Die Förderer und Freunde

Im September 1934 trat aus persönlichen und finanziellen Gründen der Teilnehmer Prokurist Dr. Josef Lutz aus; der Ausschuss versuchte ihn vergeblich zum Verbleib zu überreden. In seinem Abschiedsbrief schlug Lutz eine Neustrukturierung der Mäzene vor, darunter die Schaffung von sogenannten “Förderern” der Genossenschaft mit – im Gegensatz zu den Teilnehmern – einem wesentlich höheren Jahresbeitrag.

Das war kein schlechter Gedanke; über der zunehmend verarmenden Schicht des Mittelstandes gab es immer noch die, wenn auch flache Schicht der besser Verdienenden. So wurde in der Ausschusssitzung am 9. Oktober 1934 über die Möglichkeiten der Staffelung des Teilnehmerbeitrags gesprochen. Durch eine offizielle Staffelung konnten auch minder bemittelte Teilnehmer in der Genossenschaft verbleiben, die sich genierten um eine Ermäßigung anzusuchen und lieber austraten, auf der anderen Seite erreichte man die Vermögenderen. Schließlich beschloss man, bei den sechzig Schilling Jahresbeitrag zu verbleiben, ihn in Notfällen auf 40 Schilling herabzusetzen (trotz dieses Beschlusses gab es auch noch später Teilnehmer mit einem geringeren Beitrag als 40 Schilling), und die von Lutz vorgeschlagene Kategorie der “Förderer” einzuführen.

Die “Förderer” hätten einen Jahresbeitrag von etwa hundert Schilling zu zahlen, hätten alle Rechte der Teilnehmer und wären darüber hinaus alljährlich mit einem kleinen Kunstwerk zu belohnen. Die Kunstwerke – Graphik oder Kleinplastik – sollten aus einer Edition von begrenzter Auflage stammen und sie dürften zeitgleich nicht im Handel verkäuflich sein.
Um auch weniger gut situierte Kunstfreunde anzusprechen, könnte man auf der anderen Seite mit einem geringeren Beitrag als den der Teilnehmer, etwa 25 Schilling, die Kategorie der “Freunde” bilden. Diese Freunde hätten zwar auch einen freien Eintritt zu allen Ausstellungen im Künstlerhaus, nicht jedoch ihre Familienangehörigen – für die könnte man einen ermäßigten Satz einführen. Keine Ermäßigung sollte es bei den Gschnasfesten geben. Alljährlich könnten die Freunde mit einem Künstlerhauskalender beteilt werden.

Die Hauptversammlung am 27. November 1934 hat diesen Plan und somit die Bildung der neuen Mitgliederkategorien beschlossen; der Eintrittspreis für Familienangehörige der Freunde wurde auf die Hälfte herabgesetzt. Die daraufhin ausgesandten Informationen und die persönliche Werbung hatten Erfolg: bis zum 4. Juni 1935 haben sich bereits 26 neue Förderer gemeldet, die bereit waren, den erhöhten Satz von hundert Schilling zu zahlen. In den Statuten wurden die Förderer am 16. Juni 1937 verankert.

Albert Janesch schlug vor, die Jahresgabe der Förderer aus verschiedenen kleinen Kunstwerken in einer Art Ausstellung zusammenzustellen, aus der sich die Förderer dann selbst ihr Werk auswählen könnten. Der Ausschuss war zum Teil auch mit dieser Lösung einverstanden; doch dann ging man während des Sommers 1935 – um allen eventuellen Missstimmungen von vornherein aus dem Weg zu gehen – zur grafischen Edition über: alle Förderer sollten die gleiche Graphik bekommen, natürlich in einer geringen Auflage, bis 50 Stück – wie eigentlich ursprünglich auch vorgeschlagen worden war.1

So gab es ab 1934 neben den alten Teilnehmern mit einem Jahresbeitrag von 60 Schilling nun auch die Freunde mit 25 Schilling und Förderer mit 100 Schilling Jahresbeitrag. Sowohl die Förderer, als auch die Freunde blieben allerdings gegenüber den Teilnehmern stets in der Minderheit: 1935 gab es 26 Förderer und 40 Freunde, 1936 24 Förderer / 39 Freunde, 1937 23 Förderer / 34 Freunde, 1938 17 Förderer / 34 Freunde, 1939 11 Förderer / 32 Freunde, 1940 38 Förderer / 110 Freunde (Ergebnis einer Werbeaktion), 1941 42 Förderer / 155 Freunde, 1942 41 Förderer / 144 Freunde, 1950 18 Förderer / 82 Freunde, 1957 7 Förderer / 222 Freunde (inklusive der ehemaligen Teilnehmer), 1967 8 Förderer und 122 Freunde.

