Das Casino und das Restaurant

Eine der bedeutendsten Einrichtungen des alten Künstlerhauses war das Casino – ein gesellschaftlicher Treffpunkt der Künstler und ihrer Freunde, die hier speisten, tranken, spielten, rauchten, Zeitungen lasen und sich unterhielten. Die besondere Bedeutung des Casinos lag in der zwanglosen, kameradschaftlichen Kommunikation untereinander. Im Casino konnte man sich nicht nur entspannen, sondern auch gegenseitig informieren, neue Bekanntschaften machen, eigene Werke verkaufen und Aufträge erhalten.

Die treibende Kraft für die Errichtung des Casinos war schon vor der Fertigstellung des Künstlerhauses der Architekt Filipp Kaiser. Kaiser dachte an ein Casino im klassischen Sinn, einem englischen Herrenclub ähnlich: als einen wirtschaftlich selbständigen Verein, der die beanspruchten Räume von der Genossenschaft gemietet hätte. Ursprünglich wollte er das Casino gänzlich unabhängig von der Genossenschaft führen; diesen Gedanken ließ er im Oktober 1868, nach der Eröffnung des Künstlerhauses, fallen. Das Casino sollte dann als eine Art Tochtergesellschaft durch ein, aus Genossenschaftsmitgliedern bestehendes, Komitee geführt werden.1

Das Komitee wurde in der Geschäftsversammlung am 14. Dezember 1868 gewählt: Johann Romano, Adolf Obermüllner, Filipp Kaiser, August Hillebrandt, Carl B. Post und Johann Sterio. Am 28. Dezember 1868 konstituierte sich das Komitee, zum Obmann wurde der Architekt Johann Romano gewählt, zum Schriftführer Adolf Obermüllner. Am 27. Februar 1869 war der Statutenentwurf für das Casino fertig. Die Genossenschaft sollte das Künstler-Casino “zum Zwecke der Herstellung, Förderung und Erhaltung eines regen geistigen und geselligen Verkehres der Künstler aller Fächer, Gelehrten und Schriftsteller und der den Zweigen der Kunst und Wissenschaft durch Intelligenz nahe stehenden Gesellschaftskreise Wiens” gründen. Erreicht werden sollte der Zweck “durch Veranstaltung geselliger, anregender und belehrender Zusammenkünfte, Besprechungen, Vorlesungen, Feste und Unterhaltungen”.

Demnach sollten neben den Genossenschaftsmitgliedern auch sogenannte Teilnehmer im Casino verkehren; das wären Personen, die “irgend einen Zweig der Kunst, Wissenschaft oder Literatur als Beruf ausüben, und solche Personen, welche durch allgemein anerkannte und werktätige Förderung gleicher Interessen dieselben Ziele anstreben”. Wer in das Casino als Mitglied aufgenommen zu werden wünschte, müsste durch ein Genossenschaftsmitglied oder einen Teilnehmer dem leitenden Ausschuss vorgeschlagen werden; dann sollte der Name und “Charakter” des Vorgeschlagenen sowie Name des Vorschlagenden durch vierzehn Tage im Lokal ausgehängt werden. Die Aufnahme hätte anschließend durch eine geheime Abstimmung der Mitglieder und Teilnehmer mit Zweidrittel-Majorität stattzufinden.

In der darauffolgenden Hauptversammlung kam es zu äußerst unterschiedlichen Meinungen, was die Finanzierung des Casinos betraf. Es gab sogar skeptische Stimmen, die an eine Selbsterhaltung nicht glaubten und eine ständige finanzielle Belastung der Genossenschaft fürchteten. So waren es finanzielle Gründe, die am 27. April 1869 zum Rücktritt des Casino-Ausschusses geführt haben2. Die Idee eines relativ selbständigen Casinos im Rahmen der Genossenschaft wurde darauf fallen gelassen und auch später nie mehr verwirklicht.

Inzwischen kam es nach der Schließung der III. allgemeinen deutschen Kunstausstellung im Künstlerhaus zur Errichtung einer “Kaffeeküche”, die bald zum willkommenen Treffpunkt aller wurde. Eröffnet wurde sie Ende Dezember 1868, gleichzeitig mit einem Lese- und einem Spielzimmer in der rechten Seitengalerie im Parterre. Die Einrichtungskosten wurden dem Baufond entnommen. Im Mittelzimmer wurde ein Herd aufgestellt, auf dem man auch kleine Speisen zubereiten konnte; die Betreuung übernahm der Zuckerbäcker Karl Schelle, der während der III. Allgemeinen deutschen Kunstausstellung im Künstlerhaus bereits ein Buffet betrieb. Außer dieser “Kaffeeküche” plante der Ausschuss noch die Eröffnung eines Restaurants im Souterrain, das ein Herr Causer übernehmen sollte. Doch zerschlugen sich die Verhandlungen und in den folgenden Monaten wird von keinem Restaurant berichtet.

Dafür wurde die “Kaffeeküche” zum vollen Erfolg. Der Kunsthändler Peter Kaeser widmete zur Innenausstattung ein Bild von Paul Delaroche, Ludwig Bösendorfer brachte ein Klavier und versprach darüber hinaus – solange er lebt – zu jedem Konzert einen Konzertflügel beizustellen. Später gab es noch weitere Widmungen: im Dezember 1872 spendete William Unger zur Dekoration der Räume seine Radierungen, im April 1879 Frau Marie Hansch das Gemälde “Sonnenuntergang am Bodensee” ihres 1876 verstorbenen Mannes Anton Hansch. Die ersten aufgelegten Zeitschriften borgte man sich von der Akademie aus. Das Geschirr und Besteck waren Eigentum des Zuckerbäckers Schelle.

Als im April 1869 die “Erste große internationale Kunstausstellung” – die erste Genossenschafts-Jahresausstellung – eröffnet werden sollte, wollten die Aussteller auf die Caféräume für Ausstellungszwecke nicht verzichten; Herr Schelle sollte sein Unternehmen in das Souterrain verlegen. Es kam nicht dazu, die Kaffeeküche blieb. Dafür wurde am 10. September 1869 für die Betreuung der Parterrelokalitäten ein neuer Vertrag mit einer neuen Wirtin, Frau Josefine Bauritsch abgeschlossen. Zuckerbäcker Schelle behielt sich nur das Buffet bei Ausstellungen und Festen – auf diese Weise blieb er dem Künstlerhaus über Jahrzehnte treu. Frau Bauritsch sollte kalte und warme Speisen sowie Getränke in Eigenregie verabreichen und musste an die Genossenschaft keinen Zins abführen, sie konnte auch die Karten-Spielgelder behalten. Trotzdem war ihr Gewinn anfangs recht gering, da sie bereits im November 1869 von der Genossenschaft noch einen Zuschuss haben wollte.

Doch anscheinend hatten sich ihre Verhältnisse bald konsolidiert, da man ein Jahr darauf im Ausschuss schon von einer zu verlangenden Miete sprach, und zwar 150 fl. jährlich. Der Kassier wurde beauftragt mit der Wirtin diesbezüglich zu sprechen. Wenn er mit ihr geredet hat, so ohne sichtbaren Erfolg für die Genossenschaft, denn in den Kassaeingängen sind unter den Einnahmen wie bisher nur reine Vergütungen für Beheizung und Beleuchtung ausgewiesen.3 Zu dieser Zeit sprach man bereits nicht mehr von einer “Kaffeeküche”, oder einem “Café”, sondern nur noch vom “Casino”. Während der folgenden Jahresausstellungen im Frühjahr wurde es jeweils in den Souterrain verlegt, die Räume wurden für Ausstellungszwecke verwendet. Auch für die nun dort stattfindenden Versammlungen hatte man das Casino adaptiert; dabei mussten jedes Mal alle Spiel- und Billardtische entfernt werden. Manche Versammlungen fanden deshalb auch direkt unter dem Casino befindlichen Souterrainräumen statt.

In der Monatsversammlung vom 2. April 1870 wird den Malern Josef Zürnich und Georg Geyer der Dank der Genossenschaft ausgesprochen: sie hatten den großen unterirdischen Saal dekoriert. Dieser Saal lag an der Nordseite des Hauses, hatte aus einem breiten Lichtgraben Tageslicht und wurde zu dieser Zeit nach den dort aufgestellten Möbeln und Einrichtungsgegenständen auch “Ranftl-Saal” genannt. Erst Jahre später wurde aus ihm – durch Eindeckung des Lichtgrabens und Hauszubauten – ein finsteres Lokal, die “Kneipe”.

Im Oktober 1872 suchte die Pächterin um eine Wohnung im Künstlerhaus an; ein Wunsch, den man ihr abschlagen musste. Im Künstlerhaus wohnte bereits der Portier und alle vorhandenen Räume waren mehr oder minder besetzt. Frau Bauritsch wurde nur eine Vorratskammer zugesprochen und zur Verbesserung ihrer doch nicht ganz rosigen finanziellen Situation ein Billardgeld von 24 Kreuzern die Stunde zugebilligt.4

Ende Dezember 1872 verstarb Josefine Bauritsch plötzlich und die Casinowirtschaft übernahm der bisherige Hausdiener Josef Hutterer (1874 umbenannt in Huderer) mit seiner Frau Maria, die im Casino bereits seit zwei Jahren kochte. Auch von ihnen wurde kein Pachtzins verlangt. Die Probezeit verlief zufriedenstellend, am 18. Dezember 1874 wurde mit Josef Huderer ein definitiver, halbjährlich kündbarer Vertrag abgeschlossen.

Im Jänner 1873 wurde für das Casino ein neuer Billardtisch angeschafft und im Februar 1873 eine neue schwarze Ankündigungstafel. Die bedeutendste Neuerung war aber im Jänner 1874 die Bildung eines eigenen Weinkomitees und die Errichtung eines Weinkellers, aus dem Huderer von nun an die Weine beziehen musste. Anscheinend handelte es sich dabei hauptsächlich um eine Art Qualitätsgarantie, man wollte wissen, welche Weine man auch tatsächlich kredenzt bekam. Die Idee dazu kam vom Maler und Radierer William Unger; eine ähnliche Einrichtung hatte der “Malkasten” in Düsseldorf. Das Weinkomitee bekam von der Genossenschaft einen Anschaffungskredit von 1200(!) fl.5

Wie am 20. Dezember 1873 der Genossenschaft berichtet wurde, erfuhr das Magistrat, dass im Künstlerhaus ein “Caférestaurationsgewerbe ausgeübt” wird. Nachdem die Genossenschaft über keine diesbezügliche Konzession verfügte, wurde der Ausschuss gebeten, um sie anzusuchen. Ein äußerst höflicher Vorgang, aus dem man das hohe Ansehen des Künstlerhauses bei den damaligen Magistratsbeamten ersehen kann. Dem daraufhin dem Magistrat übermittelten Ansuchen wurde dort sofort stattgegeben; ab dem 19. März 1874 besitzt das Künstlerhaus deshalb die Konzession “zur Verabreichung von Kaffee, anderen warmen Getränken und von Speisen, zum Ausschanke von geistigen Getränken mit Ausnahme von Brandwein und zur Haltung eines Billards”.

Im Dezember 1874 schlug das außerordentliche Mitglied Dr. Ernst Bareuther vor, das Casino demnächst zu renovieren und dafür einen eigenen Casinofond zu schaffen. Sein Vorschlag wurde angenommen und der Fond aus Spenden und Beiträgen von fünf Gulden aufwärts sowie durch Auktionsergebnisse der Gschnasobjekte angelegt. Der Architekt Andreas Streit sowie der Rechtsanwalt Dr. Albrecht Hiller widmeten je hundert Gulden, der Hotelier M. Gruber sechzig; die meisten Beiträge bewegten sich zwischen zehn und 25 Gulden: Georg Ritter von Schönerer widmete 20, Josef Ritter von Romako 10, Robert Russ 10, Anton Poschacher 25 fl. usw.

