Die ersten ordentlichen Mitglieder der Genossenschaft stammten aus den Künstlerreihen der “Eintracht” und des “Albrecht Dürer Vereins”; sie haben am 29. April 1861 den Statutenentwurf der neuen Genossenschaft unterschrieben. Wie im § 7 dieses Entwurfs festgehalten wurde, hatte jeder in Wien lebende Künstler das Recht, sich zur Aufnahme in die Genossenschaft zu melden oder sich durch ein Mitglied vorschlagen zu lassen. Die Definition, wer als Künstler zu betrachten sei, war recht breit formuliert: Künstler war “derjenige, der vermöge der Ausübung eines Kunstfaches in weiteren Kreisen als Künstler anerkannt” war oder “sich durch Vorlage seiner Werke als solcher auswies”.
Die Anerkennung eines Künstlers war und ist eine äußerst subjektive Sache; 1861 waren die Ansprüche auf die künstlerische Qualität der Mitglieder recht gering. Wie schon im Albrecht Dürer oder in der Eintracht hatten auch in der neuen Genossenschaft damals nur wenige Künstler Probleme Mitglied zu werden. Man war an jedem Mitgliedsbeitrag interessiert, man wollte ja ein Künstlerhaus bauen und später auch erhalten.
Im Gründungsjahr 1861 wurden 210 Künstler zu ordentlichen Mitgliedern der Genossenschaft, davon waren drei noch im selben Jahr verstorben. Ende 1862 hatte die Genossenschaft 225 ordentliche Mitglieder, dann stieg das Interesse bis zur Eröffnung des Hauses 1868 nur noch relativ gering (241 Mitglieder).
Erst die ersten Ausstellungen und neuen Aktivitäten im Künstlerhaus brachten sprunghaft Anmeldungen, sodass sich schon im November 1869 warnende Stimmen gegen unbedachte Mitgliedsaufnahmen erhoben. Die Kandidaten, die innerhalb der Genossenschaft wenig oder sogar unbekannt waren, sollten künftig durch acht Tage ihre Werke im Casino ausstellen. Vorgeschlagen wurde auch die Wiedereinführung der schon einmal verwendeten Ballotage, d. h. Kugelung mit weißen und schwarzen Kugeln. Jedes abstimmende Mitglied hatte je eine schwarze und weiße Kugel; eine davon konnte er anonym in die Wahlurne werfen. Anschließend wurden die Kugeln gezählt, die überwiegende Farbe entschied über die Aufnahme. Einfacher war das Abstimmen mit Handheben, doch das war eben nicht anonym. Die Ballotage wurde mit Abständen immer wieder eingeführt und dann wieder vergessen; endgültig nach dem Ersten Weltkrieg. Die Kugeln haben sich im Künstlerhaus nicht erhalten. Dafür wurde die Abstimmung mit handgeschriebenen Zetteln üblich.
Ende 1869 hatte die Genossenschaft 281 ordentliche Mitglieder, 1870 297, im folgenden Jahr 1871 313. 1872 gab es 346 Mitglieder; um diese Zahl bewegte sich der Mitgliederstand über zwei Dezennien. 1896 gab es 383 ordentliche Mitglieder, überhaupt die höchste Zahl in der Geschichte des Künstlerhauses. Daneben gab es aber bereits ab den 80er Jahren auch viele, heute noch bekannte Künstler, die aus den verschiedensten Gründen nicht Mitglied der Genossenschaft werden wollten und darum gar nicht angesucht haben. Eine große Rolle spielten dabei sicher die hohen Mitgliedsbeiträge, das mangelnde Selbstvertrauen, bei anderen auch die Erkenntnis, dass man für das eigene, zwar bescheidene, aber zufriedenstellende Fortkommen die Genossenschaft gar nicht braucht.
