Kalender

Der erste von der Genossenschaft herausgegebene Kalender durfte im Herbst 1884 für das Jahr 1885 erschienen sein. Hergestellt wurde er wahrscheinlich im Buchdruck, in einer Auflage von etwa 400 Stück und wurde um 50 Kreuzer an Mitglieder verkauft. Seine Zeitangaben durften aber recht dürftig gewesen sein, da man die noch vorrätigen Exemplare auch für das Jahr 1886 verkaufen konnte. Wahrscheinlich handelte es sich also um ein Notizheft mit chronologischen Eintragungen. Für 1887 wurde kein neuer Kalender aufgelegt, obwohl noch am 23. Oktober 1886 diesbezüglich ein Offert der Druckerei Gottlieb Gistel an die Genossenschaft kam.1

Die Herausgabe von künstlerischen Bildkalendern regte erst im Sommer 1933 Igo Pötsch an, vielleicht nach einer Idee eines Graphikverlags, die schon im Jänner 1929 der Geschäftsmann Jakob Pinkasowitsch dem Künstlerhaus vorschlug. Der damalige Künstlerhauspräsident Hans Ranzoni war zwar äußerst skeptisch, was die Vertriebsmöglichkeiten betraf, legte aber Pötsch nahe, die Sache doch selbst in die Hand zu nehmen. So etwas ließ sich Igo Pötsch nicht zweimal sagen. Ranzoni und der Ausschuss wurden von ihm in der Folge nur noch dann belästigt, wenn es um Kontakte zu Behörden ging, oder um eine einheitliche Künstlerhauswerbung.

Da es Pötsch auch um Propaganda für das Fremdenverkehrsland Österreich ging, entwarf er einen Wandkalender mit zwölf Landschaftsbildern aus allen Bundesländern; die Monate in entsprechenden, charakteristischen Stimmungen. Jedes Blatt sollte von einem anderen Künstler stammen, dem sonst aber keine weiteren Beschränkungen auferlegt wurden. Für seine Idee gewann Pötsch auch die Beamten des Bundesministeriums für Unterricht, das den Kalender als geeignetes Propagandamittel für die schöne österreichische Landschaft weiterempfahl.

Der Verkaufspreis des Kalenders mit zwölf Farbgraphiken im Format 40 x 34 cm wurde mit vier Schilling festgesetzt; bei Großabnahmen gab es Rabatte. Die Künstlerhonorare wurden, wie im Buchhandel üblich, erst im Nachhinein bezahlt, je nach verkauften Kalendern. Handsignierte Sonderdrucke wurden um je zehn Schilling angeboten.

Der Kalender für 1934 unter dem Titel “Das schöne Österreich” bestand aus folgenden Blättern (alphabetisch geordnet, ohne Monatszuweisung):

  • Karl Borschke: “Stuben am Arlberg”
  • Alfred Buchta: “Blick auf Wien”
  • Leo Delitz: ?
  • Herbert Dimmel: “Zell am See”
  • Rudolf H. Eisenmenger: “Neusiedler See”
  • Hans Frank: “Am Donaudamm”
  • Max Frey: “Semmering mit Rax”
  • Ekke Ozlberger: “Wörthersee”
  • Igo Pötsch: “Gesäuseeingang, Ödstein”
  • Leopold Schmid: “Hallstatt”
  • Robert Streit: “Kufstein mit Geroldseck”
  • Fritz Zerritsch: “Salzburg mit Kapuzinerberg”

Gedruckt wurde der Kalender durch die Firma Brüder Rosenbaum mit einer Auflage von 606 Stück drucksigniert und 85 Stück handsigniert. Im März 1934 waren die Kalender ausverkauft.

Im April 1934 offerierte Pötsch den Verkauf von 1200 Kalendern mit Blättern ohne Kalenderaufdruck um je drei Schilling der “Österreichischen Verkehrswerbung”, dem Werbedienst des Bundesministeriums für Handel und Verkehr. Die “Österreichische Verkehrswerbung” hatte zwar Interesse, aber nur an etwa 15 Stück, was für eine Neuauflage zu wenig war.

