In Publikationen über Künstlervereinigungen wird äußerst selten über das Vereinspersonal berichtet. Und doch wäre ohne die Mitarbeit der Beamten und Angestellten, Sekretäre, Kassierer, Tischler, Aufseher oder des Reinigungspersonals die Vereinsexistenz unmöglich. Vereinigungen mit wenigen Räumen kamen und kommen mit wenigen bezahlten Kräften aus; anders aber die Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens, die sich das größte Ausstellungs- und Vereinshaus Österreichs baute.
Diese “dienstbaren Geister” wirkten und wirken im Hintergrund, von der Öffentlichkeit meist kaum beachtet und auch von den eigenen Vereinsmitgliedern nur selten gewürdigt. Man kennt im Allgemeinen die Gesichter, kaum jedoch ihre Namen; nur die länger dienenden prägen sich der Mitgliedschaft ein. Heute, in Zeiten der starken Fluktuation, wird das Personal von der Mitgliedschaft im Haus nicht selten sogar als etwas Fremdes, Unebenbürtiges angesehen. Man benötigt zwar seine Arbeit, die großen Ausstellungen wären nur mit ehrenamtlich arbeitenden Kräften unmöglich, doch das ist auch schon alles.
Die Genossenschaft beschäftigte gleich ab ihrer Entstehung 1861 zwei “Diener” – dieser Ausdruck war in der Monarchie allgemein üblich, hat aber mit dem heutigen, gleich lautenden, etwas diskriminierenden Begriff nichts gemeinsam -: Johann Lukas mit 20 fl. ö. W. monatlich und Ferdinand Riege mit 12 Gulden monatlichem Gehalt. Lukas kam als vierzigjähriger 1857 zur “Eintracht” und wurde 1861 von der Genossenschaft übernommen. Nach der Erbauung des Künstlerhauses zog er 1868 als erster Portier in das frische Gebäude am Karlsplatz ein. Seine Tätigkeit überschritt jedoch bei weitem den normalen Arbeitsbereich eines Portiers, sie wäre heute eher mit dem eines Hausinspektors gleichzusetzen.
Am 1. April 1881 wurde Lukas nach zwanzig Dienstjahren bei der Genossenschaft krankheitshalber pensioniert und man zahlte ihm aus der Genossenschaftskassa eine Pension von 50 fl. monatlich. Die Dienstwohnung unter der Portierloge, die von seinem Nachfolger beansprucht wurde, musste er allerdings bis zum 1. Juni 1881 verlassen. Lukas erfreute sich nicht lange seiner Pension; er starb bereits Anfang Dezember 1881. Die Kosten der Ärzte und der Bestattung übernahm die Genossenschaft, die auch der Witwe Katharina Lukas bis zu ihrem Tod 1905 fallweise noch Geldunterstützungen gewährte.1
Der Diener Ferdinand Riege dürfte vom “Albrecht Dürer Verein” gekommen sein. Im September 1862 waren Riege und Lukas bei der Versammlung deutscher Künstler in Salzburg mit; sie erhielten dafür zusätzlich jeder 16 Gulden Diäten.
Im Jahre 1868, beim Umzug in das neue Künstlerhaus, gab es drei Diener: Lukas, der die Portierstelle hatte; Ferdinand Riege, nur “Ferdinand” genannt, bekam die Kassa zugewiesen und schließlich Josef Hutterer, beschäftigt ab dem 1. November 1867, der zum Mann “für alles” wurde. Frau Lukas besorgte die Garderobe. Ferdinand und Hutterer bekamen 30 Gulden monatlich, Portier Lukas etwas mehr.
Im Sommer 1868 wurden zusätzlich zwei neue Diener mit 25 fl. monatlich und 14tägiger Kündigung aufgenommen: Franz Matz und Pietro Modena. Außer ihnen gab es bald auch noch einen Tischler Friedl, der eine Werkstätte im Souterrain aufbaute und sie auch für seine eigenen Geschäfte verwenden durfte, sowie eine Reinigungsfrau.
Ab März 1869 wurde Hutterer erlaubt, in einem Souterrainzimmer zu wohnen (Die damals von drei Seiten das Künstlerhaus umgebenden Lichtgräben wurden, abgesehen vom Restaurantzugang, erst Jahre später zugedeckt. Den linken Graben deckte man anlässlich des U-Bahnbaus 1970-1971 wieder teilweise ab.). Auch Riege bewohnte ein Zimmer im Künstlerhaus. Lukas hatte drei Söhne und eine Tochter, Hutterer war ebenfalls verheiratet und hatte ein Kind.
Wie Lukas, zeigte sich auch Hutterer vielseitig verwendbar: er arbeitete als “Hausknecht”, als Gärtner, Hausmeister und als Kassadiener – diese Stelle behielt er bis zu seinem Ausscheiden aus dem Künstlerhaus 1891 und sie wurde zu seinem Unglück. Nachdem seine Frau bei den Mitgliederversammlungen bald die Küche besorgt hatte, übernahmen beide 1873 die Casinowirtschaft und das Souterrainrestaurant. 1891 kam Hutterer (Huderer) in finanzielle Nöte und borgte sich aus der Genossenschaftskassa einen höheren Betrag aus, ohne dies jedoch vorher dem Ausschuss mitgeteilt bzw. um Genehmigung angesucht zu haben. Hutterer wurde entlassen und lebte anschließend im Liesinger Versorgungshaus. Er starb 1893.2
Durch die Kassa verführt wurde im März 1869 auch schon Ferdinand Riege. Er hat Ausstellungskarten im Wert von 46 fl. entwendet; doch bevor er sie verkaufte, bekam er ein schlechtes Gewissen und zeigte sich selbst schriftlich beim Ausschuss an. Die Karten hatte er dem “Custos” zurückerstattet. Trotzdem wurde er am 30. März 1869 vom Dienst enthoben; zu seinem Nachfolger als Kassier wurde Franz Sell.3