Neben den normalen Austritten und Todesfällen brachten die 90er Jahre die Spaltung der Künstlerschaft zwischen der Wiener Secession1 und dem Künstlerhaus, 1900 auch den Austritt des Hagenbundes. Die Anzahl dieser Austritte aus dem Künstlerhaus blieb für die Genossenschaft belanglos; bedeutend wurde dagegen die Spaltung der gesamten Deutsch sprechenden Künstlerschaft, die in Deutschland ihren Anfang nahm; neben Wien auch in der Schweiz. So hatte die der ADKG ähnliche “Gesellschaft Schweizer Maler, Bildhauer und Architekten” mit dem Zentralkomitee in Bern deutsche Sektionen in Aargau, Basel, Luzern, München und Zürich; die “Schweizerische freie Künstlervereinigung Sezession” mit der Geschäftsstelle in Luzern gründete Sektionen in Aargau, Basel, Bern, Biel, Genf, London, Mailand, Paris, Rom, St. Gallen, Tessin, Waadt und Zürich. Die Spaltung ging durch die gesamte Künstlerschaft deutscher Zunge und wäre in Wien auch bei besserem Verhandlungsgeschick des Jahres 1897 höchstwahrscheinlich kaum zu verhindern gewesen. Was man allerdings in der gängigen Fachliteratur nicht erwähnt: Abgesehen von den knapp zwanzig aus der Genossenschaft ausgetretenen Secessionisten kehrten die 1900 ausgetretenen Hagenbundmitglieder schon kurze Zeit darauf fast alle wieder in das Künstlerhaus zurück, den Hagenbund übernahmen andere, nicht mehr aus der Genossenschaft oder der Secession stammenden Künstler. Die im Winter 1897 außerhalb der Wiener Genossenschaft gebildete Secession bestand aus 40 Gründungsmitgliedern, nur die Hälfte(!) kam aus dem Künstlerhaus.
1897 gab es 352 Mitglieder im Künstlerhaus, 1898 348, 1899 342, 1900 314, 1901 321, 1905 325, 1912 298, 1918 260 (während des Krieges waren Neuaufnahmen gesperrt), 1919 266, 1921 267, 1922 249. Die sinkenden Mitgliederzahlen wurden im Künstlerhaus selbst durch damals strenge Auslese der Aufnahmewilligten verursacht. Die strengen Aufnahmebestimmungen wurden in den Jahren des größten Aufschwungs der Genossenschaft sukzessive eingeführt; motiviert waren sie ganz einfach durch den Platzmangel in den Sitzungs- und Vereinsräumen. Später hat man die Bestimmungen nicht mehr gelockert, als man sie lockern hätte können. Die “Österreichs Illustrierte Zeitung” brachte im Heft 13 vom 29.12.1912, S. 324-331, eine Übersicht der “Wiener Stammtische”, die das reiche, vielseitige gesellschaftliche Leben Wiens vor 1914 gut dokumentiert.
Abbildungen zusammen mit Namenslegenden(!) als Faksimile 398f- .
Die Genossenschaft war schon bald nach dem Bezug des Künstlerhauses – trotz mancher ab und zu hörenden Unkenrufe – zu einer reichen Institution geworden. In Anbetracht dieser günstigen Lage stellte Andreas Streit 1882 den Antrag auf Herabsetzung des Mitgliedsbeitrags von den ab 1861 unverändert gebliebenen 20 fl. auf 16 fl. Die Monatsversammlung am 21. Dezember 1882 nahm diesen Vorschlag nur bedingt an: der Beitrag war beizubehalten, vier Gulden davon sollten allerdings dem Pensionsfond der Genossenschaft überwiesen werden. Die Höhe des Jahresbeitrags selbst wirkte selektierend; nur ein erfolgreicher Künstler konnte sich diese Summe mühelos leisten.
Abbildung 399. Quittungen für den quartalsmäßig bezahlten Mitgliedsbeitrag 1876.
Im Dezember 1885 setzte sich August Schaeffer für die Bildung einer neuen Mitgliederkategorie der Kunstakademiker ein, die als Anwärter der ordentlichen Mitgliedschaft den halben Jahresbeitrag zu zahlen hätten. Die Idee hatte etwas für sich; doch nachdem sie eine Klassengesellschaft gebildet hätte, wurde sie in der Monatsversammlung am 19. Dezember 1885 nicht angenommen.