Was überwog, war der Erfolg des Kalenders als solcher. Durch den Verkauf ermutigt, begann Pötsch Kalender auch für das nächste Jahr 1935 vorzubereiten. Diesmal entwarf er von vornherein mehrere Varianten: am teuersten waren handsignierte lose Blätter ohne Kalendarium in einer Mappe (12 Schilling), handsignierte Kalender kosteten 10 Schilling, drucksignierte Kalender kosteten 4 Schilling. Großabnehmern wurde auch eine Version für eigene Firmenzeichen angeboten. Zur Ausführung kam jedoch nur ein Auftrag der Shell-Floridsdorfer Mineralöl-Fabrik für 50 Kalender mit dem Muschelzeichen und 57 Stück ohne Aufdruck.

Der Kalender für 1935 bestand wieder aus zwölf Blatt mit Heimatbildern, Volksbräuchen und Sportthemen, 34 x 35 cm groß, Auflage etwa 1000 Stück:
I. Rudolf Hermann Eisenmenger: “Canisfluh”

II. Fritz Zerritsch: “Eisschießen”

III. Eduard Stella: “Blockziehen im Gailtal”

IV. Hans Frank: “Auerhahn”

V. Ekke Ozlberger: “Donaufischer”

VI. Igo Pötsch: “Am Traunsee”

VII. Hans Strohofer: “Strudengau”

VIII.Reinhold Klaus: “Alte Donau”

IX. Erich Miller-Hauenfels: “Großglocknerstraße”

X. Albert Janesch: “Weinlese”

XI. Robert Streit: “Naschmarkt”

XII. Max Frey: “Heilige drei Könige, Sternsinger”

Auch dieser Kalender verkaufte sich rasch. Igo Pötsch konnte ohne Bedenken zum Druck eines neuen Kalenders für 1936 schreiten. Dieser Kalender bestand ebenso aus Farbgraphiken 34 x 35 cm, handsigniert zu zehn Schilling, in einer Mappe ohne Kalendarium um 12 Schilling. Der Kalender für 1936 beinhaltete folgende Blätter:

I. Igo Pötsch: “Salzburg”

II. Hans Strohofer: “Gschnasfest im Künstlerhaus”

III. Fritz Zerritsch: “Burg Raabs”

IV. Rudolf H. Eisenmenger: “Fischer an der Donau”

V. Franz Windhager: “Prater”

VI. Max Frey: “Klein Glockner”

VII. Hans Frank: “Am Mondsee”

VIII. Albert Janesch: “Ausblick von der Höhenstraße zum Leopoldsberg”

IX. Erich Miller-Hauenfels: “Blick auf Belvedere”

X. Ekke Ozlberger: “Hall in Tirol, Stadtplatz”

XI. Robert Streit: “Steyr”

XII. Eduard Stella: “Winter im Alt-Wiener Hof”

Zu Werbezwecken wurden die Blätter in einem Heftchen 11,5 x 9,5 cm SW-reproduziert und an Freunde versandt. Ähnlich wie im Vorjahr wurden 57 Kalender mit dem Aufdruck der “Shell-Floridsdorfer Mineralöl-Fabrik” versehen.

Für 1937 wurden für Shell 50 Kalenderexemplare gedruckt; ein Ehrenexemplar bekam im Dezember 1936 der in Schloss Enzesfeld gerade weilende Prince Edward, Duke of Windsor geschenkt. Mehrere Stück gingen nach Rio de Janeiro zum freien Verkauf in der “Livraria Kosmos, Erich Eichner & Cia.”.

Die Mappe “Bilder der Heimat” ohne Kalendarium führte zu Gesprächen mit der Gemeinde Wien, die sich bereit erklärt hatte, 20 Blatt, allerdings nur mit Wiener Motiven, abzukaufen. So entstand eine neue Idee der Städtemappen, die man hauptsächlich an Bürgermeister und betreffende Gemeinden verkaufen wollte. Die Idee war gut, trotzdem hatte man mit ihr wegen der allgemein schwierigen wirtschaftlichen Lage nur wenig Erfolg. Der Großteil der angeschriebenen Bürgermeister fand die Graphiken zu teuer und hat solche Bestellungen, wenn überhaupt, erst im kommenden Jahr in Aussicht gestellt. Die Gesamtkosten der geplanten Wien-Edition wurden auf 13 500 öS veranschlagt, in einer Auflage von 2000 Exemplaren mit je 20 Blatt.