In den Statuten von 22. Dezember 1976 wurden die Kategorien der Förderer und der Teilnehmer mit jenen der Freunde vereinigt. Das war eine logische Folge der schon im Zweiten Weltkrieg angesetzten Entwicklung: während man noch 1939-1940 sowohl um Freunde, als auch Förderer geworben hatte, warb man 1948-1950 nur noch um die Freunde.

Die Werbeaktion der Jahre 1948-1950 ging jedoch trotz des tatsächlichen augenblicklichen Zulaufs nicht mehr ganz im Sinn der Gesellschaft auf. Trotz persönlicher Werbung durch Mitglieder und somit einer Bürgschaft, zeigte sich später, dass es unter diesen neu angeworbenen “Freunden” nur ganz wenige Kunstsinnige gab, denen das Schicksal des Künstlerhauses auch wirklich am Herzen lag. Viele zahlten nur einen einzigen, manche zwei oder drei Jahresbeiträge und mussten einige Zeit später – nachdem sie der Gesellschaft viel Geld schuldig blieben – gestrichen werden. Echte Kunstfreunde und Interessierte kamen ins Künstlerhaus ohnehin, auch ohne Werbung.

1950 hatten die Freunde einen Jahresbeitrag von 25 Schilling zu zahlen, die Teilnehmer 200.-, die Förderer 500 Schilling (der Jahresbeitrag der ordentlichen Mitglieder betrug zehn Schilling). Die Begünstigungen einzelner Gruppen begannen sich jedoch zu verwischen; ein Casino gab es praktisch keines mehr, bevorzugte Kinokarten (Freikarten) konnten alle Mitglieder beziehen, ebenso die Gschnasfestkarten; unterschiedlich blieben nur noch die Jahresgaben.

Mit dem 1. Jänner 1957 wurden die Beiträge auf 100 öS für Freunde erhöht und die Kategorie der Teilnehmer mit der der Freunde vereinigt. Gleichzeitig startete man eine neue Werbeaktion. Förderer blieben bei 500 Schilling. In den folgenden Jahren nahm das allgemeine Interesse der Kunstfreunde am Künstlerhaus infolge des stagnierenden gesellschaftlichen Umfelds stark ab; es gab kaum Neuanmeldungen mehr, dafür nur Austritte und Todesfälle.
Zu einer Reaktivierung der “Freunde” auf einer neuen Basis kam es mit den Statuten vom 14. Mai 1979. Diesmal handelte es sich jedoch nicht mehr um eine Unterstützung der Hausaktivitäten durch Kunstmäzene, sondern im Gegenteil um ein Service für Kunstinteressierte auf Kosten des Vereins im Rahmen eines damals als modern angesehenen Volksbildungsauftrags. Für einen Jahresbeitrag von 200 Schilling bekam der neue Freund einen freien Eintritt zu allen Ausstellungen im Haus, 20 % Rabatt auf alle im Haus erworbenen Kataloge und Plakate und bezog die Hauszeitschrift “Nummer” gratis. Daneben bekam er auch persönliche Einladungen zu allen Eröffnungen, alle Aussendungen des Hauses und konnte auch bestimmte Kinovorstellungen gratis besuchen.

So waren die Freunde von 1980 mit denen der alten Zeit nicht zu vergleichen; es handelte sich praktisch um Abonnenten und Nutznießer der Künstlerhauseinrichtungen. Sie entstanden nach einer Initiative des Direktors Otto Staininger, dem die allgemeine Auseinandersetzung mit der bildenden Kunst und dem Publikum wichtiger schien, als die finanzielle Förderung des Künstlerhauses allein – die sollte die öffentliche Hand übernehmen. Die Freunde wurden als eine neue Fachsektion eingestuft (nach Malern, Bildhauern, Architekten, angewandter Kunst, Filmemachern, außerordentlichen Mitgliedern, korrespondierenden Mitgliedern und Ehrenmitgliedern). Nach den Statuten vom 14. Mai 1979 wählte die Sektion der Freunde jedes dritte Jahr einen Vorsitzenden, der dem Vorstand der Gesellschaft mit Sitz und Stimme angehörte.

