tageskassier, zwei Saaldiener, ein Hausknecht, ein Tischler, ein Reinigungsweib1, eine Garderobiere und ein Portier; insgesamt elf Leute. Die Garderobiere wurde nur in der kälteren Jahreszeit gebraucht.
Nach der Errichtung der Seitenflügel 1882 stieg die Zahl des ständigen Personals bis auf vierzehn; anlässlich der großen Ausstellungen wurden kurzfristig noch weitere Kräfte aufgenommen, so etwa Maschinisten zum Bedienen des Lokomobils zur Stromerzeugung, Magazineure zum Empfang, Aus- und Einpacken der Kunstwerke, zusätzliche Aufseher und Reinigungsfrauen. Während der internationalen Ausstellung 1888 hatte man zu den ständig beschäftigten 14 Leuten zusätzlich noch 12 Aufseher, 4 Billeteure und 43(!) weitere Arbeiter und Hilfskräfte aller Art.
1891 beschäftigte das Künstlerhaus sechzehn Leute: den Sekretär, Vizesekretär, einen Beamten, zwei Hilfsbeamte, einen Kassier, einen Kassadiener, einen Magazineur, einen Saaldiener, einen Packmeister, einen Kanzleidiener, den Portier, einen Heizer, einen Hausdiener, einen Haustischler und eine Waschfrau.
1893 waren im Künstlerhaus fünfzehn Beschäftigte, 1894 siebzehn, 1895 sechzehn. Erst 1912 sank diese Zahl wieder auf fünfzehn, 1915 auf dreizehn. 1921 erreichte man neuerlich 15 Angestellte, im Juli 1922 kurzfristig sogar siebzehn.
Zu den Obliegenheiten des Sekretärs gehörte die gesamte Ausstellungskorrespondenz, die Übernahme und Verbuchung aller einlaufenden Kunstwerke, ihre Evidenzhaltung und Versicherung, die Schriftleitung der Kataloge, die Presseberichte und Anzeigen, die Vermittlung der Verkäufe, die Führung des gesamten Hauspersonals sowie der zeitweise beschäftigten fremden Handwerker, die Haltung des Archivs, die Vorbereitung der Sitzungen u. ä. Unterstützt wurde er dabei durch den Kanzlisten bzw. ab Frühjahr 1884 durch einen zweiten Beamten.
Der Tageskassier verkaufte die Eintrittskarten und die Abonnements; die eingenommenen Gelder verrechnete er mit dem aus den Mitgliederreihen gewählten ehrenamtlichen Kassaverwalter. Der Kassadiener besorgte u. a. die Einkassierung der Mitgliedsbeiträge.
Die Aufseher dienten gleichzeitig oft auch als Billeteure am Eingang der Ausstellung, sorgten für Ordnung in den Ausstellungssälen und waren nach Bedarf beim Ein- und Auspacken der Kunstwerke behilflich. Sie hatten eine Vertrauensstellung.
Der Haustischler war für das Aus- und Einpacken der Kunstwerke verantwortlich, hielt die Transportkisten und Rahmen in Evidenz und durfte die im Haus befindliche Tischlerwerkstätte auch für weitere fremde Arbeiten, hauptsächlich Bilderrahmen, in Eigenregie verwenden, vor allem aber natürlich für Mitglieder. Dieses Mitgliederservice hielt sich bis in die neueste Zeit; dem Tischler Eduard Ertl wurde sie allerdings zum Verhängnis, als er wegen “Pfuschens” 1994 gekündigt wurde.
Der Hausdiener („Knecht“) hielt den Dachboden, Keller und den Garten in Ordnung, arbeitete im Winter als Heizer und wurde fallweise auch noch zu anderen gröberen Arbeiten herangezogen.
Ein Dienstreglement oder eine verpflichtende Geschäftsordnung gab es jahrzehntelang nicht, obwohl des Öfteren von der Notwendigkeit einer solchen gesprochen wurde. Aber man kannte sich gegenseitig und auch aus. Die erste erhaltene Dienstordnung für einen der Beschäftigten, für den Hausdiener Ferdinand Astorfer, stammt von der Internationalen Kunstausstellung 1882:
Seine Arbeit begann um sieben Uhr früh. Als erstes musste er das Trottoir um das Haus reinigen und bespritzen. Um acht hatte er die Fahnen an den Fahnenstangen in der Lothringerstraße und am Ring aufzuziehen, wobei ihm ein zweiter Diener behilflich sein konnte. Dann hatte er den Hauskehricht, Hausabfall, zu sammeln, in den dafür vorgesehenen Raum zu tragen und nach bedarf an die Transportgesellschaft abzuliefern.
Um die Mittagsstunde hatte er den Portier abzulösen, damit dieser in Ruhe essen konnte. Um zwei Uhr waren die Trottoire wieder zu spritzen; danach konnte er dem eigens eingestellten Gärtner zur Hand gehen bzw. diverse Botengänge erledigen. Um sechs Uhr abends waren die Fahnen wieder abzunehmen.2
Für den Portier gab es ab dem 21. Jänner 1883 eine verbindliche “Dienstes-Vorschrift”, dem Tag der Aufnahme von Franz Angetter. Ihr Entwurf wurde zwar bereits 1881 ausgearbeitet, doch gelangte kaum zur Anwendung, da man nach dem Abgang des ersten Künstlerhausportiers Lukas im April 1881 mit der Neubesetzung seiner Stelle Probleme hatte. Keiner der damals kommenden Bewerber zeigte sich dem vielfältigen Aufgabenbereich im Künstlerhaus gewachsen und konnte auch nicht die Verlässlichkeit bieten, welche die Genossenschaft im Hinblick auf die im Haus befindlichen Kunstwerte verlangte.
Abgesehen von den Zeiten großer Ausstellungen war es der Portier, der das Vestibül und das Trottoir im Eingangsbereich zu pflegen hatte. Er verwahrte alle – damals noch sehr großen – Schlüssel in seiner Koje und war auch für das Absperren der Gasometer und der Wasserleitung verantwortlich. Die Reinigung des Vestibüls musste im Sommer um acht Uhr früh, im Winter um halb neun beendet sein.
Im April 1906 wurde Portier Pekar zu fünf Tagen Arrest verurteilt, da er anlässlich einer unvermutet angesetzten Glätte nicht gestreut hatte. Eine verletzte Frau, die ausglitt, zeigte ihn an. Dem Ausschuss gelang es jedoch, Pekar freizubekommen, man hatte ja für ihn kaum Ersatz und die ihm auferlegte Strafe zahlte deshalb die Genossenschaft.
Der Portier übernahm außerdem die vom Sekretariat an Mitglieder bestimmten Briefe und übergab sie den Betreffenden bzw. ließ sie austragen. Er hatte darüber zu wachen, dass kein „Unberufener“ im Künstlerhaus ein- und ausging und dass kein Gegenstand ohne Bewilligung des Sekretärs aus dem Haus getragen wurde. Er war für die Feuerlöschrequisiten verantwortlich und hatte jeden am Haus oder seiner Einrichtung bemerkten Schaden dem Sekretär sofort zu melden. Beim Portier musste sich auch jeder, das Haus verlassende, Diener abmelden.
In einem späteren, nicht datierten Entwurf eines Dienstreglements für den Portier wurden die Wünsche des Ausschusses präzisiert. Der Portier musste sich tagtäglich davon überzeugen, dass nach Kanzlei-, Casino- und Ausstellungsschluss alle Schlüssel bei ihm waren. Das Haupttor war gewöhnlich um zehn Uhr am Abend zu schließen, jeder nach diesem Zeitpunkt Passierende hatte das Sperrgeld zu zahlen. Der Portier sollte die Ausstellungsbesucher überwachen, damit keiner mit einer brennenden Zigarre bzw. Zigarette in die Ausstellungssäle ging, und dass alle ihre Regenschirme, Taschen oder großen Säcke in der Garderobe abgaben. Er durfte auch keine Hunde ins Haus lassen.
Der Portier sollte womöglich “die gewöhnlichen Verkehrssprachen sprechen”, um Fremden Auskunft erteilen zu können. Er hatte sich “zu befleißigen”, alle Genossenschaftsmitglieder kennenzulernen. Außerdem bekam er das Mitgliederverzeichnis, um eventuelle Kunstinteressierte und Käufer direkt und ausreichend zu informieren. Den Mitgliedern und dem Publikum gegenüber sollte sich der Portier stets gefällig und anständig benehmen.
Mehrere Punkte seiner Dienstordnung betrafen das Haus: der Portier sollte mehrmals täglich und auch während der Nacht Kontrollrundgänge machen, vor herankommenden Gewittern und Regen alle Fenster und Türen schließen, den Wasserstand des Reservoirs unter dem Dach überwachen, das ordentliche Schließen der Gas- und Wasserhähne kontrollieren und jede Verschwendung verhindern. Er sollte auf die Reinhaltung der Aborte und überhaupt des ganzen Hauses und seiner Umgebung aufpassen.
Der Portier sollte weiter das “Lagern von Obst- und Gemüseverkäufern” an den Mauervorsprüngen und der Eingangstreppe nicht dulden, ebenso das der Bettler. Die Gartenanlage war besonders im Hinblick auf Kinder und Hunde zu überwachen. Während der Ausstellungszeit hatte der Portier in “reiner Genossenschaftskleidung” zu erscheinen.
Ab etwa 1891 wurden sukzessive, je nach Bedarf, weitere Dienstvorschriften formuliert und den einzelnen Beschäftigten zur Unterschrift und Kenntnisnahme vorgelegt.
Die Aufseher und Billeteure hatten in der Früh die ausgestellten Kunstwerke vom eventuellen Staub zu reinigen, dem Publikum Kataloge zu verkaufen (der Katalogverkauf war jeden Abend in der Kanzlei genau abzurechnen) und sie hatten die spontanen, nicht angekündigten “allerhöchsten Besuche” – also des Kaisers und der Mitglieder seines Hauses, in der Kanzlei bzw. den Ausschussfunktionären sofort zu melden.
Während des Dienstes war es den Aufsehern strengstens verboten Zeitung zu lesen oder sich über eine längere Zeit zu entfernen. Zu Mittagszeit hatten sich die Aufseher gegenseitig abzulösen, die Ausstellung sollte nie ganz ohne Aufsicht bleiben.