Der Kalender für 1937 bestand aus folgenden Farbgraphiken:

I. Robert Streit: “Wien, Blick vom Hochhaus”

II. Erich Miller-Hauenfels: “Dürnstein”

III. Ekke Ozlberger: “Primeln”

IV. Fritz Zerritsch: “Thayatal”

V. Eduard Stella: “Blütenzweig”

VI. Rudolf H. Eisenmenger: “Haus im Ennstal”

VII. Hans Frank: “Feldblumen”

VIII. Max Frey: “Schneeberg”

IX. Albert Janesch: “Hochosterwitz”

X. Igo Pötsch: “Maria Saal”

XI. Hans Strohofer: “Dahlien”

XII. Max Neuböck: “Obdach”

Zum Kalender 1938 haben sich im Künstlerhausarchiv mehr Unterlagen als sonst erhalten. Gedruckt wurde der Kalender bei “Ferdinand Kehlborn”, Wien X., Schleiergasse 17, Objekt 6, in einer Auflage von 2500 Stück, davon 1200 mit Kalendarium, gelocht und mit Schnur versehen. 1300 Serien zu je zwölf Blatt wurden für Sonderauflagen, Einzelverkauf und Mappen vorgesehen. Tatsächlich bezogen wurden damals nur 200 Mappen von der Buchbinderei “Konrad Pitsch’s Witwe”, Wien IX., Sobieskigasse 27. Der Preis war gleich wie im Vorjahr, so dürfte auch die Auflage und die Erscheinungsform ähnlich gewesen sein.

Am 16. Februar 1938 hatte man von diesem Kalender nur vier Stück am Lager. Dafür waren die Mappen noch in größerer Anzahl vorhanden. Für Shell durfte diesmal nichts mehr gedruckt worden sein. Als Hauptthema des Kalenders 1938 stand Niederösterreich im Vordergrund:

I. Karl Ludwig Prinz: “Winterlandschaft aus dem Raxgebiet”

II. Leopold Blauensteiner: “Melk mit Eissportplatz”

III. Rudolf Hermann Eisenmenger: “Vorfrühling im Tullnerfeld”

IV. Hans Frank: “Schloß Wildegg im Wienerwald”

V. Ekke Ozlberger: “Hochramalm”

VI. Fritz Zerritsch: “Kellergässchen von Bisamberg”

VII. Hans Strohofer: “Greifenstein an der Donau”

VIII. Robert Streit: “Arbeiter im Weingarten von Perchtoldsdorf”

IX. Eduard Stella: “Obsternte bei Weissenkirchen”

X. Albert Janesch: “Platz vor dem Rathaus in Gumpoldskirchen”

XI. Igo Pötsch: “Leopoldifest vor dem Stift Klosterneuburg”

XII. Max Neuböck: “Gässchen zur Mödlinger St. Othmar-Kirche”

Für das Jahr 1939 wurde auf einen Wochenkalender umgestellt und die Blattanzahl auf 52 erhöht. Beteiligt waren 28 Künstler, die Auflage betrug 4000 Serien im Format 25 x 23 cm. Der Preis wurde mit 6 Reichsmark festgesetzt. Das Hauptthema war Wien. Das nationalsozialistische Kulturamt bestellte für seine Zwecke gleich tausend Mappen.

I. Igo Pötsch: “Stephansdom vom Rathausdach”, Franz Windhager: “Maronibrater”, Max Neuböck: “Urbanikeller”, Bruno Lauterbach: “Eislaufen auf der Alten Donau”.

II. Erich Miller-Hauenfels: “Maria-Theresiadenkmal”, Robert Fuchs: “Eiskunstlauf”, Igo Pötsch: “Kahlenbergerdorf”, Reinhold Klaus: “Stephansdom”.

III. Albert Janesch: “Burgtor”, Hugo Noske: “Karlskirche”, Karl Ludwig Prinz: “Mölkerbastei”, Anton H. Karlinsky: “Universitätsplatz”(?).

IV. Erwin Puchinger: “Rathaus”, Robert Streit: “Kärntner Straße”, Reinhold Klaus: “Graben”, Robert Streit: “Naschmarkt”.

V. Ekke Ozlberger: “Opernring”, Albert Janesch: “Wurstlprater”, Hans Strohofer: “Neuer Markt”, Heinrich Krause: “Reichsbrücke”.

VI. Hans Strohofer: “Donaukanal”, Fritz Zerritsch: “Schönbrunn-Menagerie”, Ekke Ozlberger: “Hoher Markt”, Anton H. Karlinsky: “Lusthaus”.

VII. Eduard Stella (oder Hans Frank?): “Schönbrunngarten, Parterre”, Rudolf H. Eisenmenger: “Schönbrunn”, Leo Frank: “Volksgarten”, Thomas Leitner: “Kahlenbergdorf”, Karl Ludwig Prinz: “Heustadlwasser”.