Die Renovierungsarbeiten begannen im Herbst 1876, beendet wurden sie im Frühjahr 1877. Ein völlig neues Aussehen bekam vor allem das im Nordosten liegende Eckzimmer des Casinos, das vom Tischler W. Müller aus Margareten, Griesgasse 30, zur Gänze mit Holz getäfelt wurde. Laut seiner Rechnung handelte es sich um einen Plafond aus weichem Holz, 21’3” lang (7,43 m) und 20’1” (6,59 m) breit, mit stark profilierten, tief gearbeiteten in Felder geteilten Gesimsen sowie einer dazu passenden Wandtäfelung an allen vier Wänden. Auch sie war aus Weichholz, mit 16 kleinen Serviertischen aus Eichenholz sowie in den vier Ecken mit jeweils zweitürigen Kästen. Die Tische waren klappbar, zum Versenken in den Wänden eingerichtet, und sie wurden bald hochgeschätzt.6 Das Zimmer hatte zu dieser Zeit an der Nord- und Ostseite noch Fenster.

Im Dezember 1884 bot Franz Pönninger an, auf eigene Kosten die Füllungen zu dekorieren; diese Malerei beschränkte sich später wahrscheinlich nur auf einen Fries unter der Decke. Für den Plafond malte Hans Makart ein über 3 x 3 Meter großes Deckengemälde, das er im April 1877 der Genossenschaft widmete. Nur die verbrauchte Leinwand (von A. Chramosta) ließ er sich bezahlen. Während der letzten Jahre des Zweiten Weltkriegs 1944-1945 war das Makartgemälde zusammengerollt im Keller der Akademie am Schillerplatz untergebracht und wurde nach Kriegsende wieder an seine Stelle montiert. Im Sommer 1960, als man diesen Raum definitiv zu einem Ausstellungssaal umwandelte und das Vorhandensein der historistischen Einrichtung als störend empfand, wurde die Wandtäfelung herausgerissen und vernichtet. Das Makart-Gemälde kam in den gleich großen, direkt darunter liegenden Saal des Souterrainrestaurants, wo es an dessen Decke montiert wurde. Dort blieb es zwanzig Jahre lang, bis man es nach einem Vorschlag des Vorstandsmitgliedes Dr. Rudolf Bachleitner vom 17. November 1981 als “gefährdet” bezeichnete und aus dem Restaurant entfernte. Nach der Reinigung und Restaurierung durch Martin Kupf wurde das Bild im Dezember 1987 vom Präsidenten Hans Mayr an einen Privaten verkauft.7 So zeigte sich die „Gefährdung“ als einer ganz anderen Natur.

Das Casino durfte nun über mehrere Jahre unverändert an seinem Platz geblieben sein, da von einem neuerlichen Umzug erst anlässlich der “Ersten internationalen Kunst-Ausstellung” 1882 berichtet wird. Für die Dauer der Ausstellung befand sich das Casino wieder im Souterrain. Interessanterweise wurden erst jetzt, im März 1882, in den Casinoräumen – momentan Französische Abteilung – Eisenstangen zum Bilderhängen montiert. Nach Ausstellungsende kam das Casino wieder zurück ins Parterre, in der Kneipe und einem anstoßenden Zimmer war inzwischen die Schützengilde heimisch geworden und beanspruchte die Räume für sich.

Das Casino erlebte in dieser Zeit den größten Ansturm. Nicht nur, dass ihm das anschließende Oktogon (“Kuppelsaal”) und eine der neuerbauten Loggien einverleibt werden mussten – nach Wunsch Hans Makarts wurde das Casino bis auf die linke Hausseite erweitert: in das spätere Müllerzimmer, das linke Oktogon sowie die linke Loggia. Auch der Hofgarten konnte von Casinobesuchern frequentiert werden. Die damals vorhandenen zwei Billardtische kamen in den Ausstellungsbuffetraum hinter der Stiege (wo sich das Buffet auch heute fallweise wieder befindet), das Makartzimmer wurde den Schachspielern zugewiesen, das rechte Oktogon wurde zum kleinen, gemütlichen Speisesaal, der größere Mittelsaal der Seitengalerie gehörte den Kartenspielern. Im vorderen Eckzimmer rechts, ursprünglich Saal für schwere Plastik, befand sich die Bibliothek (Bücher waren auch in den Kästen des Makartzimmers).8

Bereits zu dieser Zeit musste es im Souterrain des Künstlerhauses auch für Fremde einen florierenden Restaurationsbetrieb gegeben haben. Von der dort eingerichteten Küche wurde im Jänner 1884 ein Speiseaufzug zum Casino durch Ing. Anton Freissler errichtet, dazu im rechten Lichthof ein Servierraum und eine Wendeltreppe.

Im Mai 1884 brachte Ludwig Bösendorfer in Erinnerung, dass er einst versprochen hatte, der Genossenschaft ein Prachtklavier zu widmen und bat um künstlerische Zeichnungen der auszuführenden Dekorationen. Bösendorfer durfte sich allerdings geirrt haben, anscheinend dachte er an sein Versprechen des Konzertflügels – den er jedoch ursprünglich nur für einzelne Veranstaltungen verborgen wollte.

Während der Jubiläumsausstellung 1888 befand sich in den Casinoräumen die österreichische Abteilung, im rechten Oktogon die englische, im Müllerzimmer die deutsche; im Repräsentationssaal traditionell das Buffet. Nach der Schließung der Ausstellung im Juni 1888 dachte man nicht mehr an eine Wiederherstellung des Casinos in seinen alten Räumen, sondern an seine Verlegung in den gesamten(!) ersten Stock. Der mittlere Saal war als Empfangssaal vorgesehen, die Seitengalerien als Spiel- und Speisesäle, der Stiftersaal (heutiges Ranftlzimmer) als Leseraum und die kleinen Nebenkabinette links und rechts als Bibliothek. Der im rechten Lichthof befindliche Speiseaufzug sollte bis zum ersten Stock verlängert werden. Die ersten diesbezüglichen Vorschläge stammen vom Herbst 1887.

Das neue Casino wurde mit großem Aufwand hergerichtet und am 26. November 1888, nach der Hauptversammlung, eröffnet. Anton Freissler lieferte den neuen Aufzug, diesmal mit zwei Körben, in jedem konnten 36 bedeckte Teller gleichzeitig befördert werden; bei der oberen Station befand sich eine neue Anrichte. Um Wärmeverluste möglichst gering zu halten, lief der Aufzug in einem engen Schacht. Obwohl alle Säle des neuen Casinos noch Seitenfenster besaßen, wurde für die Abende auch elektrische Beleuchtung installiert bzw. von der vorangegangenen Ausstellung übernommen und umgebaut. Die starken Bogenlampen wurden durch Glühbirnen ersetzt; trotzdem empfand die ungewohnte Helligkeit nicht jeder als angenehm. Außerdem war das elektrische Licht sehr teuer; etwa ein Jahr später kehrte man zum Gaslicht zurück.

Sowohl im ehemaligen Stachezimmer, als auch in dem kleinen Kabinett gegenüber befanden sich Bibliothekskästen, der Stiftersaal wurde zum Leseraum. Neben den durch Widmungen der Genossenschaft zugekommenen Periodika hatte man 17 inländische und 11(!) fremde Zeitungen und Zeitschriften abonniert; die Kunstzeitschriften wurden anschließend stets jahrgangsweise gebunden. Für die Speise- und Caféräume hatte man neue Tischwäsche, Geschirr und Besteck angeschafft, wobei man das Besteck – Berndorfer Alpacca Neusilber – zum Großteil durch ein großartiges Entgegenkommen von Artur Krupp geschenkt bekam. Ein Saal der linken Galerie diente als Modell- und Aktsaal; anfangs wurde er vom Leitenden Ausschuss betreut und ab Oktober 1889 vom Aquarellistenclub. Durch drei Klingelleitungen konnte man den Kellner vom Souterrain heraufrufen.

Die im Souterrain befindliche Kneipe und die inzwischen errichtete Kegelbahn wurden zeitweise auch von fremden Vereinigungen und Gruppen besucht. Als die Genossenschaft diesbezüglich beim Magistrat um eine Konzession ansuchte, wurde ihr mitgeteilt, dass in diesem Fall keine notwendig ist, da die Genossenschaft selbst kein Gewerbebetrieb wäre.9

Obwohl der Casinobetrieb in diesen Jahren überhaupt die höchste Besucherfrequenz in der gesamten Geschichte der Genossenschaft erreichte, ging der Konsum, vor allem der warmen Speisen, zurück. Wegen des tragischen Todes des Kronprinzen Rudolf fanden in der Saison 1889 keine Unterhaltungen statt und später, in der wärmeren Jahreszeit, speiste man lieber im Freien. Während die Kneipe im Souterrain kostendeckend lief, wurde die Casinowirtschaft zu einem Verlustgeschäft. Im Oktober 1890 entdeckte man, dass der Wirt Josef Huderer, der gleichzeitig auch mit der Einhebung der Mitgliedsbeiträge betraut war, diese an die Genossenschaft nicht abführte und bereits 2005 fl. für sich behalten hatte. Huderer wurde entlassen; von einer Strafanzeige sah man jedoch ab, nachdem er versprach, seine Schuld zurückzuzahlen. Als Casinopächter hatte er eine sechsmonatige Kündigungsfrist, von der nun natürlich keine Rede sein konnte. Bald fand sich ein neuer Interessent und das Huderer gehörende Inventar wurde teilweise zur Abdeckung seiner Schuld übernommen. Die gesamte Casinoeinrichtung gehörte nun der Genossenschaft.

Mit dem 1. November 1890 übernahm der bisherige Bibliotheksdiener und Huderers Kellner Wilhelm Warburg die Wirtschaft. Für die ehrenamtliche Aufsicht und Betreuung des Casinos wählte man überdies zwei Mitglieder, den Bildhauer Arthur Strasser und Dr. August von Honstetter. Damit begann sich eine Spaltung zwischen der genossenschaftlichen Casinoverwaltung und dem im Souterrain kommerziell geführten Restaurant abzuzeichnen. Der emotionale, ja brutale Arthur Strasser kam mit Warburg und weiteren Mitgliedern außerdem bald in ernste Konflikte, die mit der Niederlegung der Funktion Strassers und sogar seinem Austritt aus der Genossenschaft endeten.

Im Frühjahr 1894 fand die “III. internationale Kunstausstellung” im ganzen Haus statt, inklusive des Stiftersaals, des Stachezimmers und des linken Kabinetts. So war es wieder einmal eine Ausstellung, die zur Unterbrechung des Casinobetriebes und schließlich zu seiner neuerlichen Verlegung führte. Im Mai 1894 schlug nämlich Sekretär Karl B. Walz vor, nach dem Ausstellungsschluss das Casino nicht mehr im ersten Stock, sondern wie früher in der leichter zugänglichen rechten Galerie im Parterre einzurichten.

Dieser Vorschlag wurde vom Ausschuss angenommen und das Casino im Herbst 1894 tatsächlich wieder im Parterre eröffnet. Zum neuen Casinoverwalter wurde das außerordentliche Mitglied John G. Hardy bestellt, dem man später auch den Titel “Hausvater” verlieh. Warburg, der zusammen mit einem Küchenmädchen ab 1890 im Künstlerhaus wohnte, wurde die Wohnung gekündigt; 1894 wohnten neben den beiden noch weitere vier Personen im Künstlerhaus. Sein Ansuchen um ein Quartiergeld wurde abgelehnt. Warburg versuchte nun seine Pacht zu kündigen, was der Ausschuss mit der vertraglich abgesicherten Halbjahresfrist annahm.

Zum Nachfolger Warburgs wurde mit Anfang Juli 1895 wieder der k.k. Hofzuckerbäcker K. Schelle, der bereits diese Stelle 25 Jahre davor hatte. Doch schon im November 1895 legte Schelle die Casino- und Restaurantwirtschaft nieder; die Einnahmen blieben weit hinter seinen Erwartungen zurück und entsprachen überhaupt nicht der aufgewendeten Mühe, Schelle sprach sogar von Verlusten. Nur die Ausstellungsbuffets wollte er nach wie vor behalten.

Im Dezember 1895 wurde die Wirtschaft dem bisherigen Kellner Johann Zeilner übergeben, der auch das gegenüber liegende Musikvereinsgebäude belieferte. Eine Wohnung im Künstlerhaus, die er sich gewünscht hatte, erhielt er aus Platzmangel allerdings nicht. Etwas Aufregung verursachte eine anlässlich der Konzessionserneuerung ergänzte Verordnung, wonach Zeilner – wie jeder andere Wirt in Wien – verpflichtet wurde, die im Hausinneren liegenden Aborte auch dem Straßenpublikum zugänglich zu halten.