Abbildung 54: Der uniformierte Aufseher im Treppenhaus des Künstlerhauses 1876. Xylographie von J. N. Schönberg. Die seitlichen Wände wurden beim Umbau 1887 entfernt.
Abbildung 54b. Der beim Buffet rechts stehende Casinodiener im Clubzimmer 1876. Xylographie von J. N. Schönberg. Parterre rechts, Blick gegen Süden, die Fenster gehen in die heutige Dumbastraße. Die Trennwand mit der ersten Tür wurde 1887 entfernt, wodurch ein großer Saal mit drei statt wie bisher zwei Fenstern entstand. Hinter der zweiten Tür im anschließenden Eckzimmer gegen den Karlsplatz befand sich die Bibliothek, zeitweise auch als Ausstellungssal für schwere Plastik verwendet.
Der Packer, “Emballeur”, empfing alle zur Ausstellung ins Haus gebrachten Kunstwerke und versah sie mit der Einlaufnummer. Die Bucheintragungen wurden im Einvernehmen mit dem Sekretariat vorgenommen. Besonders achten sollte der Packer auf den Zustand der ankommenden Verpackungen und Werke; jede Beschädigung oder Feuchtigkeit war sofort zu melden ein Protokoll anzulegen.3
Das Rauchen in den Depots war strengstens verboten, ebenso das Eintreten mit offenem Licht. Während der Abend- und Nachtarbeiten durfte nur eine “wohlverwahrte” Laterne benützt werden.
Der Monteur war für alle Gas- und Wasserleitungen verantwortlich und musste, soweit als möglich, gleich selbst alle Gebrechen beheben können. Alle Ersatzteile wurden von der Genossenschaft angeschafft und dem Monteur zur Verfügung gestellt; er musste nur rechtzeitig seinen Bedarf melden. Dem Monteur oblag das rechtzeitige Anzünden aller Lichter und ihr Löschen.
Ab 1893 gab es neben dem Portier auch einen Nachtwächter. Dessen Dienst begann um 22.00 Uhr und endete um 7.00 Uhr früh. Stündlich hatte er sechs Stationen abzugehen; dazu erhielt er eine Kontrolluhr. Er hatte die Keller und Dachböden zu kontrollieren, wo sich tagsüber fremde Handwerker aufhalten konnten. Er sollte die Torversperrungen prüfen, ob alle Fenster geschlossen waren und ob nirgends unnötig Licht brannte. Ab September 1905 konnte er sich auf Kosten der Genossenschaft einen Hund halten.
Im Jänner 1901 erachtete es der Leitende Ausschuss für notwendig, das Hauspersonal nun auch schriftlich darauf aufmerksam zu machen, dass kein Genossenschaftsmitglied ohne Wissen des Ausschusses dem Portier Aufträge zu erteilen hat. Notwendig wurde diese Anordnung anscheinend wegen der wachsenden Forderungen der im Künstlerhaus residierenden Tochtergesellschaften, Kommissionen und Clubs, die unter anderem ihre Korrespondenz durch die Genossenschaftskanzlei laufen lassen wollten. Ebenso gab es Sonderwünsche anlässlich ihrer Sitzungen und Veranstaltungen.
1925 wurde eine heute eher lustig wirkende Dienstanordnung herausgegeben, die damals jedoch durchaus ernst genommen wurde: man hatte “die Wahrnehmung gemacht, dass während der Arbeits- und Besuchszeit Angestellte des Hauses Bier in offenen Gläsern ins Haus tragen. Dieser das Ansehen des Hauses schwer schädigende Vorgang ist unstatthaft und wird daher strengstens untersagt.”
Die Gehälter waren von Anfang an recht unterschiedlich. So bezog Sekretär Karl B. Walz im Vereinsjahr 1872-1873 tausend Gulden, der Kassier und der Kanzlist je 540 Gulden, der Portier und die Saaldiener je 480 Gulden, der Tischler und der Hausknecht je 360 Gulden. Zu diesem Grundgehalt kamen allerdings diverse persönliche Zulagen, die auch recht unterschiedlich sein konnten, sowie die damals noch üblichen zahlreichen Trinkgelder.4
So gab es das Quartiergeld oder eine Naturalwohnung im Künstlerhaus, Zulagen für das Heizmaterial (oder Material in natura), die Weihnachtsremuneration aus Spenden der Mitglieder (anlässlich der Unterhaltungsabende während der Weihnachtszeit wurde für das Personals stets eine Sammelbüchse “diskret” aufgestellt). Es gab Neujahrsgelder aus der Genossenschaftskassa, Leistungszulagen anlässlich großer Ausstellungen und der Feste sowie fallweise Livreen und die Dienstkleidung.
Die Livreen wurden in der Regel von der Genossenschaft angeschafft, in manchen Fällen wurde ihr Wert den Beschäftigten direkt ausbezahlt. Bezogen hat man sie meistens von der Firma Jakob Rothberger am Stephansplatz. Die Livreen, erst nach der Jahrhundertwende als Uniformen bezeichnet, bekamen – gleich ab September 1868 – vor allem die Saaldiener, Aufseher, der Kassier und der Portier. Anfangs waren sie schwarz, später dunkelblau: Rock, Hose, Gilets, Kappen; weiße Krawatte, weiße Zwirnhandschuhe, an der Kappe die Inschrift “Künstlerhaus” oder “GBK”, 1901 sogar die “Wiener Künstler-Genossenschaft”. Für die Winterzeit bekam der Portier zusätzlich einen Pelz und gefütterte “Patschen”.
Anfangs wurden die Livreen alljährlich erneuert, später nur noch nach Bedarf. Einige Male bekam das gesamte, also auch das “unsichtbare” Personal solche Livreen; die Bedienerin erhielt eine seidene Schürze. 1913 wurde zum ersten Mal von der Anschaffung echter Arbeitskleidung gesprochen, 1916 von Monturen. 1917 wurden zum ersten Mal Winterröcke für alle “Diener” bestellt, 1923 wieder elf Stück.
Die letzten Uniformen für das Künstlerhaus, ab 1926 aus dunkelgrauem Stoff, wurden im März 1927 bestellt. Danach bekamen die Aufseher nur noch Armbinden, die sie zu ihrer normalen eigenen Zivilkleidung tragen sollten, dazu allerdings noch die alten Kappen. Im Dezember 1937 wurden acht Anzüge bestellt, sonst bekam das Personal nur noch Arbeitsmäntel, meist jedes Jahr.5
1941 wurden anlässlich der Ausstellung “80 Jahre Künstlerhaus” auch nur fünf Männeranzüge und zwei Damenkostüme angekauft; man war also in dieser doch kriegerischen, uniformliebenden Zeit im Künstlerhaus zivil. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam es noch einige Male zum Ankauf von Armbinden, grün oder rot, manchmal mit der Inschrift “Aufseher”; später gab es noch weiße Hemden für Aufseher und manche Arbeitskleidung bzw. Arbeitsmäntel für das sonstige Personal. Im Februar 1961 wurde die letzte Portierkappe gekauft.
Knapp vor 1900 kamen Emailabzeichen in Gebrauch, wahrscheinlich das übliche (schwarze?) Schild mit drei Schildchen (in Gold?), die von Ausschussmitgliedern und Mitgliedern der Ausstellungskommissionen zu tragen waren. Zeitweise trugen auch die Beamten diese Abzeichen. Die Ausschussmitglieder hatten dazu noch eine Goldquaste.
Eingeführt wurden diese Abzeichen zur Kenntlichmachung der Funktionäre und der Auskunftspersonen bei offiziellen Ausstellungseröffnungen. Sie mussten also nicht immer getragen werden; sie waren kein Mitgliedsabzeichen, sondern Zeichen des im Dienst stehenden Funktionärs. In den dreißiger Jahren waren sie noch in Verwendung, dann kamen sie außer Gebrauch.6
Als nach 1980 der Ausstellungsbetrieb und dementsprechend die Anzahl der persönlich kaum bekannten, nur kurzfristig Beschäftigten zunahm, begann nach amerikanischem Vorbild Namensschilder auszugeben, die an der linken Brustseite zu tragen waren. Diese Schilder wurden von Ausstellung zu Ausstellung erneuert. Sie dienten nicht mehr zur Orientierung des Publikums, sondern des Portiers (der Rezeptionsdame) und der zur Bewachung der ausgestellten Objekte fallweise angeforderten Polizeiwachmannschaft.
Eine soziale Versicherung des Personals im heutigen Sinn gab es anfangs nicht. Die Genossenschaft hat jedoch in der Regel alle Arztrechnungen bezahlt, gewährte Zuschüsse zu Kuraufenthalten und zahlte auch die Pensionen und Begräbniskosten, oder mindestens einen Teil davon. Entscheidend war, wie sympathisch der Betreffende dem Ausschuss war, auf wie viele Dienstjahre er zurückblicken konnte und ob man gerade genug Geld in der Kassa hatte. Im Dezember 1881 legte man den Anfang zu einem Pensionsfond der Bediensteten: eigene Sparbücher mit Einlage aus Einnahmen eines Tages der sensationellen russischen „Werestschagin-Ausstellung“. Es handelte sich um eine Widmung der Genossenschaft und dieses damals prominenten Malers.
Ab April 1899 war es auch den im Künstlerhaus Beschäftigten möglich dem ursprünglich nur den Künstlern vorbehaltenen Pensionsfond der Genossenschaft beizutreten. Die gesetzliche Sozialversicherung wurde 1913 eingeführt.7 Gegen Unfälle waren alle Beschäftigten ab 1884 beim “Verein von Industriellen zur Versicherung gegen körperliche Unfälle” versichert.
Die Arbeitszeit glich der sonst in Wien üblichen: acht bis neun Stunden täglich, mit Sonntagsruhe und einem freien Nachmittag unter der Woche. Für Überstunden ab 18.00 Uhr gab es Zulagen. Urlaube waren recht unterschiedlich, meist eine, zwei, aber auch schon fünf Wochen. Die Kündigungsfrist war beim Sekretär am längsten: drei Monate. Sie nahm nach Stellung des Betreffenden ab, die Aufseher konnten von einem Tag auf den anderen entlassen werden.