VIII. Fritz Zerritsch: “Heldenplatz”, Vinzenz Gorgon: “Blumenmarkt am Hof”, Josef Köpf: “Schwarzenberg Palais”, Anton Karlinsky: “Häuserl am Stein”, Georg Pevetz: “Regatta”.

IX. Robert Streit: “Praterscene”, Erich Miller-Hauenfels(?): “Station”, Fritz Zerritsch: “Freudenau”, Hans Frank: “Belvederegarten”, Max Neuböck: “Schönbrunn Nymphe”.

X. Franz Windhager: “Heuriger”, Hans Ranzoni d. J.: “Josefsplatz”, Karl M. May: “Blumenverkäuferin”, .(?): “Beethovenhaus in Heiligenstadt”.

XI. Karl Ludwig Prinz: “Grinzing”, Leopold Blauensteiner: “Nationalbibliothek”, Max Neuböck (?): “Blick von der Burg zum Michaelerplatz”, Rudolf Böttger: “Spanische Reitschule”.

XII. Max Neuböck: “Parlament”, Ernst Graner: “Altes Rathaus”, Vinzenz Gorgon: “Belvedere”, Erwin Puchinger: ” Sylversterfeier”.2

Der Kalender für 1939 war der letzte, der von der Graphiker-Gemeinschaft herausgegeben wurde. Einzelne noch vorhandene Blätter älterer Kalender wurden jedoch noch bis gegen Kriegsende verkauft. Dann durfte aber doch die gesamte Auflage ausverkauft gewesen sein.3

Nach dem Krieg sprach man zwar öfters über die Fortsetzung der Kalenderausgaben, doch da der wahre Initiator der Edition Igo Pötsch seit 1943 tot war, blieb es längere Zeit nur bei Gesprächen. Vom Herbst 1947 stammen mehrere Entwürfe zu einem Kalender im Format etwa 22 x 17 cm in Heftform.4

Den ersten Nachkriegskalender machte erst im Herbst 1950 Rudolf Hermann Eisenmenger für das kommende Jahr 1951, im Auftrag des Leitenden Ausschusses. Diesmal handelte es sich weder um einen Wand- noch Tischkalender, sondern um ein Taschennotizleporello im Schuber, 15 x 7 cm groß. Sieben beiderseitig bedruckte Blätter wurden durch kleine Zeichnungen Eisenmengers zum Thema bildende Künste begleitet. Im Gegensatz zur Praxis der Vergangenheit wurde dieser Kalender nicht verkauft, sondern an “Freunde und Gönner” verschenkt. Wie in der Hauptversammlung am 26. Juni 1951 berichtet wurde, fand dieser Kalender beim Publikum eine äußerst gute Aufnahme und hatte dem Haus sogar 300 neue Freunde zugeführt.5

So hatte man nichts dagegen, einen solchen Kalender auch für das nächste Jahr 1952 zu machen. Den Entwurf übernahm Ernst Schrom, der auch diesmal direkt vom Ausschuss vorgeschlagen wurde. Er widmete sich wie Eisenmenger Momenten aus dem Leben bildender Künstler. Der Kalender hatte 7 Seiten, war beiderseitig bedruckt, im Format 16,5 x 7 cm.

Den Kalender für 1953 machte Rudolf Pleban. Sein allegorisch entworfener Kalender widmete sich den Stimmungen verschiedener Jahreszeiten. Das Kalendarium wurde diesmal verändert, durch Namenstage ergänzt; doch dafür hatte man für eigene Notizen kein Platz mehr. Das Leporello im Format 16,5 x 7 cm hatte sieben beiderseitig bedruckte Blätter; die Auflage war 600 Stück.

Den Kalender für das Jahr 1954 entwarf im Auftrag des Ausschusses Rudolf Reinkenhof. Wie Pleban zeichnete auch Reinkenhof zu einzelnen Monaten Stimmungsbilder, das Kalendarium trug wieder die Namen der Heiligen, ohne Notizmöglichkeit. Mit einer Auflage von 500 Stück und dem Format 16,5 x 7 cm wurde der Kalender von Josef Eberle hergestellt.

Den Kalender für 1955 machte Herbert Pass, der vom Ausschuss diesmal aus einer Anzahl von Interessenten ausgewählt wurde. Sein Kalender bestand aus 12 Spielkarten im Schuber, 9,5 x 7 cm groß; das Kalendarium befand sich jeweils auf der Rückseite, die Vorderseite trug Holzschnitte(?) mit Darstellungen der einzelnen Monate. Gedruckt wurde dieser Kalender in einer Auflage von 750 Stück bei Josef Eberle.