Die Sektion entwickelte 1980 eine rege Tätigkeit; es gab eigene Ausstellungsführungen, Vorträge, Gespräche, Matineen, Atelierbesuche und Auslandsreisen, vor allem in die sog. Ostblockstaaten. 1983 war man in Moskau und Meißen, 1984 in Bulgarien und Berlin, 1985 wieder in Sofia. Reisen nach Paris 1983 und Tiflis 1985 waren geplant, fanden dann aber doch mangels Interesse nicht statt. An den Reisen haben auch viele ordentliche Mitglieder teilgenommen. Die Zahl der neuen Freunde nahm unter diesen Bedingungen natürlich sprunghaft zu, im Jänner des Jubiläumsjahres 1986 gab es 515 Freunde.2

Diese neuen Freunde zeigten sich an das Künstlerhaus emotionell allerdings nicht mehr so gebunden, wie ihre Vorgänger. Sie unterstützten nicht das Haus, sondern wollten selbst in ihrem Kulturleben unterstützt werden. Die Tätigkeit der Sektion Freunde wurde bald sprunghaft, nach Monaten voller Aktivitäten folgten Jahre der Stagnation. Eine hohe Fluktuation war die Folge,3 massenhafte Austritte erfolgten nach jeder Beitragserhöhung, insbesondere zu Jahresende 1993 als der Beitrag für 1994 zur besseren Deckung der steigenden Hauskosten von 300 auf 1000 Schilling erhöht wurde.

Im Herbst 1997 wurde auf Initiative der erst wenige Monate im Amt befindlichen, Generalsekretärin Dr. Doris Rothauer aus Unkenntnis der eigenen Hausgeschichte und der bereits bestehenden Sektion, ein völlig neuer, selbständiger “Verein der Freunde des Künstlerhauses” gegründet. Die “ordentlichen Mitglieder” dieses Vereins zahlten jährlich 2000 öS, die “Förderer” 5000.-, die “Mäzene” 20.000 öS. Die Mitglieder erhielten freien Eintritt in alle Ausstellungen sowie in das Künstlerhauskino, regelmäßige Aussendungen und Einladungen, sowie Ermäßigung auf Publikationen und Produkte des Künstlerhauses. Für Förderer und Mäzene gab es ein zusätzliches Angebot an weiteren Leistungen. So etwa die Möglichkeit einen Salon, der heute als „Ranftlzimmer“ bezeichnet wird, mietfrei zu Betriebs- und Privatfeiern zu nutzen, nur gegen Ersatz der Personalkosten. Zum ersten Präsidenten dieser Freunde wurde Dr. Erhard Busek gewählt. Ein Jahr später musste man wegen dieser Vereins-Neugründung auch die Statuten der Gesellschaft ändern: man hatte ja im Künstlerhaus bereits Freunde! In der Statutenänderung, beschlossen in der HV am 29. September 1998 wurde die Kategorie der Freunde aus der Gesellschaft bildender Künstler entfernt. Durch diese Änderung wurden die, in einem eigenen, neuen, neben der Gesellschaft stehenden Verein organisierten Freunde zu reinen Zahlern degradiert. Von der ursprünglichen Intension der „Teilnehmer“, die am Leben der Genossenschaft wirklich teilnahmen und mit den bildenden Künstlern im engen persönlichen und freundschaftlichen Kontakt standen, blieb überhaupt nichts mehr erhalten. 2008 wurde der Verein reaktiviert, es wurden auch neue Werbeschriften produziert4; zum neuen Präsidenten wurde Dr. Alfred Brogyányi. Ein Mitglied zahlte nun 80 € jährlich, ein Förderer 500 €, ein Mäzen 1500 €.

2004 entstand nach einer Initiative von Beppo Mauhart ein weiterer Verein: „WINK“, die “Wirtschafts- Initiative Neues Künstlerhaus, Top-Manager im Einsatz für die Sanierung des Wiener Ausstellungshauses”, die finanzielle Mittel zur Instandsetzung des in den letzten Jahren baulich vernachlässigten Künstlerhauses auftreiben wollte. Aus gutem Willen und aufrichtiger Hilfsbereitschaft hervorgegangen, wäre diese Initiative unnötig gewesen, hätte sich die Vereinsführung Nehrer-Rothauer nicht um ihre “Neupositionierung” sondern auch um das Haus gekümmert. Weitere Initiatoren der WINK waren Dr. Karl Stoss, Mag. Norbert Zimmermann, Thomas Jozseffi, Mag. Siegfried Menz.

Fortsetzung: Außerordentliche Mitglieder

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