Allgemein waren die Arbeitsbedingungen im Künstlerhaus damals besser, als in der bürgerlichen Privatwirtschaft. Dessen waren sich auch die meisten Mitarbeiter bewusst und arbeiteten dementsprechend gerne im Künstlerhaus, wobei eine hohe Anzahl an Dienstjahren keine Ausnahme war. Fast jeder wurde auf seinem Gebiet Fachmann und war auch mit vielen Mitgliedern befreundet, man genoss allgemein eine Vertrauensstellung. Dienstjubiläen wurden besonders gefeiert und sie gaben Anlass zu mancher Ehrung der Betreffenden.
Im Februar 1881 bekam der Diener Daniel Müller anlässlich seines zehnjährigen Dienstes zusätzlich 30 Gulden. Im Februar 1911 der Billeteur Johann Skalvi, der Portier Johann Hanke und die Waschfrau Marie Hannischmidt für ihre 25jährige Dienstzeit je 250 Kronen. Im Dezember 1912 feierte der Vizesekretär Anton Lukasch sein 25jähriges Dienstjubiläum: ihm wurden 25 Zwanzigkronen-Goldmünzen in einem besonderen Etui übergeben. Im September 1913 erhielt der Nachtwächter bzw. Portier Albert Pekar für 25 Dienstjahre 250 Kronen.
Packmeister Arthur Pretsch bekam anlässlich seines 25jährigen Dienstjubiläums im Dezember 1913 außer den üblichen 250 Kronen ein Dekret und den Titel “Saalmeister”, der 1919 in “Hausverwalter” umgewandelt wurde. Im Oktober 1915 hieß der Gefeierte der Bürodiener Karl Pencik; für seine 25 Künstlerhausjahre bekam er neben den 250 Kronen den Titel “Skontist”.
Im Jänner 1917 bekam die Bedienerin Marie Hannischmidt für ihre dreißigjährige Hauszugehörigkeit eine goldene Halskette vom Ausschuss geschenkt. Im Juni 1928 wurde der Billeteur Johann Skalvi anlässlich seines 40jährigen Dienstjubiläums auf Ansuchen der Genossenschaft sogar vom Bundespräsidenten durch eine Ehrenmedaille geehrt. Karl Pencik erhielt im Dezember 1929 aus demselben Anlass 400 Schilling und den Titel “Kanzleiverwalter”. Der Portier Franz Schachner bekam im November 1930 für seinen vierzigjährigen Dienst tausend Schilling; über die gleiche Summe freute sich der Kassier Franz Effenberger im April 1933, für seine ebenfalls vierzig Jahre.
Im Dezember 1938 feierte Karl Pencik sein fünfzigjähriges Dienstjubiläum. Obwohl eigentlich ab dem 1. Oktober 1934 im Ruhestand, war er immer noch im Künstlerhaus täglich tätig. Nun wurde ihm zu Ehren im Präsidentensaal (Ranftlzimmer) ein “Betriebsappell” veranstaltet und ihm eine Tabakspende sowie 300 Reichsmark überreicht.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde man etwas sparsamer: Fritz Holzinger bekam 1951 für seine 25 Jahre im Künstlerhaus nur ein zusätzliches Monatsgehalt, ähnlich Leopold Holzinger 1952 für 30 Dienstjahre. Zu ihren 30 bzw. 35 Dienstjahren 1956 und 1957 bekamen beide je eine silberne Medaille von Rudolf Schmidt sowie wieder jeder ein Monatsgehalt. Im November 1961 erhielt Fritz Holzinger für seine 35 Dienstjahre 3000 Schilling, 1968 Filmvorführer Wilhelm Gober anlässlich seines zwanzigjährigen Jubiläums ein Monatsgehalt sowie ein Ölgemälde von Erhard Amadeus-Dier. Sekretärin Gertrude Reckziegel wurde nach 22 Dienstjahren zum außerordentlichen Mitglied ernannt,8 worüber sie sich sehr freute.
Von den meisten Beschäftigten wurde Verantwortungsbewusstsein, man ging ja schließlich ständig mit hohen materiellen und ideellen Werten um, sowie Selbständigkeit und Entscheidungsfreudigkeit verlangt. Solche Arbeitskräfte konnten dann allein, ohne Aufsicht und ohne eines weiteren dirigierenden Organs in ihrem Bereich wirken. Ein typisches Beispiel der Erfüllung solcher Aufgaben waren Auslandsausstellungen der Genossenschaft und die damit verbundenen Personalentsendungen (wenn auch öfters in Begleitung eines Ausschussmitgliedes).
Der Diener Pietro Modena war als erster in solch einer Funktion tätig, als er 1876 zur Weltausstellung nach Philadelphia in die USA reiste. Dort dürfte er seine Arbeit gut gemacht haben, denn schon zwei Jahre später wurde Modena zur Weltausstellung nach Paris geschickt. Im Frühjahr 1893 fuhr der Diener Arthur Pretsch zur Weltausstellung nach Chicago; nachdem die Ausstellung arrangiert und eröffnet worden war, wollte Pretsch plötzlich aus den USA nach Wien zurückkehren, was ihm allerdings vom Ausschuss verboten wurde. Man hatte Angst um die Sicherheit der Exponate und Pretsch sollte noch während der Ausstellungsdauer den Dienst des Saalaufsehers machen, wofür er mit fünf Dollar pro Tag entlohnt wurde. Im Juni 1893 ersetzte man ihn durch den Magazineur Johann Hanke; ob nur Heimweh die Ursache seines Drängens war, ist aus den Akten nicht ersichtlich. 1913 arbeitete Pretsch für die Genossenschaft in München, im Februar 1914 in Budapest, im April 1914 in Berlin.9
Der Weltkrieg und die ärmlichen Nachkriegsverhältnisse brachten auch für das Hauspersonal gravierende Änderungen. Schon während des Krieges wurden Teuerungszulagen ausbezahlt; glücklicherweise musste keiner von den Hausangestellten einrücken. Durch die fortschreitende Inflation kamen diese Zulagen immer öfters und in immer größerer Höhe – trotzdem sank der Lebensstandard aller Beschäftigten.
1919 wurden mehrere Mitarbeiter zum Beitritt in eine radikale Gewerkschaftsorganisation animiert und begannen gleich weitere Gehaltserhöhungen zu urgieren. Der Ausschuss zahlte ohne jeden Protest, er sah die allgemein schwierige Lage ein; er hätte auch ohne dieses Druckmittel wie bisher die fälligen Erhöhungen vorgenommen. Durch das solcherart verschlechterte Arbeitsklima im Künstlerhaus zeigte man sich im Ausschuss jedoch sehr betroffen.
Am 1. Mai 1919 hatten alle Bediensteten frei und das Künstlerhaus blieb geschlossen. Am 1. Mai des Jahres 1921 öffnete man das Künstlerhaus; den Dienst versahen aber, ehrenamtlich, Mitglieder der Ausstellungskommission, während das Hauspersonal zur Gänze frei hatte. In den folgenden Jahren blieb das Künstlerhaus am 1. Mai jeweils geschlossen.10
Trotz der revolutionären Stimmung und aller wirtschaftlichen Not konnte der Personalstand über die zwanziger Jahre noch unvermindert gehalten werden. Dabei hatte man kaum Bargeld in der Kassa, oft nur wenige Tage vor dem Auszahlungstermin wusste der Kassier nicht, womit er die Gehälter zahlen sollte. Erst die außerordentliche Hauptversammlung am 27. Dezember 1934 beschloss doch eine drastische Herabsetzung des Personalstandes von 16 auf zehn Mitarbeiter. Tatsächlich sofort abgebaut wurden aber nur drei, bereits über sechzig Jahre alte, Angestellte, die in Pension gingen. 1935 hatte man immer noch zwölf Mitarbeiter, erst 1936 sank ihre Anzahl auf die gewünschten zehn.
Dafür war man mit dem 1. Jänner 1932 zu Gehaltskürzungen um ein Viertel(!) gezwungen; zu dieser harten Maßnahme kam man einvernehmlich mit allen Betroffenen, die immerhin froh waren zumindest eine, wenn auch schlechter bezahlte Arbeit zu haben. Diese herabgesetzten Gehälter blieben dann bis zum Anschluss 1938 eingefroren. 1936 musste man nach dem Gesetz zum ersten Mal einen Gewerkschaftsvertreter wählen, für das Künstlerhaus eine Wahl ohne praktische Bedeutung. Der Konflikt von 1919 blieb eine einmalige Entgleisung des Personals.
Ab dem Sommer 1935 wurde es üblich, etwa zwischen dem 15. Juli und dem 15. manchmal sogar dem 31. August das Haus ganz zu sperren, das Personal zu beurlauben und nur einen Journaldienst bzw. eventuell nur die „Ständige Ausstellung“ aufrechtzuerhalten. Diese Sommersperre, aus Sparsamkeit eingeführt, lebte sich ein und sie hatte ihre Berechtigung; die meisten Wiener waren zu dieser Zeit ohnehin auf Sommerfrische bzw. auf Urlaub, für den Kunsthandel gab es eine tote Saison. Erst vierzig Jahre später, nach 1975 ging Präsident Hans Mayr von diesen Sommerpausen wieder ab. Durch die veränderte Gesellschaftsstruktur stand für das Künstlerhaus nun nicht mehr der Kunsthandel, sondern das Service für fremde Touristen im Vordergrund seiner Überlegungen; dafür wurde später eine Sommerpause im Kino eingeführt.
Der Anschluss Österreichs an das „Dritte Reich“ 1938 brachte zunächst kaum politisch bedingte Personalveränderungen. Zufällig waren im Künstlerhaus keine Juden oder „jüdische Mischlinge“ beschäftigt gewesen, was man dem Staatskommissär beim Reichsstatthalter SS-Standartenführer Dr. Otto Wächter auf seine diesbezügliche Anfrage vom 14. Oktober 1938 meldete. Trotzdem gab es damals eine entscheidende Neuerung: im November 1938 kam die erste Frau – Johanna Sommer – als Schreibkraft in das Sekretariat.