Für den Kalender 1956 schrieb man diesmal, nach dem 1955 gezeigten Interesse mehrerer Kollegen, einen Wettbewerb aus. Doch das Interesse, vielleicht auch Neid, der Mitglieder war inzwischen abgeflaut, als einziger sandte Herbert Fladerer zwei Entwürfe ein. Das war dem Ausschuss zu wenig, die Entwürfe Fladerers fanden auch keine allgemeine Zustimmung. Schließlich einigte man sich auf einen, dem Komponisten Wolfgang A. Mozart gewidmeten Kalender von Ernst Schrom. Schrom kehrte wieder zum bewährten Format 17 x 8 cm zurück, jedoch nicht als Leporello, sondern als Heft. Seine Zeichnungen aus Mozart-Opern standen im Vordergrund, das Kalendarium wurde zusammengedrängt, auf die Namenstage wurde verzichtet. Notizmöglichkeiten gab es nur auf den inneren Umschlagseiten. Der volle Titel lautete “Kalender für ein harmonisches Mozartjahr 1956. Von der Gesellschaft bildender Künstler Wien, Künstlerhaus, ihren Freunden und Gönnern gewidmet”.

Zum Kalender für das Jahr 1957 kamen von den Mitgliedern keine Vorschläge, sodass der Ausschuss den Maler Herbert Pass, ohne jede Konkurrenz, den Auftrag gab. Pass machte wieder ein Leporello 16,5 x 7 cm, mit sieben beiderseitig bedruckten Blättern ohne Notizmöglichkeit und ohne Heilige. Seine Zeichnungen deuteten Monatsstimmungen an. Gedruckt wurde der Kalender wie üblich bei Josef Eberle, Wien VII., Schottenfeldgasse 36-38, in einer Auflage von 820 Stück. Der volle Titel lautete “Eine gute Sicht auf froher Fahrt durch 1957 wünscht allen Freunden das Künstlerhaus”.

Schon aus dieser Überschrift wird die Ursache der nun folgenden Einstellung weiterer Kalenderausgaben deutlich: die Kalender verloren ihren Sinn, sie wurden von ihren Schöpfern nur noch als Geschenk und als graphische Blätter betrachtet, nicht zum Tagesgebrauch bestimmt. So verlor sich der Grundgedanke eines praktischen, künstlerisch gestalteten Kalenders, der Rudolf H. Eisenmenger beim Entwurf seines Kalenders vorschwebte, und wie die Kalender der dreißiger Jahre waren. Der Kalender für 1957 war der letzte, der vom Künstlerhaus herausgegeben wurde. Den Freunden wurden ab Weihnachten 1957 statt eines Kalenders nur noch graphische Blätter übermittelt.6

Im Künstlerhaus hatte zu dieser Zeit der Schriftsteller Karl Strobl sein Büro, der von hier aus seine Kunstzeitschrift “Kunst ins Volk” redigierte. Für das Jahr 1954 gab er eine Wandkalendermappe heraus, von der 3000 Stück verkauft wurden. Dieser Erfolg ermutigte den Ausschuss, sich künftig an der Kalenderausgabe Strobls zu beteiligen. Man rechnete mit einem Gewinn und der Erlös sollte zur Bildung eines Stipendiumfonds dienen. Im Sommer 1954 wurde dieser Kalender im Künstlerhaus als “Kunstgabe 1955″ zusammengestellt: Kalenderformat 33 x 35 cm; Vierfarbendruck, Begleittext von Bruno Grimschitz. Es gab 12 Farbreproduktionen von Gemälden des 19. Jahrhunderts:

  • Rudolf Alt: “St. Michael in der Wachau”
  • Jakob Alt: “Der Stephansdom in Wien”
  • Thomas Ender: “Ruine Dürnstein”
  • Thomas Ender: “Die Weilburg in Baden”
  • Carl Schweninger: “Perchtoldsdorf”
  • Carl Schindler: “Die Rekrutierung”
  • Carl Schindler: “Der Einmarsch der Regimentes Langenau in St. Pölten nach langjähriger Garnisonierung in Mainz”
  • Franz Eybl: “Stilleben mit Rosen”
  • Anton Einsle: “Mädchen vor dem Spiegel”
  • Friedrich Loss: “Maria Enzersdorf mit dem Anninger”
  • Ferdinand Georg Waldmüller: “Kinder am Fenster”
  • Ferdinand Georg Waldmüller: “Vorbereitung zu einem Winzerfest im Preßhaus”
  • Friedrich Amerling: “Die Lautenspielerin”
  • Anonym: “Ansicht von Wien mit der Bastei von ehem. Paradeplatz 1830″