Das im Herbst 1894 ohne viel Aufwand eröffnete Casino entsprach aber durchaus nicht den Anforderungen, die manche Mitglieder auf solche Räume stellten. Da man damals keinen eigenen Fond zur Erneuerung der Ergänzung des Inventars hatte – der von 1875 ging 1882 in der Genossenschaftshauptkassa über – zeigten sich nun immer deutlichere Gebrauchsspuren. In einem Aufruf vom 24. Oktober 1896 trat man deshalb an alle Mitglieder mit der Bitte heran, an der neuerlichen Bildung eines solchen Fonds mitzuwirken. Darüber hinaus wurde beschlossen, die Kartenspieler in das Makartzimmer zu verbannen und den mittleren Saal nur den Billardspielern vorzubehalten; die Genossenschaft besaß zu dieser Zeit vier Tische. Außerdem war es notwendig die Ventilation zu verbessern und neue Beleuchtungskörper zu montieren. Diese Renovierung fand teilweise im Sommer 1897 statt, zur Beleuchtung wurde allerdings wieder Gas verwendet.10

Während der Jubiläumsausstellung 1898 wurde vom Casino nur das Makartzimmer, das man als Durchgang brauchte, abgetrennt, sonst blieb das Casino erhalten. Das Buffet im Repräsentationssaal hatte wie üblich K. Schelle, Zeilner konnte diesmal aber auch ein Gartenrestaurant errichten. Es durfte ihm dabei nicht schlecht gegangen sein, da er im Mai 1899 in Weidling das Gasthaus “Zum goldenen Strauß” erwarb und von nun an beide Betriebe gleichzeitig führte. Um das Casino kümmerten sich außer John G. Hardy noch Carl Freiherr von Merode und Dr. August von Honstetter.

Im Jänner 1901 kamen zum ersten Mal in der Hausgeschichte Klagen über zu hohe Preise des Wirtes auf; ein Problem, das man rasch klären und regeln konnte. Trotzdem gab dies dem Ausschuss Anlass, mehr auf den Wirt zu achten. Der Tochter Zeilners und einer Magd, die im Künstlerhaus wohnten, wurde dies verboten; alle Spielkarten wurden von nun an durch die Genossenschaft gekauft und gestempelt. Gleichzeitig arbeitete man auch mehrere Entwürfe einer Geschäftsordnung für den Wirt aus. Im selben Jahr 1901 wurde das Casino renoviert, von einem weitergehenden Umbau sah man aus Kostengründen aber ab. Auch die schon seit langem gewünschte, vom Mittelsaal des Casinos zu betretende Terrasse über den Lichtgraben wurde nicht ausgeführt. Statt aufwendige Hausumbauten durchzuführen widmete man sich mehr dem Casinoinventar. Angekauft wurden neue Spieltische, neue Divans, Vorhänge, ein Waschtisch und Bronzeaschenbecher. Die alte Casinowäsche verkaufte man an Mitglieder für Atelierzwecke. Längere Zeit wurde über den Erwerb von Café-Marmortischen diskutiert, sah aber schließlich von ihrer Anschaffung aus Kostengründen ab.11

Im Dezember 1903 plädierte der Architekt Andreas Streit für eine Übersiedlung des Casinos in den ersten Stock; sein Hauptbeweggrund war die momentane Benachteiligung der Leser. Aus der Bibliothek konnte man zwar Bücher auch auswärts entlehnen, im Künstlerhaus selbst hatte man zum Lesen aber wenig Platz bzw. wurde durch andere Casinobesucher gestört.

1905 sprach man wieder über eine notwendige Casinorenovierung, vor allem die Billardspieler hätten gerne eine elektrische Beleuchtung ihrer nun drei im Betrieb befindlichen Tische. Es blieb beim Wunsch, man beschränkte sich nur auf die allernotwendigsten Instandhaltungen. Nur in der Anrichte beim Speiseaufzug im ersten Stock wurde im Jänner 1908 ein Gaskocher (Rechaud) installiert, um dort bei Festen und größeren Veranstaltungen die Tranchierung und das Servieren der Speisen direkt vornehmen zu können.12

Doch inzwischen mehrten sich Klagen über die Wirtschaft Zeilners immer mehr, es kamen auch persönliche Konflikte auf, sogar eine Ehrenbeleidigungsklage. Zeilner, der anscheinend in seinem Klosterneuburger Gasthaus mehr verdiente, als im Künstlerhaus, zeigte immer weniger Interesse am Casino, in dem er nicht einmal unverständlicherweise eigene Klosterneuburger Weine verkaufen durfte. So dachte man ab 1909 von beiden Seiten immer ernster an eine Lösung des Vertrags. Doch das Problem löste sich von selbst: Anfang April 1912 wurde Johann Zeilner “mit unheilbarem Schwachsinn behaftet nach Steinhof überführt”. Den Betrieb im Künstlerhaus übernahm mit dem 3. bzw. offiziell 17. April 1912 sein Sohn Viktor Zeilner.

Im Frühjahr 1912 hatte Viktor Zeilner zum ersten Mal auch das Buffet bei der Jahresausstellung. Sein Vertrag wurde am 19. Juni 1912 unterzeichnet; zum ersten Mal wurde darin auch von einem Pachtzins gesprochen: eher symbolisch zu verstehenden zehn Kronen pro Jahr. Doch weder Zeilner, noch jemand anderer von seinem Personal durfte aus sanitäts-hygienischen Gründen künftig im Künstlerhaus wohnen.13

Im Herbst 1913 wurde das Casino durch den Architekten Siegfried Theiss und Hans Jaksch neu gestaltet und am 10. Dezember 1913 feierlich eröffnet. Im Parterre rechts, obwohl man immer wieder von einer Verlegung des Casinos in den ersten Stock sprach: so im März 1907 oder im Februar 1911, als es sogar zu heftigen Interventionen des Malerverbandes gekommen war.14 Das Casino wurde mit von Backhausen gewidmeten Stofftapeten bespannt, die Bibliothek wurde in das Müllerzimmer verlegt. Die Firma Anton Pospischil widmete mehrere Casinomöbel, angekauft wurden Sessel von Thonet.

Den Boden hatte man mit einer neuartigen Holzmasse belegt, die zwar schalldämmend, aber sonst den Anforderungen eines starken Betriebs nicht gewachsen war. Zur Vervollständigung des Inventars wurde von Ernst Wahliss ein, mit dem Genossenschaftsemblem versehenes Porzellanservice angekauft.15 Von Artur Krupp kam ein neues Besteck, von J. & L. Lobmeyr neue Gläser. Das wenig benützte Bösendorfer-Klavier wurde der Firma zurückgegeben und dafür ein kleineres Doerr-Pianino geliehen. Zur Sanierung der Kneipe im Souterrain wurde die Schützengilde um einen Zuschuss gebeten.16

Der Kriegsausbruch im Sommer 1914 und die Installierung des Rekonvaleszentenheimes schränkten den Casinobetrieb ein; nur die Hausküche profitierte vom gestiegenen Umsatz. Als Viktor Zeilner im August 1914 einrücken musste, übernahm seine Frau Helene Zeilner die gesamte Wirtschaft, doch legte sie die Pacht nach dem am 17. Dezember 1917 erfolgten Tod Viktors Mitte Februar 1918 zurück. Die Küche wurde am 25. Februar 1918 Nikolaus Widhalm, einem seit acht Jahren im Künstlerhaus beschäftigten Kellner übertragen, Helene Zeilner blieb bis zum 15. März 1918 noch für das Casino und das Rekonvaleszentenheim zuständig.

Als durch die Auflösung des Rekonvaleszentenheimes in das Künstlerhaus allmählich wieder normale Verhältnisse zurückkehrten, wurde auch das Casino in alter Form reaktiviert; seine Oberaufsicht übernahm am 21. Dezember 1918 der Maler Karl F. Gsur.17 Der 1913 verlegte Fußboden war schon im Jänner 1915 so ausgetreten, dass man ihn provisorisch mit einem von einer Ausstellung stammenden Filzbelag verdecken musste. Im Juni 1918 goss man den Casinoboden schließlich mit einem grünen Xylolith aus; für weitere Verbesserungen fehlte das Geld, auch nach dem Krieg.

Im Oktober 1919 wurde Widhalm bewilligt, im Künstlerhaus – neben dem Portier – zu wohnen. Der Hauptgrund dieser Nachgiebigkeit lag in den unsicher gewordenen Nachkriegsverhältnissen. Widhalm fühlte sich genötigt, seine Lebensmittelvorräte auch während der Nacht zu bewachen. Sowohl das Restaurant, als auch die Kneipe, die nur geschlossenen Gesellschaften vorbehalten war, erzielten in dieser Zeit einen besonders starken Besuch; für die Kneipe musste sogar ein eigener Wochenplan eingeführt werden.18

Anfang des Jahres 1923 wollte sich die Gesellschaft “Schlaraffia” im Künstlerhaus einmieten; sie war an einem ständigen Domizil im Künstlerhaus sogar sehr interessiert. Doch der Einbau ihrer gewünschten “Burg” setzte größere Umbauten voraus und so kam es zu keiner Einigung.19

Widhalm erfüllte die in ihn gesetzten Erwartungen nicht; 1922 und 1923 gab es oft Beschwerden über die schlechte Qualität der von ihm servierten Speisen. Auch das Casino wurde von ihm immer weniger gepflegt und machte bald einen verwahrlosten Eindruck. Schließlich wurde Widhalm per 16. September 1924 gekündigt, am 5. Juli wurde das Inventar überprüft bzw. neu inventarisiert. Widhalm wurde außerdem verpflichtet, seine rückständigen Steuern zu bezahlen. Man war schließlich froh, sich von Widhalm getrennt zu haben, obwohl man im September 1924 immer noch keinen neuen Pächter hatte.

Erst Anfang Oktober 1924 konnten die Souterrainlokalitäten und das Casino dem Ehepaar Köhler übergeben werden; Josef und Elisabeth Köhler betrieben während der Monarchie ein Caférestaurant im k.u.k. Militärcasino am Schwarzenbergplatz und später eines am Freudenauer Rennplatz. Pachtinteressenten gab es zu dieser Zeit genug; unter ihnen meldete sich auch der jahrelange Küchenchef des Erzherzogs Franz Ferdinand von Österreich-Este Robert Doré, nun Pächter der Küche im Jockey-Club. Die Wahl des Ehepaars Köhler fiel anscheinend aus rein finanziellen Gründen; die Köhlers boten dem Ausschuss die höchste Pacht an. Gleich in ihrem ersten Brief boten sie 4 % von allen Speisen und 8 % von den Getränken an; im Pachtvertrag einigte man sich auf 5 und 10 %, bei Festen sogar auf 6 und 12 %. Das Inventar wurde den Köhlers am 6. Oktober 1924 übergeben.20

Doch wie fast zu erwarten, erwies sich die Entscheidung nach rein finanziellen Versprechungen der Pächter als falsch. Auch die Köhlers dürften sich verkalkuliert haben: das Casino und das Restaurant warfen keineswegs den von Ihnen erwarteten hohen Gewinn ab. Bis Dezember 1924 hatten sie der Genossenschaftsleitung immer noch keine Preistarife zur Genehmigung vorgelegt (was in zwei Paragraphen des Pachtvertrags vorgeschrieben war) und sie weigerten sich auch die Heizungskosten zu übernehmen. Das Casino blieb an Sonntagen wegen Personalmangel nicht bewirtschaftet und auch an den Wochentagen kamen von Beginn an Klagen über die schlechte Qualität des Essens. Starke Differenzen entstanden anlässlich Untervermietungen der Kegelbahn und anderer Souterrainräume an Fremde; Angelegenheiten, die die Genossenschaft für sich beanspruchte und nicht gewillt war, diese den Wirten zu überlassen.

Ernste Beanstandungen gab es während der kommenden Gschnasfeste, nachdem sich die von den Köhlers engagierten Kellner nicht an die Preisliste hielten; Probleme hatte später auch der Ausschuss mit den abzurechnenden Prozenten. Ab dem 1. Juli 1925 wurde deshalb von der perzentuellen Abrechnung abgegangen und wieder zur Pauschalpacht zurückgekehrt, die mit 8000 Schilling jährlich festgelegt wurde (genehmigt durch das Magistrat am 12. Oktober 1925). Frau Köhler, an sie lautete der Vertrag, sollte außerdem eine Kaution von 4000 S bei der Genossenschaft hinterlegen und die bereits angelaufenen Steuerschulden ehestens nachzahlen; die unbezahlt gebliebenen Steuerschulden des früheren Pächters Widhalm musste inzwischen die Genossenschaft begleichen.