Manche Künstler, welche die Aufnahme zu ordentlichen Mitgliedern nicht geschafft hatten, oder darum überhaupt nicht ansuchten, wurden zu Teilnehmern oder außerordentlichen Mitgliedern. In einigen Fällen handelte es sich um Grenzfälle, Amateure oder Kunstgewerbler bzw. Handwerker. Hierzu zählten etwa auch Steinmetze – wo begann die Kunst der Bildhauer?2
Interessanterweise debattierte man im Dezember 1909, trotz der damals bereits sinkenden Mitgliederzahl, vom weiteren Erschweren der Aufnahmen. So sollten neue Mitglieder jeweils erst nach der Jahres- oder Herbstausstellung aufgenommen werden, in der die Werke der Bewerber vertreten gewesen wären. Im Dezember 1910 schlug man eine Beitragserhöhung vor; die Beiträge waren ja schon fast genau ein halbes Jahrhundert unverändert geblieben. Der Vorschlag wurde abgelehnt; erst 1921 kam es zu einer ersten inflationsbedingten Erhöhung, keineswegs jedoch Anpassung. Der Ausschuss glaubte hier, den Mitgliedern, deren wirtschaftliche Lage sich durch den Zerfall der Monarchie zu verschlechtern begann, entgegenkommen zu müssen.3
Seit dem Bestehen der Genossenschaft gab es Klagen über die jeweils “unzumutbaren” zeitgenössischen Kunstverhältnisse, über Armut und Bedürftigkeit der bildenden Künstler. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Der aktuelle Wohlstand wird subjektiv nicht geschätzt oder auch gar nicht rechtzeitig erkannt. Durch den Bau des Künstlerhauses verbesserten sich die Absatzmöglichkeiten der Wiener Künstler sprunghaft, durch die Eröffnung seiner Versammlungsräume verbesserten sich die Kontaktmöglichkeiten mit dem Kunstpublikum. Durch direkte Beziehungen der Genossenschaft zum Kaiserhaus, zur Regierung und den Gemeindepolitikern konnte man auch im Künstlerhaus die allgemeine Kunstförderung beeinflussen, ebenso manche Notsituationen des Einzelnen bzw. seiner Familie lindern – sei es durch Auftragsvermittlung oder etwa nur durch die Übernahme der Bestattungskosten und für die Graberrichtung. Die Genossenschaft konnte dem Hof und den Ministerien auch Titel- oder Auszeichnungsvorschläge unterbreiten.
Die Genossenschaft verfügte selbst über mehrere soziale Fonds, die in guten Jahren relativ große Reserven bilden konnten. Unterstützungen zahlte sie natürlich vor allem ihren Mitgliedern aus; doch auch fremde Künstler konnten sich an die Fondskomitees wenden: durchreisende und wandernde Kunstakademiker ebenso wie alte, erwerbsunfähige oder erfolglose. Ein “Vorschußfond” diente als eine kleine Bank und Pfandleihanstalt.
Bei allen allgemeinen Überlegungen über die wirtschaftliche Situation der bildenden Künstler darf die Persönlichkeit und der Charakter jedes einzelnen nicht außer acht gelassen werden; Eigenschaften, die gerade bei Künstlern besonders ausgeprägt sind. Manche lebten bohèmeartig, gaben auch die größten Einnahmen sofort aus und riefen dann nach Unterstützungen. Andere verdienten nicht viel, lebten sparsam und trotzdem in geordneten, guten Verhältnissen ohne jegliche Unterstützung.4 Rudolf von Alt, der fleißige Schöpfer einer großen Anzahl hochwertiger Aquarelle, die auch schon damals hoch bezahlt wurden, befand sich zeitlebens in finanzieller Bedrängnis und wurde von der Genossenschaft zum Teil offen, zum Teil versteckt über Auftragsvermittlung unterstützt. Sein Bruder Franz Alt, künstlerisch nicht so begabt gewesen, konnte sich aus dem Verkauf seiner Aquarelle ein kleines Vermögen aufbauen und wurde Hausherr. Dass ein Künstler in Wien als Wertanlage Zinshäuser erwarb, war gar nicht so selten.5 Soziale Stipendien zeigten sich dagegen nicht so treffsicher, wie man vielleicht erwartet hätte. Nur die wenigsten, auf solche Weise unterstützten Künstler brachten es zu etwas. Hätten sie gleich einen bürgerlichen Beruf ergriffen, wäre es ihnen sicher besser gegangen.
Leopold Carl Müller schreibt ganz offen über seine finanziellen Verhältnisse in einem Brief an Eduard Swoboda, datiert Venedig 15.7.1877 – es ging um seine Ernennung zum Akademieprofessor: “Die Majorität meiner Freunde erklärte mich für einen Narren, mich für lumpige 3200 Gulden an die Academie zu binden, und dafür meine Freiheit zu opfern, welche mir in den letzten drei Jahren das Doppelte jährlich eingebracht hat… Ich brauche mindestens 6000 Gulden, um so leben zu können, wie ich will und wie ich jetzt gewohnt bin… Ja, ich fordere, dass mit der Professur meine Einnahmen steigen, denn so wie meine Angelegenheiten und Geschäftsaussichten liegen, kann ich mir in den nächsten Jahren auch 10 bis 12 000 Gulden verdienen, mit einigem Fleiße… Makart hat 10 000 Gulden in Kairo eingenommen.”