Doch es blieb beim Projekt. Während das Bundeskanzleramt, Bundesbehörden und mehrere Privatfirmen den Kalender vorbestellten, protestierte das Kulturamt der Stadt Wien gegen die Mitwirkung Strobls, dem nationalsozialistische Tendenzen vorgeworfen wurden, was wieder im Gegenzug zu Presseangriffen Strobls auf die sozialistisch dominierte Kulturpolitik der Gemeinde führte. Aus politischen Rücksichten verzichtete der Ausschuss auf die Herausgabe der „Kunstgabe“.7

Den vorläufig letzten Vorschlag zum Druck eines Künstlerhauskalenders machte im Jänner 1980 der Architekt Johann Staber. Auch er dachte an ein gewinnbringendes Unternehmen zugunsten der hauseigenen Künstler-Wohlfahrt-Stiftung. Sein Vorschlag war optimistisch, doch man wollte im Künstlerhaus nach den negativen Erfahrungen mit der letzten Graphikedition kein Risiko eingehen. Der Vorschlag Stabers wurde nicht durchgeführt.8

Neben den großen, zum Teil regelmäßig erscheinenden graphischen Editionen wurden von der Genossenschaft, wie auch später von der Gesellschaft, zeitweise auch graphische Einzelblätter zu verschiedenen Anlässen und für verschiedene Zwecke herausgegeben. Die ältesten solcher EinzelGraphiken gab es schon kurz nach der Gründung der Genossenschaft und zwar als Lotteriepreise bzw. sogenannte “Nietenblätter”, die den Käufer von nicht gezogenen Losen trösten und ihm die letzte Chance doch noch ein Kunstwerk zu bekommen geben sollten.

Eine vollständige Aufstellung dieser “Nietenblätter” ist unmöglich, da diese Blätter zwar öfters in den Akten erwähnt werden, nicht jedoch aufgezählt, namentlich zitiert oder beschrieben wurden. So ist auch unbekannt, ob auf den Graphiken die Genossenschaft als Verleger vermerkt wurde.

Etwa ab den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts wurde nicht mehr von “Nietenblättern”, sondern nur noch von “Prämienblättern” gesprochen. Ihr Sinn und ihre Verteilung blieb ähnlich: für jeden Besitzer von zehn nicht gezogenen Losen gab es eine Graphik. Die “Nieten-” bzw. “Prämienblätter” waren anfangs meist Stiche und Radierungen, 1892 kamen Heliogravüren auf. In jeder Lotterie standen bis zu fünf verschiedene Techniken und Motive zur Auswahl.

1892 gab es folgende Prämienblätter:

  • Franz von Defregger: “Das Wesperbrot”, Stich, 90 x 62 cm,
  • Eduard Grützner: “Gute Fastenspeise”, Heliogravüre, 90 x 63 cm,
  • Ettore Tito: “Ringel-Ringel-Reihe”, Heliogravüre 73 x 103 cm,
  • Friedrich Kaulbach: “Circé”, Heliogravüre 90 x 63 cm
  • 1894 gab es nur Heliogravüren 44 x 34 cm; gedruckt wurden sie bei Jakob Blechinger, Wien IX., Weisenhausgasse 16, Auflage je 500 Stück:
  • Simon Glücklich: “Festgirlanden”,
  • Susanne Granitsch: “Ein Blumenstrauß”,
  • Gustav A. Hessl: “Lustige Heimkehr”,
  • Carl Reichert: “Schwieriger Abstieg”,
  • Robert Russ: “Palazzo del Camello in Venedig”9

Eine eigene Graphikkategorie bilden diverse Ernennungsdiplome, Dankschreiben und Benachrichtigungen; zum Teil gestochen, lithographiert und oft mit handschriftlichen Ergänzungen. Solche Diplome gab es in den ersten Jahren der Genossenschaft sogar für alle Mitglieder.10

1917 schuf Alfred Cossmann ein Gedenkblatt für die Donatoren des Rekonvaleszentenheimes Künstlerhaus 1914. Gedruckt wurde es in der k.k. Staatsdruckerei.11

Ende 1929 schuf Hans Frank ein neues Gründer- und Stifterdiplom, das im Jänner 1930 in dreißig Exemplaren gedruckt wurde.