So begann man im Ausschuss an eine Lösung des bis zum 30. September 1930 abgeschlossenen Vertrags denken; ab dem Sommer 1925 verkehrte man ohnehin nur noch durch Anwälte miteinander. Im Sommer 1926 reichte die Genossenschaft die Klage auf Räumung ein, gegen die die Köhlers beim Gericht beriefen. Das Bezirksgericht gab dem Künstlerhaus recht, die zweite Instanz dagegen Frau Köhler, der oberste Gerichtshof wieder dem Künstlerhaus. Am 20. April 1927 kam es zu einem Vergleich: Frau Köhler konnte im Künstlerhaus bis zum 31. März 1928 verbleiben. Trotz aller Warnungen und Mahnungen hinterließ Frau Köhler, wie zu erwarten war, wieder Steuerschulden, die an der Genossenschaft haften blieben. Das Magistrat verweigerte später dem neuen Pächter die Konzessionsausstellung.21

Trotz dieser Probleme mit dem Pächter wurden inzwischen auf Kosten der Genossenschaft und der Schützengilde die Souterrainräume neu hergestellt, die Kegelbahn instandgesetzt, die Spieltische neu überzogen, ja auch neue Spiele eingeführt (Goal Game). Der Maler Arthur Ferraris ließ auf seine Kosten einen Billardtisch vollständig renovieren. Diese Erneuerungen führten wieder zu einem verstärkten Interesse am Casino und einer höheren Besucherfrequenz; neue Rufe nach einer Erweiterung wurden laut. Der Architekt Hetmanek schlug die Errichtung einer Gartenkonditorei vor dem Musikverein vor – eine Idee, die trotz des möglichen Erfolges und mehrmaliger Wiederauferstehung nie in die Praxis umgesetzt wurde.22

Ab dem 1. April 1928 wurde wieder ein ehemaliger Kellner im Künstlerhaus, Wilhelm Jaworsky, zum neuen Pächter; vorerst provisorisch, dann auf Probezeit; am 16.10.1928 wurde mit ihm ein definitiver Jahresvertrag abgeschlossen (genehmigt durch das Magistrat am 24. Juli 1929). Jaworsky wurde der Pachtzins vom Ausschuss unverständlicherweise auf 10 000 S erhöht, damals eine sehr hohe Summe. Natürlich hatte er bald mit finanziellen Problemen zu kämpfen, Probleme, die eigentlich beiden Seiten schon von vornherein bekannt gewesen sein mussten.

Ausschüssen der Monarchie war die Zufriedenheit der Mitglieder wichtiger, als der fragwürdige kurzfristige finanzielle Profit; so war es eigentlich nur die Leitung der Genossenschaft, die durch neue, überhöhte Pachtvorstellungen die Wirte in Bedrängnis führte. Jaworsky kam 1931 mit seinen Zahlungen in Verzug und auch mit seinen Gemeindeabgaben (die es übrigens in der Monarchie nicht gab). Der erhoffte Wintersaison- und Gschnasfestverdienst 1931 blieb aus; da Jaworsky außerdem kurz vorher neue Verpflichtungen durch die Erwerbung eines zweiten Betriebes auf der Hohen Warte Nr. 7 – “Caférestaurant Hohe Warte” – einging, die er auch nicht einhalten konnte, wurde für ihn die Lage äußerst schwierig.

Um doch zu neuen Einnahmequellen zu gelangen, wollte Jaworsky ab Herbst 1932 im Stifter- und Plastikersaal neue, damals sehr in Mode befindliche 5 Uhr-Tees mit Abendtanz einführen, was ihm vom Ausschuss am 9. August 1932 auch bewilligt wurde. Nachdem jedoch in der Genossenschaft im September 1932 die Rückstände Jaworsky’s bei der Gemeinde bekannt wurden, stornierte man aus Angst vor weiteren Pleiten diese Bewilligung und ließ am 27. September 1932 Jaworsky ein Schuldbekenntnis unterschreiben. Gleichzeitig wurde der Pachtvertrag als aufgelöst betrachtet.23

So vertrieb der Ausschuss durch kurzsichtige Unnachgiebigkeit einen Restaurantbetreiber und Casinowirt, mit dem die Mitglieder jahrelang zufrieden waren, gegen dem es nie irgendwelche Klagen gegeben hatte und dessen Bedienung stets bestens funktionierte. Obwohl Jaworsky selbst Maßnahmen zur Lösung seiner Lage traf, war der Ausschuss nicht bereit, ihm dabei behilflich zu sein.

Verursacht wurde diese Entscheidung des Ausschusses durch das Auftauchen eines neuen Interessenten für die Pacht der Lokale im Künstlerhaus, Frau Hilde Wolf. Sie war bereit die Pacht von 10 000 S zu zahlen, während Jaworsky um Ermäßigungen gebeten hatte; sie versprach außerdem die Steuerschulden ihres Vorgängers zu übernehmen. Da sie einen gut laufenden Betrieb in Grinzing, Himmelstraße 29, hatte, erschien sie dem Ausschuss vertrauenswürdig. Eine Geschichte, die sich von nun an im Künstlerhaus noch mehrmals wiederholen sollte.

Der mit Frau Wolf am 9. November 1932 abgeschlossene Pachtvertrag hatte eine Laufzeit bis zum 31. Oktober 1933; die Pacht wurde verändert in 4000 Schilling Pauschale und 20 % des Bruttoumsatzes der Feste. Doch wie nicht anders zu erwarten, zeigten sich bald alle Erwartungen als falsch. Schon im Sommer 1933 schuldete die Pächterin 3770 S der Genossenschaft und 4500 S der Gemeinde, eine höhere Summe, als jene von Jaworsky. Dazu kamen Beschwerden der Casino- und Restaurantbesucher wegen unzureichender Pflege der Räume, unhöflicher Bedienung und schlechter Speisen, ja sogar wegen des „ungenießbaren“ Kaffees. Der Vertrag mit Frau Wolf wurde deshalb im Herbst 1933 nicht erneuert, was sie allerdings nicht einsehen wollte und dagegen sogar bei Gericht protestierte. Am 10. November 1933 kam es zu einem Vergleich,24 doch bereits seit dem 16. Oktober 1933 gab es kein Casino und Restaurant mehr.

Zum neuen Pächter wurde nach dem am 25. September 1933 unterzeichneten Vertrag ab dem 1. November 1933 unter denselben Bedingungen (genehmigt vom Magistrat am 4. November 1933) Karl Sehnal (nach einer späteren Namensänderung Senal), obwohl es in den Mitgliederkreisen bereits Stimmen gab, künftig das Casino und das Restaurant in Eigenregie zu führen. Doch mit Senal schien das Künstlerhaus wieder das gute Los gezogen zu haben. Er war der Neffe des Restaurantbetreibers Anton Kowarik, der ein Restaurant und eine Cafékonditorei in den Sofiensälen sowie zwei Cafés in der Schönbrunnerstraße 4 und Grünangergasse 1A betrieb und für Senal bürgte. Karl Senal leitete das Casino wie auch das Restaurant tatsächlich zu vollster Zufriedenheit. Natürlich wurde auch von ihm das schon seit dem Ende der Monarchie immer mehr an Gewicht gewinnende, der Allgemeinheit zugängliche Restaurant im Souterrain bevorzugt; ja er schränkte sogar die Casinobewirtung drastisch ein. Doch die Mitglieder fanden sich damit rasch ab, und gingen zum Speisen eben einen Stock tiefer. Die allgemeinen Beziehungen wurden so gut, dass Senal im Dezember 1935 sogar zum Förderer der Genossenschaft wurde; am 21. September 1936 wurde seine Pacht wieder mit 10 000 S pauschalisiert.

Das war ein Fehler. Schon am 15. Juni 1937 bat Senal infolge der ungünstigen finanziellen Situation des Frühjahrs um eine Pachtermäßigung auf 6000 S. Der Ausschuss gab sich jedoch unbelehrbar; trotz der Erfahrungen von 1933 und trotz der jetzigen guten Atmosphäre, lehnte er das Ansuchen Senals ab und drohte ihm in einem Brief vom 17. Juni 1937 sogar mit der Kündigung. Senal gab nach, die Wogen beruhigten sich vorläufig und Senal blieb weiter Pächter. Er betrieb neben dem Künstlerhaus noch das Café Dommayerhof in Wien 13, Dommayergasse 1; der Ausschuss glaubte ihm seine schlechte finanzielle Lage nicht. Doch am 4. Juli 1938 kündigte Senal mit 31. September. So hatte man schon wieder einen guten Wirt verloren, nur weil man im Ausschuss von den kaum zu erfüllbaren Pachtbedingungen nicht Abstand nehmen wollte.25 Ab Oktober 1938 waren Casino und Restaurant geschlossen.

Im September 1934 brachte der Maler Richard Teschner eine interessanten Idee ein: er wollte im Künstlerhaus ein ständiges Marionettentheater errichten. Als den geeignetsten Raum hierfür hielt er die rechte Seitengalerie im Parterre, also die Casinoräume und die Bibliothek. Nach seinen Vorstellungen könnte man das Casino in die Kneipe verlegen und die Bibliothek in das Makartzimmer. Die damit verknüpften Ausgaben dürften 4000 S nicht übersteigen. Doch Teschner konnte für seine Idee kaum jemanden begeistern.26

Im Herbst 1935 bestellte die Schützengilde für die Kneipe (ein Teil des Restaurants) vier große Wandbilder bei Carl Fahringer27. Diese wurden, trotz der Einwände von Hans Ranzoni, der diese Bilder nur in der Jahresausstellung ausgestellt hätte und sie für die Kneipe als zu Schade hielt, im darauffolgenden Jahr montiert. Sie blieben dort bis 1961, als man sie anlässlich einer Gesamtumgestaltung des Restaurants abgenommen und dem Jagdmuseum in Marchegg als Dauerleihgabe zur Verfügung stellte.28 Ende März 1938 begann in der Kneipe ein Akt-Malkurs; bisher fand er entweder in einem anderen Souterrainlokal statt, oder im Präsidentensaal im ersten Stock (heute Ranftlzimmer / Salon).29

Ein neuer Pachtvertrag wurde erst Anfang Jänner 1939 (bestätigt durch die Gemeinde am 14. Juni 1939) mit Major d. R. Karl Pichler, Inhaber des Caférestaurants “Kyffhäuser” am Schwarzenbergplatz 1 (ex “Promenadencafé”) abgeschlossen. Doch die politischen Umwälzungen dieser Zeit, die radikale Änderung der Besucherstruktur, wie auch die begonnene Renovierung des Künstlerhauses und neue große Ausstellungen hatten schon unter Senal den Casinobetrieb stark beeinträchtigt. Mit diesen Beeinträchtigungen hatte auch Pichler zu kämpfen; erst ab Jänner 1942 stand das Casino den Mitgliedern wieder offen. Speisen konnte man darin aber nur donnerstags und da gab es nur Bier, Wein, Kaffee, Tee und Sandwiches; dazu alles noch gegen Lebensmittelbezugsmarken. Die Casinomöbel waren zum Teil von auswärts geliehen. Das Casino wurde wenig frequentiert und dürfte bereits mit Ende 1942 wieder geschlossen worden sein.30

Im November 1942 zeigte die Deutsche Arbeitsfront Interesse an der Küche im Künstlerhaus, wo neben den Künstlerhausmitgliedern und des Hauspersonals auch Mitarbeiter der umliegenden “Betriebe” verpflegt werden könnten. Der Kohleherd im Künstlerhaus wäre diesem Ansturm gewachsen, nur Major Karl Pichler war an der Führung einer “Werkküche” nicht interessiert. So stellte im Frühjahr 1943 die Gesellschaft selbst neue Köchinnen ein, die Gemeinde stellte 20 000 RM für weitere nötige Anschaffungen zur Verfügung und der Maler Leopold Hauer begann die Küche in Eigenregie zu führen.