Bis dahin gab es im Künstlerhaus Frauen nur zur Reinigung, in der Garderobe oder als Köchinnen bzw. Wirtinnen im Restaurant (nicht als Bedienungspersonal im Casino, da waren die Herren wirklich unter sich). Ab dem 1. Dezember 1895 stellte man zwar probeweise Fräulein Marianne Mattauschek als Schreibkraft in der Kanzlei an; als sie dann mit Ende März 1898 selbst ausschied, wurde doch wieder einen Mann aufgenommen. Ab November 1938 zogen nun aber immer mehr und mehr Frauen ins Sekretariat ein und sie sind von dort heute nicht mehr wegzudenken, obwohl das erste – bzw. zweite – Fräulein in der Hausgeschichte Johanna Sommer von sich aus mit Ende Juli 1939 wieder das Haus verlassen hatte. Dass man gegen die Beschäftigung von Frauen im Allgemeinen nichts einzuwenden hatte, geht aus der am 18. Juni 1939, also noch vor dem Krieg, erschienenen Suchanzeige hervor, wo man praktisch nur noch nach Frauen „rief“. Man verlangte gute Allgemeinbildung, Kurzschrift und Maschinenschreibkenntnisse; die neue Sekretärin sollte selbständig und umsichtig arbeiten. Das aufgrund dieser Annonce aufgenommenes Fräulein blieb allerdings wieder nicht lange; nach ihr kamen und gingen weitere.
Eine Ausnahme war, was die Anstellungsdauer betrifft, Frau Rosa Greipel – geboren am 15. August 1889 -, die ab dem 13. November 1907 in der Secession arbeitete und Ende 1939 vom Künstlerhaus übernommen wurde. Sie sah also auf eine mehr als dreißigjährige Dienstzeit bei einem einzigen Arbeitgeber zurück. Im Mai 1942 wurde sie krank und musste mit dem 15. November 1942 in Pension geschickt werden.
Die Ursache der hohen Fluktuation der weiblichen Angestellten lag in der Regel in ihren familiären Verhältnissen: in der Heirat und der meist folgenden Schwangerschaft. Das brachte einen gravierenden Nachteil für das Künstlerhaus: die Arbeitsqualität des Sekretariats sank, neue Kräfte mussten immer wieder eingearbeitet werden, viel angeeignetes Wissen ging immer wieder verloren. Damals begann eine im Haus vorher nicht gekannte Entfremdung zwischen den Mitgliedern und dem Sekretariat. Sich immer wieder aufs Neue vorstellen zu müssen, ermüdet.
Mit Jahresbeginn 1939 wurden endlich die 1932 herabgesetzten und seitdem unverändert gebliebenen Löhne und Gehälter hinaufgesetzt und das sogar überdurchschnittlich. Für manchen der seinerzeit opferwilligen Mitarbeiter kam diese Verbesserung aber zu spät bzw. er konnte sich nicht lange an ihr erfreuen. Im Sommer 1939 wurde als erster der Künstlerhausangestellten der Aufseher Johann Schmuckerschlag zur Deutschen Wehrmacht einberufen (in der Folge unterstützte das Künstlerhaus dessen Kind mit zusätzlichen 20 RM monatlich), in weiteren Wochen folgten Leopold Holzinger, Johann Schantel und Ernst Krammer, später noch Franz Ziegler.
Ernst Krammer kam Ende 1939 von der Secession, wo er seit dem 1. Februar 1923 beschäftigt war. Da er sich mit dem Secessionsgebäude und seiner technischen Ausstattung sehr gut auskannte, versuchte man ihn vergeblich 1942 von der Wehrmacht freizubekommen. Ernst Krammer fiel, nachdem er den Russlandfeldzug glücklich überstanden hatte, am 1. Mai 1945 in den Kämpfen um Berlin.
Franz Ziegler kam ins Künstlerhaus ebenfalls von der Secession, wo er seit dem 1. April 1924 beschäftigt war. Seine Frau Marie versorgte nach seiner Einrückung das Secessionsgebäude und wohnte auch darin. Franz Ziegler kehrte nach dem Krieg aus der Gefangenschaft glücklich zurück und wurde im Künstlerhaus ab dem 8. Jänner 1947 als Heizer angestellt. Er starb am 28. Jänner 1954.
Johann Schmuckerschlag war im Künstlerhaus als Tischler und Aufseher ab dem 15. Jänner 1935 beschäftigt. Auch er konnte nach dem Krieg ins Künstlerhaus zurückkehren. Er starb am 12. August 1968.
Johann Schantel war im Künstlerhaus als Portier ab dem 12. Jänner 1933 beschäftigt und konnte ebenfalls seinen Dienst nach dem Krieg, wenn auch nur noch als 50 % Invalide, fortsetzen. Mit dem 31. Dezember 1968 ging er in Pension. Da er ursprünglich im Künstlerhaus gewohnt hatte, konnte man ihm schon 1951 durch eine pro forma angedrohte Delogierung zu einer Gemeindewohnung verhelfen.
Leopold Holzinger war im Künstlerhaus ab dem 1. Juli 1922 beschäftigt und konnte seine Arbeit, nachdem er aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft in Italien zurückgekehrt war, am 20. Dezember 1946 wieder aufnehmen. Mit 31. Dezember 1965 ging er in Pension, starb aber bereits am 23. Jänner 1966.
Durch die Einberufungen musste natürlich die Arbeit im Künstlerhaus und in der Secession leiden. Ein neues Personal war kaum zu bekommen; dazu gab es durch die veränderten politischen Verhältnisse eine stark erhöhte Ausstellungstätigkeit. Unter Personalmangel litt nun auch der Restaurantpächter. Nachdem Johann Schantel zur Wehrmacht einrücken musste, war das Künstlerhaus ab dem 1. Februar 1940 (für fünf Jahre) nicht mehr bewohnt. Notwendige Aufseher wurden kurzfristig aus Pensionistenkreisen angeworben oder manchmal auch von den staatlichen Museen leihweise zugeteilt. In der Kanzlei arbeiteten ab 1940 nur noch drei Leute, für die Betreuung beider Häuser (Künstlerhaus und Secession) gab es insgesamt etwa dreizehn Kräfte.
Doch es herrschte nicht nur Personalmangel. Schon 1939 gab es die ersten Schwierigkeiten mit dem Bezug von Seife, ab 1941 war kaum neue Arbeitskleidung zu bekommen. Da es ab 1943 keine Taschenlampen und keine Batterien mehr gab, gingen der Nachtwächter und die ab Jänner 1943 wegen der Luftangriffsgefahr eingesetzte Brandwache mit alten Petroleumlampen herum. Doch auch das Petroleum war bald nur über schwer erhältliche Bezugsscheine zu haben.
Als Ende Mai 1943 im Künstlerhaus die „Werkküche“ eingerichtet wurde, hat man 25 alte Tische mit Kunststoffplatten 75 x 118 cm der Eternitwerke Ludwig Hatschek notdürftig hergerichtet, denn an die Beschaffung von Tischtüchern war unter den gegebenen Umständen auch nicht mehr zu denken. Die Küche erhielt aber ein neues Porzellangeschirr mit rechteckigen, durch einen Mittelsteg geteilten Schüsseln für zwei Speisen.11
Natürlich musste in dieser Situation der Schwarzmarkt florieren. Schon im Frühjahr 1943 fand dieser Markt offen auf der Straße und sogar direkt vor dem Künstlerhaus statt. Wie aus einem Protest des stellvertretenden Vorsitzenden Prof. Dr. Erwin Ilz an den Stadtrat und späteren Bürgermeister Ing. Hanns Blaschke vom 19. Juli 1943 hervorgeht, hatten “diese Leute ihre Zusammenkünfte und den Warenhandel vor das Künstlerhaus verlegt. Sie stehen und sitzen in dichten Haufen sowohl in der Akademiestraße als auch vor der Hauptfront des Gebäudes am Karlsplatz und behindern so den freien Zugang der Ausstellungsbesucher”. Die Schleichhändler handelten mit Bekleidung, Tabak, Lebensmitteln und allem dringend Nötigen. Ein lebendiges, orientalisches Bazarleben direkt vor dem Künstlerhaus. War ein Polizist in Sicht, zerstreuten sich die Leute, kamen aber vollzählig wieder, nachdem das Polizeiorgan verschwunden war.
Ab 1943 fanden diverse Unterstützungsaktionen der „Belegschaft“ durch die Deutsche Arbeitsfront statt, so etwa Weinverkäufe. Dabei mussten die Betriebsmitglieder selbst je eine gut gereinigte Einliterflasche samt Korkstöpsel zur Verfügung stellen und für den Wein noch 4,60 RM bezahlen. Trotzdem war das Interesse groß.
Mit den zunehmenden Luftangriffen waren besondere Regelungen der Deutschen Arbeitsfront erschienen, die aber für das Künstlerhaus geringe praktische Bedeutung hatten. Wichtiger hingegen waren Bestimmungen, was man alles bei Alarm in den Luftschutzkeller mitnehmen sollte; was mit angefangener Arbeit, was mit offenem Geld, was mit Protokollen usw. in der Schnelligkeit geschehen sollte.
Schon am 7. September 1940 erschien eine Verordnung des Wiener Polizeipräsidenten, wonach auch in Wien mit überraschenden Luftangriffen zu rechnen wäre und somit ein behelfsmäßiger Wachdienst für die Dauer der Arbeitsruhe eingerichtet werden musste. Nachdem das Künstlerhaus ab dem Februar 1940 unbewohnt war, übernahm der Nachtportier die Aufgaben des Luftschutzes.
Der Portier sollte nach dem Ende des Luftangriffs das Grundstück und das Gebäude abgehen und nach eventuellen Schäden untersuchen. Waren solche Schäden vorhanden, sollte er sie der nächsten Polizeidienststelle melden und selbst mit allfälligen Abwehrmaßnahmen beginnen. Sollten seine Kräfte dafür nicht ausreichen, konnte er nachbarliche Hilfe verlangen. Ein Anspruch auf Vergütung und Entschädigung bestand für diese Dienstleistung nicht. Für das im Haus befindliche Personal wurde das Anlegen von Schutzräumen befohlen.
Nach einer behördlichen Hausüberprüfung Anfang Februar 1941 zeigte es sich, dass das Künstlerhaus noch immer nicht über Schutzräume verfügte und so wurde es am 6. Februar 1941 durch ein Behördenerlass für das Publikum geschlossen. Da sich das Künstlerhaus ohnehin in der Renovierung befand, war dieser Bescheid bedeutungslos, was auch in der Berufung vom 26. Februar 1941 zum Ausdruck gebracht wurde.