1934 fertigte die Druckerei Lauterbach die Platte zu einem Diplom für Aussteller und Künstlerhaus-Lieferanten. Gedruckt wurde das Diplom in einer Auflage von hundert Stück jedoch bei Fürth & Rosenbaum, wo es billiger war.12 Nach ihrem Muster schuf man dann Graphiken für Freunde und Förderer des Hauses.

Um die private Förderung des Künstlerhauses anzuregen, bildete man in der Hauptversammlung am 27. November 1934 eine neue Kategorie der Kunstfreunde, die “Förderer”. Zum Dank für ihren erhöhten Jahresbeitrag, damals 100 öS, sollten sie nach einem Vorschlag von Albert Janesch vom 4. Juni 1936 unter kleinen, von Mitgliedern zur Verfügung gestellten Geschenken, d. h. Kunstwerken, wählen. Im Laufe weiterer Gespräche entstand der Gedanke einer Graphik, für alle Förderer gleich. Den Schöpfern solcher Graphiken konnte der Ausschuss auch ein Honorar auszahlen; am 10. September 1935 wurden dazu 500 Schilling bewilligt.

Fritz Zerritsch machte den ersten Entwurf, der vom Ausschuss angenommen und anschließend in einer Auflage von etwa 50 Exemplaren vervielfältigt wurde. Karl Borschke machte das Schriftblatt und eine Mappe, in die man später auch noch weitere Blätter einlegen konnte. Format 43 x 43 cm. So entstand eine neue graphische Edition der Genossenschaft, die nur für ihre “Förderer” bestimmt und im Handel nicht zu haben war. Für die “Freunde”, die einen geringeren Beitrag zu zahlen hatten, kaufte man in diesem Jahr von der Graphiker-Gemeinschaft 43 Kalender.13

Das “Fördererblatt” fand eine gute Aufnahme beim Publikum und hatte auch ein gutes Echo unter den ordentlichen Mitgliedern. Für die nächste Ausgabe gingen im Herbst 1936 schon fünf Entwürfe ein, von denen eine Farblithographie von Franz Windhager ausgewählt wurde. Die Auflage wurde mit 50 Stück festgesetzt, das Honorar Windhagers betrug 400 öS.

1937 gingen acht Entwürfe von drei Künstlern ein. Zur Ausführung wurde eine Farblithographie von Igo Pötsch bestimmt. Von ihr wurden 30 Stück gedruckt; geringer war auch das Honorar: 300 Schilling.

1938 bekam Karl Borschke für seinen Linolschnitt 270 RM, in den folgenden Jahren betrugen die Honorare bis zu 500 Mark.

Im Oktober 1938 wurde beschlossen, den Freunden diesmal nicht Kalender, die sie sich ohnehin kaufen konnten, sondern kleine Plaketten nach einem Entwurf von Karl Perl zu schenken. Die Herstellung besorgte Arnold Hartig.

Im Jänner 1940 beschloss man, auch Stiftern und Gründern Kunstblätter zu widmen, doch wurde diese Idee nur auf Diplomverleihungen für neue Stifter und Gründer beschränkt. Man verwendete hierzu die alte Platte von Hans Frank aus dem Jahr 1929, mit der man 1930 druckte. Im September 1940 fertigte die Druckerei Lauterbach etwa 30 neue Abzüge an.14

Ab Herbst 1942 wurden stets zwei Graphiken aufgelegt: für die “Förderer” und für die “Teilnehmer”, für die bis dahin stets Originalkunstwerke verlost wurden – dafür gab es ja seit 1884 einen eigenen Fond. Die neuen Graphiken sollten nicht nur die Rolle der alten “Nietenblätter” übernehmen. Nun wurden sie an alle Teilnehmer verteilt, ob sie gewonnen hatten oder nicht.15

Die letzten Kriegsauflagen dürften hundert bis hundertfünfzig Exemplare betragen haben; später mehr, 1951 druckte man 180 Stück, in den folgenden Jahren sogar 500. Das Kriegsende brachte eine kurze Unterbrechung der Graphikedition. Die ersten Nachrichten über eine weitere Ausgabe stammen erst von 1947. Die Formate wurden nun nicht mehr eingehalten. Das Vorhandensein der Sammelmappe von 1935 hatte man bereits vergessen; außerdem gab es kaum noch Förderer aus dieser Zeit.

