Der erste Luftbombenangriff, der die Mitglieder stark in Mitleidenschaft zog, fand am Sonntag den 10. September 1944 statt; die größten Schäden in der Wiener Innenstadt entstanden am 12. März 1945. Bis zum Kriegsende gab es insgesamt 52 größere Luftangriffe der aus Norditalien kommenden Alliierten auf Wien, die neben großen Materialverlusten 8769 Tote zu Folge hatten. Die Luftangriffe richteten sich nicht gegen die Kampftruppen an der Front, sondern gegen das Hinterland und da auch nicht immer gegen die Industrie und die Rüstungsbetriebe. Sie sollten vielmehr die Zivilbevölkerung zu Hause demoralisieren; in der nationalsozialistischen Diktion sprach man deshalb auch von Terrorangriffen. Obwohl die breite Bevölkerung für die Politik der NSDAP kaum noch Sympathien aufbrachte, verstand sie auch diese Angriffe auf sich nicht; die Bomben dienten nicht der Befreiung, im Gegenteil, sie ließen nur die Abneigung zu den alliierten Fliegern entstehen und schüren. Nur die wenigsten Wiener wussten noch, dass gerade die deutsche Luftwaffe Hermann Görings mit einer solchen Art der Kriegsführung 1939 in Polen, Belgien, Holland, Coventry und London begann.
Die Luftangriffe durch Spreng- und Brandbomben hatten neben Hauszerstörungen und Toten durch Direkttreffer auch weitgehende Beschädigungen der Umgebung durch Luftdruckwellen und durch folgende Brände Sauerstoffmangel sowie enorme Hitze zur Folge. Wegen unterbrochener Leitungen fiel die Wasser-, Gas- und elektrische Versorgung aus, ebenso die Telefone. Die Straßen und Gehsteige wurden durch – im Winter oft mit Schneematsch vermischten – Schutt blockiert, die auf Geleise gebundenen Straßenbahnen konnten nicht verkehren und Autobusse gab es nach ihrer Beschlagnahme für die Wehrmacht keine. Da bei jedem Alarm die Fenster wegen der möglichen Luftstöße geöffnet und oft stundenlang bis zur Entwarnung offen gehalten werden mussten, kühlten die Wohnungen und Ateliers aus, was weiter zu Verkühlungen und Erkrankungen führte, da man kaum mehr über das zum Wiedereinheizen notwendige Brennmaterial verfügte.
Bei Kriegsende stieg die Opferzahl der Ziviltoten und Verwundeten noch durch die direkten, näherkommenden Boden- und Straßenkämpfe. Große Schäden an der Bausubstanz entstanden dann in Folge der bei Plünderungen durch den einheimischen Pöbel gelegten Brände. So brannte auch der Stephansdom ab, nachdem man die gegenüberliegenden vornehmen Kaufhäuser nach ihrer Ausplünderung in Brand gesteckt hatte und das Feuer auf den Dom hinübersprang. Bis Ende April 1945 wurden 21 % der Häuser Wiens, d. h. 21 317 Bauten, zerstört bzw. stark beschädigt und damit unbewohnbar.1
In diesen Häusern befanden sich viele Künstlerateliers; einige wurden völlig unbenutzbar, andere erlitten durch Erschütterungen und Luftdruckwellen naher Explosionen beträchtliche Schäden, vor allem durch zerbrochene Glasscheiben. Bei den großen Atelierfenstern und -Dächern waren Glasbrüche kaum mehr zu reparieren, da Glas Mangelware war. Nur notdürftig konnte man sich mit durchsichtigen Platten und Scheiben aller Art vor Regen und Wind aushelfen. So wurden auch die etwa noch in den Wohnungen vorhandenen Bildrückwände und Bildgläser ausgerahmt und diesem neuen Zweck zugeführt; so manches Rudolf von Alt Werk hing dann ungeschützt oder verschwand von der Wand in einer Mappe.
Im Künstlerhaus wurden im November 1944 die unteren Ziergläser der Plafond-Oberlichten herausgenommen, zum Teil im Keller deponiert, zum Teil an betroffene Mitglieder für Atelierreparaturen gegen einen späteren Ersatz – der dann nie kam – abgegeben. Den ausgebombten Mitgliedern wurde außerdem nach Möglichkeit rasch und unbürokratisch auch finanziell geholfen. Bei Aufräumungsarbeiten bei den betroffenen Mitgliedern halfen oft die Hausangestellten mit. Arthur Brusenbauch hat sich als erster angeboten, einige der ausgebombten Kollegen bei sich aufzunehmen. Albert Schreyer zog in den ersten Stock des Künstlerhauses ein. Während des Krieges zerstört bzw. devastiert wurden Ateliers, Wohnungen oder beides von:
Ambrosi Gustinus
Andre Hans
Andri Ferdinand
Baszel Günther
Bell Karl Friedrich
Bock Josef
Böttger Rudolf
Dimmel Herbert
Drobil Michael
Endstorfer Anton
Esterle Max von
Fellerer Max
Fiala Karl
Frass Wilhelm
Fuchs Robert
Gamerith Walter
Gerstenbrand Alfred
Gorgon Vinzenz
Grienauer Edwin
Hauer Leopold
Haybach Rudolf
Hoffmann Josef Franz
Hofner Otto
Hoppe Emil
Huber Ernst
Hübl Hans
Hujer Ludwig
Humplik Josef
Janesch Albert
Jungwirth Josef
Karlinsky Anton H.
Kaym Franz
Kempf-Hartenkampf Gottlieb Th.
Kitt Ferdinand
Klotz-Dürrenbach Theodor
Kubiena Ernst Wilhelm
Legler Wilhelm
May Karl Maria
Miller-Hauenfels Erich
Moiret Edmund
Ozlberger Ekke
Patzelt Andreas
Perl Karl
Pevetz Georg
Pipal Viktor
Pleban Rudolf
Prinz Karl Ludwig
Ranzoni Hans (Vater und Sohn)
Roux Oswald
Scheibner Hans
Schreyer Albert
Schuster Josef
Schuster Karl Maria
Stefferl Bartholomäus
Stella Eduard
Straka Josef
Streit Robert
Suppantschitsch Max
Ulrich Wilhelm
Wagner von der Mühl Adolf
Wieden Ludwig
Windhager Franz
Zeileissen Rudolf
Zerritsch Fritz
Zimmermann Franz
Zita Heinrich
Manche Künstler hatten Glück und konnten von ihren Habseligkeiten und ihrem künstlerischen Werk noch etwas retten, andere verloren alles. Besonders traurig war aber, dass es auch die Kampfhandlungen heil überstandenen Ateliers und Wohnungen gab, die erst nach dem Kriegsende2 vom einheimischen Wiener Straßenplebs geplündert, von alliierten Soldaten gewaltsam besetzt oder die später auch vom Magistrat aus politischen Gründen rücksichtslos beschlagnahmt wurden. So war die Situation auf dem Wohnungsmarkt noch jahrelang äußerst angespannt; gerade die schönsten und oft ehemals jüdischen Wohnungen wurden bis 1955 von den alliierten Truppen benützt. Dies ist u.a. auch eine Erklärung auf die Frage, warum so wenige Emigranten des Jahres 1938 nach Kriegsende, abgesehen von der trostlosen Ernährungslage, zurück nach Wien fanden.