Im Haus hielten sich tagsüber nur einzelne Mitglieder auf; ständig beschäftigt waren 1941-1945 etwa dreizehn Personen, davon fünf weibliche; drei Kanzleikräfte, fünf Hausangestellte und fallweise benötigte Arbeiter. Für sie konnte der zwei Stockwerke tief liegende Keller als Schutzraum dienen, dessen Adaptierung zu dieser Zeit bereits geplant war. Außerdem befand sich hinter der Handelsakademie, im Haus Karlsplatz 2, ein großer öffentlicher Luftschutzraum in Bau, der später, als das Künstlerhaus wieder im Betrieb stand, auch die Ausstellungsbesucher aufnehmen konnte.
Am 6., 8. und 12. Mai 1941 wurde der “Betriebsluftschutzleiter” Direktor H. Acherer in das 4. Polizeirevier vorgeladen, wo man ihn über einen neuen Erlass des für die Luftverteidigung zuständigen Reichsmarschalls Hermann Göring informierte. Es galt sich nun wirklich und schnell um die Vervollständigung der Ausrüstung zu kümmern, um die Anschaffung der Luftschutzgeräte, Gasmasken für jede Einsatzkraft,12 um Aufstellung von Löschmitteln (5 m³ Löschsand), um Bezeichnung der Schutzräume und der Wege, um Liegen und Unterbringungsmöglichkeiten für mindestens ein Drittel der Einsatzkräfte und ähnlichem. Gleichzeitig musste die Ausbildung durch Feuerwehrübungen forciert werden; Lungenkranke bzw. Personen mit offenen, ansteckenden Krankheiten waren von diesen Übungen befreit. Ein Luftschutzplan musste ausgearbeitet und behördlich genehmigt werden. Für die notwendigen Bauarbeiten und technischen Einrichtungen, wie neue Abgänge, Splitterschutz, Beleuchtung, Notaborte etc. gab es entsprechende Subventionen.
Die ersten Ausbildungskurse der Einsatzkräfte liefen im April 1941 an. Das Hauspersonal wurde zu Feuerwehrmännern, Sanitätsschwestern, Meldern und Laienhelferinnen ausgebildet. Im Mai und Juli 1943 fanden im Künstlerhaus auch für die Mitglieder entsprechende Kurse statt, vor allem im Hinblick auf die Einführung der allnächtlichen Brandwache.
Zur Vermeidung von Spiegelungen in mondhellen Nächten waren sämtliche Glasdächer mit einem Blendschutzanstrich zu versehen, mit dem man allerdings große Schwierigkeiten hatte und schließlich nach mehreren Versuchen von dieser Maßnahme absah. Begründen und durchsetzen konnte man dies mit Hinweis an das Haus der Kunst in München, dessen Oberlichter ebenfalls nicht angestrichen wurden.
Unverständlich ist, dass die vierzehn im Künstlerhaus befindlichen alten Wasserhydranten bis dahin keine der Wiener Feuerwehr entsprechenden, genormten Schlauchkupplungen besaßen. Die allgemeine Anordnung zur Umstellung auf genormte Schlauchkupplungen im ganzen Deutschen Reich gab Hermann Göring am 21. April 1941 heraus. Dem Künstlerhaus wurde dies am 24. Juli 1941 vorgeschrieben, aber erst am 1. Oktober 1941 wurde um die Ausstellung eines Bezugsscheines angesucht. Die “Reichsgruppe Industrie” bestätigte den Empfang und bat den benötigten Bedarf auf einem dafür vorbestimmten Formular in dreifacher Ausfertigung einzureichen. Wann dann wirklich im Künstlerhaus die genormten Kupplungen montiert wurden, ist nicht mehr eruierbar. Die Zuteilung erfolgte im Rahmen des zur Verfügung stehenden Kontingents.
Im Oktober 1941 wurde die Aufstellung von Brandwachen angeordnet, vorläufig genügten tagsüber angelernte Arbeitskräfte, in der Nacht der Portier. Ursprünglich nur zwischen 22.00 und 5.00 Uhr, musste der Brandwachendienst ab dem 28. August 1943 über die gesamte dienstfreie Zeit ausgedehnt werden, d. h. wochentags zwischen 17.00 bis 8.00, an Feiertagen rund um die Uhr. Im Künstlerhaus wurde die Wache auf freiwilliger Basis aus den Mitgliedern gestellt; dabei wurde Rücksicht auf die Familienverhältnisse jedes Einzelnen genommen. Zum Dienst herangezogen wurden vor allem unverheiratete oder kinderlose Männer.
Am 17. September 1943 wurde der schon 1941 im zweiten Souterrain errichtete Luftschutzraum behördlich überprüft und auf Grund seiner Ausmaße für die Unterbringung von maximal 150 Personen berechnet. Für den Ausstellungsbetrieb war dies insofern von Bedeutung, als man von nun an stets darauf achten musste, dass sich nie mehr als 150 Personen gleichzeitig im Künstlerhaus aufhielten. Vor allem bei Vernissagen wurde dies zum großen Problem. Am 24. November 1943 wurde die behördlich festgelegte Zahl auf 300 erhöht, nachdem man den Schutzraum um die Kneipe erweitert hatte.
Der Zugang zum Luftschutzraum war über die steinerne Wendeltreppe links im Foyer, durch eine Gasschleuse. Am Ende des Raumes unter dem linken Oktogon befand sich ein Notausstieg. Es gab zwei Aborte; 1943 baute man neue Entlüftungen ein.
Abgesehen von dem normalen Luftschutzwarndienst durch Sirenen, die durch eine eigene, im Haus befindliche Handsirene im Inneren zu ergänzen war, gab es ab dem 8. April 1944 noch besondere telefonische Meldungen der Luftschutz-Warnstelle Wien. Nach dem Eingang der ersten Luftlagemeldung war eine Telefonleitung unbedingt von allen sonstigen Ferngesprächen freizuhalten.
Verwunderlich ist, wie wenige Ausrüstungsgegenstände man damals im Künstlerhaus hatte. 1941 angeschafft und 1943 bei einer Überprüfung inventarisiert wurden: 6 Helme, 6 tschechische Gasmasken und eine Volksgasmaske, 14 Einsatzfilter, 3 Feuerwehranzüge, 3 Einstellspritzen, 17 Blechkübel, 2 Petroleumlaternen, 3 Einreißhacken, 3 Schaufeln, 3 kleine und 2 große Beile und 2 Tragbahren. Weiters Armbinden mit folgenden Aufschriften: 6 “Feuerwehr”, eine “Melder”, 6 “Ordner”, 4 “Sanität”, eine “Betriebsluftschutzleiter” und eine “Betriebsluftschutzleiter-Stellvertreter”.
1943 wollte man neue Wasserbottiche und Einreißhaken anschaffen. Die Bestellungen gingen am 16. und am 30. März 1943 ab; im August wurden die letzten Eisenmarken übermittelt, am 16. Februar 1944 stornierte die Firma die Bestellung, wegen Unmöglichkeit der Lieferung. Nur die Haken konnten inzwischen gebracht werden. Statt der eisernen Wasserbehälter wurden dem Künstlerhaus acht Holztonnen angeboten, die lt. einer Mahnung am 8. Juni 1944 immer noch nicht geliefert worden sind. Nachdem auch später keine Rechnung ausgestellt wurde, ist es anzunehmen, dass das Künstlerhaus diese Wasserbottiche nie bekommen hat.
Am 4. Februar 1945 wurde die Ausrüstung der in der Künstlerhaus-Heimwerkstätte arbeitenden Künstler behördlich überprüft. Nur die wenigsten von ihnen hatten eine eigene Gasmaske; die Gesellschaft bestellte für sie 20 Stück – auch sie wurden bis Kriegsende nicht mehr geliefert. Gebraucht wurden sie vor allem zur Brandbekämpfung nach Bombenangriffen; Angst vor Gasgeschossen und Gasangriffen hatte man weniger.
Nach den Erfahrungen der Bombenangriffe Ende 1944 und Anfang 1945 zeigte sich der Künstlerhausschutzraum als zu schwach, worauf der Architekt Hans Jaksch ein Projekt zur Auspölzung ausarbeitete. Das benötigte Holz bekam das Künstlerhaus jedoch nicht, da die zuständigen Stellen im März 1945 von der Sinnlosigkeit dieser Verbesserung überzeugt waren. Dafür wurde die Benützung des Kellers als “auf eigene Gefahr” erklärt und der Belegschaft der doch weit entfernte Schutzraum im Pfarrhof Augustinerstraße 7 zugewiesen. Nach dem ersten Sirenensignal musste die Sekretärin Frau Melanie Köppl diesbezügliche Eintrittskarten verteilen, denn nur mit diesen war die Benützung des Luftschutzkellers möglich. Ausstellungsbetrieb gab es ohnehin keinen mehr, im Haus waren nur Verkaufsstellen der vier Wiener Künstlervereinigungen (Gesellschaft, Gemeinschaft, Künstlerinnen und die Kameradschaft Wien-Nord) untergebracht. In der Secession befand sich mangels tiefer Unterkellerung kein Luftschutzkeller.
Für jede Einsatzkraft gab es ab 1943 eigene Anordnungen. So betätigte während eines Tagalarms der “Betriebsluftschutzleiter-Stellvertreter” Sekretär Sepp Brandl die Handsirene, der “Zweite Betriebsluftschutzleiter-Stellvertreter” Fritz Holzinger trug das Rundfunkgerät in das Werkküchen-Stüberl, stellte es auf den, ab Jänner 1944 durch das Telefonnetz übertragenen, Drahtfunk ein und verblieb beim Telefon. Feuerwehrmann Heinrich Kirchheiser schloss die Eisentüren vom überdachten Vorhof im linken Graben zur Werkstätte und in das Bilderdepot; außerdem trug er leichte und wertvolle Kunstwerke in den Keller.
Feuerwehrmann Johann Pichler war für die Bereitstellung der Geräte verantwortlich, musste die Gashauptleitung abdrehen und den Feuerhydranten anschließen. Feuerwehrmann Josef Freiberk hatte das Alarmgepäck der Kanzlei, Schreibmaschinen und sonstige wichtige Gegenstände aus dem Sekretariat in den Keller zu bringen. Feuerwehrmann Johann Morschl hatte zu kontrollieren, ob alle Ausstellungsbesucher die Säle verlassen hatten; die Besucher wurden durch Ordner (Aufseher) in die Schutzräume geführt (Kneipe und das Haus Karlsplatz 2).