Was er mit dem Geld machte, schreibt Müller im selben Brief- er denkt dabei an sein Aufenthalt in Kairo: Ich “hatte meinen Wagen, Esel, und in der letzten Zeit gar drei Diener.”6 Seine Nachlassauktion im Künstlerhaus im März 1893 brachte 126 900 fl. ein, wobei viele Werke als unverkäuflich noch seine Schwestern zurück behielten.
Die in der Monarchie ohne Zweifel hoch liegende Wertschätzung der bildenden Künstler beim Publikum spiegelte sich auch in den zahlreichen Ordensverleihungen7 und Adelserhebungen8 wieder. Erst die Secession brachte mit ihren aggressiven Angriffen gegen die Genossenschaft eine Verunsicherung des Kaufpublikums, das zu zweifeln begann, was die wahre Kunst wäre; die Führungsposition der Genossenschaft ging verloren.
Biographische Daten der Mitglieder sammelte die Genossenschaft regelmäßig erst ab 1886. Damals wurde versucht ein “Vereinsbuch” anzulegen, wo neben dem Aufnahmedatum auch die wichtigsten Angaben über das jeweilige Mitglied eingetragen wurden: Geburtsdatum, Art des ausgeübten Kunstfaches, Schüler von wem, Preise und Auszeichnungen, Funktionen innerhalb der Genossenschaft, Auszeichnungen und Funktionen außerhalb der Genossenschaft, Berufsweg, Todes- oder Austrittsdatum.
Um diese Daten zu erhalten, hat man 1886 zum ersten Mal diesbezügliche Formulare aufgelegt, die in modifizierter Form bis heute9 in Gebrauch sind. Der Nachteil war, dass die Formulare gleichzeitig mit den Statuten und dem Versprechen sie einzuhalten, erst den aufgenommenen Mitgliedern geschickt wurden. Auf Drängen des Archivars bekam ab 1985 dieses Formular auch schon der um die Mitgliedschaft Ansuchende. Das erleichterte nicht nur die Arbeit im Vorstand, sondern war auch ein willkommener Beitrag für das Archiv.
Die Genossenschaft sorgte sich ebenfalls um die letzten Dinge ihrer verstorbenen Mitglieder. Ab dem 18. Mai 1886 hatte sie einen Vertrag mit dem “Enterprise des pompes funebres”; später, nach der Übernahme des Unternehmens durch die “Städtische Leichenbestattung der Gemeinde Wien” auch mit ihr. Der Vertrag sah kostengünstige Begräbnisse der Mitglieder zum Pauschalpreis vor, und wurde deshalb von der Städtischen Bestattung am 1. Oktober 1909 gekündigt. Vor diesem Vertrag und nach seiner Kündigung zahlte die Genossenschaft die anfallenden Kosten jeweils nach Tarif und Bedarf der Familienangehörigen.
Abbildung 399a: Begräbnis Hans Makarts im Oktober 1884.
Ab 1868 wurde am Künstlerhaus bei Prominentenbegräbnissen eine schwarze Fahne gehisst, nach 1890 bei jedem Begräbnis, auch dem der außerordentlichen Mitglieder. Nach dem Ersten Weltkrieg kam man von dieser Praxis wieder ab; die schwarzen Fahnen blieben nur noch den prominentesten Künstlern vorbehalten, heute werden sie überhaupt nicht mehr gehisst.
Ab Oktober 1902 wurde die Presse von allen dem Haus gemeldeten Todesfällen benachrichtigt. Um authentisches Material für Nekrologe zu besitzen, wurden damals die Mitglieder zum ersten Mal aufgefordert, dem Archiv über ihre Erfolge und Hauptwerke laufend bzw. etwa einmal jährlich zu berichten.
Im November 1902 fiel zum ersten Mal auch ein Vorschlag zur Errichtung einer Sterbekassa, eines Fonds, aus dem den Hinterbliebenen sofort ein gewisser Beitrag zur Deckung der Begräbniskosten überwiesen werden sollte. Der Vorschlag fand damals keine Unterstützung, man hatte ja bereits andere Fonds, aus denen man bei Bedarf Unterstützungen auszahlen konnte.
In vielen Fällen hatte die Genossenschaft auf ihre Kosten die Grabdenkmäler errichtet. Bei Prominenten versuchte man, die Gemeinde einzuschalten, nicht selten erfolglos. Meist gelang es aber später, die fertigen Gräber der Gemeinde in deren Pflege zu übertragen.