Am 31. Mai 1943 wurde die “Werksküche” in Betrieb genommen; sie lieferte einheitliche Menüs mit drei Gängen zum Preis von 0,70 RM pro Portion. Am Eröffnungstag wurden 80 Portionen verkauft, Ende Juni 1943 waren es bereits 220. Ab dem 1. September 1943 übergab man die Werksküche auf Kriegsdauer an das Ehepaar Heinz Wunsch, ohne dafür eine Pacht zu verlangen. Das Künstlerhaus übernahm außerdem die Kosten für Heizung und Beleuchtung. Ursprünglich wurde vom Künstlerhaus auch das Geschirr und Besteck zur Verfügung gestellt; nach starken Verlusten musste jedoch ab Dezember 1944 jeder Teilnehmer sein eigenes Besteck mitbringen – mit Ausnahme der Künstlerhausmitglieder, die nach Protesten von Herbert Dimmel separierte, reservierte Tische bekamen.

In dem Maße wie sich die allgemeine Ernährungslage verschlechterte, wuchs das allgemeine Interesse an der Werkküche. Vorrang hatten die Werktätigen der umliegenden Betriebe; aus Platz- und Rohstoffmangel wurden ab März 1945 die Familienangehörigen der Mitglieder von der gemeinsamen Verpflegung ausgeschlossen. Durchschnittlich gab man nun täglich 360 Portionen aus. Die Werkküche blieb auch nach Kriegsende vorerst bestehen, bis im Juni 1945 nach einer gehässigen Denunziation Heinz Wunsch verhaftet wurde, kurz darauf auch seine Frau. Das Künstlerhaus geriet dadurch in eine äußerst unangenehme Lage, da man in der Küche rasch nach einem Ersatz suchen musste. Dabei konnte man dem Ehepaar Wunsch nichts Böses nachsagen; die Verhaftung stellte sich später als unbegründet heraus, beide wurden freigelassen. Anfang 1946 konnte sich das Ehepaar Wunsch bereits um die Küche im Niederösterreichischen Gewerbeverein bewerben.31

Ab dem 9. Juli 1945 führte Rudolf Skorsch den Betrieb. Das Essen kostete 0,80 RM und bestand nur noch aus einer Suppe und der Hauptspeise. Täglich wurden 300 Mittagsessen ausgegeben. In dieser Form bestand die Werksküche bis zum Frühjahr 1946. Mit 1. September 1946 wurde das “Gast- und Schankgewerbe in den Räumen des Künstlerhauses” an Frau Maria Skorsch verpachtet, die Gattin Rudolfs Skorsch. Als Pacht wurden 8 % vom allgemeinen Umsatz und 1250 S jährlich vereinbart.

Ab dem 1. Juni 1947 wurde die Pacht auf 20 % vom Umsatz und 1600 S jährlich erhöht; diesen harten Bedingungen war Frau Skorsch nicht mehr gewachsen. In ihrem Bestreben nach mehr Einnahmen begann sie im Großen einen damals noch weit verbreiteten Schleichhandel zu betreiben und wurde schon dadurch allein für das Künstlerhaus untragbar.32 Außerdem wollten viele Mitglieder das alte Casino wieder haben, für das unbedingt ein neuer Wirt gesucht werden musste; das Casino sollte in der Form eines Cafés geführt werden. Der mit dem 15. September 1947 ablaufende Vertrag mit Frau Skorsch wurde nicht erneuert; einen neuen Pächter, dem man bedenkenlos sowohl das Restaurant als auch das Casino anvertrauen konnte, hatte man bereits: Major Karl Pichler.

Pichler übernahm das Künstlerhaus-Restaurant anscheinend im November 1947, obwohl sein Meldezettel auf den 22. Jänner 1948 lautet und als vertraglicher Pachtbeginn der 31. März 1948 bezeichnet wird. Pichler verpflichtete sich 10 % vom Umsatz und 1500 S jährlich zu zahlen. Neben dem Restaurant blieb die immer noch laufende Werksküche bestehen, wenn auch nur im beschränkten Ausmaß. Buchmäßig wurde sie vom Restaurant separat geführt. Nicht entstanden ist das vorgeschlagene Café im Parterre; die Räume wurden, wie schon im Krieg, für Ausstellungen verwendet.

Erst Anfang 1950 konnte man sich durchringen, das Casino nach einer fast zehnjährigen Pause wieder neu entstehen zu lassen. Die fehlende Einrichtung brachte man durch Widmungen zusammen; ein Bösendorferklavier wurde von der Firma gegen Kinowerbung zur Verfügung gestellt.33 Man hatte einen Billardtisch überholt und die vom Sekretariat ohnehin abonnierten Tageszeitungen aufgelegt. Informationszentren der Besatzungsmächte ersuchte man um ihre kostenlosen Publikationen. Im November 1950 wurde das von den Mitgliedern gewünschte Casino eröffnet – doch der erwartete Andrang blieb aus. Außer einer Tarockrunde, die sich im Casino etablierte und dem Stammgast, der Maler Albert Janesch, kamen kaum weitere regelmäßige Besucher; das einst zahlreiche Vorkriegspublikum war nicht mehr vorhanden.34 Im selben Jahr 1950 wurde auch die Kegelbahn notdürftig überholt. Für sie gab es immer genug Interessenten, oft ja sogar viel zu viel, sodass man trotz einer Tages- und Stundenordnung ganze Gruppen ablehnen musste. Den Künstlerhausmitgliedern stand die Kegelbahn nur donnerstags zur Verfügung.

Das Souterrainrestaurant war in dieser Zeit gut besucht und Major Pichler drängte nach seiner Erweiterung. In diesem Zusammenhang konnte man auch dem Portier Johann Schantel, der im Künstlerhaus wohnte, zu einer von ihm langersehnten Gemeindewohnung verhelfen. Das Künstlerhaus meldete Eigenbedarf an und überreichte Schantel eine Räumungsklage, die für die Zuteilung einer Wohnung von großer Wichtigkeit war. Beim Umzug bekam Schantel vom Künstlerhaus noch einen Beitrag von 1500 S; er war der letzte Hausangestellte, der im Künstlerhaus regelmäßig gewohnt hatte.35

Im Dezember 1950, als man von der Neugestaltung eines Stüberls sprach, kam zum ersten Mal der Name “Palette” im Zusammenhang mit dem Restaurant auf. Zur Einbeziehung der ehemaligen Schantel-Wohnung in das Restaurant kam es im Oktober 1951, als anlässlich einer Ausstellung die Kneipe dem Graphiker und Organisator Victor Slama als Filmvorführraum diente. Sonst wurde in das Restaurant wenig investiert; nach der Slama-Ausstellung wurde ein Raum sogar provisorisch als Büro dem Schriftsteller Karl Strobl zur Verfügung gestellt.

Im Juni 1951 schlug der Hausarchitekt Franz Peydl vor, neben dem in der rechten Galerie befindlichen Casino auch noch in der linken Galerie ein modernes, damals in der Mode befindliches “Espresso” einzurichten und das Sekretariat in den ersten Stock zu verlegen. Diese Idee hatte aber von vornherein keine Chance auf Verwirklichung; das Sekretariat musste leicht erreichbar bleiben.

Zu Jahresende 1952 entschloss man sich die Kegelbahn, die bereits starke Gebrauchsspuren trug, vollständig zu sanieren, zum Teil auch die umliegenden Räume. Der Architekt Peydl propagierte wieder sein “Espresso”, diesmal in der ehemaligen Bibliothek im Parterre rechts. Doch man war skeptisch, ob die Besucher die doch relativ hohen Baukosten rechtfertigen würden; das Casino selbst wurde ja kaum frequentiert und im Juni 1953 anlässlich einer Ausstellung definitiv geschlossen. Die Gründe für das Desinteresse der Mitglieder lagen unzweifelhaft in der veränderten Gesellschaftsstruktur; das herzliche Miteinander der Zeit vor 1938 sollte im Künstlerhaus nie mehr wieder Fuß fassen.

Trotzdem wählte man fast zur gleichen Zeit noch ein Casinokomitee, das sich um die Wiederbelebung des Casinos kümmern sollte. Im Juni 1953 plädierte Präsident Karl Maria May für die Installierung von Puppenspielen, die bereits 1934 Richard Teschner vorschlug. Im Sommer 1953 wurde im Auftrag des Major Pichler im Souterrain ein Stüberl von mehreren Künstlern unter der Führung von Rudolf Pleban ausgemalt und dekoriert; man nannte es “Kleisterschachtel”.36

Trotz der vielen Jahre, die Pichler im Künstlerhaus blieb, war man mit ihm nicht immer restlos zufrieden. Im Ausschuss warf man ihm öfters Desinteresse vor, und auch über die Speisequalität kamen einige Male Klagen. Schon nach 1949 sprach man deshalb mit anderen Caféhaus- und Restaurantbesitzern und sogar mit Brauereien über eine Neuverpachtung, doch kamen diese Gespräche nie in eine konkretere Phase. Die Hauptschuld daran trug ohne Zweifel der Leitende Ausschuss mit seinen unrealistisch hohen, wirklichkeitsfremden Pachtforderungen.

Mit dem 31. Dezember 1950 erhielt Pichler eine Vertragskündigung, die allerdings von beiden Seiten nicht ganz ernst genommen wurde. Pichler blieb, und er war auch bereit, unter Zusicherung eines mehrjährigen Vertrages selbst zu investieren. Nach der Eröffnung des Künstlerhauskinos führte Pichler auch das Kinobuffet. Sein mehrmals vorgetragener Wunsch nach einem Weingarten vor dem Französischen Saal wurde vom Ausschuss jedoch unverständlicherweise stets abgelehnt. Erst Anfang 1954 schloss man mit Pichler einen neuen Vertrag auf zwei Jahre bis zum 31. März 1956 ab. Die Pacht betrug nun 6 % des Bruttoumsatzes, für das Kinobuffet außerdem monatlich 1200 S. Dieser Vertrag wurde am 19. September 1955 gekündigt. Der Grund: man hatte einen neuen Pächter in Aussicht.37

Am 4. März 1955 berichtete der Architekt Franz Peydl dem Leitenden Ausschuss, dass der ihm persönlich bekannte Sohn eines Lokalbesitzers auf Capri, Herr Libero Arbace, Interesse an der Pachtung des Künstlerhausrestaurants hätte. Die nun begonnenen Verhandlungen führten zum Erfolg: schon im Mai 1955 konnte der Vorvertrag und am 5. August 1955 ein Vertrag auf fünf Jahre, bis zum 31. März 1961 abgeschlossen werden. Das Restaurant sollte eine italienische Note bekommen, mit italienischen Speisen und Weinen, an die man sich von den damals ansetzenden Italien-Reisen so gerne erinnerte. Dementsprechend dachte Arbace auch an einen italienischen Namen; ursprünglich wie das Lokal des Vaters “Grotino di Capri”, später wurde dieser Vorschlag in Zusammenarbeit mit dem Ausschuss in “Grotta Azzurra” abgeändert. Für das Kinobuffet hatte der neue Pächter monatlich 1500 S zu zahlen, für das Restaurant im ersten Jahr 12 000 S, ab dem 1. April 1957 12 % des Umsatzes, zumindest jedoch die 12 000 S pro Jahr. Nach dem Auszug Pichlers begann Arbace mit dem Umbau des Restaurants; von den Gesamtkosten von 107 000 S trug er selbst 80 200 S, den Rest übernahm die Gesellschaft.

Am Abend des 23. Juni 1956 war es dann soweit: die “Grotta Azzurra” wurde durch ein Festessen für geladene Gäste eröffnet. Schon die Stiege zum Restaurant wirkte italienisch: oben mit Schilf, der Boden mit Kieselsteinen bedeckt; im Vorraum ein Sgraffito mit Fischen, Seepferdchen und Seesternen von Herbert Pass. Das große Gastzimmer gestaltete Fritz Itzinger mit italienischen Landschaften, mit Pinien, Zypressen, Kirchen, Türmchen; zum Teil auch plastisch aus Draht ausgeführt. Die notwendigen Beleuchtungskörper brachte Arbace aus Italien, sie entsprachen den für die Tavernen so typischen keramischen Lampen. Einen weiteren Raum gestaltete Rudolf Pleban mit Bambusstangen, Fischernetzen und Chiantiflaschen als Fischerzimmer. Die bei den Fenstern stehenden Ruder dienten als Kleiderablage.