Die Sanitäterinnen Melanie Köppl und Maria Krammer hatten das Büro luftschutzbereit zu machen, d. h. die Alarmpakete vorzubereiten, das Telefon zu sichern, die Apotheken und Frischwasser zu holen. Sanitäterin Grete Hanausek hatte alle Fenster zu öffnen. Melderin Lotte Petzl half Frau Hanausek und hielt sich zum Verbindungsdienst bereit. Im Notfall – nach Verständigung – sprang jeder für den anderen ein.
Nach Dienstschluss wurden jeden Tag abends alle Hydranten einsatzbereit gemacht, die Alarmpakete der Kanzleien in den Keller gebracht, die Einsatzkräfte eingeteilt, das Telefon in der Werkküche besetzt und das Rundfunkgerät angeschlossen. Der Nachtwächter kontrollierte alle Eisentüren, schloss den Hauptgashahn, prüfte ob die Verdunkelung in Ordnung war und brachte die Akkumulatorenlampen. Die Innenfenster wurden geöffnet.
In Angriffspausen waren Kontrollrundgänge zu machen, allfällige Brände sollten spätestens bei der Vorentwarnung bekämpft werden, womöglich aber schon in den Angriffspausen. Die Brandwachendienste wurden ab 1943 finanziell entschädigt und bekamen auch ein Zehrgeld von 2,50 RM.
In den sogenannten Alarmpaketen befanden sich die gerade bearbeiteten Akten, die außerdem sicherheitshalber in mehreren Durchschlägen erledigt wurden. Ab 1944 gab es Ausweichstellen in Wien und Umgebung, wohin stets je ein Durchschlag gebracht wurde.13 Zum Glück wurden alle diese Vorbereitungen nie im Ernstfall benötigt; das Künstlerhaus wurde durch keine Bombe getroffen und die in der nächsten Umgebung stattgefundenen Kampfhandlungen hatten nur Glasbrüche zur Folge.
Nach dem Krieg wurden ab dem 1. Jänner 1946 alle Löhne um ein Drittel(!) gesenkt, so dass sie nun sogar unter dem allgemeinen Lohnniveau lagen. Obwohl die Secession eine Ruine war und zu Ausstellungen nicht benützt werden konnte, nahm 1946 die Zahl ihrer Beschäftigten stark zu. Im Juni 1946 standen auf der Gehaltsliste 20 Namen, im Juli 21, im September 25, doch davon war aber die Hälfte krank oder im Pensionsalter. Die Zahl stieg durch notwendige Neuaufnahmen junger Kräfte, die tatsächlich arbeiten konnten und durch die Heimkehrer, die man unmöglich vor die Tür setzen konnte.
Wie heute unvorstellbar schlecht es damals der Wiener Bevölkerung allgemein ging, zeigt u. a. eine Personal-Schuhaktion vom Juni 1948. Man konnte Lederschuhe bestellen, “friedensmässig ausgeführt, mit Ledersohle”; ein Paar kostete zwischen 130 und 180 Schilling, das war etwa ein Drittel bis die Hälfte eines Monatsgehalts. Trotzdem haben fast alle Beschäftigten diese Schuhe bestellt.
Bis zum Jahresbeginn 1949 reduzierte sich die Anzahl der Beschäftigten auf 13, dazu kamen dann aber 15 neue Mitarbeiter für das Kino. Zum Teil handelte es sich um das alte Hauspersonal, das nur übertragen wurde, zum Teil aber um echte Neuaufnahmen, hauptsächlich des technischen Personals. Im Kino arbeiteten neben einem Geschäftsführer und einem Programmierer zwei Vorführer, vier Billeteure, drei Kassiererinnen, zwei Bedienerinnen und eine Garderobiere.
Die Bürostunden dieser Zeit waren meist von 8.00 Uhr früh bis 17.00 Uhr nachmittags, oft mit einer einstündigen Mittagspause. Ab 1951 war das Sekretariat schon ab 7.00 Uhr offen. Die Handwerker arbeiteten nach Bedarf und hatten nicht selten kaum geregelte Arbeitszeiten. Vor den Ausstellungen wurde mehr gearbeitet, sogar bis spät in die Nacht hinein; nach dem Ausstellungsabbau wieder weniger oder gar nicht. Die Handwerker waren allgemein noch pflichtbewusst und nützten diese persönliche Freiheit nicht aus.
Während des Jahres 1951 kam es infolge der verbesserten allgemeinen Verhältnisse zu mehreren Gehalts- und Lohnerhöhungen, sodass manche Mitarbeiter zu Jahresende um die Hälfte mehr verdienten, als zu Jahresbeginn. Alle diese Erhöhungen wurden mit der Gewerkschaft abgesprochen; dabei zeigten sich schon Tendenzen, die Künstlerhausmitarbeiter über die Kollektivverträge zu entlohnen, während dies 1946-1947 noch umgekehrt war.
1951 waren im Kino dreizehn Leute beschäftigt, im Haus elf: der Direktor, der Materialverwalter, der Hängemeister, der Buchhalter, zwei Stenotypistinnen, der Portier, der Nachtportier,14 zwei Bedienerinnen und der Heizer. Die Ausstellungsaufseher wurden je nach Bedarf befristet aufgenommen. 1952 und in den folgenden Jahren waren im Haus zwölf Leute angestellt, im Kino vierzehn; erst in den sechziger Jahren stieg diese Zahl wieder.
Im März 1953 starb nach einer Operation im 46. Lebensjahr Frau Marie Schantel, Gattin von Johann Schantel, der nach seiner Rückkehr aus dem Krieg zuerst in der Werkküche, dann in der Garderobe beschäftigt war. In der Aufbahrungshalle, während der Einsegnung, verschied an einem Herzschlag ein anderer Hausangestellter, der 55jährige Billeteur Walter Hamann.
Im Sommer 1953 kam es im Rahmen einer Entnivellierung zu einigen außerordentlichen Gehaltserhöhungen besonders verdienter Mitarbeiter; die Erhöhungen betrugen zwischen 41 und 325 Schilling monatlich. Im Hinblick auf die Vielfältigkeit ihrer Arbeit waren die Hausangestellten aber immer noch nicht überbezahlt.
In seiner Sitzung am 27. Mai 1953 beschloss deshalb der Leitende Ausschuss, dem Personal mit einem Betrag von 600 Schilling einen Betriebsausflug auf die Rax zu ermöglichen. Wegen schlechter Witterung und später wegen der Sommerurlaube verzögerte sich der Ausflug bis zum 15. September 1953. Doch dann ging es vom Südbahnhof um sieben Uhr früh ab; für Gabelfrühstück, Mittagessen, Jause und das Nachtmahl wurde gesorgt. Es handelte sich um den ersten Betriebsausflug in der Geschichte des Künstlerhauses überhaupt.
Zusätzlich zum normalen Gehalt bezog das Personal in diesen Jahren auch das Mittagessen im Künstlerhausrestaurant. Eingeführt wurde diese Praxis während des Zweiten Weltkriegs, als die “Gefolgschaft” hier in einer eigenen Werkküche verpflegt wurde. Während der neue Pächter Libero Arbace 1956 das Restaurant zu einem exklusiven italienischen Lokal umbauen ließ, aßen die Künstlerhaus-Beschäftigten im Schwarzenberg-Restaurant von Josef und Karoline Schmid am Rennweg 2, kehrten aber nach der Fertigstellung der Grotta Azzurra wieder ins Künstlerhaus zurück. Nur das am Abend beschäftigte Kinopersonal bekam statt des Essens eine besondere Geldzulage.
Mitte Mai 1957 siedelte man wieder in das Schwarzenberg-Restaurant um, da die Personalverpflegung nur schwer in das exklusiv hergerichtete italienische Lokal Arbace’s passte. Als mit 1. Jänner 1959 die Menüpreise des Schwarzenberg-Restaurants erhöht wurden, übernahm der Ausschuss diese Preissteigerung nicht. Stattdessen mussten die Künstlerhausangestellten nun zu jeder Mahlzeit 2 Schilling selbst dazu zahlen; ein Menü kostete 9 Schilling. Am 1. Juni 1961 wurden die Restaurantpreise neuerlich um einen Schilling angehoben.
So kehrte man ab dem 1. Juli 1961 wieder in das Künstlerhausrestaurant zurück, zu einem neuen italienischen Pächter, der viel versprach. Seine Menüs wurden aber auch bald teuerer, 1962 verlangte er bereits 12 Schilling. Als er dann sein Lokal schließen musste, übersiedelte man wieder in das Schwarzenberg-Restaurant am Rennweg 2.
Ab dem 21. November 1963 war man neuerlich im Künstlerhaus zurück, in der “Palette” von Erich Zotter. Doch Zotter führte den Dienstag als Ruhetag ein und gab dafür am Montag für den nächsten Tag Kaltverpflegung aus. Mit dieser Regelung zeigten sich nicht alle einverstanden und so war man ab April 1964 wieder im Schwarzenberg-Restaurant.
Ab dem 1. Juli 1964 wurde aus steuerlichen Gründen die Auszahlung der Essgelder, zuletzt pro Menü 11 Schilling – zwei Schilling zahlten die Angestellten selbst dazu – eingestellt und statt dessen jedem eine Gehaltserhöhung von 200 Schilling gewährt. Diese Regelung bedeutete das Ende der Personalverpflegung, da nur wenige bereit waren sich das Menü selbst zu kaufen. Weder am weit entfernten Rennweg, noch in der Palette.
Frau Inge Zimmer-Lehmann ließ 1972 rechts hinter der Stiege, vor dem hinteren Durchgang zur “Künstlerhaus-Galerie” eine Küche mit Speiseraum einrichten, wo sich vor allem die Sekretariatsangestellten ihr Essen selbst zubereiten konnten – das handwerkliche Personal hatte ihre Sozialräume seit jeher im Souterrain. Diese kleine, wohnliche Küche, sie wurde natürlich am meisten von Frau Generalsekretär selbst frequentiert, wurde in der Folge zu einem Treffpunkt von Mitgliedern, die tagsüber im Haus zu tun hatten. Mehrere Künstler widmeten auch ihre Werke zur Dekorierung eines richtigen Speisesalons – die gepolsterten antiken Sitzmöbel stellte Frau Generalsekretär privat zur Verfügung. Die Küche diente ebenfalls zur Zubereitung warmer, wenn auch einfacher – meist tiefgefrorener, wie etwa Germknödel – Abendgerichte bei den neu eingeführten monatlichen Klubabenden in der anliegenden Künstlerhausgalerie. Nach dem Abgang von Frau Zimmer-Lehmann 1975 wurde diese Küche vom neuen Präsidenten Mayr nicht benützt, er speiste lieber in der Palette unten. Klubabende mit Verpflegung gab es auch keine mehr und im Zuge der Foyervergrößerung wurde dieses gemütliche Speisezimmer 1980 wieder demontiert.