In der Hauptversammlung vom 7. Juni 1939 wurde die Herausgabe eigener Partezettel beschlossen. Diese Parten wurden neben allen Mitgliedern, der Presse und den wichtigsten Institutionen auch als eine Art Imagewerbung geschickt. Erst nach 1970 kam man aus Sparsamkeit von der Drucklegung eigener Partezettel wieder ab.
Im Juli 1940 schlug Vermögensberater Rudolf Zyka die Einführung einer Sterbekassa neuerlich vor; sein Beweggrund war die Entlastung der Hauptkassa des Künstlerhauses. Ab nun sollten die Hinterbliebenen eines Mitglieds nicht bei der Gesellschaft um eventuelle Unterstützungen ansuchen müssen, sondern sie direkt, automatisch aus Zahlungen anderer Kollegen bekommen. Die Gesamt-Begräbniskosten wurden durch die Zahl der ordentlichen Mitglieder dividiert und zu den Jahresbeiträgen zugeschlagen. Daraus ergaben sich allerdings ziemlich komplizierte Berechnungen, so dass man am 6. Februar 1957 zu einer Pauschalverrechnung übergegangen war: den Hinterbliebenen wurden von nun an stets einheitlich 1000 Schilling ausbezahlt, unabhängig davon, wie viel wieder ins Künstlerhaus kam.10 Zur Dotierung der Sterbekassa erhielt ab 1957 jedes Mitglied mit jeder Parte gleichzeitig einen Erlagschein für fünf Schilling. Da auch diese Erlagscheinverrechnung aufwendig war, beschloss die Hauptversammlung nach Vorschlag Hans Mayrs am 24. November 1975 künftig, für alle Sterbefälle jährlich nur einen einzigen Erlagschein auf pauschal 50 öS zu versenden, zahlbar gleichzeitig mit dem Jahresbeitrag.11
Zu der ersten größer angelegten sozialen Hilfsaktion zugunsten der bildenden Künstler kam es im Frühjahr 1915, also mehr als 50 Jahre nach der Gründung der Genossenschaft. Sie sollte in der Folge nicht die einzige bleiben: in den kommenden fünfzig Jahren wurden weitere solche Aktionen notwendig und zwar immer dringender. Die Hilfsaktion des Jahres 1915 entstand auf Anregung des außerordentlichen Mitglieds Maschinenbauingenieur Alfred Collmann; geholfen hat man damals durch Ankäufe bei sozial schwächer gestellten Künstlern. Angekauft wurden 91 Kunstwerke durch Collmann und weiterer außerordentlichen Mitglieder, von den 19 zur Wiederverwertung den Fonds der Genossenschaft übergeben wurden. 1916 unterblieb die Wiederholung der Aktion dank der günstigen Verkaufsergebnisse der Herbstausstellung; 1917 und 1918 wurde sie nicht mehr organisiert, die außerordentlichen Mitglieder hatten genug eigene Sorgen. Andere soziale Aktionen entstanden in Form der sogenannten Mittagstische, direkter Lebensmittelgaben und der Atelierausstellungen. Nachdem der Ausstellungsbetrieb im Künstlerhaus durch die Einrichtung des Lazaretts eingeschränkt werden musste, lotste man das kauffreudige Publikum direkt in die Künstlerateliers und das anscheinend nicht ganz ohne Erfolg.
Im Laufe des Krieges stieg die Nachfrage nach Kunst auch als Geldanlage und man erreichte bald Verkaufsergebnisse, die man vorher für unmöglich gehalten hätte. Viele der neuen Käufer waren ohne Zweifel Kriegsgewinner, aber auch andere wollten ihre finanziellen Mittel in der Kunst sicher angelegt wissen. Die Versteigerung der Sammlung Ludwig Lobmeyr brachte 1917 über drei Millionen Kronen – ein Betrag, den man nicht erwartete und der in Wien als wahre Sensation viel besprochen wurde. Dieser Boom hielt über mehrere Jahre an, bis zum Zerfall der Monarchie, der Ziehung neuer Staatsgrenzen und bis zum totalen Preissturz als Folge der Wirtschaftskrise 1929.
Im Krieg 1914-1918 erlebte die bildende Kunst der Monarchie ihre letzte Blüte, die nicht nur kommerziell, sondern auch ideell und politisch12 motiviert war. In der k.u.k. Armee, in der schon lange vor dem Weltkrieg viele Künstler als Offiziere dienten, wurde die Bedeutung der Kunst zur Dokumentation schon im 18. und 19. Jahrhundert entsprechend gewürdigt. Vor allem die Malerei war für jedermann verständlich; sie konnte das zeigen, was auch mit vielen Worten in gleicher Deutlichkeit zu schildern unmöglich war.