Arbace und Architekt Peydl dachten beide von Anfang an auch an einen italienischen Eissalon und ein Espresso, die dem Restaurant angeschlossen werden sollten. Dass schließlich aus dieser Idee nichts wurde, lag am nie geklärten Standort (meist dachte man an die ehemalige Bibliothek im Parterre), sowie am geringeren Umsatz des Restaurants als ursprünglich von Arbace erwartet.

Im März 1957 wurde nach einer Überprüfung seiner Bücher durch den Ausschuss die Pacht auf 2 % des Umsatzes ermäßigt. Sein Lokal war exklusiv, teuer und für “besseres” Publikum, das aber sonst im Künstlerhaus dieser Tage nicht mehr verkehrte. Vor allem die italienischen Weine wurden kaum konsumiert, Arbace musste auf billigere österreichische ausweichen. Das schwache Interesse hielt an, obwohl es keine Casinokonkurrenz mehr gab. Auch das Hauspersonal wurde ab 1957 nicht mehr im Künstlerhaus verpflegt, mit dem Abgang Pichlers ging die Werksküche endgültig ein. Der letzte Billardtisch wurde im Mai 1957 verkauft. Arbace kochte gut, man war mit ihm und seiner Küche zufrieden, weniger allerdings mit seinen exklusiven Preisen.

So begannen sich die Mitglieder wieder mehr in den Künstlerhausräumen aufzuhalten, trotz der fehlenden Bewirtung. Eine Tarockrunde um den Maler Vinzenz Gorgon traf sich ab Februar 1958 im Stachezimmer; stets am Mittwoch, während andere Tage den Sitzungen vorbehalten waren. Andere Mitglieder bevorzugten die ehemalige Bibliothek, in der man im März 1958 wieder ein Espresso einrichten wollte; im Juni 1958 allerdings schon eine billige Kantine. Für das nicht existierende Espresso war der Name “Palette” bereits gängig.

Libero Arbace konnte sich trotz seinen Preisen dann doch einen Stammkundenstock aufbauen; von einem Zufallspublikum wurde sein Lokal wenig besucht. Auch die Eröffnung der “Fadenbühne”, eines Marionettentheaters durch Arminio Rothstein in der Kneipe im Dezember 1957 und dann im Raum 34, hat daran nichts geändert; die Fadenbühne wurde von anderem, jungen Publikum besucht. Die Kegelabende hörten auf, die alte Schießstätte war ohnehin schon seit dem Zweiten Weltkrieg nicht im Gebrauch.38

Im Herbst 1959 besuchten 33 Mitglieder im Rahmen einer vom Künstlerhaus organisierten Italienreise unter anderem auch Torbole am Gardasee. Dabei freundete man sich mit dem Hotelier Bruno Kaldor an, der selbst ein Kunstfreund war und eine Galerie betrieb. Aus dieser Zufallsbekanntschaft entwickelten sich weitere Kontakte, Kaldor wollte mit seiner Galerie auch im Künstlerhaus ausstellen. Diese Ausstellung italienischer Künstler fand 1960 statt; dabei lernte Kaldor auch das im Künstlerhaus befindliche Restaurant kennen. Fast zeitgleich wurde im Ausschuss bekannt, dass Libero Arbace ein zweites Lokal erworben hatte, Ecke Nibelungengasse / Babenbergerstraße 5 und dass er nun beide Betriebe gemeinsam führen wollte. Wäre es inzwischen nicht zu der Zufallsbekanntschaft mit Kaldor gekommen, hätte dies den Ausschuss kaum tangiert; schon öfters besaßen die Künstlerhauspächter gleichzeitig auch andere Lokale, obwohl dies natürlich vom Ausschuss nicht gerne gesehen wurde.

Doch Kaldor, der über Wiener Verhältnisse und über die Probleme des Künstlerhausrestaurants kaum informiert war, wunderte sich über die geringen Umsätze und versprach spontan und leichtsinnig dem Ausschuss wesentlich mehr Gewinn abzuliefern, als Arbace im Stande war. Kaldor machte in Torbole ein großartiges Exposé, was man alles aus dem doch im Zentrum der Stadt liegenden Lokal machen könnte; eine “Goldgrube müsste es werden”, wenn man ihm die Führung überlassen würde. Er war uninformiert und schrieb naiv; es wäre die Pflicht des damaligen Ausschusses gewesen, ihn aufzuklären, oder zumindest seinen Projekten mit mehr Skepsis entgegenzusehen. Doch Kaldors Briefe und Argumente wirkten bestechend.

So wurde der Vertrag mit Arbace nicht weiter verlängert und ihm sogar seine Bitte um eine Verlängerung um nur ein halbes Jahr strikt abgeschlagen – Arbace hatte im Vertrauen auf Verlängerung des Vertrags, seine Beziehungen zu den Mitgliedern waren stets korrekt gewesen – seine neuen, in der Babenbergerstraße 5 befindlichen Räume inzwischen an die Creditanstalt vermietet, die gerade ihre Filiale Ecke Getreidemarkt renovierte. So verlor man wieder einen Pächter, mit dem man allgemein zufrieden war, der in geordneten Verhältnissen arbeitete und dessen Leistung man in einem persönlichen Brief an ihn sogar anerkannte. Arbace brachte das Künstlerhausrestaurant von einer billigen Volksküche auf ein exklusives, weltstädtisches Niveau. Man trennte sich von ihm nur auf Grund von Versprechungen eines künftigen, in Wien fremden Pächters. Als Arbace drei Wochen vor dem Ablauf des Pachtvertrags das Künstlerhausrestaurant schloss und in seinen Schaukästen am Eingang auf sein künftiges Lokal in der Babenbergerstraße hinwies, gab das dem Ausschuss sogar Anlass gegen ihn gerichtlich vorzugehen.39

Ein kleinlicher Prozess, den die Gesellschaft gewann; doch der Ausschuss sollte sich seines Sieges nicht lange freuen. Der neue Pächter, der am 1. April 1961 das Restaurant und Kinobuffet im guten Zustand, wenn auch leer, übernommen hatte, setzte den eingeführten Betrieb nicht fort, sondern begann unnötigerweise viel zu investieren. Statt sich um Stammkunden von Arbace zu bemühen, ließ er sie in die Babenbergerstraße abwandern; das Künstlerhausrestaurant blieb monatelang geschlossen. Die Mittel zu seinen Investitionen stammten zum Großteil aus einem Kredit der Zentralsparkasse von 100 000 S, für den die Gesellschaft bürgte.

Kaldor war auch an der ehemaligen Bibliothek interessiert, die endlich zu dem schon lange erörterten Espresso umgewandelt werden sollte. Für die Vermietung dieses neuen Raumes sollte ein neuer Pachtvertrag abgeschlossen werden. Doch nachdem Kaldor im Souterrain voll beschäftigt zu sein schien, wurde dieses Projekt vom Ausschuss zurückgestellt; hauptsächlich aber wegen heftiger Proteste des Hausinpektors Fritz Holzinger, der das ehemalige Casino inzwischen zum Depot und in eine Übernahmsstelle der zu Ausstellungen gebrachten Kunstwerke umwandelte. Kaldor wusste anscheinend selbst nicht genau, was er wollte; neben einem Espresso schlug er gleichzeitig in diesem Raum den Einbau eines Eissalons und einer Pizzeria vor. Eindeutig blieb nur die Linie des Restaurants: es sollte ein exklusives, italienisches Lokal bleiben.

Dazu musste auch ein neuer Name gefunden werden, die “Grotta Azzurra” nahm ja Arbace mit. So suchte man nach einem Namen, der gewisse Wünsche und Traumvorstellungen wecken würde, sich auf der anderen Seite aber nicht allzu sehr festlegte. Italien ist groß, es gibt viele Provinzen mit ganz unterschiedlicher Küche; so wählte man aus einer ganzen Reihe von Ideen, Kaldor schlug auch deutsche Namen vor, schließlich “Lago di Garda” aus, da man am Gardasee, einem touristischen Knotenpunkt, einfach alles servieren konnte und der Wirt von dort stammte. Kaldor erweiterte das Restaurant um mehrere neue Räume, integrierte auch die bisher mehr oder minder unabhängig geführte Kneipe und er bekam auch die anschließenden Lagerräume. Im September 1961 nahm das Künstlerhaus für den Pächter einen neuen Kredit auf – bei der ÖCI – für weitere 100 000 S; die Arbeiten wurden fortgesetzt. Kaldor erneuerte Leitungen, Fußböden, Ventilation, die Heizung und führte auch rein dekorative Arbeiten in seinem Sinn durch.

Am 3. Juli 1961 eröffnete er endlich die ersten Räume, die bereits Arbace verwendete; erst im Oktober 1962 hatte sich nach der Anschließung der Kneipe und weiterer Zimmer die Sitzfläche fast verdoppelt. Mit der Küche Kaldors war man vorerst zufrieden und abgesehen von seiner ständigen Umbautätigkeit, waren auch keine Streitpunkte zwischen ihm und dem Ausschuss vorhanden. Doch dann, Ende März 1962, kamen die ersten Unklarheiten bei seiner Verrechnung; Kaldor legte trotz vieler Urgenzen keine Bilanzen vor.

Der Pachtvertrag wurde am 26. Jänner 1961 abgeschlossen, als Beginn der Pachtzeit wurde der 1. April 1961 angesehen. Eine Pachtdauer wurde nicht vereinbart, der Vertrag konnte von beiden Seiten unter Einhaltung einer halbjährigen Kündigungsfrist jeweils zum 31. Dezember jedes Jahres gelöst werden. Für die Zeit zum 31. Oktober 1961 war ein monatlicher Zins von 3500 S vereinbart worden, dann 2,5 % des Umsatzes, jedoch nicht weniger, als die 3 500 S. Die Adaptierungskosten der Toiletten und der Kneipe trug das Künstlerhaus, sonst der Pächter. Für das Kinobuffet zahlte Kaldor 1500 S monatlich. Gegen Bons sollten wieder die im Künstlerhaus Beschäftigten im Restaurant essen können.

Im April 1962 nahm Kaldor beim ÖCI einen weiteren Kredit von 150 000 S auf. Doch schon im Oktober 1962 konnte er die Raten und Zinsen der relativ kurzfristigen Kredite nicht zurückzahlen; zu diesem Zeitpunkt bestanden seine Verbindlichkeiten bereits aus 597 000 S. Da er auch die Pacht der Gesellschaft seit geraumer Zeit schuldig blieb, erhöhte sich dieser Betrag noch um weitere 50 000 Schilling. Bereits zu dieser Zeit gab es Beschwerden des Publikums über mangelhafte Versorgung des Kinobuffets, über die Weigerung des Pächters auch nach 15.00 Uhr warme Küche zu halten sowie über die Unfreundlichkeit aller drei im Restaurant angestellten Kellner. Das von vornherein nicht zahlreiche Publikum blieb nun nach und nach vollkommen aus; auch das gegen Bons im Restaurant verpflegte Hauspersonal war unzufrieden.

Im Oktober 1962 drohten die ersten Exekutionen für nicht bezahlte Küchenmaschinen. Doch da jede Pfändung zum Schließen des Betriebs führen musste, griff der Leitende Ausschuss immer wieder schützend ein. Kaldor musste wirklich eine persönliche Ausstrahlung und ein einnehmendes Wesen gehabt haben, denn derart bevorzugt behandelt wie er, wurde in der langen Geschichte des Künstlerhauses kein anderer Pächter. Es handelte sich allerdings um keine kurzfristigen Engpässe; die finanzielle Lage Kaldors verschlechterte sich von Tag zu Tag. Ende Jänner 1963 befürchtete der Leitende Ausschuss eine kommende Katastrophe und beauftragte den Rechtsberater, bei der Polizei einzuschreiten; man befürchtete die Flucht Kaldors ins Ausland.