Am 19. April 1963 organisierte man einen Betriebsausflug der “Gefolgschaft” mit einer Wanderung rund um die Schneealpe über Mürzsteg und Mariazell. Auch in den folgenden Jahren wurden ähnliche Ausflüge veranstaltet; am 19. September 1967 fuhr man zur Gotikausstellung nach Krems, am 17. September 1968 zur Ausstellung “Romantik und Realismus in Österreich” in Laxenburg, am 3. November 1970 nach Rohrau in die Harrach’sche Gemäldegalerie, am 19. Oktober 1971 zur Ausstellung “1000 Jahre Kunst in Krems”. Öfters fuhren auch Mitglieder mit, vor allem jüngere aus dem Bekannten- und Freundeskreis von Frau Zimmer-Lehmann. Abends kehrte man bei einem Heurigen ein. Ab 1970 wurde von den Teilnehmern ein kleiner Kostenzuschuss eingehoben.
Am 18. Oktober 1972 gab es eine Fahrt nach Grafenegg zur Ausstellung “Gold-Silberschätze in Kopien des Historismus”, anschließend besuchte man noch Schloss Lengenfeld und das Stubenberg’sche Weingut Walkersdorf. Am 15. Oktober 1974 war man in der Schallaburg bei “Renaissance in Österreich” und im Weingut Jamek in Joching in der Wachau. Das Ausscheiden von Frau Zimmer-Lehmann bedeutete auch das Ende der Betriebsausflüge. Unter dem Geschäftsführer Walter Meissner fand am 30. Juni 1995 noch ein Betriebsausflug mit einem slowakischen Tragflügelboot nach Bratislava statt, wo sich an diesem Tag zufällig auch der Papst befand.
Als Frau Zimmer-Lehmann zum Generalsekretär ernannt wurde, war sie vom echten Sparwillen erfüllt. Da die Personalkosten inzwischen zu einem der bedeutendsten Posten auf der Bilanzausgabenseite geworden waren, kündigte sie einige, nicht dringend benötigten Mitarbeiter, andere gingen in Pension. Von nun an gab es auch keinen Nachtportier mehr. Der gesamte Personalstand (Kino mit Ausstellungshaus) wurde auf 25 gesenkt; Ausstellungsaufseher und Hilfsarbeiter wurden von nun an nur noch befristet beschäftigt, meist allerdings immer die gleichen Pensionisten und Studenten.
Nicht beseitigt hatte Frau Generalsekretär die vielen freien Tage, die das Personal – ungesetzlich und ohne Anspruch – zwischen einzelnen Ausstellungen genoss. Ebenso blieb die durch Jahrzehnte gewohnte Sommersperre bestehen, bis sie, zusammen mit den übrigen freien Tagen der ambitionierte, tatkräftige Präsident Hans Mayr aufhob. Mit seiner Präsidentschaftsübernahme gehörte das ruhige, althergebrachte freundschaftliche Vereinsleben endgültig der Vergangenheit an; das Haus wurde zu einem wirtschaftlich, zeitweise allerdings auch hektisch geführten Unternehmen und zu einer stark frequentierten Ausstellungshalle vor allem für fremde, kommerziell positive Ausstellungen. Zu Jahresende 1975 hatte das Künstlerhaus insgesamt 31 Mitarbeiter.
Nachdem die Gesellschaft wegen der stark gesteigerten Tätigkeit beim gleichzeitig eingetretenen Ausfall erwarteter Einnahmen zunächst 1977 den Ausgleich anmelden musste, gab es kurzfristig drastische Einsparungen, darunter auch beim Personal. Der Ausgleich war ein politischer Aufschrei des Präsidenten Hans Mayr. Das Künstlerhaus bezog bis dahin keine regelmäßigen Subventionen aus öffentlicher Hand; Mayr sah es aber als eine Verpflichtung der Öffentlichkeit an, nicht nur beliebtes Theater, sondern auch die zeitgenössische Kunst zu fördern. Unter einem anderen weniger mutigen Präsidenten wäre es sicher zu keinem Ausgleich, aber auch der folgenden Diskussion um die Förderung moderner Kunst gekommen. Notgedrungen gab es damals Kündigungen von weniger qualifiziertem, neuem Personal; die bisher üblichen Weihnachtsgeschenke (Pakete und Warengutscheine – Palmers, Buch- und Lebensmittel) wurden in den folgenden zwei Jahren nicht verteilt.
Da aber das Haus durch die stark gestiegene Aktivität dringend Arbeitskräfte benötigte, schlug der Ausgleichsverwalter Dr. Siegmund Kleifel in der Vorstandssitzung am 29. April 1978 vor, in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Justiz strafgefangene Professionisten zur Arbeit im Künstlerhaus heranzuziehen. Die Häftlinge wurden dann tatsächlich ab Sommer 1978 beschäftigt. Verdient hat das Künstlerhaus an ihnen aber nichts, da man für diese Arbeitskräfte der Strafvollzugsanstalt Wien-Simmering, von wo die Sträflinge kamen, pro Arbeitsstunde 25 Schilling überweisen musste, für jede Überstunde 37,50 Schilling. Das war zwar etwas weniger, als die damals üblichen Lohnkosten, doch wenn man es mit der geleisteten Arbeitsqualität in Bezug bringt, war es doch mehr als genug. Das allgemeine Arbeitsklima wurde durch den Einsatz von Häftlingen nicht gerade gefördert, der Anblick des Wachpersonals, nicht selten auch mit Schäferhunden, war nicht jedermanns Sache.
Ähnlich gescheitert war auch der am 21. Dezember 1981 und am 15. Jänner 1982 mit dem Bundesministerium für Inneres abgeschlossene Vertrag über die Beschäftigung von Zivildienern (im Sinne des § 4 des Zivildienstgesetzes als Träger anerkannt am 1. Juli 1980 und 19. Jänner 1981). Der Wunsch nach billigen Arbeitskräften erwies sich als eine Illusion, für ihre Arbeitsnichtleistung waren sie monatlich mit 5832 Schilling zu entlohnen, ab dem 1. Juni 1983 mit 6089.-, ab 1. Jänner 1984 mit 6326.- ab 1. Jänner 1985 mit 6623 Schilling. Die ersten drei Zivildiener kamen ins Künstlerhaus am 1. Februar 1982, dann arbeiteten hier jeweils etwa fünf gleichzeitig.
Da sie im Haus stets nur für wenige Monate verblieben, konnte man sie trotz ihrer meist relativ hohen geisteswissenschaftlichen Bildung nur als Hilfsarbeiter einsetzen, was sich für beide Seiten als äußerst unbefriedigend herausstellte. Die Arbeitsmoral der Zivildiener war – abgesehen von einigen wenigen strahlenden Ausnahmen – allgemein sehr niedrig, mit manchen gab es sogar scharfe Konflikte, die zur Benachrichtigung des Ministeriums und zu ihrer Versetzung führten. Wie verfehlt das System des Zivildienstes im Künstlerhaus war, zeigte sich in einer Beschwerde von vier Zivildienern – eines Bildhauers, eines Architekten, eines Filmwissenschaftlers und eines Informatikstudenten – Anfang 1984 beim Bundesministerium gegen die ihnen “zugemutete” unqualifizierte Arbeit. Nach diesen Erfahrungen verzichtete man am 5. März 1984 auf jede weitere Anforderung von Zivildienern; mit Wirkung vom 30. Juni 1985 wurde vom Künstlerhaus aus dem Zivildiener-Vertrag gekündigt.
Doch inzwischen sprach sich die Möglichkeit beim Künstlerhaus arbeiten zu können, herum, sie wurde ja auch entsprechend publiziert, und so traten auch weiterhin Absolventen der Hochschule für angewandte Kunst, der Akademie der bildenden Künste und ähnlicher Studienrichtungen diesbezüglich an die Gesellschaft heran. Am 20. Februar 1985 wurde das Bundesministerium für Inneres gebeten, die ausgesprochene Vertragskündigung zu annullieren, was jedoch im Hinblick auf die Anzahl inzwischen geschaffener neuer Stellen vom Ministerium am 28. März 1985 abgelehnt wurde.
Ein Zivildiener blieb dem Künstlerhaus für länger erhalten: Mag. Johann Lehner, dessen Gesamtarbeitserfolg, Arbeitswilligkeit, Verlässlichkeit und Hilfsbereitschaft während des Zivildienstes als ausgezeichnet beschrieben wurde. Nach dem Ende seines Dienstes wurde er vom Künstlerhaus übernommen, avancierte zum Computerspezialisten des Hauses und zum Schriftleiter auch der umfangreichsten Ausstellungskataloge. Unter der Präsidentschaft Nehrer gekündigt, gründete er einen eigenen Verlag, mit dem er recht erfolgreich wurde.
Durch die neue Veranstaltungslinie der Gesellschaft nach 1978 kamen immer anspruchsvollere Ausstellungen ins Haus, das Personal wurde immer mehr und mehr gefordert. Darüber hinaus organisierte das Künstlerhauspersonal auch Ausstellungen in fremden Häusern, so etwa im OPEC Haus am Ring, im Museum für Völkerkunde in der Hofburg oder in Schloss Hof im Marchfeld.
Die Anzahl der ständig Beschäftigten stieg, für Sonderprojekte wurden kurzfristig weitere Spezialisten eingesetzt. Auch die Anzahl der Aufseher nahm zu; sie wurden aus den Reihen der Pensionisten, Arbeitslosen und Studenten tageweise aufgenommen. Es kamen Flüchtlinge nach der Genfer Konvention, Emigranten aus Afrika, nach der Wende im Osten Staatsbürger ehemals kommunistischer Länder. Die meisten wurden nur noch kurzfristig für einzelne Ausstellungsprojekte beschäftigt, die Fluktuation unter ihnen erreichte eine bisher unbekannte Höhe, was auch die Administration der Buchhaltung sehr erschwerte. Das Künstlerhaus gab ihnen für kurze Zeit die soziale Basis, ein Herz für die bildende Kunst hatten nur die wenigsten von ihnen. Ein früher übliches Stammpersonal gab es kaum mehr.