Ab 1949 wurde stets nur noch ein Blatt sowohl für die Förderer, als auch für die Teilnehmer ausgegeben. 1956 wurde der Teilnehmerfond aufgelöst.16

Zu Beginn der sechziger Jahre machte sich ein stagnierendes Interesse für die Edition bemerkbar; sowohl unter dem Publikum, als auch unter den Künstlern selbst. Manche Wettbewerbe wurden kaum beschickt und der Schöpfer wurde dann autoritativ durch die Ausstellungskommission und den Leitenden Ausschuss bestimmt. Aus Versandgründen wurden die Graphiken kleiner.

Das letzte Fördererblatt erschien vor Weihnachten 1973. Im November 1974 wurde zum ersten Mal nach vielen Jahren wegen des allgemein zu geringen Interesses auf eine Herausgabe verzichtet. Trotzdem gab es dafür noch eine offizielle Begründung: Sparmaßnahmen.17

Übersicht der Fördererblätter:

1935 Fritz Zerritsch: …

1936 Franz Windhager: “Winter”, farbige Lithographie

1937 Igo Pötsch: “Vorfrühling”, farbige Lithographie

1938 Karl Borschke: … , Linolschnitt

1939 Hans Strohofer: “Mädchen in Zillertaler Tracht”

1940 Josef Seger: “Junger Waldkauz auf einem Baumstrunk”, Buchholzstich

1941 Alfred Cossmann: …

1942 Fördererblatt: Carlos von Riefel “Jungfrau von Orleans”, Holzschnitt

Teilnehmerblatt: Christian L. Martin “Alpenlandschaft”, Radierung

1943 Fördererblatt: Wilhelm Dachauer “Ilmer Moor”, Lithographie

Teilnehmerblatt: Viktor Pipal “Gumpoldskirchen”, Lithographie

1944 Fördererblatt: Franz Windhager “Der arme Musikant”, Radierung

Teilnehmerblatt: Rudolf Heinz Keppel … (nicht ausgeführt?)

1945 Fördererblatt: Ferdinand Michl … (vorgesehen, nicht ausgeführt)

Teilnehmerblatt: Oswald Roux … (vorgesehen, nicht ausgeführt)

1946 ?

1947 Fördererblatt: Leopold Knoll “Anton Bruckner”

Teilnehmerblatt: Emil Bröckl …

1948 ?

1949 ?

1950 Johann Reidinger: “Weinlese”, Lithographie 49 x 70 cm

1951 Johannes Wanke: … , Holzschnitt

1952 Carlos Riefel: “Selbstbildnis”, Holzschnitt 42 x 50 cm

1953 Josef Seger: … , Farblithographie

1954 Fritz Zerritsch: “Antilope”,

1955 Hans Foitik: … , Farblithographie

1956 Rudolf Pleban: “Weihnachtskrippe”, Farblithographie

1957 Herbert Stepan: “Knabe mit Hund”, Farblithographie

1958 Othmar P. Hartmann: “Verkündung an die Hirten”, Farblithographie 39 x 50 cm

1959 Rudolf Pleban: … , Farblithographie

1960 Herbert Pass: “Baumgrenze”, Lithographie

1961 Fred Nowak: “Der Turm”, Radierung

1962 Heinrich Heuer: “Höhle”, Radierung 38 x 65 cm

1963 Rosa Pohnert-Resch: “Fische”, Linolschnitt 14.5 x 21 cm

1964 Karlheinz Pilcz: “Strukturelle Komposition mit Pfau”, Radierung

1965 Michael Coudenhove-Kalergi: “Stilleben”, Radierung

1966 Max Melcher: “Auf der Flucht”, Radierung

1967 Heinrich Heuer: “Tiermaske”, zweifarbige Kaltnadelradierung

1968 Elsa Olivia Urbach: “Ganymed”, Radierung 30 x 21 cm

1969 Johannes Wanke: “Fisch”, Holzschnitt

1970 Kurt Ammann: … , Radierung 21 x 30 cm

1971 Linde Waber: “Chinesische Weihnacht”, Farbholzschnitt

1972 Karl Reissberger: “Licht”, Linolschnitt

1973 Reinhilde Angelika Kaufmann: …, Radierung

Weitere Graphiken und Kunstdrucke wurden anlässlich diverser Gschnasfeste herausgegeben, sie sind bei den Festen angeführt. Es handelt sich um Ansichtskarten, Bücher, Zeitschriften, Zeitungen, Baedeker u.ä.

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