Am 4. Februar 1963 wurde über Kaldor der Konkurs eröffnet und das Landesgericht für Strafsachen leitete Vorerhebungen wegen Betrugsverdachts ein. Doch zu diesem Zeitpunkt war Kaldor bereits unbekannten Aufenthaltes, das Restaurant hatte er am 28. Jänner 1963 geschlossen. Das bisher von ihm betreute Kinobuffet übernahm die Gesellschaft in Eigenregie. Die Schulden Kaldors betrugen 2,2 Millionen Schilling, denen praktisch keine Aktiva gegenüber standen. Im Zuge der Nachforschungen stellte sich heraus, dass Kaldor bereits auch in Italien Schulden hatte und dass das Hotel Casa Beust, in dem er beschäftigt war, keineswegs ihm – wie man bisher angenommen hatte, sondern seiner Frau gehörte (heute einer Gesellschaft). Die Konkursverhandlung zog sich in Abwesenheit Kaldors in die Länge und erst am 31. Oktober 1963 wurde das Lokal vom Masseverwalter dem Hauseigentümer, d. h. der Gesellschaft bildender Künstler Wiens, übergeben. Das Inventar, das verpfändet worden war, wurde durch das Künstlerhaus angekauft, zum Teil ohnehin Sachen, die dem Künstlerhaus bereits früher gehörten. Das Magistrat machte außerdem die Gesellschaft für die Steuerrückstände haftbar. Die Gläubiger gingen meist leer aus, nur die erste Klasse erhielt 44 %. Am 9. Juli 1964 wurde der Konkurs amtlich aufgehoben.

Schon am 23. Februar 1963 erschien in der Zeitung “Neues Österreich” eine Anzeige, in der man einen neuen Pächter suchte. Tatsächlich fanden sich bald einige Interessenten; doch erst am 7. November 1963 wurde ein neuer Pachtvertrag abgeschlossen: mit Erich Zotter, der bisher Pächter eines Stadthallenbetriebes in Schwechat war und der nun monatlich 7000 S zahlen sollte, also das doppelte(!) des in Konkurs gegangenen Kaldors. Diese Einnahmen wurden zur Rückzahlung der von Kaldor aufgenommenen Kredite verwendet, deren Tilgung bis 1968 dauerte.40 Der dem Künstlerhaus tatsächlich zugefügte Schaden lässt sich kaum genau berechnen. Durch die Kreditbürgschaften, Schuldenübernahmen bei einigen langjährigen Lieferanten und Handwerkern sowie den Pachtentgang durfte der Gesellschaft ein Gesamtverlust von über drei Millionen Schilling zugefügt worden sein.

Merkwürdigerweise hatte man aus diesem Fall im Künstlerhaus nichts gelernt. Auch später noch wurden sowohl vom Ausschuss, als auch von einzelnen Pachtinteressenten höhere Umsätze erwartet, als dann tatsächlich eintrafen. Der Hauptgrund dürfte weniger in der geographischen Lage des Künstlerhauses, als vielmehr in der Restaurantlage im Künstlerhaus selbst liegen. Den psychologisch wenig einladenden Abgang in den Straßenlichthof überwinden nur Stammgäste.

Erich Zotter übernahm nur das Restaurant; das Kinobuffet blieb von nun an in der Eigenregie der Gesellschaft, die dafür 1965 eine eigene Konzession bekam. Das bereits öfters vorgeschlagene Espresso verwirklichte Zotter hinter einer großen Glasscheibe an der Stirnseite des Lichthofs und hatte damit Erfolg. Das Espresso hatte ganztägig Betrieb, während das links von ihm liegende Restaurant als ein gepflegtes Abendlokal im Wiener Stil geführt wurde. Wie seine Vorgänger war Zotter auch an der Überlassung des Vorgartens des Französischen Saals interessiert, was ihm aber, wie seinen Vorgängern, aus undefinierbaren Gründen nie gelang.

Der Pachtvertrag wurde auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, mit einer halbjährigen Kündigungsfrist. In einem Zusatzschreiben wurde Zotter versprochen, ihn nicht vor 1969 zu kündigen. Die Pacht war zum ersten Mal in der Hausgeschichte wertgesichert. Das Inventar musste Zotter von der Gesellschaft kaufen, er zahlte dafür 150 000 S. Rasch hatte man sich auf einen neuen Namen des Restaurants geeinigt; die italienische Epoche des Künstlerhauses war endgültig vorbei, von nun an sollte man auch im Souterrain nur noch in der “Palette” speisen. Zur Dekorierung der Räume bekam Zotter sowohl von der Gesellschaft leihweise, als auch später von einzelnen Künstlern geschenkte, zeitgenössische Originalgemälde.

Die Pacht von 7000 Schilling ging auf ein Angebot Zotters zurück, wenn auch vom Künstlerhaus als Verhandlungsbasis 10 000 monatlich genannt wurden. Doch wie zu erwarten, erfüllten sich die Vorstellungen Zotters nicht, der Besuch blieb wieder weit unter den Erwartungen. Im September 1964 musste Zotter bereits um die Herabsetzung des Pachtschillings ansuchen; seiner Bitte wurde nur in der Form einer Stundung entsprochen. Trotz dieses geringen Entgegenkommens seitens des Ausschusses gelang es dem Pächter jedoch, den finanziellen Engpass zu überwinden und die Umsätze nach 1965 zu steigern. Der Ausschuss war mit seiner geordneten Buchführung bald zufrieden und es gab keine Steuerrückstände. Trotzdem hatte Zotter um diese Zeit Sorgen um den Fortbestand seines Lokals. Die Gesellschaft überlegte nämlich um diese Zeit den Abbruch und den Bau eines neuen Künstlerhauses. Zotter hätte in diesem Fall kaum Anspruch auf Entschädigung seiner Investitionen; der Ausschuss war jedenfalls nicht bereit, ihm diesbezüglich eine Zusage zu machen.

Nachdem diese Gefahr gebannt war, das Künstlerhaus wurde nach einem Veto der Hauptversammlung nicht abgebrochen, entstand eine neue in den verwahrlosten Jugendlichen. Das Espresso wurde von Schülern und Studenten umliegender Anstalten angenommen und stark frequentiert. Man konnte sich hier tatsächlich wohlfühlen, obwohl – oder gerade deshalb – Zotter Wert auf die äußere Erscheinung seiner Gäste legte. Das Espresso gehörte zur gehobenen Klasse, war entsprechend ausgestattet und hatte demnach auch höhere Preise, die von diesen besser gekleideten Studenten aber akzeptiert wurden.

Demgegenüber gab es allerdings auch Jugendliche, die zwar auch an denselben Schulen studierten, die aber durch ihr äußeres Erscheinungsbild in das Espresso nicht passten und die deshalb von Zotter immer wieder hinauskomplimentiert wurden und sogar Eintrittsverbote erhielten. Mangels anderer Beschäftigung hielten sich diese Jugendliche dann vor dem Künstlerhaus auf, wo sie zur allgemeinen Plage, auch für die Ausstellungsbesucher, wurden. Einfache Mahnungen und auch die immer wieder zur Hilfe gerufenen Polizeistreifen hatten keinen Erfolg. Diese Passanten anpöbelnden und vor dem Künstlerhaus herumlungernden Jugendlichen, man nannte sie damals Pilzköpfe, verschwanden erst durch den Beginn der Bauarbeiten zur U-Bahn. Bis zum Juli 1966 wurde im Restaurant Zotters siebenmal eingebrochen.

Der U-Bahnbau ab 1970 verscheuchte zwar die “lästigen” Jugendlichen, hatte aber auch den Rückgang des gesamten Umsatzes zu Folge. Weitere Behinderungen brachte der Umbau des Französischen Saals zu einem Theater. Wegen der enormen Staub- und Lärmentwicklung musste der bisher im Lichthof übliche und florierende Schanigartenbetrieb vollständig eingestellt werden, während direkt vor dem Eingang auch noch Grabungsarbeiten durchgeführt wurden. Trotzdem kam der Ausschuss dem Pächter kaum entgegen, nur die Pacht wurde zeitweise gestundet. Und das, obwohl man über die Qualität seiner Küche keine Klagen führte und die Mitglieder mit Zotter durchaus zufrieden waren.

Gegen Ende der siebziger Jahre war der neue Präsident Hans Mayr und der von ihm beeinflusste Ausschuss, nun „Vorstand“ genannt, war nun der Meinung, dass die vom Zotter bezahlte Pacht zu niedrig sei; bei Vermietung derselben Lokalitäten als einfache Lagerflächen könnte man angeblich das zehnfache an Miete erzielen. Ab 1977 war man deshalb im Vorstand allgemein für eine möglichst rasche Kündigung des Pächters und für einen Anschluss an eine florierende Restaurantkette, natürlich zu einem wesentlich höheren Zins. Nur war es nicht leicht, eine interessierte Restaurantkette zu finden. Alle diesbezüglichen Verhandlungen erwiesen sich in der Folge als unrealistisch; bis schließlich ein neuer privater Pächter gefunden wurde, der wieder aus falscher Einschätzung bereit war mehr zu zahlen – wenn auch nicht so viel, wie sich das ursprünglich der Vorstand vorgestellt hatte. Erich Zotter wurde, obwohl man ihm nichts Schlechtes nachsagen konnte, und er sonst von sich aus im Künstlerhaus noch gerne geblieben wäre, mit Ende Oktober 1979 gekündigt.41 Damit begannen unruhige Jahrzehnte voll falscher Erwartungen, leerer Versprechungen, ständigen Suchens nach neuen Publikumsschichten und damit verbundener großer finanzieller Verluste. Wer auch ausblieb, das waren die eigenen Mitglieder, die früher das Restaurant hielten.

Am 30. Oktober 1979 wurde ein neuer Vertrag mit dem Gastronom Peter Grüner abgeschlossen; der monatliche Zins betrug 18 000 S plus 8 % MwSt. (im Vorhinein zu bezahlen) plus aller Nebenkosten und Gebühren. Grüner war Absolvent der Hotelfachschule und hatte über längere Zeit in den USA und Canada in führenden Positionen gearbeitet. Er war nach eigenen Worten bereit, die Palette – wieder einmal – zu einem der „führenden Lokale Wiens“ zu machen. Doch die Pacht war einfach zu hoch. Grüner hatte bereits nach wenigen Monaten große finanzielle Probleme und stieg aus dem Vertrag vorzeitig aus.42

Schon im Sommer 1980 war man deshalb auf der Suche nach einem neuen Pächter, den man im September in Herr Houchang Pourdavai fand. Pourdavai, ein Absolvent der Hochschule für Welthandel, Fach Fremdenverkehr, wollte die Richtung der Palette ändern, von einem Lokal der gehobenen Klasse abgehen und ein Wiener Beisl errichten. Sein Vertrag wurde am 10. November 1980 unterzeichnet; die Pacht betrug 25 000 S monatlich.

Doch auch diese Linie ging nicht auf. Für das einfache Volk waren seine Preise zu hoch; fremde Touristen in ihrer Suche nach Wienerischer Küche kamen mangels breiter Information auch nicht. Schon im November 1981 wollte Pourdavai aus seinem Vertrag aussteigen. Er blieb, nachdem man ihn mit einer neuen Idee lockte: dem englischen “Tea-Room”.

Dieser “Tea-Room” hätte ein Gegenstück zu der einstigen italienischen Zeit des Künstlerhauses werden sollen. Neben dem englischen Tee sollten natürlich auch englische Speisen und englische Getränke serviert werden; englische Zeitungen, Zeitschriften und englische Servierkleidung des Personals sollte das Ambiente ergänzen. Organisiert wurde dieser Tea-Room gemeinsam vom Pächter Pourdavai, der österreichischen Twinings-Tea Vertretung, der Columbia Hag Gesellschaft mbH. und dem Künstlerhaus. Erreichen wollte man vor allem die englische Kolonie Wiens, die sich nun auch im Künstlerhaus “at home” fühlen sollte.

Der “Tea-Room” wurde am 24. November 1981 um 19.00 Uhr vom Stadtrat Dr. Helmut Zilk und Firmenchef Sam Twining feierlich eröffnet. Am 25. November 1981 waren um zehn Uhr vormittags von Sam Twining noch prominente Vertreter der Wiener englischen Kolonie geladen. Twinings selbst war im Künstlerhaus kein Unbekannter; bereits 1969 hatte er während der “British Week” vor dem Französischen Saal ein Teezelt aufgeschlagen.43 Der 180 m² große Tea-Room sollte gleichzeitig zu einer weiteren Hausgalerie werden: am Eröffnungstag wurden die Londoner Aquarelle von Robert Schmitt präsentiert. Diese Idee war nicht neu: Kunstwerke hingen im Casino und im Restaurant schon immer; eine Galerie mit wechselnden Ausstellungen plante Bruno Kaldor. Erich Zotter hatte in seiner Palette Werke der Mitglieder, seiner Stammgäste, hängen. Im Tea Room wurden jetzt regelmäßige Wechselausstellungen eingeführt.