Im Jänner 1983 waren im Künstlerhaus 38 Dienstnehmer beschäftigt, im März 37, dann stieg aber ihre Zahl – durch die bei den großen Ausstellungen benötigten Aufsichtsorgane bedingt – rapide an: im April 1983 gab es 48 Beschäftigte, im Mai 76, im Juni 78, im Juli 82, im August 71, im September 65, im Oktober 58, im November 34, im Dezember 42. Zum 31. Dezember 1983 gab es 14 Angestellte (6 männliche und 8 weibliche) sowie 28 Arbeiter (20 männliche und 8 weibliche). Anfang der neunziger Jahre nahm dann ihre Anzahl wieder stark ab.
Die Aufseher erhielten nicht nur die üblichen Armbinden, sondern auch weiße Hemden; das war anlässlich der anspruchsvollen internationalen Ausstellungen einfach notwendig. Ursprünglich nur für Aufbauarbeiten und zur Kontrolle bzw. zum Schutz vor Fremden wurden nach amerikanischem Vorbild Namens-Brustschilder eingeführt; später wurden die Schilder vom Personal auch während der Ausstellungen getragen. Gegen Ende der neunziger Jahre ließ man von ihnen wieder ab.
Durch die nicht jedermann verständlichen Umgangsformen des cholerisch veranlagten aber andererseits doch herzlichen und sozial denkenden Präsidenten Hans Mayr gab es während seiner ganzen Amtszeit auch eine besonders starke Fluktuation des Hauspersonals. Nur wenige Sekretärinnen hielten ihn persönlich länger aus, mehrjährige Anstellungen wurden zur Ausnahme. Aus Sparsamkeitsgründen wurden dann oft billigere Kräfte aufgenommen, deren Arbeitsmoral äußerst niedrig war, deren Gehälter und Löhne von auswärts oft gerichtlich exekutiert wurden und die in kurzer Zeit wieder gekündigt werden mussten. Das alles wirkte sich auf das allgemeine Arbeitsklima aus. Der Hans Mayr folgende, wieder ruhigere Präsident Kodera bemühte sich diesbezüglich um manche Verbesserungen, die wiederum unter seinen Nachfolger Manfred Nehrer meist wieder zunichte gemacht wurden.
Zur Evidenz der Arbeitszeit führte Präsident Hans Mayr eine Personal-Stechuhr ein, im Jänner 1986 wurde sie durch ein Benzing-Anwesenheitsterminal mit Magnetkarten ersetzt. Daneben gab es auch noch die beim Portier aufliegenden, klassisch handschriftlich geführten Anwesenheitslisten und Arbeitsberichte.
Mit dem 31. März bzw. definitiv zum 30. Juni 1985 wurde das Personal zwischen der Gesellschaft bildender Künstler als Verein und der neu gegründeten Gesellschaft m.b.H. als Firma geteilt. Die meisten Arbeiter und Angestellten wurden der Ges.m.b.H. zugewiesen, dem Verein verblieben nur wenige Schreibkräfte und der Archivar. 1995 gab es 4 Beschäftigte im Verein und 34 Beschäftigte in der Gesellschaft.
Zwischen dem 1. September 1984 und 31. Dezember 1986 wurde als eine Art Dienstleistung durch eine bzw. zwei Mitarbeiterinnen die Artothek und Inventarisierungsstelle des Bundesministeriums für Unterricht betreut. Im Frühjahr 1986 übernahm das Künstlerhaus die personelle Abwicklung der im Rahmen der Aktion 8000 des Arbeitsamtes mit einem Museumsbus aus dem Naturhistorischen und Technischen Museum auf Ausstellungstournee geschickten drei Angestellten.15 Die Aktion, aus gutem Willen gestartet, endete für das Künstlerhaus mit einigen Prozessen.
Als falsch erwies sich auch die aus gutem Willen erfolgte Anstellung eines anfangs Vertrauen erweckenden Afrikaners. Am 4.1.1990 abends wurden von ihm die Tageseinnahmen von 34 720 S gestohlen, die er in den Nachttresor einer Bank einwerfen sollte. Er wurde fristlos entlassen und der ihm noch nicht ausbezahlte Lohn der letzten Tage zurückbehalten; von einer Anzeige sah man ab. Nicht nachweisen konnte man ihm den schon am 6.6.1988 auch abends aus der Portierkassa verübten Diebstahl von 49 670 S. Das Künstlerhaus zeigte sich immer gutmütig.
Nach dem Tod des Präsidenten Hans Mayr ging der Fall der von ihm aufgenommenen Buchhalterin und Prokuristin Frau Herta K. durch die Presse, die am 28. April 1994 wegen Veruntreuung von etwa zwei Millionen Schilling ins Landesgericht eingeliefert wurde. Veruntreut hatte sie diese, ihr nachgewiesene Summe – der Schaden dürfte höher gewesen sein – durch gefälschte Honorarnoten zwischen November 1992 und November 1993; aufgedeckt wurde die Tat im April 1994 während der Ausstellung “Kunst und Diktatur”. Frau K. wurde verhaftet, fristlos entlassen und ihre Prokura gelöscht.
Wie während des anschließenden Verfahrens im Juni 1994 bekannt wurde, hatte die ehemalige Buchhalterin bereits 1959 ihren ersten Diebstahl, der aufgedeckt werden konnte und zur Verurteilung führte, begangen (zwei Jahre Haft), 1965 folgte ein Betrug (drei Jahre Haft), 1973 wieder ein Betrug (fünf Jahre Haft). Nach dem Verbüßen ihrer Haftstrafe fand sie Arbeit im Künstlerhaus, wo sie nicht nur durch ihre elegante, stets gepflegte Erscheinung bald zu einer echten Persönlichkeit wurde. Durch ihren persönlichen Einsatz half sie tatsächlich die nach dem Ausgleich angeschlagene Gesellschaft wieder aufzubauen; sie wurde zur engsten Mitarbeiterin des Präsidenten Hans Mayr, zur First Lady des Künstlerhauses. Das Künstlerhaus wurde ihr Herzanliegen.
1993 holte sie die Vergangenheit ein. Ein Geschädigter früherer Jahre entdeckte sie in ihrer neuen Anstellung, trotz neuer Identität mit geänderten Namen. Er präsentierte seine Millionenforderungen und ließ die Prokuristin pfänden. Da bediente sie sich an der, durch die öffentliche Hand, hoch dotierten Ausstellung “Kunst und Diktatur”. Eine Panikreaktion, rechtfertigte sie. Verurteilt wurde sie zu drei Jahren Haft16, die sie jedoch letztlich nicht zur Gänze verbüßen musste. Gegen Jahresende 1996 war sie wieder auf freiem Fuß, in Pension, das Künstlerhaus sah sein Geld nicht mehr.
Ihre junge Nachfolgerin, Frau Sabine Roller, bemühte sich wieder um mehr persönliche Beziehungen unter den Mitarbeitern. Auf ihre Initiative ging der erwähnte Betriebsausflug mit dem slowakischem Tragflügelboot unter der Führung des Präsidenten Peter Kodera und Dr. Walter Meissner nach Bratislava am 30. Juni 1995 zurück; ebenso wie auch die Vereinbarung mit dem Gymnasium Hegelgasse 12, wonach ab dem 3. Juni 1996 alle Mitarbeiter des Künstlerhauses die Möglichkeit hatten, den Schulturnsaal für sportliche Aktivitäten zu nutzen.
Durch die inzwischen auch in der Personalevidenz eingeführte EDV wurde der Zugriff auf persönliche Daten jedes einzelnen leichter. Als Nebenprodukt und nette Geste zur Verbesserung des Betriebsklimas wurden von Dr. Meissner Gratulationsschreiben eingeführt, sei es zu Geburtstagen oder zu runden Dienstjubiläen. Neben der Stechuhr gab es einen Briefkasten für den Geschäftsführer, wohin man auch anonyme Anregungen und Beschwerden einwerfen konnte. 1994 stellte Dr. Walter Meissner im Rahmen einer optischen Neugestaltung des Foyers die erste Frau als Portier ein. Die Zeit der Männer, die in oft schmutzigen Arbeitsmänteln das Haus bewachten, sollte der Vergangenheit angehören.
Zu Beginn der Präsidentschaft Nehrer wurde das Personal von der neuen Generalsekretärin Dr. Doris Rothauer, trotz der nach den turbulenten Zeiten Hans Mayrs wieder stagnierenden Ausstellungstätigkeit stark aufgestockt. Immer wieder sah man im Haus neue Gesichter, den neue, zum Teil auch unklare Aufgaben zugeteilt wurden; von einer geordneten Büroorganisation konnte keine Rede mehr sein. Gleichzeitig wurde manch traditionelle soziale Leistung abgeschafft bzw. reduziert, etwa die Ausgabe der Weihnachtspakete und Gutscheine für das Personal oder die Gratulationen und Geschenke zu persönlichen, runden Jubiläen, welche die Geehrten trotz des Wissens, dass es sich nur um aus der EDV-Verwaltung hervorgegangene Aktionen handelte, doch freuten.
2002-2003 schlitterte das Künstlerhaus trotz hoher öffentlicher Zuschüsse in eine ernste finanzielle Krise, die man durch drastische Sparmaßnahmen und Personalkündigungen zu meistern versuchte. Erfahrene Mitarbeiter wurden entlassen bzw. verließen das Haus von selbst schon im Sommer 2002, wobei von einer geordneten Geschäftsübergabe keine Rede sein konnte. Einige vom Arbeitsmarktservice vermittelte junge Kräfte versuchten redlich die Stellung zu halten. Zu Jahresbeginn 2006 war man dann, nachdem es dem Präsidenten nicht gelungen war neue sichere Einnahmequellen zu erschließen und das Haus wirtschaftlicher zu führen, wieder soweit; die bereits von 2002-2003 bekannten radikalen Sparmaßnahmen wiederholten sich, wenn auch in geringerem Maße. Präsident Nehrer trat im Sommer 2006 zurück. Dem Geschäftsführer Mag. Peter Bogner, dem neuen Präsidenten Joachim Lothar Gartner sowie den Vorstandsmitgliedern gelang es seitdem die finanzielle Situation des Hauses wieder zu konsolidieren, das Künstlerhaus hat wieder eine Zukunft.