Fast wie nicht anders zu erwarten, hatte auch der Tea-Room nicht den Erfolg, der die Begleichung der vom Vorstand verlangten hohen Pacht ermöglichen würde; aus der “englischen Epoche” im Künstlerhaus wurde nichts. Die Ausstellungen zeitgenössischer Kunst lockten kaum zusätzliches Publikum an, das im Lokal konsumiert hätte; mit dem 31. Jänner 1983 wurde der Pachtvertrag mit der Pourdavai GesmbH. vorzeitig aufgelöst.44 Fast gleichzeitig mit dem Ende des Tea-Rooms im Künstlerhaus lehnte auch Sam Twining eine Vertragsverlängerung mit der Columbia ab, die österreichische Vertretung seines Tees übernahm die Firma Maresi. Die Columbia führte in Österreich eine neue Marke ein: Windsor Castle.

Nach den bisherigen Erfahrungen der letzten Jahre und Monate dachte man im Vorstand im Herbst 1982 nach, ob es nicht besser wäre, das Restaurant als eine eigene Betriebsgesellschaft selbst zu führen. So gründete man nach der vorzeitigen Auflösung des Pachtvertrags mit Pourdavai die “Casablanca-Restaurant-Betriebsgesellschaft mbH. & Co. KG”. Die Gesellschafter waren Präsident Hans Mayr, Schatzmeister Rudolf Danzinger, Direktor Otto Staininger sowie ein Gastronom. Nach dem Pachtvertrag vom 14. März 1983 gab es die pro forma Pacht von 7000 S monatlich inkl. Betriebskosten; ein Gewinn wurde diesmal nicht erwartet(!).

Eröffnet wurde die “Künstlerhaus-Palette” mit dem “Casablanca-Fest” am 18. März 1983; an den Wänden hingen als Wechselausstellung Werke von Linda Waber. Adolf Frohner gestaltete eine neue Speisekarte, er entwarf auch den Schriftzug “Palette” und alle Drucksorten.45 Wie nicht anders zu erwarten, ein Treffpunkt für “Mitglieder, für Freunde und Freunde der Freunde und für alle jene, die anständig und preiswert essen und trinken mochten”, wie der Ankündigung zu entnehmen war, ist die neue “Künstlerhaus-Palette” jedoch nicht geworden.

Inzwischen wurde mit dem 17. November 1983 ebenfalls das Kinobuffet an die Casablanca GmbH & Co. KG verpachtet, zu einer Erhöhung des Pachtschillings kam es nicht. Casablanca betrieb dann zeitweise auch das Ausstellungsbuffet. Mit Ende Mai 1985 kam es wieder zur Trennung der Betriebe, Casablanca behielt sich nur die Buffets; für das Restaurant wurde die “Mobasher GmbH” gegründet (Pacht 7700 S).

Gegen Jahresende 1985 brachten die Herren Alfred Oppolzer und H. Werner Kaplan, die wieder etwas Neues versuchen wollten, das Ende der künstlerisch geführten Palette. Sie waren bereit viel zu investieren. Die ehemalige Kneipe wurde tief ausgebaggert – sie war nicht weiter unterkellert – und auch die sonstigen Räume wurden stark verändert. Im Souterrain des Künstlerhauses entstand im Frühjahr 1986 ein dekoratives spanisches Dorf, das “Pueblo”: die Illusion einer spanischen Dorfstraße, unter der – von Glasplatten, die gleichzeitig Tanzfläche waren, überdeckt – ein beleuchteter Bach floss. Die Wände waren als Häuserfassaden gebildet; das Ganze erinnerte an die großen Gschnasfestdekorationen des neunzehnten Jahrhunderts. Die “spanische Zeit” des Künstlerhauses konnte beginnen. Abgesehen vom spanischen Namen und den spanischen Dekorationen änderte sich auch die Linie des Lokals radikal, indem daraus nun eine effektvolle Jetset-Luxus-Diskothek wurde. Die Eröffnung fand am 24. Juni 1986 mit prominenten Gästen der Wiener Nachtclub-Szene sowie etwa 1500(!) weiteren geladenen, sogenannten „Jetsets“ statt; das spanisch-amerikanische “Pueblo” gehörte nicht zu den billigen Diskotheken der Jugend.

Nach einiger Zeit war es aber auch mit “Pueblo” zu Ende. Ein Brand vernichtete die aufwendigen Dekorationen, der Betrieb wurde stillgelegt. Nur in einigen wenigen Räumen entlang des Lichtgrabens entstand dann in einer wesentlich verkleinerten Form 1989 ein Nachtcafé mit eigenem Programm und schließlich 1990 ein Nudelspezialitätenrestaurant, “Noodles & Co” (Geschäftsführerin Ulla Groiß). Zu einem weiteren Umbau kam es während des Sommers 1997. Die Wiedereröffnung des umgebauten Lokals fand am 4. September 1997 statt und die Nudeln fanden ihre Anhänger.

In der Saison 2000 gab es ab dem 8. Juni jeden Donnerstag eine “italophile disco-notte auf latino-touch”. Das Restaurant wurde allerdings durch die im Mai 2000 ansetzenden U-Bahn-Bauarbeiten vor dem Künstlerhaus wieder stark behindert, im August gab es wegen der Unmöglichkeit eines Zugangs sogar eine Zwangspause. Die Wiedereröffnung fand am 24.8.2000 mit einem neuen Küchenschwerpunkt statt. Serviert wurden mediterrane Spezialitäten und Asiatisches. Zur Disconacht jeden Donnerstag gab es kaltes und warmes Buffet mit wechselnden kulinarischen Schwerpunkten, ab dem 16.11.2000 unter dem Motto “Rainer’s Bar, back in Vienna, Monte Carlo meets Karlsplatz”. Noodles stand auch mit Catering zu Diensten. Am 31. März 2001 eröffnete neben Noodles der “club rotation” seine neuadaptierten Clubräume, ein jeden Samstag ab 22.00 Uhr offenes Tanz- und Musiklokal.

Durch die Baustelle der Wiener U-Bahn, direkt vor dem Künstlerhaus wurde eine Wendeanlage für längere Züge der Linie U 2 gebaut, wurde der Restaurantbetrieb nach wie vor stark beeinträchtigt. Die bereits aus der Vergangenheit bekannten finanziellen Probleme führten zu einer neuerlichen Schließung des Lokals.

Mit neuem Optimismus und mit einem neuen Team unter der Leitung des Küchenchefs Alexander Wüllerstorff-Urbair startete das Restaurant Noodles & Co. trotz der immer noch vorhandenen Baustelle am 19. Oktober 2001 neu. Zufällig wurde am 26. Oktober im Haus darüber eine den Weltfahrten österreichischer Schiffe gewidmete Marineausstellung eröffnet – Bernhard Wüllerstorff-Urbair leitete die erfolgreiche Weltumsegelung der Fregatte Novara 1857-1859, die erste eines deutschsprachigen Kriegsschiffes überhaupt. Ab März 2002 gab es Jazzabende; ab November 2003 zahlte Noodles keine Miete mehr, es gab ein Räumungsverfahren.

Am 15.11.2005 wurde nach einem neuerlichen größeren Umbau der Restauranträume darin ein Bierlokal im komplett neuen Erscheinungsbild mit zwei großen Bars, hellem Lichtdesign und modernem Ambiente durch eine Prominentenparty eröffnet. Neben der “Biereria” gab es eine Vinothek, eine Backstube und einen Holzofengrill; das Lokal hieß “karls bier bar restaurant”; Mittagsmenü gab es ab 6,50 Euro, Sportübertragungen live sowie Freitag und Samstag DJ.

2007 entstand das “Bar & Restaurant Lobsterdock” bzw. “Seafood Restaurant & Bar” für Liebhaber von Meeresfrüchten wie Hummer und Austern, für das auch der Gastgarten umgestaltet wurde. Angeschlossen war auch der Verkauf nach auswärts für Banquette und Catering. Ein Mittags-Menü mit zwei Gängen, z. B. Blattsalat mit gebratenen Melanzani als Vorspeise und als Hauptspeise Lachsfilet im Wurzelsud, kostete 10,50 Euro; mit Tagesdessert als drittem Gang 12,50 €, was doch etwas viel war und sich nur an das besserverdienende Publikum richtete.

Die in der Monarchie, seit der Eröffnung des Künstlerhauses, üblichen großen Ausstellungsbuffets gingen nach 1918 mangels konsumfreudigem Publikum ein; sie wurden nur noch fallweise bei besonders bedeutenden Ausstellungen gemacht. Ihr Betrieb lohnte sich nur bei zahlreichen Ausstellungsbesuchern und die wurden im Künstlerhaus immer seltener. Die Buffets waren wie gewöhnlich im alten Repräsentationssaal im Parterre (Stiftersaal) bzw. im Stiegenhaus davor untergebracht.

Die Wiederentstehung der großen Buffets brachte erst Präsident Hans Mayr Ende der siebziger Jahre. 1980 ließ er das rechte, jahrelang nicht mehr benützte WC46 im ersten Stock zu einer Anrichte mit den erforderlichen Anschlüssen umbauen; die Kaffeetische standen am Balkon und im Ranftlzimmer. Die Auswahl des Angebotenen richtete sich nun oft nach dem Thema der Ausstellung: so gab es türkische Spezialitäten während der Türkenausstellung 1983 oder Wiener Bäckereien bei der Biedermeierausstellung 1987-1988 bzw. ein Orientcafé während der israelischen Ausstellung 1997. Stilgerecht wurde meist auch das Mobiliar gewechselt.

Nach 1986 wurde das Ausstellungsbuffet wieder öfters in das Stiegenhaus im Parterre verlegt, auf den alten Platz hinter der Stiege und vor dem Eingang zum Stiftersaal. Im April 1986 bekam die Gesellschaft für das Ausstellungsbuffet eine eigene, unabhängige Konzession.

Mit Beginn der warmen Jahreszeit im Mai 1996 wurde durch den Geschäftsführer Dr. W. Meissner das Kinobuffet nach außen geöffnet, vor dem Deutschen Saal Tische und Sonnenschirme aufgestellt und das Kinofoyer dadurch zu einem offenen Garten-Caféhaus. Da man es auch von den Ausstellungssälen im Inneren des Hauses aus betreten konnte, ersparte man sich dadurch ein Ausstellungsbuffet. Die Öffnungszeiten wurden denen der Ausstellungszeiten angeglichen. Die sonst nur zu Vorführzeiten offene Kinogalerie wurde durch die Öffnung nach innen zumindest zeitweise zu einer Tagesgalerie.

Im Juli-August 2000 wurde das Kinofoyer ohne einen zwingenden Grund baulich umgestaltet – die dabei durch die Architekten eliminierten Büroräume über dem Kinoeingang führten daraufhin zu heftigen Turbulenzen in der Filmsektion, der Zurücklegung der Funktion von Franz Brazda als Leiter der Sektion und zu mehreren Austritten der Filmschaffenden aus der Gesellschaft. Das Kinofoyer wurde außerdem für einige Monate – wegen der U-Bahnbaustelle entlang der Zweierlinie – zum Haupteingang in das Künstlerhaus. Im Dezember 2000 wurde das Kinocafé mit Unterstützung des Verbandes der Wiener Lichtspieltheater und Audiovisionsveranstalter sowie der Firma Exacon IT Silver Server nach einer Idee des Kinovorführers Frank Stürzebecher zur Betriebsbelebung durch mehrere Internetanschlüsse und moderneste PC‘s mit Flachbildschirmen für Besucher ausgestattet. Die Benützung (täglich 11.00-21.00 Uhr) war kostenpflichtig, abgerechnet wurde nach Surfdauer, eine Stunde zu 50 Schilling.

Ab dem 21.12.2005 gab es im Kinofoyer jeden Mittwoch an 18.00 Uhr einen “Mittwochtisch”, eine Initiative von Peter Braunsteiner als ein persönliches Künstlerhausforum. Zwanglos, aber regelmäßig sollten sich “Kolleginnen und Kollegen zur Ideenfindung, Projektentwicklung und Gedankenaustausch” treffen – so wie es vor mehr als hundert Jahren üblich war. Zu Jahresbeginn 2008 entstand eine Videogalerie aus Bildschirmen, auf denen ständig künstlerische Kurzfilme gezeigt wurden.

nach oben